Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.08.2002, Az. 1 StR 115/02

1. Strafsenat | REWIS RS 2002, 1856

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Nachschlagewerk: ja[X.]St: [X.]: ja_________________StGB § 73Der Verfall ist, auch bei Anwendung des [X.]s, keine Strafe, sonderneine Maßnahme eigener Art. Die Abschöpfung des über den [X.] [X.] verfolgt primär einen [X.]. Dies gilt auch fürdie Anordnung des Verfalls gegen den [X.]n nach § 73 Abs. 3StGB.[X.], Urteil vom 21. August 2002 - 1 [X.] - [X.] NAMEN DES VOLKESURTEIL1 [X.]vom21. August 2002in der Strafsachegegenwegen Verstoßes gegen das [X.] 3 [X.] 1. Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung vom13. August 2002 in der Sitzung vom 21. August 2002, an denen teilgenommenhaben:[X.] am [X.]. [X.] [X.] am [X.],Dr. [X.],[X.],[X.],Oberstaatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Vertreter der [X.]n,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:[X.] 4 [X.]1.Die Revision der [X.]n gegen das Urteil [X.] Mannheim vom 26. Oktober 2001 wird [X.]. Sie trägt die Kosten ihres [X.] die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeich-nete Urteil dahin geändert, daß gegen die [X.]der Verfall eines Geldbetrages von 4.466.203,89 Euro(8.735.135,56 DM) angeordnet wird.Die [X.] trägt die Kosten der Revision [X.].Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat zwei Angestellte der Papierfabrik [X.] GmbH wegen mehrfacher Verbrechen nach dem [X.] (§ 34 Abs. 4 [X.] i.V.m. § 69 Buchst. h Abs. 1 Nr. 2 [X.]) zu [X.] verurteilt. Gegen die [X.], die nach dem Tatzeitraumin eine Kommanditgesellschaft umgewandelte Papierfabrik S. GmbH & Co. KG, hat es nach § 73 Abs. 3 StGB den Verfall von Wertersatz inHöhe von 7.916.855,06 DM angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revi-sion der [X.]n hat keinen Erfolg. Die Revision der Staatsanwalt-schaft, die mit der Sachrüge die Anordnung eines höheren [X.] er-strebt, ist hingegen begründet.[X.] 5 [X.]I.Gegenstand der Verurteilung und der Verfallsanordnung sind Embargo-verstöße in der [X.] von Juli 1992 bis November 1995. Die [X.] (im folgenden [X.]), die technische Spezialpa-piere herstellte, hatte [X.] an eine Firma in [X.] geliefert. Der [X.]war Leiter des Betriebsbereichs —[X.]efi; der [X.]war Gesamtverkaufsleiter und Vorgesetzter des [X.].1. Am 30. Mai 1992 hatte der Sicherheitsrat der [X.] Sanktionen gegen [X.] und [X.] verhängt, die durchÄnderungen der Außenwirtschaftsverordnung mit Wirkung vom 13. Juni 1992in [X.] Recht umgesetzt wurden und bis zum 22. November 1995 [X.] blieben.Schon vor dem Embargo hatte die [X.] [X.] an die serbi-sche Firma geliefert. Diese Geschäftsbeziehung war im Gegensatz zu anderenAbsatzmärkten relativ profitabel (die Preise lagen 30 bis 40 % über den sonsti-gen Durchschnittspreisen) und für das betriebswirtschaftliche Gesamtergebnisder Abteilung —[X.]efi von großer Bedeutung. Die Angeklagten be-fürchteten infolge des [X.] einen erheblichen Umsatzverlust, eine unzu-reichende Auslastung der Maschinen und Kurzarbeit. Sie entschlossen sichdeshalb, das Embargo durch Einschaltung anderer Firmen zu umgehen. [X.] unterrichteten Geschäftsführer der [X.] billigten diese Umge-hungsgeschäfte ausdrücklich.Bis zum Ende des [X.] wurde dem Konto der [X.] ein Ver-kaufserlös von 7.916.855,06 DM (4.047.823,72 dieses Betrages wurde der Verfall von Wertersatz angeordnet. Nach Aufhe-[X.] 6 [X.]bung des [X.] ging auf dem Konto ein weiterer Betrag von818.280,50 DM (418.380,18 [X.] Die Verfallsanordnung gegen die [X.] als Drittbegün-stigte nach § 73 Abs. 3 StGB hat das [X.] damit begründet, daß ihr [X.] der Angeklagten zuzurechnen sei, da diese im Interesse des [X.] und mit Billigung der Geschäftsführer gehandelt hätten. Die spätereVeräußerung der [X.] an ein anderes Unternehmen und die Umwandlungin eine Kommanditgesellschaft habe an ihrer Stellung als Verfallsadressatinnichts geändert.Das nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB Erlangte bestehe in dem gesamtenwährend der Embargozeit vereinnahmten Verkaufserlös. Die Höhe des [X.] bemesse sich nach dem [X.], so daß keine Kosten inAbzug zu bringen seien. Die Voraussetzungen der Härteregelung des § 73cAbs. 1 Satz 1 StGB hat das [X.] verneint. Die Geschäftsführer der[X.] hätten die [X.] gebilligt und gezielt finanzielle [X.] Ressourcen des Unternehmens für die Produktion des für [X.] be-stimmten Zigarettenpapiers eingesetzt, also bewußt Kapital in strafbare [X.] investiert. Zudem sei das Unternehmen durch die [X.] in seiner Existenz gefährdet. Auch eine Entreicherung im Sinne des§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB liege nicht vor.3. Die [X.] macht mit ihrer Revision geltend, sie könne in-folge des nach der Tatzeit erfolgten [X.] und wegen derUnternehmensumwandlung nicht Verfallsadressatin sein. Ferner habe das[X.] bei der Höhe des Verfalls zu Unrecht das [X.] angewen-det. Jedenfalls aber hätte wegen des [X.]s nur der Nettoerlös abge-schöpft werden dürfen.[X.] 7 [X.]4. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer Revision eine höhere [X.]. Auch hinsichtlich der nach Ende des [X.] vereinnahmtenVerkaufserlöse in Höhe von 818.280,50 DM [X.] die aus Lieferungen während [X.] herrührten [X.] hätte der Verfall angeordnet werden müssen.II.Die Revision der [X.]n hat keinen Erfolg. Das [X.]hat die Höhe des verfallenen Wertersatzes nach § 73a Satz 1 i.V.m. § 73Abs. 1 Satz 1 StGB zu Recht nach dem [X.] ermittelt und rechtsfeh-lerfrei eine unbillige Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB verneint.1. Der Verfall (des Wertersatzes) ist nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB zwin-gend nach Maßgabe des [X.]s anzuordnen, soweit nicht die gleichfallszwingende Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB entgegensteht.a) Die Höhe des Verfalls (und des Verfalls des Wertersatzes) richtet [X.] dem [X.]. [X.] bedeutet, daß nicht bloß der Gewinn,sondern grundsätzlich alles, was der Täter für die Tat oder aus ihr erlangt hat,für verfallen zu erklären ist ([X.], 491). Entscheidend ist, was demBetroffenen gerade durch die Straftat zugeflossen ist oder was er durch [X.] hat. Bei der Berechnung des [X.] wie hier [X.] durch einen Kauf [X.] istvom gesamten Verkaufserlös ohne Abzug von Einkaufspreis und sonstigenAufwendungen auszugehen ([X.], 123; [X.], 480; [X.], 57; wistra 2001, 389; [X.], Beschluß vom 3. Dezember 2000 [X.] 1 StR547/00; [X.], Urteil vom 20. März 2001 [X.] 1 StR 12/01).b) Dieser Umfang des Verfalls entspricht dem Willen des Gesetzgebers,der durch Gesetz zur Änderung des [X.], des Strafge-setzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 ([X.]) § 73StGB mit Wirkung vom 7. März 1992 geändert hat. Während der Verfall nach[X.] 8 [X.]der alten Fassung des § 73 StGB nur den —[X.] ([X.])erfaßte, ist nunmehr der Verfall des —[X.]fi ([X.]) anzuordnen.Die Gesetzesänderung geht zurück auf einen Vorschlag des [X.] zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 25. Oktober 1989 (BT-Drucks. 11/6623 [X.]), der in seiner Stellungnahme die Umstellung des Net-toprinzips auf das [X.] vorgeschlagen hatte. Die [X.] den Vorschlag in ihrer Gegenäußerung aufgegriffen (S. 13); das [X.] jedoch in der 11. Wahlperiode nicht mehr zustande.In der 12. Wahlperiode griff der Bundesrat in seinem Entwurf des [X.](BT-Drucks. 12/989) diesen Änderungsvorschlag zu § 73 StGB wieder auf unddie Bundesregierung stimmte dem zu (S. 52). Die Notwendigkeit der Gesetzes-änderung begründete der Bundesrat unter anderem mit der restriktiven Anwen-dung des Verfalls in der Praxis aufgrund der Kompliziertheit der Regelung. [X.] des [X.] führte in seinem Bericht ([X.]2720, [X.]) aus, —es gehe bei den [X.] nicht um eine Strafe,sondern um die Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes, der durch [X.] ausgelöst worden sei.fiParallel dazu war der Änderungsvorschlag zu den [X.] imZuge der [X.] (BT-Drucks. 12/289) in den Gesetzentwurf derKoalitionsfraktionen zur Änderung des [X.] ([X.]104) aufgenommen worden. Zwar scheiterte dieser Gesetzentwurf zunächstim Vermittlungsverfahren; die Koalitionsfraktionen (BT-Drucks. 12/899) und [X.] (BT-Drucks. 12/1134) brachten den Entwurf aber erneut ein.Das daraufhin verabschiedete Gesetz zur Änderung des [X.]es, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze führte schließlich zur Än-derung des § 73 StGB, so daß der entsprechende Änderungsvorschlag im[X.] entfiel. In der Entwurfsbegründung (BT-Drucks. 12/899, [X.]) wurdedie Umstellung auf das [X.] damit begründet, daß das [X.] die[X.] 9 [X.]Ermittlung der Verfallsvoraussetzungen erschwere. Auch führe die [X.] bei der [X.] nach der Gesamtsystematik derRechtsordnung zu Wertungswidersprüchen. Der Rechtsgedanke des § 817Satz 2 BGB, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbring-lich verloren ist, sollte deshalb auch beim Verfall Anwendung finden. Der [X.] sollte sich deshalb auf —die Gesamtheit des [X.]fi beziehen.c) Das [X.] ist auch auf Fälle der vorliegenden Art (Embargo-verstoß) anwendbar (vgl. [X.], Beschluß vom 8. Oktober 1999 [X.] 2 StR511/98).Zwar wird das [X.] zumeist bei Betäubungsmitteldelikten [X.] kommen (vgl. [X.], 123; NStZ 1995, 491; NStZ 1995,495; [X.], 480; NStZ 2001, 312; [X.], 57; [X.], Urteil vom20. März 2001 [X.] 1 StR 12/01; [X.], Beschlüsse vom 13. Dezember 2000 [X.]1 StR 547/00 und vom 25. Juli 2001 [X.] 5 StR 300/01). Insbesondere hier [X.] kein rechtlich schützenswertes Vertrauen, aus dem verbotenen Geschäfterlangte Vermögensbestandteile behalten zu dürfen, die der Erlös [X.] sind ([X.] NStZ 2001, 312). Nicht abzugsfähig sind damit auchTransportkosten oder der Kurierlohn ([X.] [X.], 57) und selbstver-ständlich auch die —Anschaffungskostenfi für eine Schußwaffe.Aus der umfassenden Beschränkung des Umgangs mit [X.] ergibt sich indes keine Begrenzung des Saldierungsverbots nur auf [X.]; das [X.] gilt vielmehr für alle Fälle des Verfalls (zu [X.] vgl. [X.] wistra 2001, 389; [X.] NJW 2002, 2257, 2259; zugeheimdienstlicher Agententätigkeit vgl. [X.] NJW 1998, 1723, 1728).2. Der Senat hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen [X.] des [X.] durch die Einführung des [X.]s in§ 73 StGB mit der den Umfang des Verfalls begrenzenden Funktion des § 73c[X.] 10 [X.]StGB ([X.] NStZ 2001, 312; vgl. auch [X.] [X.], 57 und den hierzuergangenen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts [X.] Kammer [X.] vom3. September 1999 [X.] 2 BvR 1637/99).a) Der Verfall ist keine Strafe und auch keine [X.] in Bezug auf das[X.] [X.] strafähnliche Maßnahme. Er ist vielmehr eine Maßnahme ei-gener Art. Das folgt aus dem objektivierten Willen des Gesetzgebers, der sy-stematischen Stellung sowie dem Wortlaut der Vorschrift und den zugehörigenverfahrensrechtlichen Vorschriften.aa) Nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung setzt der Verfall Schuldnicht voraus. Anders als bei der Einziehung (§ 74 Abs. 1 StGB) genügt für [X.] eine rechtswidrige Tat (§ 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 5StGB). Er muß unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 StGB auch gegeneinen [X.] und sogar gegen eine juristische Person angeordnet werden. Ge-gen den [X.]n ist der Verfall anzuordnen, auch wenn der [X.]. das Organ einer juristischen Person keine Straftat begangen hat (vgl.[X.] in [X.]. § 73 [X.] 54). Auch insoweit unterscheidet er sich vonder Einziehung, die eine vorsätzliche oder sonst individuell [X.] (vgl. § 74 Abs. 1 Satz 1, § 74a, § 75 StGB). Nach § 76a StGB kannauf Verfall auch selbständig in dem objektiven Verfahren nach § 442 [X.] 440 StPO erkannt werden. Der Verfall ist im Strafgesetzbuch auch nicht inden Titel —Strafenfi eingeordnet, sondern bildet zusammen mit der Einziehungeinen eigenen Titel.bb) Die Einführung des [X.]s hat an der Rechtsnatur des [X.]s als eine Maßnahme eigener Art nichts geändert; jedenfalls wird er auchdadurch nicht zu einer Strafe oder strafähnlichen Maßnahme ([X.],491; NJW 1998, 1723, 1728; NStZ 2001, 312 m.w.N.; ebenso [X.] in [X.] Aufl. § 73 [X.] 7 ff.; a.[X.], StGB 50. Aufl. § 73 [X.] 3; [X.][X.] 11 [X.]in [X.]/[X.], StGB 26. Aufl. vor § 73 [X.] 19; [X.] in[X.]/Kühl, StGB 24. Aufl. § 73 [X.] 4b).Das [X.] sollte die Anordnung des Verfalls nicht nur im Hinblickauf seine Berechnung praktikabler machen. Die Abschöpfung des über [X.] hinaus [X.] verfolgt vielmehr primär einen Präventions-zweck. Die dadurch angestrebte Folge, daß auch die Aufwendungen nutzloswaren, soll zur Verhinderung gewinnorientierter Straftaten [X.] und insbesonderediese wollte der Gesetzgeber erfassen [X.] beitragen. Müßte der Betroffene fürden Fall der Entdeckung hingegen lediglich die Abschöpfung des Tatgewinnsbefürchten, so wäre die Tatbegehung unter finanziellen Gesichtspunkten weit-gehend risikolos. Diesen [X.] [X.] der Verfallsbetroffene soll [X.] strafbaren Handelns tragen [X.] hatte der Gesetzgeber im Auge, als ersich auf den Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB bezog, wenn er daraufabhob, daß das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verlo-ren sein soll.Dieser Normzweck gilt auch für die Anordnung des Verfalls gegen [X.] nach § 73 Abs. 3 StGB, insbesondere dann, wenn dieserNutznießer der rechtswidrigen Tat ist. Die Ratio des Zugriffs auf den Drittbe-günstigten beschreibt [X.] (in [X.]. § 73 [X.] 50) zutreffend so:—Ohne diese Regelung wäre eine Gewinnabschöpfung gerade in Bereichen wiez. B. der [X.] sowie des organisiertenVerbrechens, in denen die Vermögensvorteile aus Straftaten bei [X.] oder auf Scheinfirmen übertragen werden, kaum [X.] es [X.] (in [X.]/[X.], StGB 26. Aufl. § 73 [X.] 34; vgl. [X.] [X.] 37a), wenn er begründet, weshalb die Verfallsanordnung nicht aufden Täter beschränkt sein darf: —Damit aber wäre eine Gewinnabschöpfung [X.] dort erschwert, wenn nicht praktisch ausgeschlossen, wo das größte Be-[X.] 12 [X.]dürfnis dafür besteht, nämlich im Bereich der [X.] ...fi.Soweit der Täter oder Teilnehmer für den [X.] handelt, soll er das fürden [X.] nicht risikolos tun können. Die den [X.] treffende Folge, daßauch seine Aufwendungen nutzlos waren, kann und soll bewirken, daß [X.] [X.] namentlich ein hierarchisch organisiertes Unternehmen [X.] Kontrollme-chanismen zur Verhinderung solcher Straftaten errichtet und auf deren Einhal-tung achtet. Darin liegt der [X.] des Verfalls gegen den Drittbe-günstigten. Würde bei ihm lediglich der aus der Straftat gezogene Gewinn ab-geschöpft, so würde sich die bewußt aus finanziellen Interessen [X.] im Ergebnis als wirtschaftlich risikolos auswirken. Ein derart risikolos zu er-zielender Gewinn müßte geradezu als [X.] für die Straftat wirken; daswürde dem mit dem [X.] verfolgten [X.] zuwiderlaufen.Hinzu kommt gerade mit Blick auf die Natur der hier in Rede stehendenrechtswidrigen Tat (Verbrechen nach dem [X.], Embargo-verstoß), an die der Verfall anknüpft, daß sich die Maßnahme als Teil einesSystems erweist, welches die Wirksamkeit der Handelsbeschränkungen si-cherstellen und diese durchsetzen soll (vgl. auch [X.] [X.] Kammer [X.] NJW1990, 1229).cc) Der Senat verkennt nicht, daß mit dem [X.] dem Verfallsbe-troffenen ein [X.] mitunter erheblicher [X.] wirtschaftlicher Nachteil zugefügt [X.]. Dies findet seine Rechtfertigung jedoch darin, daß nicht auf [X.], sondern auf Vermögen zugegriffen wird, das durch vorausgegangenerechtswidrige Taten bemakelt ist. Um Repression oder Vergeltung geht es [X.] nicht. Weil der Verfall keine schuldbezogene individuelle [X.]voraussetzt, kann und soll er nicht dem (individuellen) Schuldausgleich dienen.[X.] 13 [X.]b) Das [X.] ist daher auf den Verfall nicht anwendbar. Das giltauch, soweit dieser nach dem [X.] über den Vermögensvorteil hinausangeordnet wird ([X.], 491).Das [X.], das seine Grundlage in Art. 1 Abs. 1 GG hat, besagt,daß jede Strafe in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Straftat undzum Verschulden des [X.] stehen muß. Die verhängte Strafe darf die Schulddes [X.] nicht übersteigen. Insoweit deckt sich der Schuldgrundsatz in sei-nen die Strafe begrenzenden Auswirkungen mit dem Übermaßverbot ([X.]E45, 187, 228; 54, 100, 108; 86, 288, 313; [X.] NJW 2002, 1779). [X.] darf nach Art und Maß dem unter Strafe stehenden [X.] schlechthin unangemessen sein; Tatbestand und Rechtsfolge müssensachgerecht aufeinander abgestimmt sein ([X.] NJW 1994, 1577 und [X.]Kammer [X.] NJW 1997, 1910).Eine Strafe, für die das [X.] gilt, ist im Gegensatz zu einer rei-nen Präventionsmaßnahme dadurch gekennzeichnet, daß sie [X.] wenn nichtausschließlich, so doch auch [X.] auf Repression und Vergeltung für ein rechtlichverbotenes Verhalten abzielt. Mit der Strafe wird dem Täter ein rechtswidrigessozialethisches Fehlverhalten vorgeworfen; das setzt die Feststellung der indi-viduellen [X.] voraus ([X.]E 95, 96, 140 und [X.] Kammer [X.] NJW1998, 2585). Das [X.] gilt nicht für Rechtsfolgen ohne Strafzwecke([X.]E 91, 1, 27).c) Der Verfall greift auch bei Anwendung des [X.]s nicht in [X.] (Art. 14 Abs. 1 GG) ein. In Fällen der vorliegenden Artdürften die in Rede stehenden Vermögenspositionen schon nicht in denSchutzbereich des Grundrechts fallen. Die Kaufpreisforderungen der Verfalls-beteiligten stammen aus rechtswidrigen, sich als Verbrechen erweisenden Em-bargogeschäften. An deren Stelle ist in Folge der Erfüllung ein [X.] (Wertersatz) getreten. Es handelt sich also nicht um wohlerworbe-[X.] 14 [X.]ne, sondern um von vornherein bemakelte Positionen. Unter diesen Umstän-den ergibt sich jedenfalls aus der Befugnis des Gesetzgebers zur Bestimmungvon Inhalt und Schranken des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) im Blickauf Zweck und Bedeutung der Regelung auch insoweit eine verfassungsrecht-lich hinreichend tragfähige Grundlage (vgl. auch BT-Drucks. 11/6623, S. 5 un-ter Bezugnahme auf [X.]E 22, 387, 422).d) Soweit der Verfall den Betroffenen übermäßig belasten würde (Über-maßverbot oder Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) sieht die [X.] § 73c StGB eine hinreichend bestimmte Begrenzung vor. Nach dessen Ab-satz 1 Satz 1 darf der Verfall nicht angeordnet werden, soweit er für den Be-troffenen eine unbillige Härte wäre (vgl. [X.], 495; [X.],365; wistra 2001, 389; [X.]R StGB § 73c Härte 6; [X.], Urteil vom5. Dezember 2001 [X.] 2 StR 410/01). Zudem kann die Anordnung nach Absatz 1Satz 2 insbesondere dann unterbleiben, wenn der Betroffene entreichert ist.Sind beim Verfall gegen den [X.]n der Dritte bzw. die Organe einerjuristischen Person gutgläubig, so wird in der Regel zu prüfen sein, ob eine un-billige Härte nach § 73c StGB vorliegt (vgl. [X.]/[X.], StGB 50. Aufl.§ 73 [X.] 22; [X.] in [X.]/[X.], StGB 26. Aufl. § 73 [X.] 37a). [X.] gilt, wenn der Anteil des Vermögensvorteils marginal ist.4. [X.] in Höhe von 7.916.855,06 DM und [X.] einer unbilligen Härte erweisen sich danach als rechtsfehlerfrei.a) Die [X.] war [X.] im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB.Hier liegt ein sog. Vertretungsfall im weiteren Sinne vor ([X.]St 45, 235, 245)vor, denn die Angeklagten handelten als Angestellte der [X.] zugunstendes Unternehmens, noch dazu mit ausdrücklicher Billigung der [X.]. Für die rechtswidrigen Taten der Angeklagten hatte die [X.] die [X.] als [X.] (§ 11 Nr. 9 StGB) unmittelbar —erlangtfi. Nach-dem diese - unbeschadet der Frage ihrer Wirksamkeit - geltend gemacht und[X.] 15 [X.]erfüllt wurden, war der Verfall des Wertersatzes nach § 73a Satz 1 StGB inForm eines Geldbetrags, der dem Wert der Forderungen entspricht, [X.]) Die Geschäftsführer der [X.] hatten die [X.]gebilligt und gezielt finanzielle Mittel und Ressourcen des Unternehmens fürdie Produktion des für [X.] bestimmten Zigarettenpapiers eingesetzt, [X.] Kapital in strafbare Handlungen investiert. Bei dieser Fallgestaltungerfordert der [X.] des [X.]s die Abschöpfung der ge-samten bemakelten [X.]) Das Übermaßverbot ist nicht verletzt. Die [X.] ist durchdie Verfallsanordnung keinesfalls in ihrer Existenz gefährdet; die Geschäftsfüh-rung hatte die Begehung der Embargoverstöße und damit der rechtswidrigenTaten (Verbrechen) gebilligt. Schon deswegen liegt keine unbillige Härteim Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB vor. Auch eine Entreicherung (§ 73Abs. 1 Satz 2) StGB ist nach den Feststellungen ausgeschlossen.5. Die [X.] ist die richtige Verfallsadres-satin.a) An der Stellung der Kommanditgesellschaft als Verfallsadressatin hatauch der Verkauf und die Umwandlung des Unternehmens nichts geändert. [X.] 1997, zwei Jahre nach [X.], kaufte die [X.] FirmaG. die [X.]. 1998 wurde die [X.] in die [X.]GmbH & Co. KG umgewandelt; als neue Komplementärin beteiligte sich [X.] Ra. 209 Vermögensverwaltungsgesellschaft [X.]) Die Umwandlung erfolgte durch Formwechsel gemäß § 1 Nr. 4[X.], für welche die §§ 190 ff. [X.] gelten. Wesentliches Merkmal desFormwechsels ist die wirtschaftliche Kontinuität des Rechtsträgers (vgl.[X.] 16 [X.]Schmitt/[X.]/[X.], [X.] 3. Aufl. § 190 [X.] 5). Da dieser identischbleibt ([X.]), findet auch kein Vermögensübergang statt ([X.], [X.] 2. Aufl. § 190 [X.] 6). Der bisherige Rechtsträger besteht nachDurchführung des Formwechsels in seiner neuen Rechtsform weiter (§ [X.]. 1 Nr. 1 [X.]). Das führt dazu, daß Rechte und Pflichten, die währendder [X.] der ursprünglichen Rechtsform entstanden sind, weiterbestehen, nun-mehr allerdings in der Person des Rechtsträgers in seiner neuen Form. [X.] war daher gegenüber der Kommanditgesellschaft anzuordnen, denndiese hat [X.] [X.] [X.] die [X.] für die Embargoverstöße inihrer früheren Rechtsform erlangt. Daran ändert auch der [X.] infolge des [X.] nichts, denn die [X.] ist alsjuristische Person selbständige Trägerin von Rechten und Pflichten.[X.] Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.Auch hinsichtlich der nach Aufhebung des [X.] vereinnahmtenVerkaufserlöse in Höhe von 818.280,50 DM war der Verfall des [X.]. Die Forderungen sind ersichtlich aus Geschäften während [X.] —erlangtfi worden. Sie hatten - auch wenn sie nichtig (§§ 134, [X.]) waren - schon zu diesem [X.]punkt einen wirtschaftlichen Wert, weil diekonkrete Aussicht auf Bezahlung bestand. Im übrigen handelt es sich bei denhier in Rede stehenden Strafbestimmungen um [X.]gesetze (vgl. [X.] StV1999, 26; NJW 2002, 1357), so daß nach § 2 Abs. 5 StGB auch § 2 Abs. 4Satz 1 StGB zur Anwendung käme.[X.] 17 [X.] Senat kann in der Sache selbst entscheiden und den Verfall eineshöheren Geldbetrages anordnen, da die Verfallsanordnung auch in dieser Hö-he zwingend ist und keine weiteren Feststellungen veranlaßt sind (§ 354 Abs. 1StGB). Damit beträgt der verfallene Geldbetrag insgesamt 4.466.203,89 Euro(8.735.135,56 [X.] Nack [X.] [X.] [X.]

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1 StR 115/02

21.08.2002

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.08.2002, Az. 1 StR 115/02 (REWIS RS 2002, 1856)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1856

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