Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2003, Az. IXa ZB 73/03

IXa- Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3149

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BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSIXa [X.]/03vom9. Mai 2003in dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________ZPO § 850d Abs. 2; BGB § 1603 Abs. 2, § 1609Volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres,die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allge-meinen Schulausbildung befinden, sind trotz ihrer materiellen unterhaltsrecht-lichen Gleichstellung mit minderjährigen unverheirateten Kindern mit ihrenAnsprüchen nicht im Rang von § 850d Abs. 2 Buchst. a ZPO zu [X.].[X.], Beschluß vom 9. Mai 2003 - IXa [X.]/03 - [X.]AG [X.] des [X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], [X.] unddie Richterin Dr. Kessal-Wulfam 9. Mai 2003beschlossen:Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin gegen [X.] der 23. Zivilkammer des [X.] 18. Dezember 2002 wird auf ihre Kosten zurückge-wiesen.[X.]: bis 600 Gründe:[X.] Die am 18. Oktober 1983 geborene Gläubigerin lebt im Haushaltihrer Mutter und besucht eine allgemeinbildende Schule. Sie hat gegenden Schuldner, ihren Vater, einen [X.] über269 laufenden und rückständigen Unterhalts beantragten Pfändungs- und Ü-berweisungsbeschluß vom 18. Oktober 2002, der die Ansprüche [X.] gegenüber der Drittschuldnerin auf gegenwärtiges und [X.] Arbeitseinkommen erfaßt, ist der pfändungsfreie Betrag auf [X.] -665 atlich festgesetzt worden. Auf die Erinnerung des [X.] das Amtsgericht (Rechtspfleger) den Betrag auf 1.203 e-setzt, da dieser Unterhaltsverpflichtungen gegenüber zwei weiteren- minderjährigen - Kindern nachkomme. Das [X.] hat die [X.] Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen. Dagegen wendet [X.] mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde.I[X.] Die Rechtsbeschwerde führt nicht zum Erfolg.1. Das [X.] ist der Auffassung, die noch [X.] seien gemäß § 850d Abs. 2 Buchst. a ZPOvorrangig zu berücksichtigen. Durch die Neuregelung in § 1603 Abs. 2Satz 2 BGB sei zwar unter den dort genannten Voraussetzungen eineGleichstellung volljähriger unverheirateter Kinder mit minderjährigen un-verheirateten Kindern erfolgt. Eine entsprechende Regelung sei in§ 850d Abs. 2 ZPO jedoch nicht aufgenommen worden. Vielmehr sei dortdas vollstreckungsrechtliche Rangverhältnis dahin festgelegt, daß min-derjährige Kinder den übrigen Abkömmlingen vorgingen. Es sei nicht [X.] des Gesetzgebers gewesen, eine völlige Gleichstellung volljährigerunverheirateter Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB mit min-derjährigen unverheirateten Kindern zu erreichen.Die Rechtsbeschwerde hält dem entgegen, die unterbliebene An-passung des § 850d Abs. 2 Buchst. a ZPO beruhe auf einem [X.] des Gesetzgebers. Werde die in § 1603 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht auch bei der Anwendung des § 850dAbs. 2 ZPO umgesetzt, liefe die materiell-rechtliche Regelung weitge-- 4 -hend leer, da Unterhaltsansprüche oftmals nur im Wege der [X.] zu realisieren seien. Zudem stehe sich der [X.], der unter Beachtung des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB freiwillig Leis-tungen erbringe, schlechter als derjenige, der es auf Vollstreckungsmaß-nahmen ankommen lasse.2. Das vermag nicht zu überzeugen.a) Der Senat geht mit dem [X.] davon aus, daß der pfän-dungsfreie Betrag auf Antrag des Schuldners zu Recht heraufgesetztworden ist. Die angefochtene Entscheidung berücksichtigt zutreffend [X.] § 850d Abs. 2 ZPO vorgegebene Reihenfolge mehrerer [X.]. Danach kommt den minderjährigen Geschwistern der Gläubi-gerin der Vorrang zu. Während jene in § 850d Abs. 2 Buchst. a ZPO anerster Stelle der möglichen Anspruchsberechtigten aufgeführt werden, istdie volljährige Gläubigerin nachrangiger Abkömmling im Sinne des§ 850d Abs. 2 Buchst. [X.] (vgl [X.]/[X.], ZPO 23. Aufl. § 850d[X.]. 17; [X.], Forderungspfändung 13. Aufl. [X.]. 1112; [X.]/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz 3. Aufl. § 850d ZPO[X.]. 15; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO 61. Aufl. § 850d[X.]. 6, 8; [X.], ZPO 2. Aufl. § 850d [X.]. 16; Zimmer-mann, ZPO 6. Aufl. § 850d [X.]. 5; Musielak/[X.], ZPO 3. Aufl. § 850d[X.]. 17). Die in § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB enthaltene unterhaltsrechtli-che Privilegierung für volljährige unverheiratete Kinder, die bis [X.] Vollendung des 21. Lebensjahres minderjährigen unverheiratetenKindern gleichstehen, sofern sie im Haushalt der Eltern oder eines [X.] leben und sich noch in der allgemeinen Schulausbildung befin-den, findet vollstreckungsrechtlich keine Entsprechung. Die [X.] -kann daher nicht verlangen, daß bei der zwangsweisen Durchsetzung ih-res Unterhaltsanspruchs für den Schuldner lediglich ein Selbstbehalt von665 gemäß § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO von seinem pfändbaren Einkommen ü-ber den zur Deckung seines notwendigen eigenen Unterhalts erforderli-chen Betrag hinaus soviel zu belassen ist, als er für die Erfüllung seinerlaufenden gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber den der [X.] Berechtigten bedarf.b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde besteht keine Ver-anlassung, die durch den Gesetzgeber nicht erfolgte Angleichung dervollstreckungsrechtlichen Regelungen an die materiell-rechtlichen [X.] der §§ 1603 Abs. 2, 1609 BGB durch eine entsprechendeAnwendung des § 850d Abs. 2 Buchst. a ZPO auf privilegierte volljährigeKinder zu bewirken. Es ist bereits nicht erkennbar, daß die fehlende An-passung der angeführten Vorschriften auf einer Regelungslücke beruht,die dem Gesetzgeber planwidrig unterlaufen ist. Denn schon im [X.] ist keine völlige Gleichstellung volljähriger un-verheirateter Kinder, die die besonderen Voraussetzungen des § [X.]. 2 Satz 2 BGB erfüllen, mit minderjährigen unverheirateten Kindernbeabsichtigt. Die längstens bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres be-stehende Privilegierung volljähriger unverheirateter Kinder beschränktsich auf eine erweiterte Barunterhaltspflicht der Eltern (§ 1603 Abs. 2Satz 1 BGB) und - bei nicht ausreichender Leistungsfähigkeit des [X.] - auf eine bevorzugte Rangstellung, die sie neben denminderjährigen unverheirateten Kindern im Verhältnis zu den übrigen be-dürftigen Unterhaltsberechtigten haben (§ 1609 BGB). Soweit sie [X.] der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemei-- 6 -nen Schulausbildung befinden, erscheint ihre Lebensstellung ungeachtetder rechtlichen Beendigung der elterlichen Sorge mit derjenigen minder-jähriger Kinder vergleichbar und eine Gleichstellung im Rahmen [X.] 1603 Abs. 2, 1609 BGB daher geboten (BT-Drucks. 13/7338 S. 21).Die Neufassung der Rangfolge in § 1609 BGB, die volljährige unverhei-ratete Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB in den [X.] derbevorzugten Kinder einbezieht, beruht auf dem Bestreben, bei [X.] längstens zur Vollendung des 21. Lebensjahres die trotz unverän-derter Lebenssituation sonst erforderlich werdenden [X.] Neuberechnungen ihrer Unterhaltsansprüche und - gegebenenfalls -auch derjenigen anderer Unterhaltsberechtigter zu vermeiden (aaOS. 22; [X.]/Grün, FamRZ 1998, 778, 786). Die vollstreckungs-rechtlichen Vorschriften sind dahin ergänzt worden, daß Kinder, die voneinem Elternteil über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus Unterhalt ver-langen können, aus Titeln über einen Anspruch auf Unterhalt iSd§ 1612a BGB vollstrecken können, ohne daß der Unterhaltspflichtige ei-ne [X.] auf den Eintritt der Volljährigkeit stützenkönnte; die Durchsetzung von Regelunterhaltstiteln wird auf diese Weiseerleichtert ([X.]/Walker, aaO § 798a ZPO [X.]. 1, 2).c) Das allein rechtfertigt es nicht, in das vollstreckungsrechtlicheRangsystem mehrerer Unterhaltsgläubiger einzugreifen, um auch inso-weit eine Gleichstellung volljähriger und minderjähriger Kinder herbei-zuführen. Vielmehr erfolgt die Festsetzung des PfändungsfreibetragesiSd § 850d ZPO unabhängig von der materiell-rechtlichen [X.] Unterhaltsanspruchs und des materiell-rechtlichen Rangverhältnis-ses mehrerer Bedürftiger, sollten die Einkünfte des Unterhaltspflichtigenzur Deckung des [X.] aller Berechtigten nicht [X.] -Der Gesetzgeber hat es in § 850d Abs. 2 ZPO beim Vorrang der min-derjährigen Kinder auch gegenüber den nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 [X.] volljährigen Kindern belassen.Die Rechtsbeschwerde kann in diesem Zusammenhang nicht [X.], der nach § 1603 Abs. 2 BGB erweiterte Unterhaltsanspruch undder nach § 1609 BGB gegebene bessere Rang liefen leer, könnten sievollstreckungsrechtlich nicht durchgesetzt werden. Die Vorschrift des§ 850d ZPO ist nicht auf jede Vollstreckungsmaßnahme anwendbar. [X.] allein die Pfändbarkeit von Arbeitseinkommen mit erweitertenZugriffsmöglichkeiten der Gläubiger, die wegen ihrer Bedürftigkeit vondem Schuldner in besonderem Maße abhängig sind. Wie sich das [X.] mehrerer Unterhaltsberechtigter zueinander bestimmt, ergibt sichdabei aus der in Absatz 2 festgelegten Rangfolge, die - wie erwähnt -von der materiell-rechtlichen Rangbestimmung des § 1609 BGB i.V. mit§ 1603 Abs. 2 BGB unberührt bleibt. Die Rechtsbeschwerde übersieht,daß privilegierte volljährige Kinder über die §§ 1603 Abs. 2, 1609 [X.] materiell-rechtlichen Anspruch erhalten, der über den nicht privile-gierter Abkömmlinge hinausgeht und nach seiner Titulierung die Vollstre-ckung in anderweites Vermögen des [X.] ermöglicht.Auch bei freiwilligen Leistungen des [X.] stehen sichprivilegierte volljährige Kinder über die genannten Bestimmungen [X.] andere Abkömmlinge, denn sie können sich gegenüber dem [X.] über den bevorzugten Rang hinaus auf dessen gestei-gerte Leistungspflicht gemäß § 1603 Abs. 2 BGB und darauf berufen, ermüsse alle verfügbaren Mittel verwenden, um seiner Unterhaltsver-pflichtung nachzukommen. Daß schließlich der Unterhaltsverpflichtete,der eine zwangsweise Beitreibung der Unterhaltsforderungen [X.] 8 -anstatt diese außerhalb der Zwangsvollstreckung zu befriedigen, da-durch - etwa im Hinblick auf schuldnerschützende Vorschriften - Vorteileerlangen kann, ist eine mögliche Folge jeder vollstreckungsrechtlichenMaßnahme. Darin liegt kein spezielles Problem, das gerade mit demfehlenden Gleichlauf der §§ 1609, 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB und des§ 850d Abs. 2 ZPO verbunden ist.Kreft [X.] [X.] Boetticher Dr. Kessal-Wulf

Meta

IXa ZB 73/03

09.05.2003

Bundesgerichtshof IXa- Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2003, Az. IXa ZB 73/03 (REWIS RS 2003, 3149)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3149

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