Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2007, Az. 5 StR 116/01

5. Strafsenat | REWIS RS 2007, 1830

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Nachschlagewerk: ja [X.]St : ja [X.] : ja [X.] Art. 36 1. Zur Belehrung eines Festgenommenen mit fremder Staatsange- hörigkeit gemäß Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 des [X.] ([X.]) über sein subjektives Recht, die unverzügliche Benachrichtigung seiner konsularischen Vertretung zu verlangen, sind bereits die Polizeibeamten nach Festnahme verpflichtet ([X.] [X.] Kammer [X.], 499 unter Aufhe- bung von [X.]R [X.] Art. 36 Unterrichtung 1). 2. [X.] über das Recht auf konsularischen Beistand nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] führt nicht zu einem Beweisverwertungsverbot. 3. Die Rechtsverletzung kann jedoch zu einer Kompensation derart führen, dass ein bestimmter Teil der verhängten Freiheitsstrafe als verbüßt anzurechnen ist. [X.], Beschluss vom 25. September 2007 [X.] 5 [X.]/01 5 [X.]LG Braunschweig LG Hamburg [X.] 5 [X.]/01 5 [X.][X.] vom 25. September 2007 in den Strafsachen I. gegen 1. 2. 3. 4. wegen Mordes u. a. - 2 - II. gegen wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge u. a. - 3 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 25. September 2007 beschlossen: 1. Die Verfahren 5 [X.]/01 und 5 [X.] werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. 2. Die Revisionen der Angeklagten [X.], [X.]

und [X.]gegen das Urteil des [X.] vom 5. Juli 2000 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen, die Revision des [X.]mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO), dass von der verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe sechs Monate als vollstreckt gelten. Jeder dieser Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen, die Angeklagten [X.], [X.]

und [X.]zudem die den [X.] entstan-denen notwendigen Auslagen. 3. Die Revision des Angeklagten [X.]

gegen das Urteil des [X.] vom 5. April 2002 wird auf Kosten des Beschwerdeführers nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet verworfen, dass von der verhängten Freiheitsstrafe sechs Monate als vollstreckt gelten. 4. Das Verfahren gegen den verstorbenen Angeklagten [X.]

wird nach § 206a Abs. 1 StPO eingestellt.
Insofern fallen die Auslagen der Staatskasse dieser zur Last. Es wird davon abgesehen, die notwendigen Ausla-gen dieses Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen. - 4 - G r ü n d e
A Die vorliegende Entscheidung ergeht in zwei zu verbindenden Verfah-ren jeweils im zweiten [X.], nachdem das Bundesverfas-sungsgericht in beiden Verfahren [X.] nach § 349 Abs. 2 StPO ergangene [X.] Beschlüsse des [X.]es aufgehoben hat. 1 I. Das [X.] hat am 5. Juli 2000 den Angeklagten [X.]wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Die Ange-klagten [X.] und [X.]sowie den inzwischen verstorbenen [X.] hat es wegen Anstiftung zum Mord sowie wegen Nötigung, die Angeklagten [X.] und [X.] darüber hinaus wegen versuchter räuberischer [X.] in Tateinheit mit Nötigung und den Angeklagten [X.]zudem wegen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Betreffend die Angeklagten [X.]

, [X.]und [X.]

hat das [X.] die besondere Schwere der Schuld festgestellt. 2 Mit ihren Revisionen haben die Angeklagten [X.]([X.] Staats-angehöriger), [X.]

([X.] Staatsangehöriger), [X.]und [X.]

(beide [X.] Staatsangehörige) mit der Verfahrens-rüge beanstandet, dass der damals vorläufig festgenommene Beschuldigte [X.]vor seiner polizeilichen Vernehmung nicht gemäß Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 des [X.] über konsularische Beziehungen ([X.]) vom 24. April 1963 ([X.] 1969 S. 1585) belehrt worden sei. 3 Der [X.] hat durch Beschluss vom 7. November 2001 [X.] 5 [X.]/01 ([X.]R [X.] Art. 36 Unterrichtung 1, [X.], 57 m. [X.]. 4 - 5 - [X.]) die Revisionen der Angeklagten nach § 349 Abs. 2 StPO als unbe-gründet verworfen. II. Das [X.] Hamburg hat am 5. April 2002 den Angeklagten [X.]

wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge in Tateinheit mit ver-suchtem Raub mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verur-teilt. 5 Der Angeklagte [X.] ([X.] Staatsangehöriger) hat im Rah-men seiner Revision mit der Verfahrensrüge geltend gemacht, dass er vor seiner polizeilichen Vernehmung nicht gemäß Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] belehrt worden sei. 6 7 Der [X.] hat durch Beschluss vom 29. Januar 2003 [X.] 5 [X.] [X.] die Revision des Angeklagten [X.]

nach § 349 Abs. 2 StPO als unbe-gründet verworfen. III. Das [X.] [X.] 1. Kammer des Zweiten [X.]s [X.] hat durch Beschluss vom 19. September 2006 (NJW 2007, 499, m. Bespr. [X.] 2007, 99 und [X.] 2007, 296 sowie [X.]. [X.], 891) die Verfahren über die Verfassungsbeschwerden der Angeklagten zur gemeinsamen Entscheidung verbunden, die Beschlüsse des [X.]s vom 7. November 2001 [X.] 5 [X.]/01 [X.] und vom 29. Januar 2003 [X.] 5 [X.] [X.] betreffend die Beschwerdeführer wegen deren Verletzung in ihrem Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) aufgehoben und die Sachen insoweit an den [X.] zurückverwiesen. 8 - 6 - B Danach hat der [X.] über die Revisionen aller Angeklagten erneut zu entscheiden. 9 I. Dies kann im [X.] erfolgen. 10 1. Über die Revisionen der Angeklagten [X.], [X.]

, [X.]und [X.] kann im Verfahren nach § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO befun-den werden. 11 12 Durch den Beschluss des [X.]s vom 19. September 2006 sind beide Verfahren in denjenigen Stand zurückver-setzt worden, den sie vor dem [X.]sbeschluss vom 7. November 2001 [X.] 5 [X.]/01 [X.] und demjenigen vom 29. Januar 2003 [X.] 5 [X.] [X.]hatten. Soweit durch die genannte Entscheidung des Bundesverfassungsge-richts die Rechtsfragen der Wirkung eines Verstoßes gegen die Belehrungs-pflicht aus Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] [X.] hierauf konzentriert und auf die in Betracht kommenden Gesichtspunkte hinweisend [X.] zur erneuten Ent-scheidung gestellt sind, haben der [X.] mit seinen Antrags-schriften vom 12. Dezember 2006 in der Sache 5 [X.]/01 und vom 18. Dezember 2006 in der Sache 5 [X.] sowie die Verteidiger aller Angeklagten und der Vertreter der Nebenkläger Stellung genommen. Eine Entscheidung im Beschlussverfahren ist auch nicht deshalb aus-geschlossen, weil zur erneuten [X.]sentscheidung eine Entscheidung des [X.]s führt. Die hiernach unter notwendig revidierter Sicht erneut zu entscheidende Frage ist eng begrenzt und von den [X.] schriftsätzlich ausführlich behandelt worden. Sie ist auch un-ter Berücksichtigung der veränderten Vorgaben aus Sicht des [X.] - 7 - lich eindeutig zu beantworten. In der nach § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO ge-forderten Einstimmigkeit, bei § 349 Abs. 2 StPO zudem im notwendigen Ein-klang mit dem Ergebnis des Antrags des [X.]s finden sich ausreichende Korrektive (vgl. auch [X.]R StPO § 349 Abs. 2 Verwerfung 6). Es ist daran zu erinnern, dass auch sonst höchstrichterlich umstrittene Fra-gen (§ 132 Abs. 2 GVG) und Fragen von grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 4 GVG) durch Beschluss entschieden werden können (§ 138 Abs. 1 Satz 2 GVG) und regelmäßig in dieser Verfahrensweise entschieden werden, ohne dass den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme auch in einer Hauptverhandlung gegeben würde. 2. Die Entscheidung betreffend den verstorbenen Angeklagten [X.]

hat nach § 206a Abs. 1 StPO durch Beschluss zu erfolgen. 14 II. 15 Die Revisionen der Angeklagten [X.]und [X.]

sind weitgehend, die der Angeklagten [X.]

und [X.]

in vollem Umfang unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Soweit die Revisionen jeweils mit der Verfahrensrüge eine Verlet-zung von Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] geltend machen, führt dies lediglich zu einem geringen Teilerfolg der Revisionen der Angeklagten [X.]und [X.] . 16 a) Allerdings liegt in jedem der beiden Fälle eine Gesetzesverletzung darin, dass der Angeklagte [X.]und der Angeklagte [X.]

jeweils nach ihrer Festnahme nicht durch die Polizeibeamten über ihre Rechte gemäß Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] belehrt worden sind. 17 Die [X.] und die [X.] sind Vertragsstaaten des genannten Übereinkommens ([X.] 1969 S. 1585, 1671). 18 - 8 - Zur Belehrung eines Festgenommenen mit fremder Staatsangehörig-keit gemäß Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] über sein subjektives Recht, die unverzügliche Benachrichtigung seiner konsularischen Vertretung zu [X.], sind bereits die Polizeibeamten nach Festnahme verpflichtet ([X.] [X.] Kammer [X.], 499, 503 unter Berufung auf [X.], Urteil vom 27. [X.] 2001, [X.] 2001, 464 [X.] —LaGrandfi [X.] [Übersetzung in [X.], 287] sowie vom 31. März 2004, [X.] [2004], 581 [X.] —[X.]). Die durch den [X.] vormals vorgenommene, an den nationalen Konkretisierungen im Haft-recht nach Art. 104 GG, §§ 115, 115a, 128 StPO orientierte Auslegung, [X.] die Pflicht auf den [X.] beschränkt ([X.]R [X.] Art. 36 [X.] 1), erweist sich danach als zu eng und ist ausdrücklich zu revidieren. Die [X.] knüpft [X.] standardisiert [X.] an die fremde Staatsangehö-rigkeit des Beschuldigten und an seine [X.] an. Sie gilt also auch für den Fall, dass der Beschuldigte seinen Lebensmittelpunkt in [X.] hat. Eine darüber hinausgehende ausländerspezifische oder situationsbedingte Hilflosigkeit ist nicht Voraussetzung für die sich aus Völ-kervertragsrecht im Range eines Bundesgesetzes ergebende Belehrungs-pflicht. Ebenso führt bei einem Beschuldigten, der nicht ausländischer [X.] eines Vertragsstaats des [X.] ist, eine gleichge-artete besondere Hilflosigkeit in der [X.] nicht zu hieraus ab-zuleitenden entsprechenden Unterstützungspflichten. 19 Damit ist festzustellen, dass die Angeklagten [X.] und [X.]durch die unterbliebene Belehrung seitens der Polizeibeamten, die ihre erste Vernehmung durchgeführt haben, in ihren subjektiven Rechten auf konsulari-sche Unterstützung bei der effektiven Wahrnehmung ihrer Verteidigungs-rechte in der [X.] verletzt worden sind. Ein Beruhen der Beweiswür-digung in den angefochtenen Urteilen auf den Ergebnissen der in dieser Si-tuation erfolgten Vernehmungen kann der [X.] nicht ausschließen, wenn sie auch in beiden Fällen eher fernliegen mag. 20 - 9 - b) Die Mitangeklagten des Angeklagten [X.], die Beschwerdeführer [X.]([X.]r Staatsangehöriger) und [X.]

([X.] Staatsangehöriger), können aus dieser Verletzung des subjekti-ven Rechts ihres Mitbeschuldigten für sich von vornherein keine Verletzung eigener Verfahrensrechte herleiten. Die [X.] aus Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] knüpft individuell an fremde Staatsangehörigkeit und Fest-nahmesituation des unmittelbar betroffenen Beschuldigten an. Seine Verlet-zung berührt noch weniger als eine Verletzung der Rechte aus § 136 Abs. 1 StPO (vgl. dazu [X.]St 47, 233, 234; [X.]R StPO § 136 Belehrung 5; [X.] wistra 2000, 311, 313; vgl. auch [X.] 1998, 366, 372 f.) den Rechtskreis eines Mitbeschuldigten. Grundlegende generelle Belange der Prozessordnungsmäßigkeit des Verfahrens, die eine abweichende Betrach-tung veranlassen könnten (vgl. [X.]St 33, 148, 154 m.w.N.), sind nicht be-rührt. Bei dieser Sachlage bedarf die Frage keiner Vertiefung, ob als Ergeb-nis der maßgeblichen Abwägung zwischen den Belangen rechtsstaatlich ge-forderter Wahrheitsfindung und effektiver Wahrung unverletzlicher [X.] schon die bislang vom [X.] anerkannten Dritt-wirkungen [X.] namentlich bei so persönlich geprägten Rechtspositionen wie denen aus dem Bereich des § 52 StPO [X.] als eher zu weitgehend angesehen werden müssen. 21 c) Die von den Verstößen gegen die [X.] selbst [X.] Beschwerdeführer [X.]und [X.]

sind mit revisionsrechtlichen Be-anstandungen gegen eine Verletzung des Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] nicht etwa in Ermangelung eines Widerspruchs ausgeschlossen. Sie haben in ihren Revisionsbegründungen jeweils vorgetragen, dass sie in der [X.] bis zu dem in § 257 StPO bestimmten Zeitpunkt Widerspruch gegen die Verwertung ihrer Angaben in den Beschuldigtenvernehmungen, für die sie eine Verletzung von Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] geltend ma-chen können, erhoben haben (hervorgehoben von [X.] [X.] Kammer [X.] aaO S. 500; vgl. zum [X.] [X.], Beschluss vom 11. Septem-ber 2007 [X.] 1 [X.], zur [X.] in [X.]St bestimmt). [X.] - 10 - dings erfolgte dieser Widerspruch —generellfi ([X.]) bzw. bezogen auf ganz andere, nicht durchgreifende Verfahrensbeanstandungen nach §§ 136, 137 StPO ([X.] ). Dies wird den Erfordernissen eines spezifizierten Wi-derspruchs, wie ihn der 1. Strafsenat in seinem Beschluss vom 11. September 2007 in Fortentwicklung der Rechtsprechung des [X.] zur —[X.] verlangt hat, nicht gerecht. Das bleibt aber vorliegend für die unmittelbar von dem Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] betroffenen Beschwerdeführer S.

und [X.] un-schädlich. Denn anders als in dem vom 1. Strafsenat entschiedenen Fall ist die in Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] vorgesehene Belehrung hier in beiden Fällen nie nachgeholt, der Verstoß mithin nicht später geheilt worden. Unter diesen Voraussetzungen sieht sich der [X.] nach den maßgeblich zu be-achtenden Grundsätzen des —LaGrandfi-Urteils des [X.] ([X.] [X.] Kammer [X.] aaO [X.] ff.) außerstande, den im Fall der [X.] erwägenswerten, vom 1. Strafsenat verlangten spezifizierten [X.] als Rügevoraussetzung zu fordern. Denn der [X.] hatte einen Ausschluss der Revisibilität (—review und reconsiderationfi) einer Verletzung dieses Rechts mangels rechtzeitiger Erhebung von nach nationalem Recht verlangten Einwänden [X.] dort betreffend die [X.] —procedural default rulefi [X.] jedenfalls dann als Verstoß gegen Art. 36 Abs. 2 [X.] betrachtet und deswegen missbilligt, wenn die [X.] über das sich aus Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] ergebende Recht [X.] nicht erfolgte, wie diese Einwände prozessrechtlich hätten erhoben werden müssen ([X.] [X.] —LaGrandfi [X.] aaO [X.] sowie [X.] —[X.] [X.] aaO S. 613; vgl. hierzu auch [X.] in Festschrift für [X.], 428 ff.). Ob ohne Heilung des Verstoßes jeglicher Widerspruch entbehrlich wäre, [X.] angesichts des hier jeweils generell erfolgten Widerspruchs keiner [X.]. d) Indes zieht der Verstoß gegen die [X.] aus Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] kein Verwertungsverbot nach sich, das anzunehmen Völker- oder Verfassungsrecht nicht gebieten ([X.] [X.] Kammer [X.] aaO 23 - 11 - S. 503 f.; vgl. auch [X.] 2007, 296, 304; [X.] 2007, 99, 101; Pau-lus [X.], 57, 58 f.; ferner [X.], 891, 893 f.). Insoweit stellt sich die Rechtslage in Abwägung der widerstreitenden Interessen namentlich unter Berücksichtigung von Art und Gewicht des Verstoßes und von wesent-lichen Belangen der Urteilsfindung im Strafverfahren (vgl. [X.]St 44, 243, 249 m.w.N.; [X.] NJW 2007, 2269, 2271, zur [X.] in [X.]St be-stimmt) anders dar als bei der in § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Belehrung über das Schweigerecht und das Verteidigerkonsultationsrecht. Hierdurch werden die wesentlichen Rechte des Beschuldigten auf Selbstbe-lastungsfreiheit und effektive Verteidigung unmittelbar bezogen auf die [X.] zentral geschützt. Die einem Beschuldigten aus Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] zu erteilende Belehrung ist diesen Belehrungspflich-ten hinsichtlich ihrer Voraussetzungen und [X.] was für die Annahme eines Verwertungsverbots wesentlich sein kann [X.] hinsichtlich ihrer Bedeutung für ein mögliches Beweisergebnis zu Lasten des Beschuldigten nicht ausrei-chend ähnlich. So knüpft die [X.] des Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] schon nicht an den Beginn der Vernehmung an, sondern es wird allein auf die Inhaftierung abgestellt. Zudem wird durch das Unterrichtungsrecht nach Art. 36 Abs. 1 lit. b [X.] lediglich ein ergänzender Schutz für jeden in-haftierten Beschuldigten mit einer fremden Staatsangehörigkeit geboten, dem in der [X.] und unter deren besonderer Berücksichtigung eine allein staatsangehörigkeitsbezogene weitergehende Verbesserung seiner Verteidigungschancen eingeräumt werden soll. Durch diese standardisierte Rechtsposition wird, wie dargelegt, auch nicht etwa besonders auf eine mög-liche ausländerspezifische Hilflosigkeit abgestellt. Liegt eine solche vor, ist dem eben nicht etwa durch eine hervorgehobene Bewertung oder weiterge-hende Ausgestaltung der Rechte aus Art. 36 Abs. 1 lit. b [X.] Rechnung zu tragen, sondern durch eine geeignete besondere Rücksicht auf die [X.] des Schweigerechts und des Verteidigerkonsultationsrechts, ins-besondere bei der Ausgestaltung der nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO vorge-schriebenen Belehrung (vgl. [X.]St 42, 15). Den betroffenen ausländischen Beschuldigten kommen sonst unvermindert sämtliche rechtsstaatlichen Ver- - 12 - teidigungsstandards zugute. An eine Verletzung des subjektiven Rechts aus Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] (vgl. [X.] [X.] —LaGrandfi [X.] aaO [X.]), das zwar beachtlich ist, indes ein für die Ausgestaltung der Verteidigung nicht zentrales pauschales Sonderrecht darstellt, ist danach, anders als bei § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO möglich, kein Beweisverwertungsverbot zu knüpfen. e) Jedoch erachtet der [X.] es für angezeigt, die Rechtsverletzung zu kompensieren. 24 Trotz Ablehnung eines [X.] darf der festzustel-lende Verstoß gegen die völkerrechtlich verankerte Unterrichtungspflicht aus Art. 36 Abs. 1 lit. b [X.] grundsätzlich nicht folgenlos bleiben. Nach der vom [X.] geforderten Auslegung des Art. 36 Abs. 2 zweiter Halbsatz [X.] [X.] die gemäß den Vorgaben des [X.]s zu beachten ist ([X.] [X.] Kammer [X.] aaO [X.]) [X.] muss es möglich sein, eine effektive Revisibiliät (—full effectfi, [X.] [X.] —La Grandfi [X.] aaO S. 498) si-cherzustellen. Daraus folgt zum einen, dass das Revisionsgericht auf eine Verfahrensrüge des betroffenen ausländischen Angeklagten eine Rechtsver-letzung zu prüfen und gegebenenfalls festzustellen hat. Zudem ist zu [X.], dass die Angeklagten [X.]und [X.]

in ihren persönlichen und pro-zessualen Rechten verletzt worden sind und die [X.] dem [X.] Revisi-onsverfahren ohnehin fremde [X.] alleinige Feststellung der Rechtsverletzung dies nicht stets angemessen auszugleichen vermag. Ähnlich wie in den [X.] rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung (vgl. die Darstellung der Rechtsentwicklung im Vorlagebeschluss des 3. Strafsenats vom 23. Au-gust 2007 [X.] 3 StR 50/07) und im Fall der Verleitung einer unverdächtigen und zunächst nicht tatgeneigten Person zu einer Straftat durch eine von ei-nem Amtsträger geführte Vertrauensperson in einer dem Staat zuzurechnen-den Weise ([X.]St 45, 321; 47, 44, 52) liegt ein Grund für eine Kompensati-on vor (vgl. hierzu [X.] aaO S. 432). Damit wird sichergestellt, dass der Verletzte, sofern dies angemessen ist, eine Wiedergutmachung für die von 25 - 13 - ihm erlittene Beeinträchtigung seiner Rechtsposition aus Art. 36 [X.] im sachnächsten nationalen Verfahren erhalten kann. Eine derartige Kompensation erscheint jedenfalls dann angezeigt und gar geboten, wenn der betroffene Angeklagte eine erhebliche Bestrafung erfährt und der Verstoß nicht [X.] wie in dem vom 1. Strafsenat entschiedenen Fall angesichts alsbald anschließender Belehrung durch den Haftrichter [X.] nur kurzfristig [X.] hat. Beide Voraussetzungen sind vorliegend bei den unmittelbar betroffenen Beschwerdeführern [X.]und [X.] erfüllt. 26 f) Der [X.] nimmt diese Kompensation nicht [X.] wie die bisherige Rechtsprechung in den genannten Fällen [X.] durch eine Herabsetzung der verhängten Strafe (Strafzumessungslösung) vor, sondern in Form des [X.], dass ein zahlenmäßig bestimmter Teil der verhängten [X.] als vollstreckt gilt ([X.]). Er sieht sich als befugt an, in der vorstehenden Weise zu entscheiden, ohne von bisheriger Rechtsprechung des [X.] abzuweichen, da bislang nicht entschieden worden ist, in welcher Form die Kompensation einer Verletzung von Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] und damit die angezeigte effektive Geltendmachung der Verletzung dieses Rechts vorzunehmen ist. Er orientiert sich an der auf eine analoge Anwendung des § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB gestützten —Vollstre-ckungslösungfi, wie sie der 3. Strafsenat im Vorlagebeschluss vom 23. Au-gust 2007 [X.] 3 StR 50/07 (vgl. auch [X.], Tagungsbericht zum [X.]) nunmehr für Fälle überlanger Verfahrensdauer für vorzugswürdig hält. Diese Lösung ist [X.] anders als die Strafzumessungslö-sung [X.] nicht mit dem Widerspruch behaftet, durch eine Reduktion der schuldangemessenen Strafe Verfahrensfehler der Strafverfolgungsbehörden, die mit der Schuld des Angeklagten in keiner Beziehung stehen, hiermit in Korrelation zu setzen (vgl. [X.], Urteil vom 21. Juni 2007 [X.] 5 StR 83/07, zur [X.] in [X.]R [X.]. 6 Abs. 1 fair-trail 5 bestimmt). Sie ent-spricht vielmehr dem objektiv orientierten Modell des § 51 StGB. Damit ist auch eine höhere Transparenz der Rechtsfolgenentscheidung in dem Sinne 27 - 14 - gewährleistet, dass die [X.] im Strafausspruch zutreffend ausgewiesen wird und in dieser Weise unvermindert bei späteren Entscheidungen berück-sichtigt werden kann. Die neue Fallkonstellation erlaubt eine solche abweichende Methodik selbst für den Fall, dass sie sich [X.] entgegen der Auffassung auch des 5. Strafsenats [X.] bei auf überlanger Verfahrensdauer beruhenden Verstößen gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht durchsetzen sollte. Jene Fälle haben einen weit größeren Anwendungsbereich und betreffen [X.] im Gegensatz zu der hier zu entscheidenden Fallkonstellation mit regelmäßig nicht übermäßig schwerwiegenden Verstößen [X.] Fälle unterschiedlichsten Gewichts mit einem ganz individuell zu bemessenden Ausmaß einer gebotenen Kompensation. 28 29 Die neue, vorliegend vom [X.] bereits angewendete Methodik hat überdies den Vorteil, dass eine effektive Revisibilität auch einem zu lebens-langer Freiheitsstrafe verurteilten Angeklagten zugute kommt, abweichend von der Lösung über die Strafzumessung, deren insoweit negative Konse-quenz von der Rechtsprechung freilich gebilligt worden ist ([X.] [X.] Kam-mer [X.] NStZ 2006, 680; [X.] NStZ 2006, 346). So wird infolge der —Vollstre-ckungslösungfi hier der Angeklagte S.

durch eine bezifferte Anrechnung eines als verbüßt geltenden Teils der Strafe analog § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB den Zeitpunkt der Mindestverbüßung nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB früher erreichen. Der [X.] lässt offen, ob in Fällen geringerer Schwere eine mittels Anwendung des nationalen Rechts mögliche Kompensation auch auf andere Weise, etwa durch Gewährung einer Entschädigung in analoger Anwendung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen ([X.]) oder durch [X.], etwa analog § 465 Abs. 2 StPO, in [X.] zu ziehen wäre. Bei Strafen geringeren Gewichts und im Falle der spä-teren Heilung des [X.] durch alsbald nachgeholte Belehrung gemäß Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom [X.] - 15 - tember 2007 [X.] 1 [X.], zur [X.] in [X.]St bestimmt) mag eine Kompensation gänzlich entbehrlich sein. g) Der [X.] bestimmt das Maß der als vollstreckt geltenden Strafe angesichts des jeweiligen Gewichts des Verstoßes und seiner Auswirkungen sowie der jeweiligen Tatvorwürfe bei beiden Beschwerdeführern jeweils mit sechs Monaten. 31 2. Im Übrigen sind die Revisionen der Angeklagten [X.], [X.]

und [X.]aus den Gründen der Antragsschrift des [X.]s vom 21. Juni 2001 sowie die Revision des Angeklagten [X.]

aus den Gründen der Antragsschrift des [X.]s vom 13. Novem-ber 2002 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 32 33 3. Irgendeine Herabsetzung oder weitergehende partielle [X.] der gegen die Angeklagten [X.], [X.]

, [X.]
und [X.] verhängten Strafen unter dem Gesichtspunkt der besonders langen Verfah-rensdauer ist nicht vorzunehmen. Der [X.] vermag eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nicht zu konstatieren. a) Soweit es etwa um die Behandlung der beiden Sachen zwischen der Erhebung der Verfassungsbeschwerden und dem Beschluss des [X.]s vom 19. September 2006 gehen kann, neigt der Se-nat zu der Ansicht, dass einem Gericht grundsätzlich nicht die Möglichkeit eröffnet ist, einen durch ein höherrangiges Gericht begangenen Verstoß der genannten Art gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] festzustellen und zu berück-sichtigen, wenn nicht etwa dieses Gericht entsprechende Hinweise gegeben hat. Dies dürfte bereits aus der [X.] der Gerichte der [X.] folgen und findet zumindest seine verfah-renspraktische Bestätigung darin, dass dem Gericht geringeren Ranges Kenntnisse zum erfolgten Verfahrensgang beim höherrangigen Gericht [X.]. 34 - 16 - b) Die Behandlung der Sachen beim [X.] war nicht verzögerlich. Der Beschluss des [X.]s vom 19. September 2006 ist beim [X.] am 26. Oktober 2006 eingegangen. Auf die [X.] des [X.] vom 12. Dezember 2006 (in der Sache 5 [X.]/01) und vom 18. Dezember 2006 (in der Sache 5 [X.]) haben die [X.] bis zum 7. März 2007 Stellung genommen. Die gegen den Vorsitzenden, den Berichterstatter und ein weiteres [X.]smitglied gerichte-ten Ablehnungsgesuche des Angeklagten [X.] vom 17. Januar 2007 hat der [X.] nach den gebotenen Anhörungen durch Beschluss vom 11. [X.] 2007 zurückgewiesen. Darin, dass das Revisionsgericht in seiner sich erst aus jener [X.]sentscheidung ergebenden Besetzung nicht schon früher entschieden hat, liegt keine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung (vgl. zudem zur fehlenden Rechtsstaatswidrigkeit längerer Verfahrensdauer in umfänglichen und schwierigen Verfahren [X.] NJW 2007, 853, 857). 35 36 c) Eine solche Verfahrensverzögerung findet sich auch nicht etwa dar-in, dass das [X.] hier zwei Entscheidungen des [X.]s wegen Verletzung der Beschwerdeführer in ihrem Recht auf ein faires Verfahren aufgehoben hat, wodurch ein weiterer fast ein Jahr wäh-render Verfahrensgang vor dem [X.] notwendig geworden ist. [X.] ist an das Urteil des 3. Strafsenats vom 7. Februar 2006 [X.] 3 StR 460/98 ([X.], 1529), wonach eine rechtsstaatswidrige [X.] nicht allein deshalb vorliegt, weil das Revisionsgericht zur Korrektur eines dem Tatrichter unterlaufenen [X.] nicht eklatanten [X.] Rechtsfeh-lers dessen Urteil aufheben und die Sache zu neuer [X.] zeitaufwändiger [X.] Be-arbeitung an die Vorinstanz zurückverweisen muss; denn solcher Verfah-rensgang ist Ausfluss eines rechtsstaatlichen Rechtsmittelsystems. Die Grundsätze dieses Urteils, denen der [X.] in vollem Umfang zustimmt, sind auf die vorliegende Konstellation der Aufhebung von Entscheidungen des [X.] durch das [X.] sinngemäß zu übertragen. Als eklatante Gesetzesverletzung, die eine abweichende Beurtei-lung erfordern könnte (vgl. [X.] aaO S. 1532 m.w.N.), wertet der [X.] sei- - 17 - ne erste, nunmehr freilich nach Vorgabe des [X.]s zu revidierende Entscheidung nicht. 4. Der Teilerfolg, den die Angeklagten S.

und [X.] auf ihre [X.] Revisionen mit der Anrechnung von sechs Monaten Freiheits-strafe auf die verbüßten Strafen erzielen, ist derart gering, dass es unter den Billigkeitsgesichtspunkten des § 473 Abs. 4 StPO nicht angezeigt erscheint, eine Kostenteilung vorzunehmen. 37 III. Auf die Revision des Angeklagten [X.]

ist das Verfahren einzustel-len. Dieser Angeklagte ist am 7. September 2004 verstorben. Da das [X.] den Beschluss des [X.]s vom 7. November 2001 auch betreffend den Angeklagten [X.]

aufgehoben hat, stellt der [X.] das Verfahren insoweit nach § 206a Abs. 1 StPO ein (vgl. [X.]St 45, 108). 38 39 Die Kostenentscheidung hat im Fall des Todes des Angeklagten nach denjenigen Grundsätzen zu erfolgen, die bei Einstellung wegen eines Verfah-renshindernisses allgemein anzuwenden sind (vgl. [X.], [X.] Aufl. § 464 Rdn. 14, § 465 Rdn. 12). Deshalb fallen die Auslagen der Staatskasse dieser nach § 467 Abs. 1 StPO zur Last. Jedoch wird nach § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO davon abgesehen, die notwendigen Ausla-
- 18 - gen des Angeklagten [X.]

der Staatskasse aufzuerlegen. Aus den obigen Ausführungen folgt, dass dieser Angeklagte nur deshalb nicht rechtskräftig verurteilt wird, weil mit seinem Tod ein Verfahrenshindernis eingetreten ist. [X.] Ri[X.] Häger ist erkrankt [X.] und daher verhindert zu unterschreiben [X.] Brause Schaal

Meta

5 StR 116/01

25.09.2007

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2007, Az. 5 StR 116/01 (REWIS RS 2007, 1830)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 1830

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