Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2007, Az. 2 StR 384/07

2. Strafsenat | REWIS RS 2007, 1089

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[X.] vom 2. November 2007 in der Strafsache gegen wegen Betrugs - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 2. November 2007 gemäß § 206 a, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22. Februar 2007 wird das Verfahren ein-gestellt, soweit der Angeklagte wegen Betrugs zum Nachteil der Eheleute [X.] und des Geschädigten [X.](Fälle 1 und 5 der Anklageschrift) verurteilt worden ist. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen. 2. Das genannte Urteil wird, soweit es den Angeklagten betrifft, a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Betrugs in vier Fällen schuldig ist und b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf-gehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen. - 3 - Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betrugs in sechs tateinheit-lich begangenen Fällen unter Einbeziehung der durch Urteil des [X.]s Hanau vom 27. August 2004 verhängten Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die auf [X.] und auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 1. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils war der [X.] mehrerer von dem nicht revidierenden Mitangeklagten [X.]gegründeter Firmen. Der Geschäftsbetrieb wurde nur durch Kredi-te aufrecht erhalten. Nachdem die Firmengruppe ab Mitte 1999 keine weiteren Kredite mehr bekam, warben der Angeklagte und B. Immobilien-Eigentümer an, die gegen ein Entgelt ein Darlehen aufnahmen, welches durch Grundpfandrechte an ihrem Grundstück gesichert wurde, und den Betrag einer der Firmen zur Verfügung stellten. Die Kreditzinsen wurden von der [X.] nur teilweise und unregelmäßig gezahlt; Tilgungen erfolgten keine. [X.] 2004 brach die Firmengruppe zusammen. Da die geschädigten Grundei-gentümer die Zins- und Tilgungsleistungen nicht aus eigenem Vermögen erbringen konnten, mussten sie ihre Grundstücke verkaufen oder es laufen Zwangsvollstreckungsverfahren. 2 Die Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] hatte dem Angeklagten vier tatmehrheitliche Fälle des Betrugs vorgeworfen, und zwar die Fälle 3 ([X.]), 4 (Geschädigter Mo.

), 6 (Geschädigte [X.]) und 7 (Geschädigter H. ) der Anklageschrift. In dreien dieser Fälle (3, 4 und 3 - 4 - 7) hatte der Angeklagte als Geschäftsführer die Verträge mit den Geschädigten unterschrieben, im Fall 6 hatte er den Vertrag gemeinsam mit [X.] und war mit diesem nach [X.] zur Geschädigten gefahren, wo die Vertragsunterzeichnung stattfand. Das [X.] hat die durch [X.]verübten [X.] dem Angeklagten aufgrund gemeinsamen Tatplans und arbeitsteiligen Vorgehens zugerechnet. Da der Angeklagte aber nicht persönlich täuschend auf die Geschädigten eingewirkt habe, —sondern im Vorfeld der mit diesen [X.] Verträge ausschließlich im Hintergrund gewirktfi habe, stelle sich die Tat als ein "[X.]" dar, das die Voraussetzungen einer natürlichen Handlungseinheit erfülle. Es erfasse deshalb nicht nur die [X.] vier Fälle, sondern auch die in der Anklageschrift ausschließlich dem Mitangeklagten B. angelasteten Fälle 1 und 5. 4 2. Die Würdigung des festgestellten Sachverhalts als "[X.]" hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Rechtsprechung hat [X.] Formen der mittelbaren Täterschaft unter dem Begriff des Organisati-onsdelikts erfasst (BGHSt 40, 218, 236 ff; BGHSt 45, 270, 296 ff; vgl. Cra-mer/[X.] in [X.]/[X.], StGB 27. Aufl. § 25 Rdn. 25 f). In diesen [X.] nutzt ein Hintermann staatliche, unternehmerische oder geschäftsähnliche Organisationsstrukturen aus, innerhalb derer sein Tatbeitrag regelhafte Abläufe auslöst. Handelt der Hintermann in Kenntnis dieser Umstände, nutzt er auch die unbedingte Bereitschaft des unmittelbar Handelnden, den Tatbestand zu erfül-len, aus und will er den Erfolg als Ergebnis seines Handelns, hat er die Tatherr-schaft und ist mittelbarer Täter. Eine so verstandene mittelbare Täterschaft kommt in Fällen in Betracht, in denen der räumliche, zeitliche und hierarchische Abstand zwischen der die Befehle verantwortenden [X.] und 5 - 5 - den unmittelbar Handelnden gegen arbeitsteilige Mittäterschaft spricht. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Nach den Feststellungen sind [X.]und der Angeklagte gemein-schaftlich arbeitsteilig vorgegangen; zu Recht hat deshalb das [X.] bei der rechtlichen Würdigung dem Angeklagten die durch [X.] verübten Täuschungen als Mittäter zugerechnet ([X.]). Der Angeklagte hat nicht kraft [X.] Anstoß zu den Betrügereien gegeben, sondern die Taten gemeinsam mit [X.] verübt; dieser war der Chef und der Angeklagte dessen rechte Hand ([X.]). Der Angeklagte hat in jedem Einzelfall eigene Tatbeiträge geleistet. Er war weder mittelbarer Täter, noch treffen die [X.] in seiner Person tateinheitlich zusammen. Für die [X.]) Mitwirkung an den einzelnen Betrügereien kommt es entgegen der Annahme des [X.]s nicht allein auf die Täuschungshandlung an (missverständlich insoweit möglicherweise BGHSt 48, 331, 342; der Entschei-dung liegt aber eine andere Fallgestaltung zugrunde). Es reicht jede Handlung, durch die der Angeklagte im Rahmen des gemeinsamen Tatplans zur Tatbe-standsverwirklichung beigetragen hat. Der Angeklagte hat hier drei Darlehens-verträge mit Geschädigten unterschrieben, durch den diese sich zur [X.] an die zahlungsunfähigen Firmen des Mitangeklagten [X.] verpflichtet und damit über ihr Vermögen verfügt und es gefährdet haben. Im Fall 6 der Anklage hat er diesen Vertrag vorbereitet und [X.] zu der Un-terzeichnung begleitet. Damit hat der Angeklagte in allen vier Fällen durch [X.] mitgewirkt. Demgegenüber ist keine einzelne [X.] Handlung des Angeklagten festgestellt, die zur Tatbestandsverwirklichung aller vier Betrugsfälle beigetragen hat und geeignet wäre, diese zur Tateinheit zu verbinden. 6 - 6 - 3. Der Angeklagte ist durch die Annahme eines Organisationsdelikts und von Tateinheit im vorliegenden Fall beschwert, denn das [X.] hat aus diesem Grund die Fälle 1 und 5 der Anklageschrift in die Verurteilung einbezo-gen, obwohl insoweit nur der Mitangeklagte [X.]angeklagt war. Da es in diesen Fällen an der Verfahrensvoraussetzung einer Anklage fehlt, ist das Verfahren insoweit einzustellen (§ 206 a StPO). Der Senat hat den Schuld-spruch entsprechend geändert. Die Änderung des Schuldspruchs führt auch zur Aufhebung des Strafausspruchs. 7 [X.]

Meta

2 StR 384/07

02.11.2007

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2007, Az. 2 StR 384/07 (REWIS RS 2007, 1089)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 1089

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