Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2012, Az. 4 StR 657/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2012, 9389

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 657/11

vom
8. Februar 2012
in der Strafsache
gegen

wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.

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2
-
Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 8. Februar 2012
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. August 2011

a)
im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte des schweren sexuellen [X.] in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sichverschaffen kinderporno-graphischer Schriften sowie des Sichverschaffens kinderpornographischer Schriften schuldig ist,

b)
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die

Netzkabel angeordnet worden ist.

2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer

Jugend-schutzkammer

des [X.]s
Magdeburg zurück-verwiesen.

3.
Die weiter
gehende Revision wird verworfen.

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3
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen zweifachen schweren se-xuellen Missbrauchs von Kindern, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz kinderpornographischer Schriften sowie Besitzes kinderpornographischer Schriften unter Freisprechung im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Zugleich hat es seine Unterbringung in
[X.] eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit einer Ver-fahrensrüge und der näher ausgeführten Sachrüge. Sein Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung der Einziehungsanord-nung. Im Übrigen ist es unbegründet.

1. Der Senat hat den Schuldspruch wie aus dem Tenor ersichtlich geän-dert, weil sich der Angeklagte in den Fällen [X.] und II. 3 der [X.] (auch) des Sichverschaffens von kinderpornographischen Schriften nach § 184b Abs. 4 Satz
1 StGB schuldig gemacht hat.

Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte im Fall [X.] der Urteils-gründe den von ihm
begangenen schweren sexuellen Missbrauch seiner drei-jährigen Enkeltochter mit seiner Videokamera auf, um die Aufnahme später für sich verwenden zu können. Im Fall II. 3 der Urteilsgründe lud der Angeklagte 67 kinderpornographische Bilddateien, die ein tatsächliches Geschehen wiederge-ben, auf seinen

Ordnern. Damit hat sich
der Angeklagte in beiden Fällen den Besitz an den [X.] (§ 11 Abs. 3 StGB) selbst verschafft und dadurch den Tatbestand des § 184b Abs. 4 Satz 1 StGB verwirklicht ([X.],
Beschluss vom 10. Oktober 2006

1 [X.], [X.], 95). Der vom [X.] im 1
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Fall II. 3 der Urteilsgründe angenommene Besitz kinderpornografischer Schrif-ten nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB tritt als subsidiärer Auffangtatbestand zu-rück ([X.],
Beschluss vom 10. Juli 2008

3 [X.], [X.], 208; [X.] vom 4. August 2009

3 [X.], Rn. 25).

Obgleich die gesetzliche Überschrift des § 184b StGB die Variante des Sichverschaffens von kinderpornographischen Schriften nicht enthält, ist es in diesen Fällen angezeigt, von der Regel des § 260 Abs. 4
Satz 2 StPO abzuwei-chen und zur anschaulichen Kennzeichnung des Tatunrechts in der Urteilsfor-mel auf den Wortlaut des Tatbestands zurückzugreifen (vgl. [X.],
Beschluss vom 10. Juli 2008

3 [X.]; HansOLG
Hamburg,
Beschluss vom 3. Mai 1999
-
1 Ss 39/99, Rn. 18).

2. Die allein auf § 184b Abs. 6 Satz 2 StGB gestützte Einziehung des Laptops des Angeklagten begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Bei einer Verurteilung gemäß § 184b Abs. 4 StGB wegen Sichverschaf-fens oder Besitzes kinderpornographischer Schriften sind nach § 184b Abs. 6 Satz 2 StGB nur die Beziehungsgegenstände
der Tat zwingend einzuziehen. Wurde das Sichverschaffen kinderpornographischer Schriften

wie hier im Fall II. 3 der Urteilsgründe

durch das Herunterladen und Abspeichern von Bildda-teien auf einem Computer begangen, unterliegt daher lediglich die als Spei-chermedium verwendete Festplatte der Einziehung nach § 184b Abs. 6 Satz 2 StGB. Dagegen ist eine Einziehung des für den Lade-
und Speichervorgang verwendeten Computers nebst Zubehör nur nach § 74 Abs. 1 Alternative 2 StGB als Tatwerkzeug möglich ([X.],
Beschluss vom 11. Januar 2012

4 [X.]; Beschluss vom 28. November 2008

2 [X.], [X.]St 53, 69 4
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5
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Rn.
2 a.E.; [X.]/Roggenbuck in [X.], 12. Aufl.,
§ 184b Rn. 20). Die Entscheidung steht dabei im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Dies hat das [X.] nicht beachtet.

Zudem hat das [X.] übersehen, dass aus Gründen der Verhält-nismäßigkeit auch bei einer auf § 184b Abs. 6 Satz 2 StGB gestützten Einzie-hung von den Möglichkeiten des § 74b Abs. 2 StGB Gebrauch zu machen ist ([X.],
Beschluss vom 11. Januar 2012

4 [X.]; Beschluss vom 28. No-vember 2008

2 [X.], [X.]St 53, 69 Rn. 3). Danach hat der Tatrichter anzuordnen, dass die Einziehung zunächst vorbehalten bleibt und weniger ein-schneidende Maßnahmen zu treffen sind, wenn auch auf diese Weise der Ein-ziehungszweck erreicht werden kann. Dies könnte hier durch eine endgültige Löschung der inkriminierten Bilddateien geschehen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Januar 2012

4 [X.]; [X.]/Roggenbuck in [X.], 12. Aufl.,
§
184b Rn. 20). Feststellungen dazu, ob es technisch möglich ist, diese Dateien in einer Weise von der Festplatte zu löschen, dass ihre Wiederherstellung nicht mehr möglich ist, hat das [X.] nicht getroffen.

3. Die weiter
gehende Revision ist aus den von dem Generalbundesan-walt angeführten Gründen offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs.
2 StPO. Soweit das [X.] im Fall II. 1 der Urteilsgründe bei der Be-stimmung der dem Strafrahmen des § 176a Abs. 1 StGB entnommenen Frei-heitsstrafe entgegen § 46 Abs. 3 StGB auch die die Strafbarkeit nach dieser Vorschrift begründende Vorverurteilung durch das [X.] Magdeburg vom 17.
Juli 2000 zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt hat ([X.],
Beschluss vom 13. September 2001

3 [X.], [X.], 198, 199; [X.] in [X.], 12. Aufl.,
§ 176a Rn. 21), vermag der Senat auszuschließen, dass das 7
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Urteil auf diesem Rechtsfehler beruht. Die von dem [X.] für diese Tat festgesetzte [X.] von einem Jahr und drei Monaten liegt nur geringfü-gig über der Untergrenze des Strafrahmens. Angesichts der weiter festgestell-ten Strafschärfungsgründe kann ausgeschlossen werden, dass das [X.] auf eine noch mildere Strafe erkannt hätte, wenn das Urteil des [X.] vom 17. Juli 2000 als [X.] außer Acht ge-blieben wäre.

[X.]Roggenbuck Cierniak

Franke [X.]

Meta

4 StR 657/11

08.02.2012

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2012, Az. 4 StR 657/11 (REWIS RS 2012, 9389)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9389

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