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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Zustellung eines Ausweisungsbescheids in Amtshilfe in der Justizvollzugsanstalt
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
I.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg anhängige Klage gegen seine Ausweisung weiter.
Anlass für die Ausweisung war seine Verurteilung durch das Landgericht Augsburg vom 8. April 2014 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren und 6 Monaten. Der Ausweisungsbescheid der Beklagten vom 20. Februar 2017 wurde dem Kläger in der Justizvollzugsanstalt am 27. Februar 2017 gegen Empfangsbekenntnis ausgehändigt. Durch Schriftsatz seiner Bevollmächtigten erhob der Kläger am 29. März 2017 hiergegen Anfechtungsklage.
Mit Beschluss vom 12. Juni 2017 lehnte das Verwaltungsgericht den gleichzeitig mit der Klageerhebung gestellten Antrag auf Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Bevollmächtigten ab. Die Klage habe keine hinreichenden Erfolgsaussichten, da sie wegen Versäumung der Klagefrist bereits unzulässig sei. Entgegen den Ausführungen in der Klageschrift bestünden keine Zweifel an der Wirksamkeit der Zustellung des angefochtenen Bescheids.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
II.
Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 VwGO) ist unbegründet.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, weil die Klage gegen die Ausweisung bereits unzulässig ist.
Die Klage ist nicht innerhalb der Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben worden; auf die zutreffenden Ausführungen in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts (BA Rn. 16) kann hier verwiesen werden.
Ebenso wie das Verwaltungsgericht hat auch der Senat keine Zweifel an der Wirksamkeit der Zustellung des Bescheids.
Bei der Zustellung durch die Behörde gemäß Art. 5 Abs. 1 VwZVG händigt ein Bediensteter das Dokument dem Empfänger aus; der Empfänger hat ein mit dem Datum der Aushändigung versehenes Empfangsbekenntnis zu unterschreiben. Der Bescheid vom 20. Februar 2017 wurde dem Kläger am 27. Februar 2017 nach dieser Vorschrift ordnungsgemäß zugestellt.
Diese Art der Zustellung war auch ohne weiteres zulässig. Der Kläger meint, aus einem Umkehrschluss aus Art. 5 Abs. 4 VwZVG ergebe sich, dass diese Art der Zustellung gegenüber „Privatpersonen“ unzulässig sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass Art. 5 Abs. 4 VwZVG eine Sondervorschrift ist, die gegenüber einem bestimmten Adressatenkreis eine Zustellung „auch auf andere Weise“ gegen Empfangsbekenntnis zulässt (Sadler, VwVG/VwZG, 9. Aufl. 2014, § 5 VwZG Rn. 36). Gemeint ist hier, dass nicht die persönliche Aushändigung verlangt wird, sondern z.B. die Übersendung per Post genügt. Gegenüber einem Zustellungsempfänger, der nicht zu dem genannten Adressatenkreis gehört, ist diese vereinfachte Art und Weise der Zustellung nach Art. 5 Abs. 4 VwZVG in der Tat nicht zulässig. Damit wird jedoch eine Anwendung des Art. 5 VwZVG nicht insgesamt ausgeschlossen, sondern es verbleibt damit bei der Zustellungsvorschrift des Art. 5 Abs. 1 VwZVG.
Ob im vorliegenden Fall auch eine andere Art der Zustellung, etwa durch die Post mit Zustellungsurkunde (Art. 3 VwZVG), möglich und zulässig gewesen wäre, ist unerheblich. Denn nach Art. 2 Abs. 3 VwZVG hat die Behörde die Wahl zwischen den einzelnen Zustellungsarten (abgesehen von dem Sonderfall einer verpflichtenden elektronischen Zustellung nach Art. 5 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwZVG).
Ebenso ist es unbedenklich, dass im vorliegenden Fall der zustellende Bedienstete kein Bediensteter der Beklagten, sondern ein Bediensteter der Justizvollzugsanstalt war. Zustellungen in Amtshilfe (Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 BayVwVfG) für eine andere Behörde sind grundsätzlich zulässig (Sadler, VwVG/VwZG, 9. Aufl. 2014, § 5 VwZG Rn. 5 ff.; Schlatmann in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVfG/VwZG, 11. Aufl. 2017, § 5 VwZG Rn. 2; Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand März 2018, Art. 5 VwZVG Anm. II.1.; siehe auch BVerwG, U.v. 13.6.2001 - 6 A 1/01 - juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 20.10.2009 - 3 B 04.484 - juris Rn. 88; BayVGH, B.v. 26.6.2002 - 2 B 97.615 - juris Rn. 11).
Das Handeln in Amtshilfe war auch im vorlegenden Fall nicht, wie der Kläger meint, rechtswidrig. Unabhängig von der Frage, ob ein nach den Bestimmungen des Art. 5 Abs. 1 BayVwVfG zu Unrecht erfolgtes Amtshilfeersuchen über das Innenverhältnis zwischen der ersuchenden und der ersuchten Behörde hinaus überhaupt Rechtswirkungen im Verhältnis zu einem Dritten hervorrufen kann (vgl. Funke-Kaiser in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, Stand 1.10.2018, § 5 Rn. 95), lagen die Voraussetzungen der Amtshilfe ohne weiteres vor. Aufgrund der Entfernung zwischen Augsburg und Straubing hätte es jedenfalls einen wesentlich größeren Aufwand bedeutet, einen Bediensteten der Beklagten in die Justizvollzugsanstalt zu entsenden, als einen Bediensteten der Justizvollzugsanstalt im Wege der Amtshilfe die Zustellung vornehmen zu lassen (Art. 5 Abs. 1 Nr. 5 BayVwVfG; vgl. Funke-Kaiser in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, Stand 1.10.2018, § 5 Rn. 22 ff.; Shirvani in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl. 2014, § 5 Rn. 26 ff.). Im Übrigen hätte ein Bediensteter der Beklagten die Übergabe des Schriftstücks gar nicht selbst bzw. allein vornehmen können (Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG), da Gefangene gemäß Art. 33 Abs. 1 BayStVollzG Schriftstücke nur durch Vermittlung der Justizvollzugsanstalt empfangen dürfen (siehe dazu Arloth in Graf, BeckOK Strafvollzugsrecht Bayern, Stand 10.7.2018, Art. 33 BayStVollzG Rn. 2).
Da sowohl die gewählte Zustellungsart nach Art. 5 Abs. 1 VwZVG wie auch das Ersuchen um Amtshilfe rechtmäßig waren, war die Beklagte auch nicht gehalten, stattdessen eine andere Zustellungsart zu wählen, etwa durch die Post mit Zustellungsurkunde und mit eventueller Ersatzzustellung an den Leiter der Einrichtung oder einen dazu ermächtigen Vertreter (Art. 3 VwZVG i.V.m. § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Ebenso kommt es nicht darauf an, ob die Vermittlung von Schreiben an Gefangene gemäß Art. 33 BayStVollzG eine eigene Aufgabe der Justizvollzugsanstalt darstellt und damit einer Amtshilfe nicht zugänglich ist, wie der Kläger vorbringt. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die bloße Vermittlung eines Schreibens, sondern darüber hinaus um die Rechtshandlung der Zustellung gemäß Art. 5 Abs. 1 VwZVG.
Es war damit für die Beklagte zulässig und sinnvoll, die Zustellung des Bescheides vom 20. Februar 2017 im Wege der Amtshilfe durch einen Bediensteten der Justizvollzugsanstalt vornehmen zu lassen; die Justizvollzugsanstalt hätte auf Grund des Art. 33 Abs. 1 BayStVollzG an der Zustellung durch einen Bediensteten der Beklagten ohnehin jedenfalls mitwirken müssen.
Da die Zustellung wirksam war, erübrigen sich Erwägungen zu einer möglichen Heilung von Zustellungsmängeln nach Art. 9 VwZVG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil die nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) anfallende Gebühr streitwertunabhängig ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Datenquelle d. amtl. Textes: Bayern.Recht
Meta
25.01.2019
Entscheidung
Sachgebiet: C
Zitiervorschlag: VGH München, Entscheidung vom 25.01.2019, Az. 10 C 17.1174 (REWIS RS 2019, 10993)
Papierfundstellen: REWIS RS 2019, 10993
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