Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2018, Az. 3 StR 130/18

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 9206

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2018:150518B3[X.]TR130.18.0

BUN[X.][X.]GERICHT[X.]HOF

BE[X.]CHLU[X.][X.]
3
[X.]tR 130/18

vom
15. Mai
2018
in der [X.]trafsache
gegen

wegen versuchter räuberischer Erpressung u.a.

-
2
-
Der 3.
[X.]trafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15.
Mai 2018 gemäß §
349 Abs.
2 und
4 [X.]tPO einstimmig beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 30.
November 2017, soweit es
ihn betrifft,
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a)
soweit er für die Tat
2 unter
III. der Urteilsgründe verur-teilt worden ist,
b)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die [X.]ache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.]s, an eine andere [X.] des [X.] zurück-verwiesen.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges sowie versuchter räuberischer Erpressung unter Einbeziehung einer Vorstrafe zu einer Gesamt-freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt und die Einziehung des Werts des Taterlangten in Höhe von 16.000

des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus 1
-
3
-
der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das [X.] unbegründet im [X.]inne des §
349 Abs.
2 [X.]tPO.
1.
[X.]oweit der Angeklagte wegen Betruges (§
263 Abs.
1, §
25 Abs.
2 [X.]tGB) für die Tat
1 unter
III. der Urteilsgründe verurteilt worden ist, hat die
aufgrund der allgemeinen [X.]achrüge gebotene umfassende Nachprüfung des
Urteils keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Auch die auf der Grundlage dieser Tat getroffene Einziehungsentscheidung erweist sich als rechtsfehlerfrei.
2.
Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter räuberischer [X.] (§
253 Abs.
1, §§
255, 249 Abs.
1, §§
22, 23 Abs.
1, §
25 Abs.
2 [X.]tGB) für die Tat
2 unter
III. der Urteilsgründe hat hingegen keinen Bestand. Dies bedingt die Aufhebung der Gesamtstrafe.
a)
Das [X.] hat -
soweit für die Revision relevant
-
folgende [X.] getroffen:
Der Angeklagte betrieb in [X.] eine Autovermietung. In seinem [X.] hatte der gesondert Verfolgte [X.].

Räume angemietet. Die in dem
Ladenlokal vorhandenen technischen Einrichtungen nutzten gewöhnlich beide. Unter Verwendung der dortigen [X.] hatten der Angeklag-te und [X.].

gemeinschaftlich handelnd dem Arzt Dr.
H.

bewusst wahr-
heitswidrig vorgespiegelt, Mitglieder der "[X.]" zu sein und für die [X.]umme von 30.000

Dr.
H.

das in dessen Alleineigentum stehende Wohnanwesen verlässt; dar-
2
3
4
5
-
4
-
aufhin hatte dieser als Anzahlung insgesamt 16.000

e-klagten überwiesen (Tat
1).
Als Dr.
H.

realisierte, dass seine geschiedene Ehefrau nicht auszog,
und nicht weiterzahlte, wollte der Angeklagte "die [X.]ache auf sich beruhen [X.]". [X.].

beabsichtigte hingegen, von Dr.
H.

zusätzliche Zahlungen
durch massive Drohungen
zu erlangen. Er wollte sich "allein" darum "[X.]"; gleichwohl war er bereit, den Angeklagten, der keinerlei Initiative oder [X.] entwickeln wollte, an etwaigen Erträgen zu beteiligen. Dem Angeklagten "war dies recht".
Entsprechend der mit dem Angeklagten getroffenen Übereinkunft wirkte [X.].

in der Folgezeit über die gewöhnlich von beiden genutzten Telekommu-
nikationsmittel massiv auf Dr.
H.

ein. Insbesondere mittels Chat-Nachrich-
ten, E-Mails und Telefonanrufen verlangte er -
letztlich erfolglos
-
weitere Geld-beträge und drohte seinem Opfer unter Aufrechterhaltung der Legende, den "[X.]" anzugehören, über Wochen hinweg insbesondere auch mit ge-waltsamen Übergriffen auf dessen Familienangehörige.
Der Angeklagte war nicht über die Einzelheiten dieser Vorgänge infor-miert. Er fragte auch nicht nach, wie sich [X.].

das Geld verschaffen wollte.
"Ihm war lediglich daran gelegen, an einer eventuellen Beute zu partizipieren." Mit welchen Drohungen [X.].

Dr.
H.

zur Zahlung zu bewegen suchte, war
dem Angeklagten gleichgültig; dass sich diese gegen Leib oder Leben richteten, nahm er billigend in Kauf.
6
7
8
-
5
-
b)
Die Feststellungen tragen nicht die Annahme eines vom Angeklagten mittäterschaftlich begangenen (§
25 Abs.
2 [X.]tGB) Versuchs der räuberischen Erpressung, weder durch [X.] noch durch Unterlassen.
aa)
Entgegen der offenbar von der [X.] vorgenommenen recht-lichen Würdigung ist das festgestellte Verhalten des Angeklagten nicht als durch aktives Handeln begründete Mittäterschaft zu beurteilen.
(1)
Für die mittäterschaftliche Tatbegehung ist neben dem gemeinsamen [X.] ein konkreter Tatbeitrag des Beteiligten erforderlich (vgl. Fischer, [X.]tGB, 65.
Aufl., §
25 Rn.
31 mwN). Unklar bleibt indes, worin eine aktive Tatbeteili-gung des Angeklagten bestanden haben soll. In Betracht kommt, dass der An-geklagte, der der Anschlussinhaber der gewöhnlich von beiden genutzten Tele-kommunikationsmittel war, diese [X.].

durch aktives Handeln zur Verfügung
stellte. Festgestellt ist dies freilich nicht, vielmehr nur, dass es ihm ein Leichtes gewesen wäre, dessen Zugriff auf die Geräte zu unterbinden.
(2)
Darüber hinaus begegnete es, selbst wenn ein solches [X.] vorläge, durchgreifenden rechtlichen Bedenken, die ausschließlich von [X.].

ausgeführte Tat dem Angeklagten als Mittäter zuzurechnen.
Gemeinschaftlich im [X.]inne von §
25 Abs.
2 [X.]tGB handelt, wer seinen
eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass dieser als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des [X.] erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am [X.] selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbe-standsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs-
oder 9
10
11
12
13
-
6
-
Unterstützungshandlung beschränkt. [X.]tets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich [X.] als Teil der Tätigkeit aller [X.]. Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, ist aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen. [X.] Kri-terien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbe-teiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Be-treffenden abhängen ([X.], Beschlüsse vom 21.
Februar 2017 -
3
[X.]tR
455/16, juris Rn.
4; vom 4.
April 2017 -
3
[X.]tR 451/16, juris Rn.
7; vom 5.
Juli 2017
-
[X.]tB
14/17, [X.], 2693, 2694). Eine ganz untergeordnete
Tätigkeit deutet dabei schon objektiv darauf hin, dass der Beteiligte nur Gehilfe ist ([X.], [X.] vom 21.
April 2009 -
3
[X.]tR
107/09, [X.], 344, 345 mwN).
Gemessen daran begründet ein bloßes Zur-Verfügung-[X.]tellen der Tele-kommunikationsmittel keine Mittäterschaft. Zwar hatte der Angeklagte aufgrund der Aussicht auf eine Gewinnbeteiligung ein gewisses Tatinteresse, jedoch [X.] Tatherrschaft bezogen auf die Tatausführung oder wenigstens die -planung. [X.].

handelte vielmehr allein und legte mit unbedingtem Täterwillen alle
Tatmodalitäten fest. Ein vom Angeklagten zu verantwortendes Bereitstellen der [X.] war im Vergleich hierzu von untergeordneter Bedeu-tung. Auf das strafrechtlich relevante [X.], über das er nur grob in-formiert war, nahm er keinen Einfluss.
bb)
Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Mittäterschaft durch [X.] kann der [X.]chuldspruch ebenso wenig bestehen bleiben.
14
15
-
7
-
(1)
Eine -
hier allein in Betracht kommende
-
Garantenstellung des [X.] liegt nicht schon ohne weiteres darin begründet, dass er mittäterschaftlich an dem vorangegangenen Betrug beteiligt war. Die [X.] setzt vielmehr voraus, dass das [X.] zu einer Gefahrenerhö-hung im [X.]inne einer naheliegenden Gefahr des Erfolgseintritts führt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 18.
August 2009 -
1
[X.]tR
107/09, [X.], 366; vom 8.
März 2017 -
1
[X.]tR
466/16, [X.], 2052, 2054; Urteil vom 12.
Juli 2017
-
5
[X.]tR
134/17, [X.], 209, 210). Das ist bei anders gearteten Folgetaten
-
wie einer versuchten räuberischen Erpressung nach einem Betrug
-
regelmä-ßig nicht der Fall (vgl. [X.], Beschluss vom 29.
November 2012 -
3
[X.]tR
293/12, [X.], 137, 138). Abweichendes könnte sich hier indes [X.] daraus ergeben, dass ausweislich der Urteilsgründe der Angeklagte und [X.].

bei Begehung des Betruges die -
später von diesem fortgeschriebene
-

Legende kreiert hatten, Mitglieder der "[X.]" zu sein, und schon damals "unterschwellig ... zuletzt den Druck erhöht" hatten (UA [X.].
14). Konkrete [X.] zu dem dem Angeklagten zurechenbaren "unterschwelligen Druck" fehlen allerdings. Eine abschließende rechtliche Beurteilung ist daher weder möglich noch geboten.
(2)
Außerdem wäre der Angeklagte auf
der Grundlage der Feststellungen auch im Fall einer Unterlassensstrafbarkeit kein Mittäter, sondern nur Gehilfe.
Auch insoweit gelten vergleichbare Maßstäbe wie beim [X.]: Für die Abgrenzung zwischen durch Unterlassen begangener Mittäterschaft
und Beihilfe zur Tat eines aktiv Handelnden ist die innere Haltung des [X.] zur Tat bzw. dessen Tatherrschaft maßgebend. War seine aufgrund einer wertenden Betrachtung festzustellende innere Haltung -
insbesondere wegen des Interesses am Taterfolg
-
als Ausdruck eines sich die Tat des anderen zu 16
17
18
-
8
-
eigen machenden Täterwillens aufzufassen, so liegt die Annahme von [X.] nahe. War sie dagegen davon geprägt, dass er sich dem Handelnden, etwa weil er dessen bestimmenden Einfluss unterlag, im Willen unterordnete, und ließ er das Geschehen ohne innere Beteiligung lediglich ablaufen, spricht dies für eine bloße Beteiligung als Gehilfe (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Fe-bruar
2009 -
4
[X.]tR 488/08, [X.], 321, 322; Beschluss vom 14.
Fe-bruar
2012 -
3
[X.]tR
446/11, [X.], 379, 380).
Hiernach liegt eine Mittäterschaft durch Unterlassen nicht vor. Der Ange-klagte hatte zwar ein gewisses Tatinteresse. Ihm war es recht, dass [X.].

bereit war, ihn an den Erträgen zu beteiligen; an einem in Aussicht gestellten Beuteanteil war ihm gelegen. Allein daraus folgt aber noch nicht, dass die straf-baren Handlungen des [X.].

als eigene Tat des Angeklagten zu bewerten
wären. Dessen innere Haltung war dadurch gekennzeichnet, dass er über die einzelnen Tatmodalitäten nicht informiert war, sich für die Tat nicht interessierte und sie -
der Art und Weise der Tatausführung gleichgültig gegenüberstehend
-
schlicht geschehen ließ.
c)
Im Umfang der Aufhebung bedarf die [X.]ache neuer Verhandlung und Entscheidung. Eine Änderung des [X.]chuldspruchs durch den [X.]enat dahin, dass der Angeklagte im Fall der Tat
2 der Beihilfe zur versuchten räuberischen [X.] schuldig ist, kommt nicht in Betracht. Auch diesbezüglich sind weiter-gehende Feststellungen vonnöten. Wie ausgeführt (s. oben unter 2.
b)
aa)
(1) und bb)
(1)), gilt das für einen konkreten Tatbeitrag des Angeklagten und [X.] für dessen Garantenstellung. [X.]olche Feststellungen können aber auch eine psychische Beihilfe (zu den Voraussetzungen s. [X.], Beschlüsse vom 25.
Oktober 2011 -
3
[X.]tR
206/11, [X.], 316
f.; vom 24.
März 2014
-
5
[X.]tR
2/14, [X.]R [X.]tGB §
27 Abs.
1 Hilfeleisten
33; MüKo[X.]tGB/[X.], 19
20
-
9
-
3.
Aufl., §
27 Rn.
9
ff., 42
f.; [X.]/[X.]-Heine/Weißer, [X.]tGB, 29.
Aufl., §
27 Rn.
15) betreffen.
Becker
[X.]paniol
Berg
Ri[X.] Hoch befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben.
Becker
Leplow

Meta

3 StR 130/18

15.05.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2018, Az. 3 StR 130/18 (REWIS RS 2018, 9206)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9206

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 130/18 (Bundesgerichtshof)

Mittäterschaftlich begangener Versuch der räuberischen Erpressung


1 StR 174/08 (Bundesgerichtshof)


3 StR 166/12 (Bundesgerichtshof)

Räuberische Erpressung: Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe


3 StR 129/16 (Bundesgerichtshof)

Räuberische Erpressung: Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Teilnahme anhand der jeweiligen Tatbeiträge


2 StR 20/18 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.