Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.11.2013, Az. 5 StR 386/13

5. Strafsenat | REWIS RS 2013, 1398

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



5 [X.]/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 6. November 2013
in der Strafsache
gegen

wegen sexuellen Missbrauchs eines
Schutzbefohlenen

-
2
-

Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 6. November 2013
beschlossen:

Auf die Revision des
Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 14. Dezember 2012 im Schuldspruch dahingehend geändert (§
349 Abs. 4 StPO), dass
die tatein-heitlichen
Verurteilungen
wegen sexuellen Missbrauchs ei-nes
Jugendlichen (§ 182 Abs. 1 StGB) entfallen.

Die weitergehende Revision des Angeklagten und die Revi-sion des [X.] M.

gegen das vorgenannte Urteil werden nach §
349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Der Nebenkläger M.

hat darüber hinaus die
dem Angeklagten durch seine Revision entstandenen not-wendigen Auslagen zu tragen.

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs eines
Schutzbefohlenen in vier
Fällen,
jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines
Jugendlichen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung aus-gesetzt hat. Von dem Vorwurf weiterer Missbrauchstaten, unter anderem den Nebenkläger M.

betreffend, hat ihn
das [X.] aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt ledig-lich zu
einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet im 1
2
-
3
-

Sinne des §
349 Abs.
2 StPO. Die auf die Verletzung formellen und materiel-len Rechts gestützte Revision des [X.] M.

ist gemäß §
349 Abs.
2 StPO offensichtlich unbegründet.

1. Nach den Feststellungen des [X.] war der Angeklagte
Ein-zelvormund des am 4.
Februar 1992 geborenen

[X.]

, der keinen Kontakt zu seinen leiblichen Eltern hatte. Er
übte für den Jungen
bis zu des-sen Volljährigkeit
die elterliche Sorge aus
und verkörperte für ihn
eine Vater-figur, die sich um ihn kümmerte, der er vertraute und sich emotional stark verbunden fühlte. Der Angeklagte war sich seiner Stellung bewusst und nutz-Macht über seinen Schu

4) viermal bewusst für sexuelle Handlungen an dem im Tatzeitraum 16 bzw. 17-jährigen Jungen
aus.
Das [X.] sah durch die sexuellen Handlungen jeweils neben dem
Tatbe-stand des
sexuellen Missbrauchs eines
Schutzbefohlenen (§
174 Abs.
1 Nr.
2 StGB

Missbrauch von Abhängigkeit) jeweils den
Tatbestand des se-xuellen Missbrauchs eines
Jugendlichen in der Variante des Ausnutzens ei-ner Zwangslage (§
182 Abs.
1 Nr.
1
StGB) als verwirklicht
an, weil der Ange-e-stellten Jungen geschaffen und diese schließlich für den sexuellen Miss-brauch aus

(UA S.
16 f.).

2.
Die Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs eines
Jugendlichen hat
keinen Bestand. Für
die zweite Tat
gilt dies schon deswegen, weil sie nicht ausschließbar
vor Erhöhung der Schutzaltersgrenze auf 18
Jahre in der bis zum 4.
November 2008
gültigen
Fassung des §
182 Abs.
1 Nr.
1 StGB begangen wurde. Ansonsten
kann im Ergebnis offen bleiben, ob die

e-

[X.]

, der über keinerlei elterlichen oder sons-

17),
eine ernste persönliche oder wirtschaftli-gründen könnte
(zum Begriff der Zwangslage: [X.], Beschlüsse vom 25.
Februar 1997

4
StR 40/97, [X.]St
42, 399; vom 16.
April 2008

5
StR 589/07, NStZ-RR
2008, 238; vgl. 3
4
-
4
-

auch Gesetzentwurf der Bundesregierung,
BT-Drucks. 12/4584, S.
8). Denn einer Ausnutzung der Abhängigkeits-
und Vertrauensstellung als Vormund
kommt vorliegend

ohne Hinzutreten weiterer
bedrängender Umstände

kein
nicht schon von §
174 Abs.
1 Nr. 2 StGB erfasster
Unrechtsgehalt
zu.

Beide Tatbestände schützen die sexuelle Selbstbestimmung Minder-jähriger
(vgl. [X.], Urteil
vom 28.
Februar 1996

3
StR
309/95, [X.]St
42, 51, 53; Beschlüsse vom 25.
Februar 1997

4
StR 40/97, aaO,
S. 400,
und vom 28.
Juni 2000

2
StR 213/00, [X.]St
46, 85, 87; LK-Hörnle, StGB, 12.
Aufl., §
174 Rn.
2 und §
182 Rn.
1). Ein Minderjähriger kann weder bei Ausnutzung einer Zwangslage noch bei Missbrauch eines Abhängigkeitsver-hältnisses nach §
174 Abs.
1 Nr.
2 StGB wirksam in sexuelle Handlungen einwilligen. Begründet aber gerade
das
Abhängigkeitsverhältnis eine Zwangslage, so wird der Unrechtsgehalt des §
182 Abs.
1 Nr.
1
StGB von §
174 Abs.
1 Nr.
2 StGB erschöpfend erfasst; demgemäß
tritt § 182 Abs. 1 StGB im Wege der [X.] hinter diesen
zurück.

3. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. Der
Straf-ausspruch
wird
hierdurch
nicht berührt. Das [X.] hat dem §
182 Abs.
1 Nr.
1
StGB in der Strafzumessung keine Bedeutung beigemessen. Angesichts der verhängten Einzelstrafen kann der Senat ausschließen,
dass das [X.] bei zutreffender rechtlicher Würdigung
niedrigere Strafen verhängt hätte.

Basdorf Dölp König

Berger

Bellay

5
6

Meta

5 StR 386/13

06.11.2013

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.11.2013, Az. 5 StR 386/13 (REWIS RS 2013, 1398)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1398

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 386/13 (Bundesgerichtshof)

Sexualdelikte: Konkurrenzverhältnis zwischen sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen und sexuellem Mißbrauch von Jugendlichen unter Ausnutzung einer …


6 StR 82/20 (Bundesgerichtshof)

Sexueller Übergriff gegenüber einem Jugendlichen: Anforderungen an eine "Zwangslage"


3 StR 83/17 (Bundesgerichtshof)


2 StR 111/17 (Bundesgerichtshof)


1 StR 481/19 (Bundesgerichtshof)

Sexuelle Nötigung: Erforderliche Feststellungen zur Widerstandslosigkeit des Opfers nach altem Recht


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

5 StR 386/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.