Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.06.2016, Az. 26 W (pat) 90/13

26. Senat | REWIS RS 2016, 9073

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "ICE IMPERIAL" – kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 066 768 – [X.]/12 Lösch

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters [X.] sowie des Richters kraft Auftrags Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin hat am 12. Juni 2012 die Löschung der am 12. Dezember 2011 angemeldeten und am 22. Dezember 2011 unter der Nummer 30 2011 066 768 in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für Waren der

2

Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Weine; Schaumweine

3

eingetragenen Wortmarke

4

[X.] [X.]

5

der Antragsgegnerin wegen Freihaltebedürftigkeit und fehlender Unterscheidungskraft beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das [X.] Adjektiv „[X.]“ mit den Bedeutungen „kaiserlich“ und „herrschaftlich“ sei entweder ein Qualitätshinweis oder bezeichne bei Schaumweinen eine 0,75 l-Flasche. Deshalb seien auch die Anmeldungen der [X.] „[X.]“, [X.] [X.][X.]“ und „[X.]“ für die Klasse 33 sowie „[X.]“ für [X.], Fruchtsäfte und Sirupe vom Amt der [X.] ([X.], vormals: [X.]) zurückgewiesen worden. Auch das Wortelement „[X.]“ sei beschreibend, weil es auf die [X.] kalt oder gekühlt, die edle und klare Konsistenz oder die Temperatur der Getränke hinweise. Die sprachübliche Wortkombination habe den im Vordergrund stehenden Sinngehalt eines „eiskalt zu genießenden Schaumweins von besonderer Qualität“ oder „in einer 0,75 l-Flasche“. Auch die [X.]intragung der Wortzeichen „on ice“ (302012023682.0), „[X.]“ (30670101.4), „[X.]“ (30335719.3) und „[X.] – [X.]“ (30224880.3), alle für Klasse 33, sei vom [X.] abgelehnt worden.

6

Die Antragsgegnerin hat am 31. August 2012 dem ihr am 2. Juli 2012 zugestellten Löschungsantrag widersprochen mit der Begründung, „[X.]“ sei als Flaschengröße unüblich. Die Wortkombination, die mit „[X.]is herrschaftlich“ zu übersetzen sei, stelle eine mehrdeutige, ungewöhnliche, sinnwidrige und sprachregelwidrige Verbindung dar.

7

Mit Beschluss vom 12. September 2013 hat die Markenabteilung 3.4 des [X.] den Löschungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angegriffene Marke sei sowohl zum Zeitpunkt der [X.]intragung als auch zum Zeitpunkt der [X.]ntscheidung schutzfähig. Die beiden [X.]n Wörter „[X.]“ und „[X.]“ könnten mit „[X.]is“ und „kaiserlich“ ins [X.] übersetzt werden. Das Wort „[X.]“ gehöre zum [X.]n Grundwortschatz. Das Wort „[X.]“ werde auch im [X.]n mit der Bedeutung „kaiserlich“ verwendet. Die Marke in ihrer Gesamtbedeutung „[X.]is kaiserlich“ sei für die geschützten Waren mangels Sinngehalts weder beschreibend noch anpreisend. [X.]ine beschreibende Verwendung der Gesamtbezeichnung mit der Bedeutung „eiskalt zu genießenden Schaumweins von besonderer Qualität“ oder „in einer 0,75 l-Flasche“ habe nicht festgestellt werden können. Für diese Auslegung bedürfe es einer analysierenden Betrachtungsweise, zu der der Verkehr nicht neige. Selbst wenn der Fachverkehr den [X.] „[X.]“ im Sinne einer bestimmten [X.]ngröße verstünde, ergäbe dies mit dem vorangestellten [X.]lement „[X.]“ auch in Bezug auf Schaumweine keinen unmittelbar beschreibenden Sinn.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie ist der Ansicht, die Marke erschöpfe sich in der bloßen Zusammenfügung ihrer einzelnen beschreibenden Bestandteile, ohne dass diese eine Veränderung syntaktischer oder semantischer Art erführen. „[X.]“ werde im Verkehr als anpreisende Angabe für die Qualität der in Rede stehenden Waren benutzt und sei eine sowohl in Verbraucher- als auch in Fach- und [X.], im [X.] und in gebundener Literatur gängige Bezeichnung für eine [X.] mit 0,75 l Inhalt, die sowohl in [X.] als auch von der Antragsgegnerin selbst benutzt werde. Im [X.]-Artikel zu „Champagner“ werde „[X.]“ als normale Flaschengröße sowohl in der Bildunterschrift als auch in der Tabelle aufgeführt. Zu diesem [X.]rgebnis hätten auch weitere Recherchen und Befragungen in [X.], [X.]chulen, [X.], bei [X.], in [X.]blogs, Zeitungen, Zeitschriften und Lehrbüchern geführt. „[X.]“ sei im Hinblick auf die eingetragenen Waren eine im Verkehr gebräuchliche Angabe für ein auf [X.]is bzw. eisgekühlt zu genießendes Sommergetränk. Der Aussagegehalt des aus [X.]n Wörtern bestehenden [X.]s sei daher „eiskalte Weinflasche“, „eiskalt zu genießende Weinflasche“, „[X.]is 0,75 Liter [X.]“, „[X.]is Flasche“, „eisgekühlt oder auf [X.]is zu trinkende Flasche“ oder „eisgekühlt zu konsumierende Flasche“. Gerade die Diskussion über [X.]iswürfel in Weingetränken spreche für eine entsprechende Verwendung im Verkehr. Zudem seien in [X.] oder [X.] [X.]iswürfel im Wein nicht unüblich. Prosecco werde seit jeher sowohl pur als auch in Mixgetränken (u. a. [X.], [X.]) mit [X.]is serviert. „[X.]“ deute bei Schaumweinen auf ein eisgekühlt zu trinkendes Getränk und damit auf eine vom Durchschnittsverbraucher verstandene Genussempfehlung hin. Die Verwendung der Bezeichnung „[X.]“ für eisgekühlt zu verzehrende Getränke sei auch gängige Praxis in der allgemeinen Getränkebranche. Nach einer Befragung in der [X.]community gutefrage.net bedeute der Zusatz „[X.]“ bei Getränken das Bewirken eines erfrischenden [X.]indrucks, hohen Zuckergehalt oder Genuss auf oder mit [X.]is bzw. kalt. Auch das Getränk der Markeninhaberin sei speziell für den Genuss auf [X.]is kreiert worden. Das [X.] habe daher alle Wortmarkenanmeldungen, die aus „Ice“ in Alleinstellung oder „Ice“ mit weiteren schutzunfähigen Bestandteilen bestünden, wie z. B. „[X.]“ (30 2014 007 318.8) und „[X.] [X.]“ (30 2014 007 322.6), zurückgewiesen, weil ein Hinweis auf den eisgekühlten [X.] bzw. den [X.] mit [X.]is erkannt werde.

9

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.]s vom 12. September 2013 aufzuheben und das [X.] Patent- und Markenamt anzuweisen, die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Ferner regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu der Rechtsfrage an, inwieweit zwei miteinander kombinierte beschreibende Begriffe ihren beschreibenden Gehalt verlieren könnten.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene [X.]ntscheidung und vertritt die Auffassung, dass das beanstandete [X.] in seiner Bedeutung über die bloße Summierung der [X.]inzelbestandteile hinausgehe. Diese hätten weder grammatikalisch noch begrifflich einen Bezug zueinander. [X.] korrekt sei die Wortstellung „[X.] [X.]“, weil auch im [X.] Adjektive dem Substantiv vorangestellt würden. Zwischen „[X.]is“ und „herrschaftlich“ oder „kaiserlich“ bestehe kein Zusammenhang, schon gar nicht in Bezug auf die beanspruchten Waren. Die 0,75  Liter – Standardgröße einer Champagnerflasche habe keinen besonderen Namen, zumindest sei die Bezeichnung „[X.]“ dafür nicht mehr allgemein gebräuchlich, sondern finde sich nur in der Fachliteratur. Selbst im Text des bereits erwähnten [X.]-Artikels zu „Champagner“ werde die [X.] nur als 0,75 l oder 1/1-Flasche bezeichnet, während für die anderen Flaschengrößen auf eigene Bezeichnungen hingewiesen werde. Die Verwendung von [X.]iswürfeln für Weingetränke werde von Fachleuten nicht empfohlen und sei verpönt. Die von der Antragstellerin vorgelegten Nachweise zur Verwendung des Begriffs „[X.]“ belegten keine Verzehrempfehlung, sondern nur eine kennzeichenmäßige Verwendung. Für die [X.] und [X.]empfehlung sei dagegen stets das [X.] Wort „[X.]is“ in Wendungen wie „auf [X.]is“, „um übers [X.]is gegossen zu werden“ oder „am besten eisgekühlt“ gebräuchlich. Auch mehrere Zivilgerichte hätten die angegriffene Marke bereits für schutzfähig erachtet, zuletzt das [X.] mit rechtskräftigem Urteil vom 12. Dezember 2013 ([X.].: 29 U 2149/13). Vier Antworten einer Verkehrsbefragung in einem Community Chat, wie von der Antragstellerin vorgelegt, seien nicht repräsentativ. Außerdem bestätigten sie nur, dass die exakte Bedeutung der Marke diffus bleibe. Die von der Antragstellerin angenommene Gesamtaussage „[X.]is Flasche“ bedeute entweder, dass die Flasche aus [X.]is bestehe, sich [X.]is in der Flasche befinde oder die Flasche eiskalt sei. Dass die Flasche Wein, Schaumwein oder ein anderes alkoholisches Getränk beinhalte, das gekühlt konsumiert werden solle, sei dieser Aussage nur bei einer sehr analysierenden Betrachtungsweise zu entnehmen.

Der Senat hat mit Schreiben vom 18. Dezember 2015 unter Übersendung einer Vielzahl von Recherchebelegen ([X.]. 165 – 174 GA) auf seine Rechtsauffassung hingewiesen.

Wegen der weiteren [X.]inzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Die Marke „[X.] [X.]“ ist nicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] eingetragen worden. Die Markenabteilung hat deshalb zu Recht die Löschung der [X.]intragung abgelehnt (§§ 50 Abs. 1 und 2, 54 [X.]).

1. Der am 12. Juni 2012 beim [X.] eingegangene Löschungsantrag ist innerhalb der seit dem 22. Dezember 2011 laufenden Zehnjahresfrist gestellt worden (§ 50 Abs. 2 Satz 2 [X.]).

2. Die Antragsgegnerin hat dem ihr am 2. Juli 2012 zugestellten Löschungsantrag fristgerecht mit einem am 31. August 2012 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz widersprochen (§ 54 Abs. 2 [X.]).

Anmeldung der Marke ([X.], 1143 [X.]. 15 - Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 483 [X.]. 22 – test; GRUR 2014, 565 [X.]. 10 - smartbook) bestanden hat als auch - soweit es um die Tatbestände nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 - 9 [X.] geht - im Zeitpunkt der [X.]ntscheidung über den Löschungsantrag noch besteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 [X.]).

[X.]intragung der angegriffenen Marke abgestellt. Dies ändert in der Sache aber nichts an der zutreffenden Beurteilung des Amtes, da eine Änderung der Verhältnisse zwischen dem Anmeldezeitpunkt am 12. Dezember 2011 und dem Zeitpunkt der [X.]intragung am 22. Dezember 2011 nicht feststellbar ist (vgl. 28 W (pat) 60/13 – delikat).

Nach diesen Grundsätzen kommt eine Löschung der Streitmarke nicht in Betracht. [X.]s kann nicht festgestellt werden, dass im Anmeldezeitpunkt die geltend gemachten Löschungsgründe der [X.]ignung als beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] oder der fehlenden Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorlagen.

4. Die angegriffene Wortmarke „[X.] [X.]“ war zunächst nicht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der [X.]intragung ausgeschlossen.

a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind von der [X.]intragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer [X.]intragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. [X.] [X.], 680 [X.]. 35 f. - [X.]; [X.], 723 [X.]. 25 - Chiemsee).

b) Nach diesen Grundsätzen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angegriffene Marke „[X.] [X.]“ in ihrer Gesamtheit bei der Anmeldung am 12. Dezember 2011 hinsichtlich der registrierten Waren der Klasse 33 eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gewesen ist.

c) Die Streitmarke besteht aus der Buchstabenfolge „[X.]“ und dem Wort „[X.]“.

aa) Als dem [X.]n Grundwortschatz entstammendes Substantiv wird „[X.]“ im [X.]n mit „[X.]is“, „[X.]iscreme“, „[X.]isfläche“ oder umgangssprachlich mit „Diamanten, Klunker“ übersetzt. Als Verb bedeutet es „vereisen, glasieren, mit Zuckerguss überziehen“ (www.leo.org). Als Buchstabenkombination kann „[X.]“ auch als Abkürzung für den „[X.][zug]“ verstanden werden (www.duden.de; vgl. [X.] W (pat) 513/11 - [X.]/[X.]).

bb) Das ursprünglich vom [X.] „imperium“ mit den Bedeutungen „Welt- und Kaiserreich; riesiger Macht- und Herrschaftsbereich“ (www.duden.de) und dem dazu gehörigen [X.] Adjektiv „[X.]is“ abstammende Wort „[X.]“ gibt es in dieser Schreibweise sowohl in der [X.]n als auch in der [X.], [X.] und [X.]n Sprache, mit Accent aigu „impérial“ auch in der [X.] Sprache.

aaa) Im [X.] wird es nur als Adjektiv verwendet und wie in der [X.], [X.] und [X.] Sprache mit „kaiserlich“ übersetzt (www.leo.org; www.woxicon.de).

bbb) In der [X.]n Sprache hat das Wort „[X.]“ als Adjektiv die Bedeutung „das Imperium betreffend, zu ihm gehörend, für ein Imperium charakteristisch; herrschaftlich“. Als Substantiv bezeichnet „[X.]“ eine frühere [X.] Gold- und eine [X.] [X.] Silbermünze, ein altes Papierformat vor der [X.]inführung der [X.] (57 x 78 cm) und einen veralteten Schriftgrad (www.duden.de).

cc) Im Bereich alkoholischer Getränke kann „[X.]“ auch die Standardgröße einer Champagner- oder [X.] mit 0,75 Liter Inhalt angeben.

aaa) Für den Anmeldezeitpunkt Dezember 2011 sind als Belege für die Verwendung der Bezeichnung „[X.]“ für die Standardgröße einer [X.] mit 0,75 Liter Inhalt vorgelegt bzw. vom Senat recherchiert worden:

- Majhen, [X.], 2012, S. 165;

- Fallstudie zum Produktionsmanagement, 2. Aufl. 2008, S. 103;

- [X.] schön Clever: [X.] gesammeltes Weltwissen, Mai 2012, S. 191;

- Die wirklich wichtigen Dinge, 10.9.2006, Dicke Flaschen 2;

- Fallowfield, Champagner, 2011, S. 26;

- [X.]-Artikel zu Champagner“ sowohl in der Bildunterschrift als auch in der Tabelle (http://de.wikipedia.org/wiki/Champagner);

- [X.]-Artikel zu „Sekt“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Sekt).

Selbst die Antragsgegnerin benutzte und benutzt „[X.]“ in ihrer Werbung zur Bezeichnung der Schaumweinstandardflaschengröße.

Dagegen sprechen die am 19. November 2012 von der Markeninhaberin vor dem [X.] eingereichten Auszüge aus

- Dumonts kleines Lexikon – Champagner, Sekt & Co, S. 46;

- [X.], [X.], [X.], S. 278 f.;

- [X.], [X.] GUID[X.], S. 21;

- [X.] Koch Atelier, [X.]. [X.] f. VA;

- Weinwissen von A-Z, [X.]. [X.] – [X.] VA;

- [X.]-Artikel zu Champagner im Text (http://de.wikipedia.org/wiki/Champagner)

sowie die vom Senat recherchierten Auszüge aus

- [X.]/[X.], Champagner, 1993, S. 124;

- [X.], Champagner, 3. Aufl. 1999, S. 47;

- [X.], Champagner, 2010, S. 140,

die den Begriff „[X.]“ nicht verwenden, sondern stattdessen die 0,75 Liter-Flasche mit „1/1-Flasche“, „ganze Flasche“, „Normalflasche“, „[X.]“, „0,75-l-Flasche“ oder „Bouteille (normale Flasche) 0,75 Liter“ bezeichnen.

Aufgrund dieser Recherche kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass der Fachverkehr „[X.]“ als Bezeichnung für die [X.] mit 0,75 Liter zum Anmeldezeitpunkt gekannt hat und dessen Verständnis kann allein von ausschlaggebender Bedeutung sein ([X.] [X.], 682 [X.]. 26 - Bostongurka; [X.] W (pat) 550/10 – Responsible Furniture; [X.] 2007, 527, 529 f. – [X.]; 24 W (pat) 18/13 – CID).

bbb) Hinreichende Belege, dass der Durchschnittsverbraucher diese Kenntnis zum Anmeldezeitpunkt gehabt hat, fehlen. [X.]inträge in [X.] reichen dafür allein nicht aus.

dd) Auch als Qualitätshinweis konnte und kann das Adjektiv „[X.]“ nicht angesehen werden.

Zwar hat der 26. Senat im Jahre 2006 in einem Kollisionsverfahren (26 W (pat) 232/04 – Bogers [X.]/[X.]) dieses Wort auf dem Gebiet alkoholischer Getränke wegen seiner anpreisenden Bedeutung als [X.] bezeichnet, allerdings fehlt dazu jede nähere Begründung. Demgegenüber hatte der gleiche Senat im Jahre 1994 in einem Schutzerstreckungsverfahren (26 W (pat) 107/94 – [X.] [X.]) für Schaumweine erklärt, das „[X.]“ nicht warenbeschreibend sei, weil die Bedeutung „kaiserlich“ nicht eindeutig erkennen lasse, auf welche [X.]igenschaft (Qualität oder Format) sich diese Angabe beziehen könnte.

[X.]ine Recherche in www.slogans.de hat ergeben, dass die Wörter „herrschaftlich“ oder „kaiserlich“ in der Werbung für Getränke nicht verwendet werden. Dies gilt auch für fast alle anderen inländischen Branchen.

Soweit das [X.] im Jahre 2001 die [X.] „[X.]“ (R 166/2000-3), [X.] [X.][X.]“ ([X.]/2000-3) und „[X.]“ (R 236/2000-3) für die Klasse 33 sowie „[X.]“ (R 168/2000-3) für [X.], Fruchtsäfte und Sirupe zurückgewiesen hat, hat es die Bedeutung von „[X.]([X.])“ als Qualitätshinweis vor allem aus der [X.] Literatur zu alkoholischen Getränken und aus im Inland wenig bekannten [X.]n Lexika entnommen. Soweit es um den [X.] Raum geht, hat es diese Bedeutung allein aus der [X.]n Übersetzung „kaiserlich“ und „herrschaftlich“ ohne weitere Nachweise abgeleitet.

ee) In seiner Gesamtheit ist die Marke für den Durchschnittsverbraucher mit „[X.]is kaiserlich“, „[X.]is herrschaftlich“ zu übersetzen, und zwar sowohl, wenn man „[X.] [X.]“ für komplett englisch hält, als auch wenn man es als eine Kombination eines [X.]n Wortes mit einem [X.]n Begriff ansieht. In beiden Fällen ist die Anordnung „Substantiv Adjektiv“ grammatikalisch regelwidrig, weil sowohl im [X.]n als auch im [X.] das Adjektiv vor das Substantiv zu stellen ist. [X.] korrekt wäre im [X.] der Ausdruck „[X.] [X.]“ und im [X.]n „[X.]es/herrschaftliches/kaiserliches [X.]is“. In der angegriffenen Marke stehen die beiden Wörter also völlig [X.] nebeneinander. Für den Fachverkehr kommt noch die Übersetzung „[X.]is [X.]nstandardgröße“ oder „[X.]is [X.]ngröße mit 0,75 Liter Inhalt“ hinzu.

ff) In Bezug auf die eingetragenen Waren der Klasse 33 ergibt sich unabhängig von der jeweiligen Übersetzung in keinem Fall ein beschreibender Sinngehalt.

aaa) Die Bedeutungen „[X.]is herrschaftlich“ und „[X.]is kaiserlich“ enthalten auch für alkoholische Getränke keine sinnhaften Aussagen. „[X.]“ bzw. „[X.]is“ in Alleinstellung weist weder auf deren [X.] noch deren Konsistenz oder deren Temperatur hin. Dafür müssten stets weitere Wortbestandteile hinzugedacht werden, was unzulässig wäre, wie z. B. (eis)gekühlt, (eis)artig oder (eis)kalt. „[X.]“ ist auch, wie bereits dargelegt, kein Qualitätshinweis.

bbb) Aber auch die Übersetzung im Fachverkehr „[X.]is 0,75 Liter-[X.]“ enthält keine rein beschreibende Aussage über alkoholische Getränke.

Zwar werden Schaumweine meistens in Flaschen mit einem Inhalt von 0,75 Liter abgefüllt und sollten auch kühl getrunken werden. Zu diesem beschreibenden Bezug gelangt man jedoch nur bei sehr analysierender Betrachtungsweise. Denn es bedarf mehrerer gedanklicher Schritte, um von „[X.]is“ als Kühlmittel zur Genussempfehlung zu gelangen, die Ware möglichst eisgekühlt zu trinken, zumal in der Fachliteratur selbst bei Schaumwein darauf hingewiesen wird, dass nie nur mit [X.]is gekühlt werden darf, sondern immer nur mit [X.]is und Wasser in gleichen Teilen ([X.], Champagner, 3. Aufl. 1999, S. 43; [X.], Champagner, Sekt, Prosecco & Co., 2000, S. 13). Hinzu kommt, dass ähnliche alkoholische Getränke, z. B. Wein, zumindest im Inland nicht mit [X.]is(würfeln) gekühlt werden bzw. gekühlt werden sollen. Wäre dieser beschreibende Bezug so offensichtlich, wie die Antragstellerin meint, bedürfte es auch nicht der ausdrücklichen Verzehrempfehlung auf den mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Champagnerflaschen in zwei Sprachen, nämlich „BOIR[X.] SUR GLAC[X.]“ auf der Banderole um den Flaschenhals und „drink on ice“ auf dem rückseitigen [X.]tikett, wie der Senat bei der Inaugenscheinnahme in der mündlichen Verhandlung feststellen konnte.

ccc) Aber selbst wenn „[X.]“ für Schaumwein eine Genussempfehlung und „[X.]“ für Schaumwein eine Flaschengrößenangabe und die [X.]inzelbestandteile somit rein beschreibend wären, ergäbe spätestens die sprachregelwidrige Kombination in dieser speziellen Zusammensetzung keinen beschreibenden (Gesamt-)Sinn mehr. Der beschreibende Sinngehalt würde durch die fantasievolle Wortbildung so weit überlagert, dass nicht zu erkennen wäre, warum diese konkrete Kombination zum jederzeitigen ungehinderten Gebrauch für die Allgemeinheit auf dem [X.] freigehalten werden müsste ([X.], 607, 608 – FL[X.]URcharme). Gewöhnliche, beschreibende Kombinationen im [X.] mit „[X.]is“ sind im [X.]n z. B. [X.]istee, [X.]isgetränk, [X.]iskaffee, [X.]isschokolade und [X.]iswein. Die ungewöhnliche, neuartige Wortkombination würde somit aus sich heraus originell und damit individualisierend wirken (vgl. [X.] W (pat) 124/06 - derma fit).

Auch die vielen verschiedenen Bedeutungen, die die Antragstellerin der Streitmarke in diesem Verfahren bereits gegeben hat, belegen, wie diffus ihr Bedeutungsgehalt ist:

- eiskalt zu genießender Schaumwein von besonderer Qualität,

- eiskalt zu genießender Schaumwein in einer 0,75 l-Flasche,

- hochrangiges Produkt, das eiskalt zu genießen ist,

- ein eisgekühlt zu genießendes Sommergetränk in einer 0,75 l-Flasche,

- ein Getränk der Flaschengröße 0,75 Liter, das eiskalt zu genießen ist,

- eine gekühlte oder kühl zu genießende 0,75 l-Flasche,

- eiskalte Weinflasche,

- eiskalt zu genießende Weinflasche,

- [X.]is Flasche,

- eisgekühlt oder auf [X.]is zu trinkende Flasche oder

- eine eisgekühlt zu konsumierende Flasche.

Diese überwiegend umfangreichen [X.]rgänzungen verändern aber das Zeichen, das ausschließlich in seiner eingetragenen Gesamtheit Gegenstand der Prüfung ist (vgl. [X.], 65, 66 [X.]. 10 - Buchstabe T mit Strich).

gg) Damit kann nicht festgestellt werden, dass die eingetragene Marke „[X.] [X.]“ in ihrer Gesamtheit bereits am Tag der Anmeldung eine beschreibende Bezeichnung für die beanspruchten Waren war. Sie unterlag somit keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

5. Nachdem der angegriffenen Marke „[X.] [X.]“ in ihrer Gesamtheit hinsichtlich der maßgeblichen Waren bei der Anmeldung keine beschreibende Bedeutung entnommen werden konnte, besteht auch kein Grund für die Annahme, dass die Marke jeder Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entbehrte.

6. Die von der Antragstellerin angeführten, vom [X.] oder [X.] zurückgewiesenen Wortzeichen mit dem Bestandteil „[X.]“ für Waren der Klassen 32 und 33 rechtfertigen keine andere [X.]ntscheidung.

a) Die vom [X.] abgelehnten Wortzeichen sind nicht vergleichbar:

aa) Klasse 33:

Das Wortzeichen „[X.] – [X.]“ (30224880.3), dessen [X.]intragung im Jahr 2002 abgelehnt wurde, unterscheidet sich dadurch von der vorliegenden Wortfolge, dass ein bestimmtes Getränk (Ouzo) genannt ist, mit dem das [X.]is getränkt sein kann. Auch das im Jahr 2003 zurückgewiesene Wortzeichen „[X.]“ (30335719.3) gibt ein konkretes Getränk an, so dass es sich um [X.]is für Prosecco handeln kann. Die Anmeldung „[X.]“ (30670101.4) aus dem [X.] gilt als zurückgenommen. Die 2012 angemeldete Wortfolge „on ice“ (302012023682.0) wurde zurückgenommen.

bb) Klasse 32:

„[X.]“ bzw. „[X.]is“ in Alleinstellung ist deutlich aussagekräftiger als die vorliegende sinnwidrige Wortkombination „[X.] [X.]“, weshalb der Anmeldung „[X.]“ (302014007318.8) im Jahr 2014 nicht vergleichbar ist. Dasselbe gilt für die ebenfalls 2014 zurückgewiesene [X.]intragung des Wortzeichens „[X.] [X.]“ (302014007322.6). Die grammatikalisch korrekte Kombination der beiden Wörter mit der Bedeutung „zerkleinertes [X.]is“ hat mehr beschreibende Aussagekraft als die Streitmarke.

b) [X.]benso wenig vergleichbar sind die vom [X.] zurückgewiesenen [X.] für Klasse 33:

aa) Die 2014 abgelehnte Wortfolge „SH[X.][X.]R [X.]“ (012747051) in der Bedeutung „pures [X.]is“ ist deutlich aussagekräftiger als die vorliegende sinnwidrige Kombination. Das 2005 zurückgewiesene Zeichen „[X.] [X.]“ (003554541) unterscheidet sich dadurch, dass das Getränk genannt ist und es sich um [X.]is für [X.] handeln kann, die mit [X.]is zubereitet werden. Auch die 2014 abgelehnte Anmeldung „[X.] N[X.]CTAR“ (013114517) unterscheidet sich dadurch, dass das konkrete Getränk angegeben wird, das gekühlt auch mit [X.]isnektar beschrieben werden kann wie dies bei [X.]istee der Fall ist.

bb) Außerdem sind die im Ausland, in einem anderen Mitgliedstaat der [X.]uropäischen Union auf der Grundlage des harmonisierten Markenrechts oder vom Amt der [X.] ([X.]) aufgrund der [X.]verordnung getroffenen [X.]ntscheidungen über absolute [X.]intragungshindernisse für nachfolgende Verfahren in anderen Mitgliedstaaten unverbindlich ([X.] [X.], 428 [X.]. 63 – [X.]; [X.], 674 [X.]. 43 f. - Postkantoor). Sie vermögen nicht einmal eine Indizwirkung zu entfalten ([X.], 569 [X.]. 30 - [X.]; [X.], 778 [X.]. 18 – Willkommen im Leben).

7. Da schon nicht festgestellt werden kann, dass der Streitmarke im Anmeldezeitpunkt Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] entgegengestanden haben, kommt es in der Sache nicht mehr darauf an, ob im Zeitpunkt der [X.]ntscheidung über den Löschungsantrag [X.]intragungshindernisse bestehen.

[X.]

Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind nicht gegeben.

IV.

Da der Senat bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit die vom [X.] in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Maßstäbe zur Kombination zweier beschreibender Begriffe angelegt hat (vgl. [X.], 1204 [X.]. 16 – [X.]), war die Zulassung der von der Anmelderin angeregten Rechtsbeschwerde nicht geboten. Zudem war weder über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als erforderlich zu erachten (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 [X.]).

Meta

26 W (pat) 90/13

29.06.2016

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.06.2016, Az. 26 W (pat) 90/13 (REWIS RS 2016, 9073)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9073

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Markenbeschwerdeverfahren – "FICKEIS/FICKEN" – Warenidentität – zur Kennzeichnungskraft – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine mittelbare …


26 W (pat) 551/16 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Ice Fresh Apple" – fehlende Unterscheidungskraft


26 W (pat) 25/14 (Bundespatentgericht)


29 W (pat) 575/17 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Pappo/PAGO (IR-Marke)" – Warenidentität – zur Kennzeichnungskraft – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – eine …


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