Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29.05.2018, Az. 1 C 15/17

1. Senat | REWIS RS 2018, 8548

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Gegenstand

Rücknahme einer Einbürgerung wegen Mehrehe


Leitsatz

1. Das Bestehen einer vom Einbürgerungsbewerber rechtswirksam im Ausland geschlossenen weiteren Ehe schließt im Sinne des § 9 Abs. 1 StAG eine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse aus.

2. Eine Einbürgerung ist dann nicht nach § 35 Abs. 1 StAG einer Rücknahme zugänglich, wenn sie im Zeitpunkt der Einbürgerung auf anderer Rechtsgrundlage als jener, die von der Behörde herangezogen worden ist, hätte erfolgen müssen.

3. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne des § 10 Abs. 1 StAG sind Zeiten, in denen der Ausländer im Besitz einer für einen seiner Natur nach vorübergehenden Zweck erteilten Aufenthaltsbewilligung war, nur dann zu berücksichtigen, wenn sie unter der Geltung des Aufenthaltsgesetzes zurückgelegt worden sind (Fortführung von BVerwG, Urteil vom 26. April 2016 - 1 C 9.15 - BVerwGE 155, 47).

4. Bei der Ermessensentscheidung über die Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung nach § 35 Abs. 1 StAG ist ein im Zeitpunkt der Rücknahme bestehender Einbürgerungsanspruch zu berücksichtigen. Bei der Prüfung, ob ein solcher im Zeitpunkt der Einbürgerung besteht, bleiben die unmittelbaren Auswirkungen der (rechtswidrigen) Einbürgerung (Verlust der Ausländereigenschaft und Erlöschen des Aufenthaltstitels) außer Betracht.

5. Eine vom Einbürgerungsbewerber rechtswirksam im Ausland geschlossene weitere Ehe steht einem wirksamen Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG nicht entgegen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme seiner Einbürgerung in den [X.] Staatsverband, welche die Beklagte darauf stützt, dass dieser bei der Einbürgerung eine wirksam eingegangene Zweitehe verschwiegen habe.

2

Der im Jahre 1981 in [X.] geborene Kläger ist [X.] Staatsangehöriger [X.] Volkszugehörigkeit. Er absolvierte nach einem Studienkolleg (von 2000 bis 2002) zwischen 2003 und 2007 erfolgreich ein Bauingenieurstudium an der Fachhochschule in [X.] Seit dem [X.] arbeitet er in [X.] als angestellter Bauingenieur. Seit April 2008 ist der Kläger mit der [X.] Staatsangehörigen M. verheiratet, mit der er in einem Haushalt lebt; aus dieser Ehe sind drei Kinder hervorgegangen (geboren 2010, 2013 und 2015). Dem Kläger war zunächst eine Aufenthaltsbewilligung (§ 28 AuslG 1990), später eine Aufenthaltserlaubnis nach [X.]ßgabe des § 16 Abs. 1 [X.] zum Zwecke des Studiums und sodann eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 [X.] zum Ehegattennachzug zu einer [X.] erteilt und jeweils verlängert worden. Seit Juni 2009 war der Kläger im Besitz einer Niederlassungserlaubnis.

3

Im April 2010 beantragte der Kläger seine Einbürgerung in den [X.] Staatsverband. In dem Antragsformular gab er (allein) seine im April 2008 geschlossene Ehe mit Frau M. an. Der Kläger gab ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und eine Loyalitätserklärung ab, unterschrieb eine Erklärung zur Bedeutung der Ehe mit Frau M. bei der Einbürgerung und gab bei der Übergabe der Einbürgerungsurkunde das feierliche Bekenntnis ab, das Grundgesetz und die Gesetze der [X.] achten zu wollen. Mit Bescheid vom 13. Oktober 2010 (ausgehändigt am 21. Oktober 2010) wurde der Kläger unter Belassung seiner [X.] Staatsangehörigkeit eingebürgert.

4

Bereits im Juni 2008 war er in [X.] eine weitere Ehe mit der [X.] Staatsangehörigen [X.]. eingegangen. Im Juni 2012 erkannte er die Vaterschaft einer im Januar 2012 in [X.] ([X.]) geborenen Tochter der [X.]. an. Dieses Kind lebt seit [X.] 2013 in dem gemeinsamen Haushalt des [X.] und seiner [X.] Ehefrau. Seit April 2017 wohnt Frau [X.]. - mit eigenem Haushalt - in der gleichen Stadt wie der Kläger; dort sieht sie ihre Tochter täglich, namentlich bringt sie diese zum Kindergarten und holt sie dort wieder ab.

5

Im September 2012 erhielt die Beklagte von dieser Zweitehe Kenntnis. Nach im [X.]i 2013 erfolgter Anhörung nahm sie mit Bescheid vom 11. Dezember 2013 die Einbürgerung des [X.] rückwirkend zurück (Verfügung Nr. 1), stellte fest, dass hierdurch auch die Voraussetzung für die [X.] Staatsangehörigkeit der in [X.] ([X.]) geborenen Tochter entfallen sei (Verfügung Nr. 2), forderte den Kläger zur Rückgabe der Einbürgerungsurkunde und ihm ausgestellter Ausweisdokumente auf (Verfügung Nr. 3), drohte insoweit [X.]ßnahmen der Verwaltungsvollstreckung für den Fall nicht fristgerechter Rückgabe an (Verfügung Nr. 4) und setzte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 200 € fest (Verfügung Nr. 5). Zur Begründung der Rücknahme führte die Beklagte im Wesentlichen aus, die Einbürgerung sei wegen der [X.] des [X.] in [X.] kurze Zeit nach der Eheschließung in [X.] rechtswidrig und habe jedenfalls nicht nach § 9 Abs. 1 [X.] erfolgen dürfen. Die Zweitehe belege, dass der Kläger in die [X.] Lebensverhältnisse noch nicht hinreichend integriert gewesen sei, zumal er die Zweitehe auch praktiziere. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 7. März 2014).

6

Zur Begründung seiner gegen die Rücknahme erhobenen Klage hat der Kläger hervorgehoben, dass seine zweite Ehe mit [X.]. zivilrechtlich wirksam sei, syrischem Recht entspreche und er sich durch die Eheschließung auch nicht strafbar gemacht habe; die Nichtangabe dieser Zweitehe sei nicht "wesentlich" für die Einbürgerung gewesen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zu den [X.] Lebensverhältnissen, in die bei der Einbürgerung nach § 9 [X.] eine Einordnung erforderlich sei, gehöre auch das Prinzip der Einehe. Mit dem Eingehen einer Zweitehe nur wenige Wochen nach der Eheschließung mit seiner [X.] Ehefrau habe der Kläger gezeigt, dass er in einem zentralen Punkt nach wie vor den Wertvorstellungen und Lebensverhältnissen seiner [X.] Herkunft verhaftet sei. Der Kläger habe seine Einbürgerung durch Täuschung sowie durch vorsätzlich unrichtige und unvollständige Angaben erwirkt. Einem Einbürgerungsanspruch nach § 10 [X.] stehe entgegen, dass das Prinzip der Einehe Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sei.

7

Der [X.]hof hat das Urteil des [X.] geändert und die Rücknahme der Einbürgerung, die Rückforderung der Einbürgerungsurkunde und ausgestellter Ausweisdokumente und die Festsetzung der Verwaltungsgebühr aufgehoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Ob die nach [X.]ßgabe des § 9 [X.] erfolgte Einbürgerung des [X.] auf einer arglistigen Täuschung oder auf vorsätzlich unrichtigen oder unvollständigen Angaben beruhe, die wesentlich für die Einbürgerung gewesen seien, könne offenbleiben. Denn es fehle jedenfalls an der Kausalität der Nichterwähnung der in [X.] geschlossenen Ehe, weil der Kläger im Zeitpunkt seiner Einbürgerung auch einen Einbürgerungsanspruch nach § 10 Abs. 1 [X.] gehabt habe. Der Kläger habe auch die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] erfüllt, weil er sich (wirksam) zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die [X.] bekannt und erklärt habe, keine gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt zu haben. Das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung werde nicht durch die vom Kläger geschlossene Zweitehe infrage gestellt. Das Prinzip der Einehe rechne entgegen einer wohl herrschenden Auffassung in der Rechtsprechung nicht zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sei dieser Begriff in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] so auszulegen, wie ihn das [X.] im Parteiverbotsrecht ausgefüllt habe, scheide eine Verletzung aus. Die Rechtsauffassung, eine [X.] verstoße gegen die in Art. 1 Abs. 1 [X.] garantierte Menschenwürde, sei auf der Grundlage des gängigen Begriffsverständnisses zur Menschenwürde fernliegend. Der in verschiedenen Fachgesetzen aufgegriffene Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung müsse wegen der unterschiedlichen Schutz- und Zielrichtung der Fachgesetze nicht mit dem Begriffsinhalt identisch sein, der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] verwendet worden sei. In Rechtsprechung und Schrifttum werde indes zur Ausfüllung auf die in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zurückgegriffen, die ihrerseits die frühere Rechtsprechung des [X.]s zu Art. 21 Abs. 2 [X.] und die Auflistung in § 92 StGB aufnähmen. Dieser Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sei insoweit untrennbar mit dem Begriff der "wehrhaften" oder "streitbaren Demokratie" verbunden, kennzeichne einen Rahmen der politischen Betätigung des Einzelnen wie auch deren Voraussetzung und schütze die wehrhafte Demokratie des Grundgesetzes. Die in Art. 6 [X.] auch als Institutsgarantie verankerte Ehe, die das Grundgesetz als Einehe und als auf Dauer angelegte, frei eingegangene Lebensgemeinschaft zwischen zwei Menschen verstehe, habe zwar eine [X.]thische und kulturelle Funktion in der Konstituierung und Entwicklung des Gemeinschaftslebens und gehöre zweifellos zu den grundlegenden kulturellen Wertvorstellungen in der [X.]; das Prinzip der Einehe habe aber keinen (unmittelbaren) thematischen Bezug zur wehrhaften Demokratie. Ein Verstoß gegen das Prinzip der Einehe gefährde nicht den Bestand und die Sicherheit des Staates sowie dessen Grundordnung. Dies ergebe sich auch aus den Erläuterungen des [X.] zu den Gründen, die ihn zur Eingehung einer Zweitehe bewogen hätten; hieraus könne nicht geschlossen werden, der Kläger sei auf eine Beseitigung der wertgebundenen Ordnung des Grundgesetzes aus, mag auch eine Zweitehe in Werteverständnis und Moral erheblich mit westeuropäischen Vorstellungen konfligieren. Bei rechtmäßiger Eheschließung werde die [X.] zudem auch im Inland als Ehe im Sinne des bürgerlichen Rechts anerkannt und sei auch nicht strafbar. Auch der Schutz des Art. 6 Abs. 1 [X.] komme in bestimmten Dimensionen in Bezug auf die Zweitehe in Betracht. Die nur Männern eröffnete [X.] bewirke auch kein grundsätzliches Bekenntnis des [X.] gegen die Gleichheit von [X.] und Frau; dabei könne offenbleiben, ob die [X.] als solche gegen Art. 3 Abs. 1 bis 3 [X.] verstoße.

8

Selbst wenn davon ausgegangen werde, dass im Zeitpunkt der Einbürgerung eine Einbürgerung nach § 9 [X.] mangels Einordnung in die [X.] Lebensverhältnisse rechtswidrig gewesen sei und im Zeitpunkt der Einbürgerung auch ein Einbürgerungsanspruch nach den §§ 8, 10 [X.] nicht bestanden habe, sei jedenfalls die Betätigung des [X.] fehlerhaft. Dem im Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung bestehenden Einbürgerungsanspruch aus § 10 [X.] habe nicht die Erwägung entgegengehalten werden können, der Kläger könne angesichts der tatsächlichen Situation kein wirksames Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]) und kein feierliches Bekenntnis (§ 16 [X.]) abgeben.

9

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 9, 10 [X.]. Sie hebt hervor, dass dem Kläger auch ohne ausdrückliche Nachfrage im Einbürgerungsformular die Unvollständigkeit der von ihm gemachten Angaben bewusst gewesen sein müsse. Das Prinzip der Einehe gehöre zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. [X.] umfasse das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung auch das Bekenntnis zur Achtung der im Grundgesetz konkretisierten Grundrechte und der darin liegenden Prinzipien und erfordere grundsätzlich eine positive Einstellung zum [X.] Kulturkreis. Eine solche Einstellung fehle beim Kläger, der die in Art. 3 Abs. 2 [X.] festgelegte Gleichberechtigung von [X.] und Frau nicht akzeptiere, wenn er Zweitehen durch Frauen nicht akzeptiere. Bei einer [X.] verliere die Ehefrau einen wesentlichen Teil ihrer Stellung als Rechtssubjekt bzw. müsse diese mit anderen Ehefrauen teilen; die Ehefrau werde damit mehr oder weniger zum Handlungsobjekt degradiert, zumal die Ehescheidung nach islamischem Recht für den Ehemann relativ einfach sei. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts widerspräche auch der gesamten Zielsetzung der Integration, die eine innere Hinwendung zu sowie die Verbundenheit mit der [X.] und ihrer Wertordnung bedeute, die zweifelsfrei auch die Einehe umfasse.

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. Er hebt hervor, er sei im Einbürgerungsverfahren schon nicht nach einer weiteren Ehe gefragt worden. Das Prinzip der Einehe sei nicht Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Der Begriff der Ehe sei im Wandel begriffen; zumindest Kinder aus einer [X.] stünden unter dem Schutz des Art. 6 [X.]. Das Verbot der [X.] sei keine Ausprägung der "Gleichberechtigung" von [X.] und Frau; eine [X.] verstoße auch nicht gegen die Menschenwürde der Ehefrauen.

Der Vertreter des [X.] beim [X.] tritt der Rechtsauffassung der Revision bei. Ein Einbürgerungsanspruch nach § 10 [X.] habe schon deswegen nicht bestanden, weil die Unterhaltsansprüche der Zweitfrau und des gemeinsamen Kindes bei der Beurteilung der Unterhaltsfähigkeit nicht hätten außer Betracht bleiben dürfen. Vor allem habe das Berufungsgericht verkannt, dass die freiheitliche demokratische Grundordnung im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext nicht auf den Schutz der wehrhaften Demokratie begrenzt sei, sondern die gesamte Rechts- und Werteordnung des Grundgesetzes umfasse. Zu dieser rechne unstreitig das in Art. 6 Abs. 1 [X.] verbürgte Institut der Ehe als Einehe. Das durch die Loyalitätserklärung zu bekundende Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung erfordere eine innere Hinwendung zur Werteordnung des Grundgesetzes. Eine der freiheitlichen Ordnung entgegenstehende Einstellung könne auch ein [X.] Verhalten im familiären oder gesellschaftlichen Bereich sein. Es fehle an der Einordnung in die [X.] Lebensverhältnisse. Mit der Anforderung des "Sich-Einfügens" in das [X.] Leben in [X.] sei Integration in § 9 [X.] zur Einbürgerungsvoraussetzung gemacht worden. Dies müsse erst recht für eine Anspruchseinbürgerung nach § 10 [X.] gelten. Das Verschweigen der Zweitehe widerspreche dem Gebot des Sich-Einfügens. Für eine weite Auslegung des Begriffs der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in § 10 Abs. 1 [X.] spreche auch der an die Verfolgung oder Unterstützung verfassungsfeindlicher oder extremistischer Bestrebungen anknüpfende Einbürgerungsausschluss nach § 11 [X.]. Auch das nach § 16 [X.] abzulegende feierliche Bekenntnis zum Grundgesetz, bei dem es sich ebenfalls um eine materielle Wirksamkeitsvoraussetzung für die Einbürgerung handele, erfordere eine Verinnerlichung der Werteordnung des Grundgesetzes.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.]eklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Das Urteil des [X.] ist mit [X.]undesrecht unvereinbar (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit es für den [X.]punkt der zurückgenommenen Einbürgerung einen Anspruch des [X.] auf Einbürgerung nach § 10 [X.] angenommen (1.) und die Ermessensentscheidung beanstandet hat, weil jedenfalls in [X.]ezug auf diesen [X.]punkt ein [X.] nach § 10 [X.] bestanden habe (2.); ob dies der Fall gewesen ist, bedarf in [X.]ezug auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des [X.] (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.]) näherer Aufklärung.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein das [X.]egehren des [X.] auf Aufhebung der mit [X.]escheid vom 11. Dezember 2013 verfügten Rücknahme seiner Einbürgerung (Nr. 1 des [X.]escheides) sowie der hierauf bezogenen Nebenentscheidungen (Nr. 3 und 5 des [X.]escheides). Die Aufhebung der auf die im Januar 2012 geborene Tochter des [X.] bezogene Aussage ([X.] des [X.]escheides) und die Ankündigung von [X.] bei nicht fristgerechter Erfüllung der Anordnung zu Nr. 3 (Nr. 4 des [X.]escheides) sind bereits im [X.]erufungsverfahren nicht begehrt worden.

[X.]ßgeblich für die rechtliche [X.]eurteilung des auf die Rücknahmeentscheidung bezogenen Anfechtungsbegehrens ist die Sach- und Rechtslage im [X.]punkt der letzten [X.]ehördenentscheidung, hier des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2014. Eine Verschiebung dieses [X.]punktes auf den [X.]punkt der letzten mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des [X.] gebieten weder Unions- noch [X.]recht. Der Entscheidung sind deshalb die [X.]estimmungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Hochqualifizierten-Richtlinie der [X.] vom 1. Juni 2012 ([X.] I S. 1224) zu Grunde zu legen; die streitentscheidenden Normen des Staatsangehörigkeitsgesetzes, insbesondere § 35 [X.], sind in ihrem entscheidungserheblichen Gehalt durch die Rechtsänderungen in der Folgezeit unberührt geblieben. Soweit im Rahmen der Anwendung des § 35 Abs. 1 [X.] die Rechtmäßigkeit der am 13. Oktober 2010 bewirkten Einbürgerung zu prüfen ist, ist auf die Sach- und Rechtslage zu diesem [X.]punkt abzustellen. Spätere Rechtsänderungen oder tatsächliche Entwicklungen sind grundsätzlich nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit einer nicht nichtigen Einbürgerung zu beseitigen.

Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Einbürgerung ist § 35 Abs. 1 [X.]. Hiernach kann eine von [X.] an rechtswidrige Einbürgerung nur dann zurückgenommen werden, wenn der Verwaltungsakt u.a. durch arglistige Täuschung oder durch vorsätzlich unvollständige Angaben, die wesentlich für seinen Erlass gewesen sind, erwirkt worden ist. Die im Oktober 2010 wirksam gewordene Einbürgerung des [X.] war rechtswidrig (1.) und ist von dem Kläger auch im Sinne des § 35 Abs. 1 [X.] durch unzureichende Angaben erwirkt worden (2.). Die Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung hängt davon ab, ob im [X.]punkt der Rücknahmeentscheidung ein [X.] bestanden hat; insoweit sind weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich (3.).

1. Die im Oktober 2010 wirksam gewordene Einbürgerung des [X.] war von [X.] an rechtswidrig. Die Voraussetzungen für eine Einbürgerung nach § 9 [X.] lagen nicht vor, weil nicht gewährleistet war, dass sich der Kläger im Sinne des § 9 Abs. 1 [X.] [X.] in die [X.] Lebensverhältnisse einordnete (1.1). Dem Kläger stand jedenfalls zu diesem [X.]punkt auch kein [X.] aus § 10 [X.] zu (1.2).

1.1 Nach § 9 Abs. 1 [X.] sollen Ehegatten oder Lebenspartner [X.] unter den Voraussetzungen des § 8 [X.] u.a. dann eingebürgert werden, wenn gewährleistet ist, dass sie sich in die [X.] Lebensverhältnisse einordnen; dies gilt nicht, wenn sie nicht über ausreichende Kenntnisse der [X.] Sprache verfügen, ohne dass ein [X.] erfüllt ist (§ 9 Abs. 1 letzter Halbs. [X.]). Wegen der von ihm geschlossenen [X.] bot der Kläger nicht die Gewähr, sich in die [X.] Lebensverhältnisse "einzuordnen". Damit war der Tatbestand des § 9 Abs. 1 [X.] im [X.]punkt der Einbürgerung nicht erfüllt.

a) "Einordnung in die [X.] Lebensverhältnisse" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff ([X.]VerwG, Urteil vom 8. März 1988 - 1 [X.] 55.86 - [X.]VerwGE 79, 94 <96>).

Dieses Einbürgerungserfordernis tritt zu den in § 8 [X.] geregelten [X.] hinzu, die neben der Sicherung des eigenen Lebensunterhalts u.a. erfordern, dass der Einbürgerungsbewerber weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn aufgrund seiner Schuldunfähigkeit eine [X.]ßregel der [X.]esserung und Sicherung angeordnet worden ist. Eine "Einordnung" ist allein durch die [X.]eachtung strafrechtlicher Ge- und Verbote nicht gewährleistet. Die "Einordnung" in die [X.] Lebensverhältnisse muss zwar nach den Umständen des Falles in absehbarer [X.] mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein ([X.]VerwG, Urteil vom 8. März 1988 - 1 [X.] 55.86 - [X.]VerwGE 79, 94 <96>); sie muss aber im Einberufungszeitpunkt noch nicht abgeschlossen, sondern lediglich für die Zukunft gewährleistet sein ([X.]/[X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/Kau, Staatsangehörigkeitsrecht, 6. Aufl. 2017, § 9 [X.] Rn. 20; [X.], in: [X.], Stand Oktober 2009, § 9 [X.] Rn. 86 ff.). Eine Einordnung erfordert neben einer gewissen Mindestaufenthaltsdauer und - 2007 durch die Einfügung des letzten Halbsatzes in § 9 Abs. 1 [X.] tatbestandlich verselbständigt (Gesetz vom 19. August 2007, [X.] I S. 1970) - ausreichenden Kenntnissen der [X.] Sprache auch Mindestkenntnisse der [X.] Rechts- und Gesellschaftsordnung (s.a. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 [X.]). Denn ohne Kenntnis der [X.] Lebensverhältnisse ist eine Einordnung in diese schwerlich zu bewirken.

Der [X.]egriff "Einordnung" lässt zudem Raum für eine Auslegung, die auch jenseits der stets vorauszusetzenden [X.]ereitschaft zur [X.]eachtung von Gesetz und Recht auch eine tätige Einordnung in die elementaren Grundsätze des gesellschaftlich-kulturellen [X.]slebens, die als unverzichtbare außerrechtliche Voraussetzungen eines gedeihlichen Zusammenlebens zu werten sind, verlangt.

b) Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass zu einer abschließenden [X.]estimmung der Grundsätze und [X.] Regeln, welche derart elementar sind, dass sie staatsangehörigkeitsrechtlich Voraussetzung für die Gewähr einer (hinreichenden) Einordnung in die [X.] Lebensverhältnisse sind. Die von dem Kläger geschlossene [X.] schließt jedenfalls im Sinne des § 9 Abs. 1 [X.] eine Einordnung in die [X.] Lebensverhältnisse aus (s.a. [X.], Urteil vom 2. September 1996 - 25 A 2106/94 - [X.] 1997, 82; [X.], Urteil vom 19. Februar 2001 - 1 A 178/98 - [X.] 2001, 315; [X.], Urteil vom 4. November 2003 - 5 A 308/03 - juris; [X.], [X.]eschlüsse vom 11. März 2005 - 2 A 161.04 - juris und vom 4. April 2005 - 2 A 32.05 - juris; Urteil vom 16. August 2005 - 2 A 161.04 - juris; [X.], Urteil vom 4. [X.]i 2005 - 5 [X.] 03.1371 - juris; [X.]eschlüsse vom 29. September 2009 - 5 Z[X.] 09.1137 - juris und vom 10. März 2011 - 5 Z[X.] 10.1170 - juris; Urteil vom 30. Januar 2013 - 5 [X.]V 12.2314 - juris; VG [X.], Urteil vom 28. Oktober 2005 - 12 K 235/04 - juris; O[X.]-[X.]randenburg, Urteil vom 19. Oktober 2006 - 5 [X.] 15.03 - juris; [X.], Urteil vom 13. Juli 2007 - 13 L[X.] 468/03 - [X.] 2008, 110; [X.], Urteil vom 5. Dezember 2007 - 11 K 812/07 - juris; [X.], Urteil vom 20. August 2008 - 5 E 840/07 - juris; VG München, Urteil vom 22. Februar 2010 - M 25 K 09.2704 - juris).

aa) In der [X.] wird die Ehe weiterhin prägend als Einehe verstanden. Ungeachtet aller Wandlungen, die der Ehebegriff in den letzten Jahrzehnten genommen hat, und den verschiedenen Formen des Zusammenlebens von Partnern mit oder ohne Kinder ist der Grundsatz unangefochten, dass eine Ehe - so sie denn geschlossen werden soll - jeweils nur mit einer Person geschlossen werden kann und soll. Selbst außereheliche [X.]eziehungen neben einer bestehenden Ehe stellen diesen Grundsatz nicht infrage; sie setzen den Grundsatz der Einehe vielmehr voraus und werden als - individuell lebbare und möglicherweise rechtfertigungsfähige - Abweichungen von einer fortbestehenden gesellschaftlichen Norm gewertet. Die Abschaffung des Straftatbestandes des Ehebruchs (§ 172 StG[X.] ) im Jahre 1969 (Erstes Gesetz zur Reform des Strafrechts - 1. [X.] vom 25. Juni 1969, [X.] I S. 645) hat ebenfalls nichts daran geändert, dass die Achtung und [X.]eachtung des Grundsatzes der Einehe [X.] als wichtige Voraussetzung des gesellschaftlichen Zusammenlebens gewertet wird.

bb) Diese gesellschaftlich-kulturelle Perspektive findet zudem im Recht eine klare, hochrangige Verankerung. § 172 StG[X.] stellt unter Strafe, wenn verheiratete oder in Lebensgemeinschaft lebende Personen eine weitere Ehe oder Lebenspartnerschaft eingehen. Dass dieses strafrechtliche Verbot der [X.] bei einer nach anzuwendendem Sachrecht zulässigen, durch einen Ausländer in seinem Herkunftsstaat geschlossenen [X.] nicht greift und eine so geschlossene Ehe nach internationalem Privatrecht im Rahmen des [X.] ordre public als rechtsgültig betrachtet werden kann, ändert nichts an dem normativen Schutz des Grundsatzes der monogamen Ehe als solchem. Es begrenzt lediglich die innerstaatliche straf- oder zivilrechtliche Sanktionierung einer im Ausland geschlossenen [X.], stellt aber weder normativ noch gesellschaftlich das Konzept der Einehe infrage. Der Grundsatz der Einehe prägt auch den Ehebegriff des Art. 6 Abs. 1 [X.] ([X.]VerfG, Urteil vom 29. Juli 1959 - 1 [X.]vR 205/58 u.a. - [X.]VerfGE 10, 59 <66 f.>; [X.]eschlüsse vom 7. Oktober 1970 - 1 [X.]vR 409/67 - [X.]VerfGE 29, 166 <176> und vom 4. [X.]i 1971 - 1 [X.]vR 636/68 - [X.]VerfGE 31, 58 <69>; [X.], [X.]eschluss vom 6. Januar 2009 - 18 [X.] 1914/08 - NVwZ-RR 2009, 539 <540>; s.a. von [X.], in: [X.] , [X.], 8. Aufl. 2018, Art. 6 Rn. 7). Das [X.] nimmt teil an dem Schutz der Ehe als Institution, den der Gesetzgeber zu achten und zu verwirklichen hat ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 30. November 1982 - 1 [X.]vR 818/81 - [X.]VerfGE 62, 323 <330>). [X.]ei einer Doppel- oder [X.], die nur einem Geschlecht eröffnet ist, wird deren auch gesellschaftliche Ächtung grundrechtlich zusätzlich durch den Grundsatz der Gleichberechtigung (Art. 3 Abs. 2 [X.]) gestützt.

cc) Dieses Zusammenspiel von tiefgreifender gesellschaftlich-kultureller Prägung durch den Grundsatz der Einehe und dessen hochrangiger verfassungs- und strafrechtlicher Verankerung macht diesen zu einem Teil der [X.] Lebensverhältnisse im Sinne des § 9 Abs. 1 [X.] [X.], in die sich ein Einbürgerungsbewerber einzuordnen hat. Es gebietet dessen [X.]eachtung durch einen Einbürgerungsbewerber und hindert eine Einordnung in die [X.] Lebensverhältnisse auch dann, wenn die [X.] im Ausland wirksam geschlossen worden ist und auch nicht gegen [X.] Strafrecht verstößt.

1.2 Der Kläger hatte im [X.] auch keinen anderweitigen [X.]. Eine auf § 9 [X.] gestützte Einbürgerung, die nicht nach § 9 [X.] hätte erfolgen dürfen, ist zwar dann nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 [X.] rechtswidrig, wenn die Einbürgerungsbehörde den Einbürgerungsbewerber auf anderer Rechtsgrundlage hätte einbürgern müssen (a). Im [X.]punkt der Einbürgerung hatte der Kläger indes schon deswegen keinen [X.], weil er noch nicht acht Jahre rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte (b).

a) Die Einbürgerung in den [X.] Staatsverband ist unabhängig von ihrer Rechtsgrundlage auf eine einheitliche Rechtsstellung gerichtet. Nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts ([X.]VerwG, Urteile vom 17. März 2004 - 1 [X.] 5.03 - NVwZ 2004, 997; vom 20. April 2004 - 1 [X.] 16.03 - [X.]VerwGE 120, 305 <308> und vom 20. März 2012 - 5 [X.] 5.11 - [X.]VerwGE 142, 145 Rn. 35) hat die Einbürgerungsbehörde daher im Rahmen ihrer Zuständigkeit ein Einbürgerungsbegehren hinsichtlich aller in [X.]etracht kommenden Einbürgerungsgrundlagen zu prüfen. Eine Einbürgerung ist grundsätzlich dann nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 [X.] einer Rücknahme zugänglich, wenn sie auf anderer Rechtsgrundlage als jener, die von der [X.]ehörde herangezogen worden ist, hätte erfolgen müssen. Dies gilt namentlich in den Fällen, in denen ein gebundener Anspruch auf eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 [X.] besteht, bei dem die Einbürgerungsbehörde auch nicht hinsichtlich einzelner [X.] eine Ermessensentscheidung zu treffen hat (z.[X.]. nach § 10 Abs. 2 und 3 Satz 2, § 12a Abs. 1 Satz 3 [X.]).

Die [X.]eklagte war hier zuständig für eine Entscheidung über einen (möglichen) [X.] nach § 10 Abs. 1 [X.]. § 1 der Verordnung über Zuständigkeiten im Staatsangehörigkeitsrecht vom 3. Februar 1976 (GV[X.]l. 1976 S. 245) enthält keine Einschränkung der den Landratsämtern und Stadtkreisen zugewiesenen Zuständigkeit für den Vollzug des [X.] und Staatsangehörigkeitsgesetzes und der sonstigen staatsangehörigkeitsrechtlichen Vorschriften. Nicht zu entscheiden ist daher, ob ein materiell bestehender [X.] nach § 10 [X.] für die Anwendung des § 35 Abs. 1 [X.] auch dann die Rechtswidrigkeit einer auf die §§ 8, 9 [X.] gestützten Einbürgerung entfallen lässt, wenn die einbürgernde [X.]ehörde nicht für die [X.] zuständig ist, oder dies erst im Rahmen der nach § 35 Abs. 1 [X.] zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen ist.

b) Der Kläger hatte indes im [X.]punkt der Einbürgerung (Oktober 2010) noch keinen [X.] nach § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.], weil er noch nicht acht Jahre rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Inland hatte.

Der Kläger hielt sich zwar seit seiner Einreise im Jahre 1999 und im [X.] damit bereits ca. elf Jahre rechtmäßig im [X.]undesgebiet auf. Ein rechtmäßiger gewöhnlicher Aufenthalt liegt indes nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts (s. nur [X.]VerwG, Urteile vom 23. Februar 1993 - 1 [X.] 45.90 - [X.]VerwGE 92, 116 <127> und vom 18. November 2004 - 1 [X.] 31.01 - [X.]VerwGE 122, 199 <202 f.>) nur dann vor, wenn der zur Rechtmäßigkeit des Aufenthalts führende Aufenthaltstitel sich auch auf die Dauerhaftigkeit des Aufenthalts bezieht. Lediglich befristete, zweckgebundene Aufenthaltstitel reichten hiernach jedenfalls dann nicht aus, wenn die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem auch dauernden Aufenthalt rechtlich ausgeschlossen oder bei einer prospektiven [X.]etrachtung nicht zu erwarten war. Hieran hält der [X.] für Aufenthaltszeiten bis zum Inkrafttreten des [X.]es auch gegen Stimmen im Schrifttum (s. nur [X.]erlit, in: [X.], Stand November 2015, § 10 [X.] Rn. 129 ff.) fest. Die dem Kläger erteilten Aufenthaltstitel zum Zweck des Studiums nach § 28 [X.] vermittelten schon wegen des grundsätzlichen Verbots, vor der Ausreise eine Aufenthaltsgenehmigung zu einem anderen Zweck zu erteilen oder zu verlängern (§ 28 Abs. 3 [X.]), keinen entsprechenden Daueraufenthalt (s.a. [X.]erlit, in: [X.], Stand November 2015, § 10 [X.] Rn. 127).

Keine andere [X.]eurteilung rechtfertigt, dass der [X.] diese Rechtsprechung dahin fortentwickelt hat, dass sich die Rechtmäßigkeit des gewöhnlichen Aufenthalts eines Ausländers unter Geltung des [X.]es auch aus einer für einen seiner Natur nach vorübergehenden Zweck erteilten Aufenthaltserlaubnis ergeben kann, wenn dem Ausländer hierdurch bei retrospektiver [X.]etrachtung ein Zugang zu einer dauerhaften Aufenthaltsposition eröffnet worden ist ([X.]VerwG, Urteil vom 26. April 2016 - 1 [X.] 9.15 - [X.]VerwGE 155, 47). Der [X.] hat dies maßgeblich darauf gestützt, dass das [X.] - im Gegensatz zum früheren Ausländergesetz - keine eine weitere aufenthaltsrechtliche Verfestigung hindernde Sperrwirkung kennt, die bei einer Änderung des [X.] der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für diesen geänderten Aufenthaltszweck entgegengehalten werden könnte, so dass bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines [X.] auch [X.]en zu berücksichtigen sind, in denen der Ausländer unter Geltung des [X.]es nur im [X.]esitz einer für einen seiner Natur nach vorübergehenden Zweck erteilten Aufenthaltserlaubnis war, wenn ihm auf diesem Wege ein Zugang zu einer dauerhaften Aufenthaltsposition eröffnet worden ist ([X.]VerwG, Urteil vom 26. April 2016 -1 [X.] 9.15 - [X.]VerwGE 155, 47 Rn. 18). Nur insoweit kann sich die Rechtmäßigkeit eines gewöhnlichen Inlandsaufenthalts in der Rückschau auch aus einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung ergeben ([X.]VerwG, Urteil vom 26. April 2016 - 1 [X.] 9.15 - [X.]VerwGE 155, 47 Rn. 19).

Diese Überlegungen sind gerade nicht auf Aufenthaltstitel bzw. Aufenthaltszeiten übertragbar, die vor der Systemumstellung lagen, die durch das [X.] bewirkt worden ist. [X.]is zur Einbürgerung im Oktober 2010 hatte der Kläger mithin nicht für einen [X.]raum von acht Jahren einen verfestigungsoffenen Aufenthaltstitel. Dies gilt auch, soweit die nach § 28 [X.] erteilte Aufenthaltsbewilligung als Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Studiums (§ 16 [X.]) fortgalt; die Sperrwirkung des § 28 Abs. 3 [X.] ist nicht rückwirkend für die [X.] vor dem 1. Januar 2005 aufgehoben worden. Der Gesetzgeber war zu einer rückwirkenden Aufhebung nicht von [X.] wegen verpflichtet. Die durch das [X.] für die Zukunft bewirkte Systemumstellung ist auch der sachliche Grund, der die unterschiedliche [X.]ehandlung von Aufenthaltszeiten vor und nach dem 1. Januar 2005 rechtfertigt.

1.3 Der Kläger hat seine rechtswidrige Einbürgerung auch durch unzureichende Angaben im Sinne des § 35 Abs. 1 [X.] erwirkt.

a) Der [X.] kann die Frage, ob der Kläger die Einbürgerung (zumindest) durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für die Einbürgerung gewesen sind, erwirkt hat, anhand der vom [X.]erufungsgericht getroffenen Feststellungen zu den Angaben des [X.] im Einbürgerungsverfahren selbst beurteilen. An eine bewertende Feststellung des [X.] ist der [X.] hier schon deswegen nicht nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil das [X.]erufungsgericht diese Frage ausdrücklich offengelassen hat.

b) Nach den Feststellungen des [X.] hat der Kläger im Einbürgerungsverfahren den Umstand nicht offenbart, dass neben der Ehe mit einer [X.] Staatsangehörigen, an welche der Einbürgerungsantrag anknüpfte, eine weitere Ehe bestand. Nach der Dauer des Inlandsaufenthalts des [X.] im [X.]punkt der Antragstellung und den Umständen der Antragstellung ist offenkundig, dass die [X.]edeutung der Ehe mit einer [X.] Staatsangehörigen für die privilegierte Einbürgerung nach § 9 [X.] dem Kläger ebenso bewusst war wie der Umstand, dass eine weitere Ehe eine Einbürgerung hindern würde.

Unerheblich hierfür ist die zwischen den [X.]eteiligten strittige [X.]ewertung der Gestaltung des Formulars, unter dessen Nutzung der Kläger seine Einbürgerung beantragt hatte, namentlich der Umstand, dass in dem Formular jedenfalls nicht ausdrücklich nach dem [X.]estand einer Zweitehe gefragt worden war, und die Tatsache, dass in dem Formular lediglich zu früheren Ehen Angaben abverlangt worden waren. Denn schon bei den Angaben zu dem Ehepartner hatte der Kläger vollständige Angaben zu machen. [X.]ei bestehender [X.] sind Angaben auch dann unvollständig, wenn hier Angaben (nur) zu einem Ehepartner gemacht werden. Eine [X.]eschränkung der Felder des Formulars auf nur eine Person begrenzt offenkundig und auch für den Einbürgerungsbewerber eindeutig nicht die Obliegenheit zu Angaben in [X.]ezug auf alle Ehepartner bestehender Ehen; diese hätten entweder in dem Formular selbst (durch Teilung der Felder) oder außerhalb des Formulars gemacht werden können. Angaben nur zu dem Ehegatten, in [X.]ezug auf den sich für den Kläger rechtliche Vorteile ergeben konnten, unterstreichen, dass diesem bewusst war, dass Angaben zu seiner weiteren Ehepartnerin die erstrebte Einbürgerung hindern würden oder doch könnten.

Dass der Kläger Angaben zu seiner zweiten Ehefrau auch vorsätzlich unterlassen hat, ergibt sich zudem daraus, dass er - zutreffend - auch die Formularfrage nach früheren Ehen verneint hat, ohne die ausdrückliche Frage nach einer "zweiten Ehe" zum Anlass zu nehmen, Angaben zu einer bestehenden Zweitehe zu machen. Der semantische Unterschied zwischen einer Zweitehe und einer zweiten Ehe macht bei einer isolierten [X.]etrachtung insoweit die Angaben zu früheren Ehen nicht unzutreffend oder unvollständig. Der Zusammenhang zu der Frage nach den Personalien des Ehegatten lässt aber nur den Schluss zu, dass dem Kläger die [X.]edeutung der Zweitehe für den Einbürgerungsvorgang und der Umstand bewusst war, dass von ihm auch ohne ausdrückliche Nachfrage vollständige Angaben zu allen bestehenden Ehen, also auch der in [X.] geschlossenen Zweitehe zu machen waren. [X.] Vorbringen des [X.] kann nach dem Kontext nur als Schutzbehauptung gewertet werden.

Der Kläger konnte sich auch nicht darauf berufen, er sei davon ausgegangen, dass Angaben zu der [X.] deswegen unerheblich seien, weil er von einem [X.] ausgegangen sei. Dies ist bereits nach den festgestellten Umständen des Einzelfalles ausgeschlossen. Überdies war dem Kläger nach dem unbestrittenen Akteninhalt bewusst, dass "eine Einbürgerung zum gegenwärtigen [X.]punkt nur aufgrund unserer ehelichen Lebensgemeinschaft möglich ist" (Erklärung des [X.] vom 13. Oktober 2010).

2. Ist mithin der Tatbestand für die Rücknahme der Einbürgerung des [X.] erfüllt, hatte die [X.]eklagte eine Ermessensentscheidung zu treffen. [X.]ei dieser Ermessensentscheidung ist auch ein hypothetischer [X.] im [X.]punkt der Rücknahmeentscheidung zu berücksichtigen (2.1). Ein [X.] nach § 10 [X.] ist hier nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil sich der Kläger wegen seiner Zweitehe nicht wirksam zur freiheitlichen [X.] Grundordnung bekennen kann (2.2). Die Feststellungen des [X.] lassen keine abschließende [X.]eurteilung zu, ob zu dem insoweit maßgeblichen [X.]punkt das Lebensunterhaltssicherungserfordernis (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.]) erfüllt war (2.3).

2.1 Die Rücknahme eines rechtswidrigen Einbürgerungsbescheides ist nur dann rechtmäßig, wenn die Staatsangehörigkeitsbehörde ihr Ermessen fehlerfrei betätigt. Die [X.]ehörde muss in dem erkennbaren [X.]ewusstsein, dass eine Ermessensentscheidung zu treffen ist, die für und gegen die Rücknahme der Einbürgerung streitenden Gesichtspunkte erkennen, diese sachgerecht gewichten und diese bei ihrer Entscheidung im Ergebnis frei von willkürlichen Erwägungen berücksichtigen (allgemein zu den Anforderungen an eine fehlerfreie Ermessensentscheidung s. - m.w.N. [X.]/[X.], VwGO, 23. Aufl. 2017, § 114 Rn. 6 ff.).

a) Zu den Umständen, die bei einer fehlerfreien Ermessensentscheidung nach § 35 Abs. 1 [X.] von Amts wegen zu berücksichtigen sind, gehört regelmäßig (zu möglichen Ausnahmen s.o. [X.]) auch ein der Rücknahmeentscheidung entgegenstehender (hypothetischer) [X.] (s. [X.]VerwG, Urteil vom 9. September 2003 - 1 [X.] 6.03 - [X.]VerwGE 119, 17 <23>).

[X.]ereits die Funktion der Staatsangehörigkeit, verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit zu sein (s. [X.]VerfG, Urteil vom 24. [X.]i 2006 - 2 [X.]vR 669/04 - [X.]VerfGE 116, 24 <44>; [X.]eschlüsse vom 24. Oktober 2006 - 2 [X.]vR 696/04 - NJW 2007, 425 Rn. 18 und vom 17. Dezember 2013 - 1 [X.]vL 6/10 - [X.]VerfGE 135, 48 Rn. 28 = juris Rn. 31, gebietet die [X.]erücksichtigung eines im [X.]punkt der Ermessensentscheidung bestehenden [X.] ([X.]VerwG, Urteil vom 9. September 2003 - 1 [X.] 6.03 - [X.]VerwGE 119, 17 <23>; s.a. [X.], Urteil vom 22. Oktober 1996 - 13 L 7223/94 - [X.]. 1997, 85 <86>; [X.], Urteil vom 18. [X.]i 1998 - 12 UE 1542/98 - NVwZ-RR 1999, 274 <276>; VGH [X.]heim, Urteil vom 29. November 2002 - 13 S 2039/01 - [X.] 2003, 205 <210>). Die Verlagerung auf ein (neuerliches) Einbürgerungsverfahren, das von dem [X.]n einen entsprechenden Antrag erforderte (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 18. März 2005 - 2 A 133.04 - juris Rn. 13 ff.; s.a. [X.]/[X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/Kau, Staatsangehörigkeitsrecht, 6. Aufl. 2017, § 35 [X.] Rn. 44), entspräche schon nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach nationalem Recht. Soweit sie zugleich mit dem Verlust der über die [X.] Staatsangehörigkeit vermittelten Unionsbürgerschaft verbunden wäre, steht dem auch in Fällen einer durch Täuschung oder unzureichende Angaben erwirkten Einbürgerung die [X.]eachtung des bei deren Rücknahme zu beachtenden unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ([X.], Urteil vom 2. März 2010 - [X.]-135/08 [E[X.]LI:[X.]:[X.]:2010:104], [X.] -) entgegen.

Keine andere [X.]eurteilung rechtfertigen mögliche Schwierigkeiten, einen solchen [X.] zeitnah zu prüfen. Die Komplexität einer Prüfung eines im Rücknahmezeitpunkt bestehenden [X.] ist regelmäßig nicht so hoch, dass sie innerhalb der absoluten Rücknahmefrist des § 35 Abs. 3 [X.] nicht bewältigt werden könnte. Die Rücknahmefrist wird zudem gewahrt, wenn die Rücknahme bis zum Ablauf von fünf Jahren nach der [X.]ekanntgabe der Einbürgerung erfolgt; die Staatsangehörigkeitsbehörde kann in (zeitlichen) Grenzfällen im Rahmen eines etwaigen Widerspruchsverfahrens oder im Verwaltungsprozess (§ 114 Satz 2 VwGO) ihre Ermessenswägungen bei nicht nichtigen Rücknahmeentscheidungen ergänzen.

b) [X.]ei bestehendem [X.] ist das Ermessen der Staatsangehörigkeitsbehörde allerdings nicht stets und fallunabhängig dahin "auf Null" reduziert, dass von der Rücknahme abzusehen wäre. Der [X.] ist durch die [X.]erücksichtigung eines (hypothetischen) [X.] nicht schlechter, aber auch nicht besser zu stellen, als wenn er auf die Erwirkung der rechtswidrigen Einbürgerung durch von § 35 Abs. 1 [X.] erfasste Handlungen verzichtet hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Einbürgerung "für die Vergangenheit" ausscheidet - allzumal bei (erst) im [X.]punkt der Rücknahmeentscheidung bestehendem [X.].

Die [X.]ehörde darf bei ihrer Entscheidung daher auch in den Fällen, in denen nach § 35 Abs. 5 [X.] eine eigenständige Ermessensentscheidung für [X.] zu treffen ist oder nach § 17 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 [X.] zum Wegfall der (vermeintlich) durch Abstammung von einem [X.] Staatsangehörigen nach § 4 Abs. 1 [X.] erworbenen [X.] Staatsangehörigkeit führen kann, berücksichtigen, ob bzw. in welchem Umfange durch die Einbürgerung nach § 4 Abs. 1 [X.] die [X.] Staatsangehörigkeit vermittelt worden ist. Ebenfalls in die Ermessensentscheidung einzustellen ist, dass die nach § 35 Abs. 5 [X.] zu treffende, gesonderte Ermessensentscheidung ebenfalls vom [X.]estehen eines [X.] des rechtswidrig [X.]n bzw. dem Fortbestand der Rücknahmeentscheidung abhängt. Das Absehen von einer Rücknahmeentscheidung u.a. mit der Erwägung, damit für ein Kind den Fortbestand des durch die Vaterschaftsanerkennung bewirkten Staatsangehörigkeitserwerbs zu sichern, ist dabei nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil die Aufhebung der zu [X.] des [X.] getroffenen Feststellung im gerichtlichen Verfahren nicht begehrt worden war; insoweit handelt es sich um eine vom Fortbestand der Rücknahmeentscheidung akzessorische Feststellung.

c) [X.]ei der Prüfung, ob im [X.]punkt der Rücknahme ein [X.] besteht, haben die aufenthaltsrechtlichen Wirkungen der (rechtswidrigen) Einbürgerung außer [X.]etracht zu bleiben. Unerheblich ist daher, dass der rechtswidrig [X.] bis zur Rechtskraft der Rücknahmeentscheidung [X.]r Staatsangehöriger, also nicht im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] Ausländer ist und der für die (rechtswidrige) Einbürgerung erforderliche Aufenthaltstitel (§ 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] [X.]) mit der Einbürgerung erloschen ist, ohne dass er mit deren Rücknahme wieder auflebt (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 19. April 2011 - 1 [X.] 2.10 - [X.]VerwGE 139, 337). Veränderungen in [X.]ezug auf die weiteren [X.], die sich nach der (rechtswidrigen) Einbürgerung ergeben haben, z.[X.]. Straftaten (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 [X.]) oder ein zurechenbares Unvermögen eigenständiger Lebensunterhaltssicherung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.]) einschließlich einer Veränderung des [X.] zu berücksichtigender unterhaltspflichtiger Familienangehöriger, sind allerdings zu berücksichtigen und können einen für die Ermessensentscheidung erheblichen (hypothetischen) [X.] ausschließen.

2.2 Die Ermessensentscheidung der [X.]eklagten ist nicht schon deswegen fehlerfrei, weil einem [X.] nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] durchgreifend die [X.] des [X.] entgegensteht; denn diese hindert nicht ein (wirksames) [X.]ekenntnis zur freiheitlichen [X.] Grundordnung.

Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] hat sich ein Einbürgerungsbewerber zur freiheitlichen [X.] Grundordnung zu bekennen. Dieses [X.]ekenntniserfordernis steht neben der Erklärung, dass er keine gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten oder sonst im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 [X.] sicherheitsrelevanten [X.]estrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, und wird in der Sache durch den Ausschluss der Einbürgerung bei tatsächlichen Anhaltspunkten für entsprechende [X.]estrebungen ergänzt. Neben diesem [X.]ekenntnis zur freiheitlichen [X.] Grundordnung besteht für die [X.] nach § 10 [X.] kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der "Einordnung in die [X.] Lebensverhältnisse" (a); beide [X.]egriffe sind auch nicht gleichzusetzen (b). Der Rechtsbegriff des [X.]ekenntnisses zur freiheitlichen [X.] Grundordnung ist bereichsspezifisch auszulegen, hat aber als festen [X.]egriffskern die Orientierung auf die staatliche Ordnung (c). Hiernach hindert die Zweitehe nicht ein wirksames [X.]ekenntnis (d). Der Gesetzgeber ist aber nicht gehindert, die [X.] bei bestehender [X.] nicht zuzulassen (e.).

a) Der Gesetzgeber hat in § 10 Abs. 1 [X.] nicht die Regelung des § 9 Abs. 1 [X.] [X.] aufgegriffen, dass gewährleistet sein muss, dass sich der Ausländer in die [X.] Lebensverhältnisse einordnet. Die Tatbestandsvoraussetzungen für den [X.] sind in § 10 [X.] eingehend und grundsätzlich abschließend geregelt. Deren Erfüllung stellt aus Sicht des Gesetzgebers hinreichend sicher, dass sich ein Ausländer nach achtjährigem rechtmäßigen gewöhnlichen Inlandsaufenthalt so weit in die [X.] Gesellschaft eingelebt hat, dass eine Einbürgerung gerechtfertigt ist. Ein zusätzliches, ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal "Einordnung in die [X.] Lebensverhältnisse", das nach der Rechtsauffassung des Vertreters des [X.]undesinteresses in den Tatbestand des § 10 Abs. 1 [X.] hineinzulesen sei, ist mit den ausdifferenzierten ausdrücklichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 [X.] nicht in Einklang zu bringen; dies überschritte die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 10. August 2016 - 1 [X.] 83.16 - juris) und bewirkte eine unzulässige richterrechtliche Korrektur des Gesetzes. Das systematische Argument, § 10 [X.] sei lediglich eine weitere Ausformung des § 9 [X.] und setze daher voraus, dass dessen Tatbestandsvoraussetzungen ebenfalls erfüllt sein müssen, steht mit dem Wortlaut des § 10 [X.] nicht in Einklang. § 9 Abs. 1 Halbs. 1 [X.] unterstreicht, dass der Gesetzgeber ausdrücklich regelt, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen einer Norm auch normergänzende [X.] einer anderen Norm sein sollen.

Eine implizite Inkorporation ist auch nach der Entstehungsgeschichte der Regelungen zur [X.] auszuschließen. Der nunmehr in § 10 [X.] geregelte [X.] ist zunächst in den Vorschriften zur erleichterten Einbürgerung nach längerem Inlandsaufenthalt im Ausländergesetz enthalten gewesen (§§ 85 f. [X.] i.d.[X.] vom 9. Juli 1990 <[X.] I S. 1354>, geändert durch das Gesetz zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30. Juni 1993 <[X.] I S. 1062>). Der Sicherheitsaspekt war durch den Verweis auf den seinerzeitigen [X.] des § 46 Nr. 1 [X.] (1990) berücksichtigt, nach dem insbesondere ausgewiesen werden konnte, wer die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der [X.]undesrepublik [X.] gefährdet oder sich bei der Verfolgung politischer Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht. Als Einbürgerungserfordernis ist ein [X.]ekenntnis zur freiheitlichen [X.] Grundordnung erstmals bei der Umgestaltung der [X.] durch das Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 ([X.] I S. 1618) in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] eingefügt worden, durch das in § 86 Nr. 1 und 2 [X.] im [X.] auch die heute in § 11 [X.] geregelten Anspruchsausschlussgründe geregelt wurden. In das Staatsangehörigkeitsgesetz wurden die ausländerrechtlichen Sonderregelungen zur Einbürgerung im Wortlaut weitgehend unverändert erst mit dem [X.] vom 30. Juli 2004 ([X.] I S. 1950) überführt. Nach dieser Entstehungsgeschichte gibt es für eine ungeschriebene Inkorporation des [X.] des § 9 Abs. 1 [X.] [X.] als Voraussetzung der [X.] keinen tragfähigen Anhaltspunkt. Eine qualitative Veränderung der Voraussetzungen des [X.] ist auch nicht mit der Eingliederung der bis Ende 2004 in den §§ 85 ff. [X.] geregelten und dann in §§ 10 ff. [X.] übernommenen [X.] "mit ihren speziellen Voraussetzungen" ([X.]T-Drs. 15/420 S. 116) verbunden gewesen; neben terminologischen und redaktionellen Anpassungen waren lediglich punktuelle Erleichterungen gewollt ([X.]T-Drs. 15/420 S. 116).

b) Die in § 9 Abs. 1 [X.] [X.] geforderte "Einordnung in die [X.] Lebensverhältnisse" ist - entgegen der Rechtsauffassung des Vertreters des [X.]undesinteresses bei dem [X.]undesverwaltungsgericht - nicht von dem [X.]ekenntnis zur freiheitlichen [X.] Grundordnung umfasst. Die Anforderungen und Rechtsfolgen, die im Einzelnen aus dem [X.]egriff der freiheitlichen [X.] Grundordnung folgen, ergeben sich im Detail aus dem systematischen Zusammenhang, in dem dieser [X.]egriff verwendet wird. Der [X.]egriff der freiheitlichen [X.] Grundordnung hat als Rechtsbegriff allerdings einen auf die Gestaltung der staatlichen Ordnung und ihres Handelns bezogenen [X.]egriffskern, der aus der Rechtsprechung des [X.]undesverfassungsgerichts und der einfachgesetzlichen Ausformung ableitbar ist und der auch einer an den Zwecken des Staatsangehörigkeitsrechts orientierten Auslegung Grenzen zieht.

aa) Der [X.]egriff der freiheitlichen [X.] Grundordnung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Die Rechtsordnung verwendet diesen [X.]egriff in unterschiedlichen Zusammenhängen und Regelungskontexten. Nach Art. 21 Abs. 2 [X.] sind Parteien verfassungswidrig, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen. Der Missbrauch bestimmter Grundrechte zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung führt zu deren Verwirkung (Art. 18 Satz 1 [X.]). § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.]VerfSchG macht u.a. die Sammlung und Auswertung von Informationen über [X.]estrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, zur Aufgabe der [X.]schutzbehörden des [X.]undes und der Länder. Die Zulassung zur Anwaltschaft ist u.a. zu versagen, wenn die antragstellende Person die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft (§ 7 Nr. 6 [X.]RAO). Im öffentlichen Dienstrecht müssen Ernennungsbewerber und [X.]eamte/Soldaten Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintreten (s. etwa § 7 Abs. 1 [X.], § 60 Abs. 1 [X.][X.]G, § 33 Abs. 1 Satz 3 [X.]eamtStG, §§ 8, 37 Abs. 1 [X.] SG, § 9 [X.] DRiG); bei Ruhestandsbeamten gilt als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.][X.]G, s.a. § 64 Abs. 1 [X.]eamtVG, § 58 Abs. 1 SVG). Das Aufenthaltsrecht sieht die Ausweisung eines Ausländers nach Abwägung von [X.] und [X.]leibeinteressen u.a. vor, wenn dessen Aufenthalt die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdet (§ 53 Abs. 1 [X.]). Nach § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 [X.] scheidet eine Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden bei konkreten Anhaltspunkten dafür aus, dass sich der Ausländer nicht zur freiheitlichen [X.] Grundordnung der [X.]undesrepublik [X.] bekennt. Die Aufenthaltserlaubnis bei nachhaltiger Integration setzt regelmäßig voraus, dass der Ausländer sich zur freiheitlichen [X.] Grundordnung der [X.]undesrepublik [X.] bekennt (§ 25b Abs. 1 Satz 2 [X.] [X.]). Die politische [X.]etätigung eines Ausländers ist zu untersagen, soweit sie die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der [X.]undesrepublik [X.] gefährdet (§ 47 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

bb) Der [X.]egriff der freiheitlichen [X.] Grundordnung wird bei seiner Verwendung durch den Gesetzgeber indes regelmäßig vorausgesetzt, aber nicht näher ausgeführt. Er hat nicht einen in allen Rechtsgebieten und für alle Anwendungsfälle einheitlichen [X.]edeutungsgehalt. Die Legaldefinition in § 4 Abs. 2 [X.]VerfSchG, die ihrerseits an die Rechtsprechung des [X.]undesverfassungsgerichts insbesondere zum Parteiverbotsrecht anknüpft (seit [X.]VerfG, Urteile vom 23. Oktober 1952 - 1 [X.]v[X.] 1/51 - [X.]VerfGE 2, 1 <12 ff.> und vom 17. August 1956 - 1 [X.]v[X.] 2/51 - [X.]VerfGE 5, 85 <199 ff.>; modifizierend Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 [X.]v[X.] 1/13 - [X.]VerfGE 144, 20 Rn. 535 ff.), zählt auf, was zur freiheitlichen [X.] Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählt, und nennt neben ausschließlich auf die Staatsorganisation bezogenen Grundsätzen ([X.]uchst. a bis f) die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte ([X.]uchst. g). Sie gilt indes nicht in anderen Rechtsgebieten. Allerdings umschreibt auch Nr. 10.1.1.1 der [X.] [X.]undesministeriums zum Staatsangehörigkeitsgesetz (VAH-[X.]MI ([X.]und)) die freiheitliche demokratische Grundordnung, zu denen sich ein Einbürgerungsbewerber zu bekennen hat, im Einklang mit Rechtsprechung und Literatur (s. [X.]erlit, in: [X.], Stand Oktober 2014, § 11 [X.] Rn. 108 ff.) in [X.] an diese gesetzliche Regelung. Die Aufzählung der [X.]grundsätze in § 92 Abs. 2 StG[X.], die strafrechtlich gegen [X.]eeinträchtigung oder Abschaffung geschützt sind, etwa beschränkt sich auf die direkt auf den Staat bezogenen Grundsätze und nennt nicht die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.

cc) Der [X.]egriffskern, der sich bereits nach [X.] ergibt, nimmt die Gestaltung der staatlichen Ordnung und ihres Handelns in den [X.]lick, nicht das (gesellschaftliche) Verhalten des Einbürgerungsbewerbers (s.a. nachfolgend c). Er begrenzt die Möglichkeiten der Auslegung und schließt aus, ihn mit aus übergeordneten Zwecksetzungen eines Regelungswerkes hergeleiteten Inhalten zu füllen, die von dem [X.]egriffskern nicht umfasst sind, ohne im Wortlaut einen hinreichenden Anhaltspunkt zu haben. Damit unvereinbar ist eine Auslegung, nach der eine der "Einordnung in die [X.] Lebensverhältnisse" im Sinne des § 9 Abs. 1 [X.] [X.] gleichartige [X.]indung des Individuums in seinem Verhalten besteht.

c) [X.]egriff und Konzept der freiheitlichen [X.] Grundordnung sind primär auf die staatliche Ordnung, deren Organisation und [X.] bezogen, und zwar auch, soweit sie die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte umfasst.

aa) [X.]ereits der [X.]egriff der "freiheitlichen [X.] Grundordnung" ist nicht auf das individuelle Verhalten des einzelnen Menschen bezogen. Er nimmt grundlegende Prinzipien vorrangig der Staatsordnung und den [X.]ereich der Gesellschaft allenfalls in dem Sinne nachrangig in den [X.]lick, als diese als Teil einer auf Freiheit gründenden Ordnung gesehen wird. Mit dem [X.]egriff der "Grundordnung" werden zudem nicht alle Elemente einer solchen Staatsordnung in den [X.]lick genommen, sondern allein die grundlegenden Prinzipien ("[X.]austeine") einer solchen Ordnung.

Dass es im [X.] um die Konstruktionsprinzipien einer freiheitlichen Staatsordnung, die auf [X.] Grundsätzen beruht und die Menschwürde und Freiheit ihrer [X.]ürger wahrt und achtet, und letztlich um die [X.]ewältigung dieser möglicherweise drohender Gefahren geht, unterstreicht auch die systematische Koppelung an die in [X.]ezug auf sicherheitsgefährdende [X.]estrebungen abzugebende Erklärung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 [X.]) und den Ausschlussgrund des § 11 [X.]. Als Rechtsbegriff steht die freiheitliche demokratische Grundordnung in einem engen Zusammenhang mit dem Grundsatz der "wehrhaften Demokratie", als dessen Synonym er verwendet wird (dazu die [X.]eiträge in: [X.] , [X.]. [X.]eiträge über die Regelungen zum Schutze der freiheitlichen [X.] Grundordnung, 2003).

Dass der Einbürgerungsbewerber durch seine Loyalitätserklärung seine innere Hinwendung zur [X.]undesrepublik [X.] dokumentiert ([X.]T-Drs. 14/533 S. 18), bestätigt, dass diese "innere Hinwendung" bezogen ist auf die [X.]undesrepublik [X.] als Staat (bzw. politisch verfasste [X.]) und dessen konstitutiven Merkmale, nicht hingegen auf die gesamte [X.]ordnung. Die Verpflichtung auf die Achtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte hat nach der [X.]funktion der Grundrechte, Abwehrrechte gegen den Staat zu sein, als [X.]ezugspunkt die staatliche Ordnung, nicht das individuelle Handeln des grundrechtsgeschützten Individuums. [X.]indungen der staatlichen Ordnung begründen auch die objektiven Grundrechtsgehalte (dazu knapp [X.], in: [X.] , [X.], 8. Aufl. 2018, vor Art. 1 Rn. 27 ff.), etwa die [X.] und die Schutzpflichten, welche die Integrität der grundrechtlich geschützten Rechtsgüter über das abwehrrechtliche Verbot unmittelbarer staatlicher Eingriffe dadurch zur Geltung bringen, dass sich der Staat schützend und fördernd vor das Grundrecht stellt, es vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer bewahrt oder die [X.]edingungen der Möglichkeit seiner Entfaltung schafft (dazu knapp [X.], in: [X.] , [X.], 8. Aufl. 2018, vor Art. 1 Rn. 35 ff.). Soweit die Grundrechte eine objektive Werteordnung bilden, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle [X.]ereiche des Rechts gilt und Richtlinien und Impulse für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung gibt (stRspr, seit [X.]VerfG, Urteil vom 15. Januar 1958 - 1 [X.]vR 400/51 - [X.]VerfGE 7, 198 <205>), bleibt dies bezogen auf die staatliche Gewalt (s.a. [X.], [X.] 2004, 1; Dreier, Dimensionen der Grundrechte. Von der Wertordnungsjudikatur zu den objektiv-rechtlichen Grundrechtsgehalten, 1993). Diese objektive Werteordnung bewirkt keine den Einzelnen unmittelbar verpflichtende Pflichtenordnung oder ein Gebot, die individuelle Lebensführung hieran auszurichten.

bb) Die Achtung einer derartig konstituierten freiheitlichen [X.] Grundordnung erfordert indes, dass der Einzelne - und auch der Einbürgerungsbewerber - die [X.]efugnis des demokratisch legitimierten Gesetzgebers zur Rechtsetzung vorbehaltlos akzeptiert, und zwar auch dann, wenn das staatliche Recht in Widerspruch zu (vermeintlichen oder tatsächlichen) religiösen Geboten steht. Die freiheitliche demokratische Grundordnung umfasst auch die religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates, der die Religionsfreiheit seiner [X.]ürger achtet und schützt, aber auf religiöse Legitimation verzichtet (eingehend Dreier, Staat ohne Gott, 2018, [X.] ff., passim). Der religiös-weltanschaulich neutrale Staat schafft durch Recht den Rahmen, in dem sich gesellschaftliches Leben und auch individuelle Religionsbetätigung entfaltet. Diese Ordnungsfunktion der freiheitlichen [X.] Ordnung kann nur dann wirksam werden, wenn der Primat staatlich gesetzten Rechts vor religiösen Geboten auch im Falle eines Konflikts uneingeschränkt bejaht wird. Dies erfordert insoweit mehr als einen bloßen "[X.]" unter [X.]eachtung insbesondere des Strafrechts, als es auch in [X.]ezug auf solche Regelungen gilt, die der Staat zum Schutz der Freiheitsbetätigung seiner [X.]ürger und ihres gleichen Ranges und Würde, etwa der Gleichberechtigung der Geschlechter oder des Schutzes individuell freier Willensbetätigung, geschaffen hat.

cc) Innerhalb des so gezogenen Rahmens schützt die freiheitliche demokratische Grundordnung indes die freie Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung, also die Summe formell und materiell verfassungsmäßiger Rechtssätze, oder das [X.], verstanden als ethische Normen von solcher [X.], dass sie dem staatlichen Recht als unverfügbare überpositive Normen vorgegeben sind ([X.], in: [X.] , [X.], 8. Aufl. 2018, Art. 2 Rn. 96), verstößt.

d) Nach diesen Grundsätzen steht die vom Kläger in [X.] geschlossene Zweitehe einem wirksamen [X.]ekenntnis zur freiheitlichen [X.] Grundordnung nicht entgegen.

aa) Der Kläger hat allerdings die Einehe als wesentliches Institut der von Art. 6 Abs. 1 [X.] geschützten Ehe nicht beachtet. Insoweit wird er indes unmittelbar aus Art. 6 Abs. 1 [X.] auch nicht gebunden; Art. 6 Abs. 1 [X.] enthält insbesondere keine grundrechtsunmittelbare Grundpflicht, auf eine Zweit- oder [X.] zu verzichten. Er hat diese Zweitehe nach in [X.] geltendem Recht wirksam geschlossen und auch nicht gegen die zum Schutz der Einehe geschaffene Strafnorm des § 172 StG[X.] verstoßen. Diese Zweitehe bedeutete selbst bei einem auf Freiwilligkeit gründenden polygamen Zusammenleben im [X.]undesgebiet keinen [X.] ([X.]VerwG, Urteil vom 30. April 1985 - 1 [X.] 33.81 - [X.]VerwGE 71, 228 <230 f.>). Die Ehe wird - wie das [X.]erufungsgericht zutreffend ausgeführt hat ([X.] ff.) - im Rahmen des ordre public als im [X.]undesgebiet wirksam anerkannt (s.a. [X.]oster/[X.]oester-Waltjen, [X.], 1618 <1624 f.>). Kinder aus einer solchen Ehe werden als eheliche Kinder betrachtet ([X.]VerwG, Urteil vom 30. April 1985 - 1 [X.] 33.81 - [X.]VerwGE 71, 228 <231 f.>) und genießen jedenfalls den Familienschutz aus Art. 6 Abs. 1 [X.] (von [X.], in: [X.] , [X.], 8. Aufl. 2018, Art. 6 Rn. 7). Insoweit hat der Kläger das in [X.] geltende Recht beachtet. Die Ausnutzung etwaiger Lücken im rechtlichen Schutz des Prinzips der Einehe als solche ist kein Handeln, das auf eine Missachtung der freiheitlichen [X.] Grundordnung im vorbezeichneten Sinne schließen lässt.

bb) Eine Zweit- oder Mehrfachehe ist namentlich dann, wenn sie [X.] erlaubt ist, Ausdruck eines vormodernen, die Gleichberechtigung der Geschlechter missachtenden Ehemodells. Gerade dies rechtfertigt und gebietet dem Gesetzgeber des Grundgesetzes, auch jenseits der aus Art. 6 Abs. 1 [X.] folgenden institutionellen Garantie an dem Verbot der [X.] festzuhalten. Die Schließung einer Zweitehe in dem rechtlich möglichen Umfang stellt indes nicht die [X.]efugnis des Gesetzgebers zum Verbot der [X.] und zum Schutz der Einehe grundsätzlich infrage. Allein im Abschluss einer Zweitehe liegt keine Handlung, die darauf zielt, dieses Verbot grundlegend infrage zu stellen, oder die auf dessen Aufhebung gerichtet ist; dies folgt auch nicht aus dem [X.], der bei [X.]ekanntwerden einer solchen Zweitehe entstehen mag, und einem damit etwa verbundenen Demonstrativcharakter. Zunächst einmal ist eine - allzumal im Ausland - geschlossene Zweitehe dem [X.]ereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen.

cc) Mit dem Abschluss einer Zweitehe hat sich der Kläger für ein unserer Rechtsordnung prinzipiell fremdes, die Rechte von Frauen [X.] entschieden. Nicht zu vertiefen ist, ob dies für das [X.] Eherecht insgesamt (dazu Daghles, Die Kompatibilität [X.]r Staatsauffassungen mit der freiheitlich [X.] Grundordnung, 2010, [X.]; [X.], [X.] 2002, 321; [X.], [X.], 1) oder die von dem Kläger konkret geführten Ehen gilt. Das [X.] Recht eröffnet in Fällen, in denen eine Zweitehe ungeachtet des Eheverbots des § 1306 [X.]G[X.] bei bestehender Ehe geschlossen worden ist, nach § 1314 Abs. 1 [X.]G[X.] eine Aufhebungsmöglichkeit; antragsberechtigt sind neben der zuständigen Verwaltungsbehörde, die von diesem Recht hier keinen Gebrauch gemacht hat, in den Fällen des § 1306 [X.]G[X.] auch die dritte Person - also die erste Ehefrau (§ 1316 Abs. 1 Nr. 1 [X.]G[X.]). Diese Regelungen unterstreichen, dass eine Zweit- oder Mehrfachehe nicht ipso jure nichtig ist. Sie zielen darauf, der [X.]eeinträchtigung der Rechte von Ehepartnern nach [X.]m Eheverständnis ausgeschlossener Zweit- oder Mehrfachehen entgegenzuwirken und lassen im [X.] Rechtsraum Raum für eine Durchsetzung des Gleichberechtigungsgrundsatzes.

Die Ausgestaltung als antragsabhängiges Aufhebungsrecht verlagert allerdings die Aufhebungsverantwortung bei der nach [X.]m Rechtsverständnis [X.] eröffneten [X.] auf die Ehefrauen und überlässt ihnen die Entscheidung, ob und wann sie insoweit tätig werden wollen. Dies kann insbesondere in Fällen problematisch sein, in denen diese Ehegatten selbst traditionalistischen [X.] verhaftet oder sonst nicht in der Lage sind, die ihnen durch den [X.] Gesetzgeber eröffneten Rechte auch wahrzunehmen. Diese tatsächlichen Voraussetzungen der Rechtswahrnehmung kann der Gesetzgeber als solche indes nicht beeinflussen; die Antragsbefugnis auch der Verwaltungsbehörde bietet hier normativ zusätzlich Schutz.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger dieses antragsgebundene Aufhebungsrecht grundsätzlich in Abrede stellte oder er einen antragsberechtigten Ehegatten in unzulässiger Weise von der Wahrnehmung dieses Rechts abgehalten hätte, sind hier weder tatrichterlich festgestellt noch vorgetragen oder sonst ersichtlich.

dd) Einen Verstoß gegen das [X.] im Sinne des Art. 2 Abs. 1 [X.] oder gegen die Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 [X.]) als Ausgangspunkt der freiheitlichen [X.] Grundordnung, der insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit umfasst ([X.]VerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 [X.]v[X.] 1/13 - [X.]VerfGE 144, 20 Rn. 538 f.), ist wegen der begrenzten Anerkennung einer im Ausland wirksam geschlossenen Zweitehe auch im [X.]undesgebiet, der Möglichkeit ihres Schutzes durch Art. 6 Abs. 1 [X.] selbst sowie der Aufhebungsmöglichkeit nach den §§ 1306, 1314 Abs. 1 und § 1316 Abs. 1 Nr. 1 [X.]G[X.], die auch den potentiell in ihrer personalen Identität bedrohten Ehepartnern zusteht, im Ergebnis ebenfalls auszuschließen.

e) De lege [X.] steht mithin das nicht strafbare, rechtswirksame Eingehen einer Zweit- oder Mehrfachehe im Ausland der [X.] nach § 10 [X.] nicht deswegen entgegen, weil es ein wirksames [X.]ekenntnis zur freiheitlichen [X.] Grundordnung ausschließt. Der Gesetzgeber hat indes bei der Ausgestaltung der [X.] völker- und verfassungsrechtlich einen weiten Gestaltungsspielraum. De lege ferenda steht es ihm frei, den [X.] von weiteren Voraussetzungen abhängig zu machen und diesen insbesondere bei bestehender [X.] auszuschließen. Dies kann er etwa durch die Ergänzung der [X.] um das Erfordernis der Gewährleistung des [X.] in die [X.] Lebensverhältnisse oder die Schaffung eines [X.] regeln, der ausdrücklich auch auf Fälle einer Missachtung des Grundsatzes der Gleichberechtigung von [X.] und Frau erstreckt werden kann.

3. Der [X.] kann mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen zu den Einkommensverhältnissen des [X.] nicht feststellen, ob dem Kläger im [X.]punkt der Rücknahme ein [X.] zustand, der bei der Ermessensentscheidung über die Rücknahme zu berücksichtigen war, oder ob einem solchen Anspruch das Lebensunterhaltssicherungserfordernis des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] entgegenstand. Nur bei bestehendem [X.] wirkte sich der Umstand aus, dass die [X.]eklagten diesen fehlerhaft schon wegen § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] verneint und insoweit einen Ermessensfehler begangen hat.

a) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] erfordert eine Einbürgerung, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem [X.] oder Zwölften [X.]uch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat. Das [X.]erufungsgericht hat zwar ausgeführt, dass der Kläger im [X.]punkt seiner Einbürgerung (2010) auch die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] erfüllt habe ([X.]). Es fehlen indes tragfähige Feststellungen zu dem hier maßgeblichen [X.]punkt der letzten behördlichen Entscheidung. In dem Widerspruchsbescheid des [X.] vom 7. März 2014 wurde als fraglich bezeichnet, "ob die weiteren, insbesondere wirtschaftlichen [X.] vorliegen und er den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen nachhaltig sichern kann".

[X.]ei seinen ergänzenden Feststellungen wird das [X.]erufungsgericht auch zu berücksichtigen haben, dass neben der bereits im [X.]undesgebiet lebenden, aus der Zweitehe hervorgegangenen Tochter auch die in [X.] geehelichte [X.]. in den [X.]lick zu nehmen ist, wenn und weil bei der im [X.]punkt der Rücknahme vorzunehmenden prognostischen [X.]etrachtung damit zu rechnen war, dass sie in einem überschaubaren [X.]raum im [X.]undesgebiet leben werde und von dem Kläger zu unterstützen sei ([X.]VerwG, Urteil vom 28. [X.]i 2015 - 1 [X.] 23.14 - [X.]VerwGE 152, 156 Rn. 23; s.a. [X.]erlit, in: [X.], Stand November 2015, § 10 [X.] Rn. 240 f.).

b) Eine Zurückverweisung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil feststünde, dass die Rücknahme der Einbürgerung hier mit Unionsrecht unvereinbar wäre. Dies ist nicht der Fall. Nach der Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 2. März 2010 - [X.]-135/08 -) verstößt es nicht gegen das Unionsrecht, wenn ein Mitgliedstaat einem Unionsbürger die durch Einbürgerung erworbene Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats wieder entzieht, falls die Einbürgerung durch Täuschung erschlichen wurde, vorausgesetzt, dass die Rücknahmeentscheidung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt; dabei ist insbesondere zu prüfen, ob dieser Verlust gerechtfertigt ist im Verhältnis zur Schwere des vom [X.]etroffenen begangenen Verstoßes, zu der [X.], die zwischen der Einbürgerungsentscheidung und der Rücknahmeentscheidung vergangen ist, und zur Möglichkeit für den [X.]etroffenen, seine ursprüngliche Staatsangehörigkeit wiederzuerlangen (ebd., Rn. 56). Für eine Verletzung des unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist jedenfalls dann nichts ersichtlich, wenn zugunsten des [X.] im Rücknahmezeitpunkt kein [X.] bestand, zumal der Kläger seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht aufgegeben hatte, er mithin durch die Rücknahme der durch unzureichende Angaben erwirkten rechtswidrigen Einbürgerung nicht staatenlos würde, und nach [X.]ßgabe der §§ 27 ff., 38 [X.] die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu prüfen ist, mithin eine aufenthaltsrechtlich erzwungene Trennung von seiner Familie und insbesondere von seiner Ehefrau und Kindern [X.]r Staatsangehörigkeit nicht vorgezeichnet ist.

4. [X.] bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Meta

1 C 15/17

29.05.2018

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 25. April 2017, Az: 12 S 2216/14, Urteil

§ 16 Abs 1 AufenthG, § 25a Abs 1 S 1 Nr 5 AufenthG, § 25b Abs 1 S 2 Nr 2 AufenthG, § 28 Abs 1 AufenthG, § 47 Abs 2 Nr 1 AufenthG, § 53 Abs 1 AufenthG, § 1306 BGB, § 1314 Abs 1 BGB, § 1316 Abs 1 Nr 1 BGB, § 33 Abs 1 S 3 BeamtStG, Art 1 Abs 1 GG, Art 18 S 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 21 Abs 2 GG, Art 3 Abs 2 GG, Art 6 Abs 1 GG, § 10 Abs 1 RuStAG, § 10 Abs 1 S 1 Nr 1 RuStAG, § 35 Abs 1 RuStAG, § 9 Abs 1 RuStAG, § 172 StGB, § 92 StGB, § 114 S 2 VwGO, § 137 Abs 1 Nr 1 VwGO, § 137 Abs 2 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29.05.2018, Az. 1 C 15/17 (REWIS RS 2018, 8548)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8548


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 4 BN 40/18

Bundesverwaltungsgericht, 4 BN 40/18, 26.11.2019.


Az. 1 C 15/17

Bundesverwaltungsgericht, 1 C 15/17, 29.05.2018.


Az. 2 BvR 2231/18

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 2231/18, 22.05.2019.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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