Landgericht Frankfurt, Beschluss vom 15.10.2020, Az. 2-03 O 356/20

3. Zivilkammer | REWIS RS 2020, 4446

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Gegenstand

Unterlassungsanspruch wegen rechtswidriger Datenverarbeitung, Anwendbarkeit der §§ 823, 1004 BGB analog


Leitsatz

1. Der Betroffene einer rechtswidrigen Datenverarbeitung (außerhalb des journalistisch-redaktionellen Bereichs) kann datenschutzrechtliche Ansprüche im Wege des Unterlassungsanspruchs geltend machen. Solche Ansprüche sind nicht durch Art. 79 DSGVO gesperrt.

2. Die fehlende Deckungsgleichheit von Abmahnung und Antragsschrift im einstweiligen Verfügungsverfahren führt nicht zur Zurückweisung des Antrags, sondern nur zu einer Anhörungsobliegenheit des Gerichts.

Tenor

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung – wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung – bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,00 [X.], ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an seinem Vorstand, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

personenbezogene Daten über die Antragstellerin, die im Zusammenhang mit ihrem Mietverhältnis zum Antragsgegner stehen, zu verbreiten / verbreiten zu lassen,

wenn dies geschieht wie durch das öffentliche Aushängen des Mietvertrags zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner durch [X.] in der Versammlung des [X.] [X.] in der [X.] in [X.].

Die Kosten des Eilverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

[X.] wird auf € 10.000,- festgesetzt.

Gründe

1

Der Beschluss beruht auf den §§ 823, 1004 [X.]. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 6 Abs. 1, 79 [X.], §§ 3, 32, 91, 890, 935 ff. ZPO, 53 Abs. 1 GKG i.V.m. den Angaben in der Antragsschrift.

2

Die Kammer geht insoweit davon aus, dass der Betroffene auch datenschutzrechtliche Ansprüche im Wege des Unterlassungsanspruchs geltend machen kann und solche Ansprüche nicht durch Art. 79 [X.] gesperrt sind (vgl. auch [X.], [X.]. v. 13.09.2018 – 2-03 O 283/18, [X.], 587; [X.], [X.]. v. 26.05.2020 – 13 O 244/19; [X.]/[X.]/[X.], Art. 21 Rn. 5; [X.]/[X.]/Bergt, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 79 Rn. 1, 15a; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], 4. Aufl. 2019, DS-GVO Art. 79 Rn. 17; [X.]/[X.]/[X.], 2. Aufl. 2018 Rn. 12, DS-GVO Art. 79 Rn. 12; [X.], 4. Aufl. 2017, § 35 Rn. 259). Der Antragsgegner kann sich für die Verwendung der Daten auch nicht auf einen der Gründe in Art. 6 Abs. 1 [X.] berufen. Der Aushang der Daten des Mietvertrags ist nicht vom Vertragszweck nach Art. 6 Abs. 1 lit. b) [X.] gedeckt. Dass der Antragsgegner sich auf ein berechtigtes Interesse nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) [X.] berufen könnte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

3

Soweit der Antragsgegner in seiner Stellungnahme im Rahmen der schriftlichen Anhörung anführt, dass Abmahnung und Antragsschrift nicht deckungsgleich seien, was nach Auffassung der Kammer zutrifft, führt dies im hiesigen Fall nicht zur Zurückweisung des Antrags, sondern nur zu einer – von der Kammer erfüllten – Anhörungsobliegenheit des Gerichts.

4

Der Verfügungsgrund der Dringlichkeit ist gegeben. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass sie am 24.08.2020 Kenntnis vom Verstoß durch den Antragsgegner erhalten hat. Ein Zuwarten, das die Dringlichkeit widerlegen würde, ist nach den von der hiesigen Kammer und dem zuständigen [X.] anzulegenden Maßstäben insoweit nicht anzunehmen.

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Meta

2-03 O 356/20

15.10.2020

Landgericht Frankfurt 3. Zivilkammer

Beschluss

Sachgebiet: O

Art. 6 DSGVO, Art. 79 DSGVO, § 823 BGB, § 1004 BGB

Zitier­vorschlag: Landgericht Frankfurt, Beschluss vom 15.10.2020, Az. 2-03 O 356/20 (REWIS RS 2020, 4446)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 4446

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