Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.05.2012, Az. 3 StR 178/12

3. Strafsenat | REWIS RS 2012, 5906

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln: Beihilfe durch Nichtstun und durch Begleitung des Haupttäters


Tenor

1. Der Angeklagten wird nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 25. Oktober 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt die Angeklagte.

3. Damit ist der Beschluss des [X.] vom 25. Januar 2012, mit dem die Revision der Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, gegenstandslos.

4. Auf die Revision der Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.

5. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagte wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung verhängter Geldstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt und ihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die dagegen gerichtete und auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat mit der Sachbeschwerde Erfolg.

2

1. Nach den Feststellungen begleitete die Angeklagte im Fall [X.] 1. der Urteilsgründe den nicht revidierenden Mitangeklagten [X.]    , mit dem sie befreundet war, bis zur [X.]. [X.]     begab sich zu Fuß in die [X.] und erwarb dort 130 Gramm eines Heroingemischs. Anschließend rief er die Angeklagte, die auf [X.] Seite auf ihn wartete, an, um zu erfahren, ob sich Bedienstete des [X.] Zolls in der Nähe befänden. Die Angeklagte, die nicht wollte, dass [X.]     "vom Zoll aufgegriffen und die Einfuhr der Betäubungsmittel verhindert werde", fasste "spätestens in diesem Moment den Entschluss, ihn zu warnen, sollte der Zoll vorbeigefahren oder noch in der Nähe sein. Da dies nicht der Fall war, musste sie keine entsprechende Warnung aussprechen". Dies verstand - wie der Angeklagten bewusst und von ihr gewollt - [X.]     "als Entwarnung". Teilmengen betreffend telefonierte die Angeklagte nach der gemeinsamen Rückkehr mit zwei Abnehmern.

3

Im Fall [X.] 3. der Urteilsgründe beschaffte [X.]     erneut 140 Gramm eines Heroingemischs in den [X.]n, von dem er 110 Gramm gewinnbringend an Abnehmer weiterveräußerte. Die Angeklagte, die "grundsätzlich dazu bereit" war, einem Abnehmer einen nicht näher bestimmten Teil des Gemischs zu übergeben, lehnte das Ansinnen des [X.]     ab, die Betäubungsmittel in dessen Abwesenheit dem Abnehmer aus dem Fenster zuzuwerfen, da sie deren Verlust fürchtete. Mit einem anderen Abnehmer besprach sie in Abwesenheit des [X.]     einen Rückruf in dem Bestreben, [X.]     bei dem "gewinnbringenden Absatz" der ihr "bekannten Gesamtmenge" zu unterstützen.

4

2. Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht.

5

a) Den Urteilsgründen ist im Fall [X.] 1. nicht zu entnehmen, dass die Angeklagte die Einfuhr von Betäubungsmitteln durch [X.]      mittels aktiven Tuns gefördert hätte. In dem Schweigen auf die Frage, ob sich Bedienstete des Zolls in der Nähe befänden, liegt für sich keine aktive Hilfeleistung. Eine Abrede zwischen der Angeklagten und [X.]     des Inhalts, die Unbedenklichkeit eines Grenzübertritts durch ein Schweigen auf eine entsprechende Nachfrage zu kommunizieren, belegen die Urteilsgründe nicht, zumal das [X.] ausdrücklich festgestellt hat, die Angeklagte habe spätestens - und damit zu ihren Gunsten zu unterstellen erst - anlässlich des Anrufs des [X.]     (also in dessen Abwesenheit) den Entschluss gefasst, ihn - sofern nötig - zu warnen.

6

Dass die Angeklagte um [X.] des [X.]     wusste und es billigte, genügt für die Annahme einer Beihilfe zu seiner Tat nicht; denn die Billigung der Tat ist nur dann ein als [X.] zu wertendes Handeln, wenn sie gegenüber dem Täter zum Ausdruck gebracht und dieser dadurch in seinem Tatentschluss oder in seiner Bereitschaft, ihn weiter zu verfolgen, bestärkt wird ([X.], Beschluss vom 3. Mai 1996 - 2 [X.], [X.]R StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleistung 17). Beides ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Die bloße Begleitung des [X.]     rechtfertigt die Annahme einer Hilfeleistung durch die Angeklagte nicht ([X.], Beschluss vom 17. Dezember 1993 - 2 [X.], [X.]R StGB § 27 Abs. 1 [X.] 12; Beschluss vom 23. Oktober 1996 - 2 [X.], [X.]R StGB § 27 Abs. 1 [X.] 18; Beschluss vom 17. November 2009 - 3 [X.], [X.]R BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 42).

7

Eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Beilhilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch Unterlassen würde voraussetzen, dass sie rechtlich dazu verpflichtet gewesen wäre, die Einfuhr des Heroingemischs durch [X.]     zu unterbinden (§ 13 Abs. 1 StGB). Eine solche Rechtspflicht lässt sich aus den Feststellungen nicht ableiten.

8

b) Im Fall [X.] 3. der Urteilsgründe ergibt sich nicht, dass das Handeltreiben des [X.]     mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch die Weigerung der Angeklagten, einen Teil des Gemischs mittels eines Wurfs aus einem Fenster an einen Abnehmer weiterzugeben, oder die Vereinbarung eines Rückrufs mit einem weiteren Abnehmer - wie für die Anwendung des § 27 Abs. 1 StGB erforderlich (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 27 Rn. 14 mwN) - erleichtert oder gefördert wurde. Im Übrigen hat das [X.] übersehen, dass einem Gehilfen, der nur einen Teil der zu einer Bewertungseinheit verbundenen Veräußerungsgeschäfte des [X.] fördert, nur im Umfang seiner Tatbeiträge ein Schuldvorwurf gemacht werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 [X.], [X.], 451; Urteil vom 11. Dezember 2003 - 3 [X.], [X.]R BtMG § 29 Bewertungseinheit 22; Beschluss vom 6. Dezember 2011 - 3 StR 393/11, [X.], 286).

9

3. Mit dem Schuldspruch unterliegen die verhängten Einzelstrafen, die Gesamtstrafe und die Entscheidung über die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt samt den zugehörigen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) der Aufhebung.

[X.]     

     Pfister     

Hubert

Ri[X.] Dr. Schäfer befindet
sich im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.

[X.]

Menges     

Meta

3 StR 178/12

31.05.2012

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Wuppertal, 25. Oktober 2011, Az: 22 KLs 22/11

§ 27 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.05.2012, Az. 3 StR 178/12 (REWIS RS 2012, 5906)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5906

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 178/12 (Bundesgerichtshof)


3 StR 285/21 (Bundesgerichtshof)

Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln: Mitfahrt als Beifahrer in einem Kurierfahrzeug


3 StR 445/20 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Mitsichführen einer Schusswaffe oder eines …


1 StR 231/16 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Voraussetzungen einer Anstiftungshandlung; Bezugsgegenstand der Anstiftung; Bestimmen …


2 StR 64/20 (Bundesgerichtshof)

Voraussetzungen einer Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.