Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.05.2017, Az. VI ZR 266/16

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10913

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:160517UVIZR266.16.0

Berichtigt durch

Beschluss vom 25.07.2017

Böhringer-Mangold, Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM [X.] [X.]S VOLKES

URTEIL
VI [X.]

Verkündet am:

16. Mai 2017

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB § 823 Abs. 2 Be, Bf; [X.] § 1 Abs. 1, § 32 Abs. 1, § 54 Abs. 1; StGB § 17 Satz 1
a)
Ist das Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 Satz 1 StGB eine Strafnorm, so muss der Vorsatz nach strafrechtlichen Maßstäben beurteilt werden. Dies gilt auch, falls das verletzte Schutzgesetz selbst keine Strafnorm ist, seine Missachtung aber unter Strafe gestellt wird. Führt ein unvermeidbarer [X.] gemäß § 17 Satz 1 StGB zur Schuldlosigkeit, so schließt dies auch eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB aus ([X.], Urteile vom 15. Mai 2012 -
VI [X.], [X.], 3177; vom 10.
Juli 1984
-
VI [X.], NJW 1985, 134).

b)
Hält der Täter des § 54 [X.] seine Geschäfte für rechtlich zulässig und nicht erlaubnispflichtig, so stellt dies aus strafrechtlicher Sicht einen Verbotsirrtum (§ 17 StGB) dar ([X.], Urteil vom 15. Mai 2012 -
VI [X.], [X.], 3177).

c)
Zur Vermeidbarkeit eines Verbotsirrtums (§ 17 Satz 1 StGB) bei anwaltlicher Beratung.

[X.], Urteil vom 16. Mai 2017 -
VI [X.] -
LG [X.]

[X.]
-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
16. Mai 2017
durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterin von [X.], [X.] und Dr. Allgayer
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird
das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 25. Mai 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger nimmt die [X.]n wegen Mitwirkung an einem unerlaubten Bankgeschäft
auf Schadensersatz
in Anspruch.
Die als "Treuhandgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft mbH"
firmie-rende [X.] zu 2, deren Geschäftsführer der [X.] zu 1 ist, schloss
als "Auftragnehmer"
mit der E.-Aktiengesellschaft als "Auftraggeber"
einen "Ge-schäftsbesorgungsvertrag". In diesem heißt es unter "I. Präambel":
"Der Auftraggeber beabsichtigt, bei [X.] ("[X.]") durch Ausgabe von [X.]en ("[X.]") [X.]ital aufzunehmen ("Beteiligungskapital"), um aus diesem Beteiligungskapital Darlehen an anderweitigen Anlage des [X.], wird eine Rendite erzielt 1
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werden, die an die Erwerber der [X.]e weitergereicht werden soll.
Die Parteien beabsichtigen weiterhin, den Auftragnehmer in die Verwal-tung des [X.] einzubinden und schließen dafür diesen Geschäftsbesorgungsvertrag. Die Parteien stellen bereits an dieser Stel-le klar, dass der Auftragnehmer nur die in diesem Vertrag ausdrücklich geregelten Pflichten und diese ausschließlich gegenüber dem Auftrag-geber übernimmt."
Die [X.] zu 2 verpflichtete sich, ein Bankkonto bei einer als Zoll-
und Steuerbürgin zugelassenen Bank einzurichten, Zahlungen der [X.] entgegenzunehmen, Zahlungen an mitgeteilte Zahlungsempfänger aus-zukehren sowie die Genussscheine abzurufen
und zu versenden.
In die Prüfung dieses [X.] war ein [X.] einbezogen. Dieser übersandte dem [X.]n zu 1 durch E-Mail
einen Vertragsentwurf
und teilte unter Bezugnahme auf persönliche Unterredungen mit, dass die Zeichner schriftlich auf ihr gesetzliches Widerrufsrecht hingewie-sen werden müssten.
Der Kläger zeichnete
im März 2007
Genussscheine
und entrichtete den [X.]. In den "Genussrechtsbedingungen"
heißt es:
"Die Forderungen aus den [X.] treten gegenüber allen an-deren Ansprüchen von Gläubigern gegen

im Rang zurück. Im Falle der Liquidation oder der Insolvenz der Gesellschaft werden die Genuss-scheine nach anderen Gläubigern vorrangig vor den [X.] bedient. Die Genuss-Rechte begründen keinen Anspruch auf Teilnahme am [X.] im Falle der Auflösung der Gesellschaft."
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-

4

-

Die E.-Aktiengesellschaft verfügte nicht über eine Erlaubnis der Bundes-anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ([X.]). Der Initiator der [X.]italanlage wurde rechtskräftig wegen Betrugs in Tateinheit mit Verstoß gegen das Kredit-wesengesetz ([X.])
zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Das Amtsgericht hat die auf Schadensersatz (Zug um Zug gegen Über-tragung der Genussrechte) gerichtete Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Re-vision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger
keinen Anspruch gegen die [X.]n wegen Beihilfe zu einem unerlaubten Bankgeschäft.
[X.] handle es sich bei der Geschäftsbesorgung (Entgegennahme und Weiter-leitung von [X.] des [X.])
der [X.]n um eine Beihilfehandlung zu einem unerlaubten Bankgeschäft. Die Ausgabe von verzinslichen Genuss-scheinen durch die E.-Aktiengesellschaft sei
als Annahme unbedingt rückzahl-barer Gelder ein Einlagengeschäft, da eine unbedingte Rückzahlbarkeit nur durch einen qualifizierten Rangrücktritt ausgeschlossen werde. Hier sei lediglich ein einfacher Rangrücktritt vereinbart. Der [X.] zu
1 habe als [X.] der [X.]n zu 2 die mangels Erlaubnis unerlaubte Geschäftstätigkeit objektiv gefördert, indem er die Einlage des [X.] entgegengenommen habe. Er habe auch vorsätzlich gehandelt, was sich die [X.] zu 2 zurechnen [X.] müsse. Insbesondere habe er den Businessplan und das [X.] einschließlich der Formulierung der Nachrangklausel und die Tatsachen, 6
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die die Erlaubnispflicht begründeten,
gekannt. Ihm
sei auch bekannt gewesen, dass eine Erlaubnis der [X.] tatsächlich nicht erteilt gewesen sei.
Bei der [X.] handle es sich nicht um ein neutrale, berufstypische Tätigkeit, da das Handeln der [X.]n zu 2 integraler Bestandteil des [X.] gewesen sei und jedenfalls der [X.] zu 1 gewusst habe, dass die Begebung der Genussscheine allein auf den unerlaubten Betrieb eines Bankgeschäfts abgezielt habe.
Hierzu genüge, dass der [X.] zu 1 die [X.] gekannt habe, aus denen sich die Strafbarkeit ergeben habe.
Der [X.] könne sich jedoch auf einen "den Vorsatz ausschließenden Verbotsirrtum"
berufen. Die [X.]n hätten durch die Beauftragung des
Rechtsanwalts ausreichende Erkundigungen eingezogen. Eine Anfrage bei der Erlaubnisbehörde sei nicht zwingend. Die [X.]n hätten den [X.] an den Rechtsanwalt nicht näher [X.] müssen. Soweit der [X.] nicht unzweideutig zu erkennen gebe, dass er des Rats nur in einer bestimmten Richtung bedürfe, sei der Rechtsanwalt zu einer umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung verpflichtet. Selbst bei einem einge-schränkten Mandat habe der Rechtsanwalt den Mandanten zu warnen, wenn sich bei ordnungsgemäßer Bearbeitung Gefahren aufdrängten und Grund zu der Annahme bestehe, dass sich der Mandant dessen nicht bewusst sei. Hier habe sich aus der Präambel des [X.] ergeben, dass die Tätigkeit im Rahmen eines [X.]s stattfinden sollte, das die Ausga-be
von Genussscheinen vorgesehen habe. Bei dieser Sachlage hätten
die [X.] davon ausgehen dürfen, dass ein mit der Prüfung beauftragter Rechts-anwalt auch untersuche, ob das [X.] als solches erlaubnispflichtig sei, oder zumindest darauf hinweise, dass er dies mangels ausreichender Speziali-sierung nicht beurteilen könne, da anderenfalls die Gefahr der Begehung einer Straftat oder der Teilnahme hieran auf der Hand läge. Bedenken habe der Rechtsanwalt nicht geäußert. Da die umfassende Beauftragung die Regel sei, 9
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-

habe es einer nähren Substantiierung des [X.] nicht bedurft. [X.] hätte der Kläger einen abweichenden Ablauf schlüssig vortragen und un-ter Beweis stellen müssen. Sein Bestreiten -
gleich ob einfach oder mit Nicht-wissen
-
genüge insoweit nicht. Eine nur eingeschränkte Beauftragung könne
auch nicht im Rückschluss aus dem Prüfergebnis abgeleitet werden. Es sei zwar zutreffend, dass die vorgelegten Unterlagen im Vergleich zu anderen im Geschäftsverkehr gebräuchlichen Emissionsprospekten für eine fachkundige Person einen unprofessionellen und unvollständigen Eindruck erweckten.
Auch treffe es zu, dass bei Lektüre eines einschlägigen Kommentars zumindest die Problematik der Erlaubnispflicht schnell aufzufinden sei. Aus dem Umstand, dass der Rechtsanwalt dies nicht zum Anlass für eine Warnung oder [X.] nähere Erläuterung genommen habe, könne aber nicht der Schluss auf einen eingeschränkten Prüfauftrag gezogen werden.

II.
Die Revision ist statthaft. Es ist unerheblich, ob -
wie die Revisionserwi-derung meint
-
die Zulassungsvoraussetzungen (§
543 Abs.
2 Satz 1 ZPO) nicht vorgelegen haben. Gemäß §
543 Abs.
2 Satz 1 ZPO ist das Revisionsge-richt an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

III.
Die Zurückweisung der Berufung
gegen das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auf der [X.] der bislang getroffenen Feststellungen kann ein Schadensersatzanspruch gegen
den [X.]n zu 1 nach §
823 Abs.
2
BGB
in Verbindung mit §§
1 10
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7

-

Abs.
1 Satz 1 und 2 Nr.
1
Alt. 2, §
32 Abs.
1 Satz 1, §
54 Abs.
1 Nr. 2 [X.] und §
14 Abs.
1 Nr. 1, §
27 StGB beziehungsweise
§
830 Abs.
1 Satz 1, Abs.
2 BGB sowie
gegen die [X.] zu 2 in Verbindung mit
§
31 BGB nicht verneint wer-den.
Die getroffenen Feststellungen tragen weder die Annahme
des Berufungs-gerichts, der [X.] zu 1 sei einem Verbotsirrtum unterlegen, noch dass
die-ser unvermeidbar gewesen sei.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon
ausgegangen, dass §
32 Abs.
1 Satz 1 [X.] ein Schutzgesetz im Sinne von §
823 Abs.
2 BGB darstellt (Senat, Urteile vom 19.
März 2013 -
VI
ZR 56/12, [X.]Z 197, 1 Rn. 11 [X.]; vom 7.
Juli 2015 -
VI
ZR 372/14, NJW-RR 2015, 1144 Rn. 25, auch zum Schutz-zweck bei Einlagengeschäften).
Weiter tragen die
getroffenen Feststellungen die Annahmen des [X.], dass die E.-Aktiengesellschaft
ohne Erlaubnis ein
Bankgeschäft (Einlagengeschäft) betrieben habe

1 Abs.
1 Satz
1 und 2 Nr. 1
Alt.
2,
§
32 Abs.
1 Satz
1 [X.]), was gemäß
§
54 Abs. 1 Nr.
2 [X.]
strafbar sei,
und
dass
der [X.] zu 1
dazu objektiv Beihilfe
geleistet
habe

823 Abs.
2 BGB, §
14 Abs.
1 Nr. 1, §
27 Abs.
1 StGB bzw. §
830 Abs.
1 Satz 1, Abs.
2 BGB; vgl. zur Hilfeleistung iSv §
27 Abs.
1 StGB
etwa Senat, Urteil vom 10.
Juli 2012 -
VI
ZR 341/10, [X.]Z 194, 26 Rn.
15).
Dabei
hat
das Berufungsgericht zu Recht
angenommen, dass Genuss-rechte nur dann keine "anderen
unbedingt rückzahlbaren
Gelder" im Sinne von §
1 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 Alt.
2 [X.] in der Fassung des [X.] und des Rates vom 16.
Dezember 2002 ([X.]) vom 21.
Dezember 2004 ([X.], 3610) darstellen, wenn ein "qualifizierter" Rangrücktritt mit insolvenzverhindernder Funktion vorliegt (vgl. Schäfer, in: 12
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8

-

Boos/Fischer/Schulte-Mattler, [X.] 5.
Aufl., §
1 Rn.
46; [X.], [X.], 345, 346; siehe weiter Senat, Urteil vom 10.
Februar 2015 -
VI
ZR 569/13, NJW-RR 2015, 675 Rn. 15).
2. [X.] ist hingegen die Annahme des Berufungsgerichts, der [X.] zu 1 könne sich "auf einen den Vorsatz ausschließenden Verbotsirr-tum berufen".
Ein Verbotsirrtum des [X.]n zu 1 würde sich nicht auf dessen Vorsatz auswirken, sondern im Fall der Unvermeidbarkeit lediglich die Haftung ausschließen.
a) Im Zivilrecht setzt das Verschulden durch vorsätzliches Verhalten das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit voraus, welches bei einem Verbotsirrtum fehlt (Senat, Urteil vom 12.
Mai 1992 -
VI
ZR 257/91, [X.]Z 118, 201, 208). Ist [X.] das Schutzgesetz im Sinne von §
823 Abs.
2 Satz 1 StGB eine Strafnorm, so muss der Vorsatz nach strafrechtlichen Maßstäben beurteilt werden. Dies gilt auch, falls das verletzte Schutzgesetz selbst keine Strafnorm ist, seine Miss-achtung aber unter Strafe gestellt wird (Senat, Urteile vom 15.
Mai
2012
-
VI
[X.], [X.], 3177 Rn. 22; vom 10.
Juli 1984 -
VI
[X.], NJW 1985, 134 f.). Gemäß §
17 Satz 1 StGB führt ein unvermeidbarer Verbots-irrtum zur Schuldlosigkeit,
lässt den Vorsatz jedoch unberührt.
b) Führt ein unvermeidbarer Verbotsirrtum gemäß §
17 Satz
1 StGB zur Schuldlosigkeit, so schließt dies auch eine Haftung nach §
823 Abs.
2 BGB aus (Senat, Urteile vom 15.
Mai
2012 -
VI
[X.], [X.], 3177 Rn. 22; vom 10.
Juli 1984 -
VI
[X.], NJW 1985, 134 f.; [X.], Urteil vom 26.
Februar 1962 -
II
ZR 22/61, NJW 1962, 910, 911; Beschluss vom 24.
November 2010 -
III
ZR 260/09, juris Rn. 9).
15
16
17
-

9

-

Für das Vorliegen eines haftungsausschließenden Rechtsirrtums ist der Anspruchsgegner darlegungs-
und beweispflichtig (vgl. Senat, Urteil vom 21.
April 2009 -
VI
ZR 304/07, NJW-RR 2009, 1207
Rn. 23; [X.], Urteil vom 16.
Juni 1977 -
III
ZR 179/15, [X.]Z 69, 128, 143 f.).
3.
Die getroffenen Feststellungen tragen nicht die Annahmen des [X.], dass der [X.] zu 1 einem Verbotsirrtum unterlegen
und dass dieser unvermeidbar gewesen sei.
a) Allerdings
stellt es aus strafrechtlicher Sicht einen Verbotsirrtum dar, wenn der Täter oder Teilnehmer eines Verstoßes gegen §
54 [X.] die davon erfassten Geschäfte für rechtlich zulässig und nicht erlaubnispflichtig hält.
aa) Die zutreffende rechtliche Beurteilung normativer Tatbestandsmerk-male gehört nicht zum Vorsatz. Insoweit genügt eine "Parallelwertung in der [X.]", die eine ausreichende Bedeutungskenntnis beinhaltet (Senat, Urteile vom 15.
Mai
2012 -
VI
[X.], [X.], 3177 Rn. 21; vom 10.
Juli 1984 -
VI
[X.], NJW 1985, 134, 135; [X.], Urteile vom 3.
April 2008 -
3
StR 394/07, [X.]R StGB §
17 Vermeidbarkeit 8 Rn.
30; vom 24.
September 1953 -
5
StR 225/53, [X.]St 4, 347, 352).
Fehlvorstellungen oder -bewertungen über normative Tatbestandsmerk-male können je nach dem Stand der (Un-)Kenntnis des [X.] zu einem den Vorsatz und damit die Strafbarkeit ausschließenden Tatbestandsirrtum (§§
15, 16 StGB) oder zu einem vermeidbaren oder unvermeidbaren Verbotsirrtum (§
17 StGB) führen, wobei die sachgerechte Einordnung derartiger Irrtümer un-ter Rückgriff auf wertende Kriterien und differenzierte Betrachtungen [X.] ist. Insoweit kann das Vertrauen des [X.] in juristische Auskünfte sowohl im Rahmen des [X.] Bedeutung erlangen als auch 18
19
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21
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-

10

-

sich im Bereich der Schuld auf die Strafbarkeit auswirken ([X.], Urteil vom 3.
April 2008 -
3
StR 394/07, [X.]R StGB §
17 Vermeidbarkeit 8 Rn. 36).
bb) Hält der Täter des §
54 [X.] seine Geschäfte für rechtlich zulässig und nicht erlaubnispflichtig, so stellt dies aus strafrechtlicher Sicht einen [X.] (§
17 StGB) dar (Senat, Urteil vom 15.
Mai 2012 -
VI
[X.], [X.], 3177 Rn.
23 [X.]; [X.], Urteil vom 24.
September 1953 -
5
StR 225/53, [X.]St 4, 347, 352 f.; [X.], Handbuch [X.]italmarktstrafrecht, 3.
Aufl., Rn. 966 f.; Knierim, in: [X.]/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts-
und Steuerstrafrechts 4.
Aufl., [X.]. 10 Rn. 278; [X.], Urteil vom 26.
März 2012 -
1
Ss 205/11, juris Rn. [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], Wirt-schafts-
und Steuerstrafrecht 2.
Aufl., §
54 [X.] Rn. 82; [X.], [X.], 7; siehe weiter Sternberg-Lieben/[X.], in:
[X.]/[X.], StGB 29.
Aufl., §
17 Rn. 12a).
b)
Die Feststellungen rechtfertigen jedoch nicht
die Beurteilung, dass der [X.] zu 1 einem Verbotsirrtum unterlegen sei.
aa) Ein
Täter hat bereits dann eine den Verbotsirrtum ausschließende, ausreichende Unrechtseinsicht, wenn er bei Begehung der Tat mit der [X.] rechnet, Unrecht zu tun, und dies billigend in Kauf nimmt. Es genügt mithin das Bewusstsein, die Handlung verstoße gegen irgendwelche, wenn auch im Einzelnen nicht klar vorgestellte
gesetzliche Bestimmungen ([X.], Urteile vom 23.
Dezember 2015 -
2
StR 525/13, [X.]St 61, 110 Rn. 53 f.;
vom 11.
Oktober 2012 -
1
StR 213/10, [X.]St 58, 15 Rn. 65
jeweils
mwN; verfassungsrechtlich unbedenklich: [X.]
[K], Beschluss vom 16.
März 2006 -
2
BvR 954/02, [X.], 2684, 2686).
23
24
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11

-

bb) Im Zusammenhang mit der Erörterung einer neutralen, berufstypi-schen Tätigkeit stellt das Berufungsgericht fest, der [X.] zu 1 habe [X.], "dass die Haupttat, die Begebung von Genussscheinen, allein auf die Begehung einer strafbaren Handlung -
des unerlaubten Betriebs eines Bankge-schäfts
-
abzielte". Zwar führt das Berufungsgericht unmittelbar anschließend aus, hierzu genüge die Kenntnis der Tatsachen, aus den sich Strafbarkeit erge-ben habe. Unter Berücksichtigung der zuvor wiedergegebenen rechtlichen Maßstäbe ("von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm [X.] war derart hoch, dass er mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten [X.] in seinen Vorsatz aufgenommen hat")
sowie der weiteren Feststellung, dass "das Handeln der [X.]n zu 2. integraler Be-standteil des Gesamtkonzepts" gewesen sei, bleibt jedoch unklar, welche Kenntnis oder zumindest Zweifel beim [X.]n zu 2 vorlagen.
c)
Die Feststellungen tragen auch nicht
die Annahme, dass ein -
hier un-terstellter
-
Verbotsirrtum unvermeidbar gewesen wäre.
aa) Ein
Verbotsirrtum ist im Sinne von §
17 Satz 1 StGB unvermeidbar, wenn der Täter trotz der ihm nach den Umständen des Falles, seiner Persön-lichkeit sowie seines Lebens-
und Berufskreises zuzumutenden Anspannung des Gewissens die Einsicht in das Unrechtmäßige nicht zu gewinnen vermoch-te. Im Zweifel trifft ihn eine Erkundigungspflicht (Senat, Urteil vom 10.
Juli 1984
-
VI
[X.], NJW 1985, 134
135; [X.], Urteil vom 7.
März 1996 -
4
StR 742/95, NJW 1996, 1604, 1606; Beschluss vom 27.
Januar 1966 -
KRB 2/65, [X.]St 21, 18, 20 f.).
Für jemanden, der im Geschäftsleben steht, ist kaum [X.] ein Irrtum über das Bestehen eines
Schutzgesetzes unvermeidbar, das für seinen Arbeitsbereich erlassen wurde, weil jeder im Rahmen seines Wirkungs-kreises verpflichtet ist, sich über das Bestehen von Schutzgesetzen zu unter-richten (Senat, Urteile vom 15.
Mai 2012 -
VI
[X.], [X.], 3177
26
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28
-

12

-

Rn.
23; vom 21.
Dezember 1955 -
VI
ZR
280/54, [X.] §
823 (Bc) BGB Nr.
1;
vom 10.
Juli 1984 -
VI
[X.], NJW 1985, 134, 135; [X.], Beschluss vom 2.
April 2008 -
5
StR 354/07, [X.]St 52, 182, 190).
Etwa aufkommende Zweifel sind erforderlichenfalls durch Einholung
ei-ner
verlässlichen und sachkundigen Auskunft
zu beseitigen
(vgl. Senat, Urteil vom 15.
Mai 2012 -
VI
[X.], [X.], 3177
Rn. 23; vom 10.
Juli 1984
-
VI
[X.], NJW 1985, 134 135). Dabei müssen sowohl die [X.] als auch die Auskunft aus der Sicht des [X.] verlässlich sein; die [X.] selbst muss zudem einen unrechtsverneinenden Inhalt haben. Eine [X.] ist in diesem Sinne nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig, ver-antwortungsbewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach-
und Rechtslage erteilt worden ist. Bei der Auskunftsperson ist dies der Fall, wenn sie die Gewähr für eine diesen Anforderungen entsprechende [X.]serteilung bietet. Hinzu kommt, dass der Täter nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts
vertrauen und seine Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten und Entscheidungen verschließen darf. [X.] sind die jeweils konkreten Umstände, insbesondere seine Verhältnisse und Persönlichkeit; daher ist
zum Beispiel seine berufliche Stellung zu berück-sichtigen
(Senat, Urteil vom 10.
Juli 1984 -
VI
[X.], NJW 1985, 134, 135; [X.], Urteile vom 21.
Dezember 2016 -
1
StR 253/16, [X.], 1487 Rn. 58; vom 4.
April 2013 -
3
StR 521/12, [X.], 461).
Das Vertrauen auf eingeholten rechtsanwaltlichen Rat vermag somit nicht in jedem Fall einen unvermeidbaren Verbotsirrtum des [X.] zu [X.]. Wendet sich dieser an einen auf dem betreffenden Rechtsgebiet versierten Anwalt, so hat er damit zwar vielfach das zunächst Gebotene getan. Jedoch ist weiter erforderlich, dass der Täter auf die Richtigkeit der Auskunft nach den für ihn erkennbaren Umständen vertrauen darf. Dies ist nicht der Fall, wenn die 29
30
-

13

-

Unerlaubtheit des Tuns für ihn bei auch nur mäßiger Anspannung von Verstand und Gewissen leicht erkennbar ist oder er nicht mehr als eine Hoffnung haben kann, das ihm bekannte Strafgesetz greife hier noch nicht ein. Daher darf der Täter sich auf die Auffassung eines Rechtsanwalts etwa nicht allein deswegen verlassen, weil sie seinem Vorhaben günstig ist. Eher zur Absicherung als zur Klärung bestellte "Gefälligkeitsgutachten"
scheiden als Grundlage unvermeid-barer Verbotsirrtümer aus. Auskünfte, die erkennbar vordergründig und [X.] sind oder nach dem Willen des Anfragenden lediglich eine "[X.]"
erfüllen sollen, können den Täter ebenfalls nicht entlasten. [X.] bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen ist regelmäßig ein detailliertes, schriftliches Gutachten erforderlich, um einen un-vermeidbaren Verbotsirrtum zu
begründen ([X.], Urteile vom 21.
Dezember 2016 -
1
StR 253/16, [X.], 1487
Rn. 59; vom 4.
April 2013 -
3
StR 521/12, [X.], 461; vgl. auch
[X.], Beschluss vom 24.
November 2010
-
III
ZR 260/09, juris Rn. 11; Urteile
vom 20.
September 2011 -
II
ZR 234/09, NJW-RR 2011, 1670 Rn. 16
ff.; vom 28.
Mai 2013 -
II
ZR 83/12, [X.] 2013, 1028
Rn. 21 ff.).
Dagegen ist die Aussagekraft einer Auskunft
beschränkt, wenn sie nur einzelne rechtliche Aspekte umfasst ([X.], Urteile vom 3.
April 2008 -
3
StR 394/07, [X.]R StGB
§
17 Vermeidbarkeit 8
Rn. 40; vom 19.
Mai 1999 -
2
StR 86/99, [X.]St 45, 97, 102 f.).
bb) Danach hat das Berufungsgericht
bereits keine
ausreichenden
Fest-stellungen
zu Anlass, Zweck und Inhalt des dem Rechtsanwalt erteilten [X.] sowie zu dem ersichtlichen Gehalt und den Begleitumständen der anwalt-lichen Überprüfung getroffen. Weiter lässt sich auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob für den [X.]n zu 1 Anlass bestand, die Auskunft des Rechtsanwalts zu hinterfragen und
nachzufragen.

31
-

14

-

IV.
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht
Gelegenheit, sich mit dem Vorbringen der Parteien in den Rechtsmittelschriften zu befassen.
Galke
[X.]
von [X.]

[X.]

Allgayer
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.07.2015 -
15 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 25.05.2016 -
3 S 3/15 -

32
[X.]:[X.]:[X.]:2017:250717BVIZR266.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI [X.]
vom

25. Juli 2017

in dem Rechtsstreit

[X.]:[X.]:[X.]:2017:250717BVIZR266.16.0
Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat am 25. Juli 2017 durch den
Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterin von [X.], [X.] und Dr. Allgayer
beschlossen:
Das Urteil vom 16.
Mai 2017 wird wegen eines offensichtlichen Schreibversehens dahingehend berichtigt, dass es auf Seite
8 Randnummer
16 Zeile
4 und im Leitsatz unter a) Zeile
1 jeweils statt "StGB" richtig "BGB" heißt.
Galke
[X.]
von [X.]

[X.]
Allgayer
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.07.2015 -
15 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 25.05.2016 -
3 S 3/15 -

Meta

VI ZR 266/16

16.05.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.05.2017, Az. VI ZR 266/16 (REWIS RS 2017, 10913)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10913

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