Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.09.2022, Az. 5 AZR 503/21

5. Senat | REWIS RS 2022, 7885

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Gegenstand

Hypotax-Verfahren bei vorübergehender Auslandsentsendung


Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 29. September 2021 - 2 [X.] - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung, nachdem die [X.] während einer zeitlich befristeten Auslandsentsendung des [X.] nach [X.] hypothetisch für ihn in [X.] anfallende Steuern in einem sogenannten [X.] von seinem Entgelt einbehalten hat.

2

Der Kläger ist seit dem 1. September 2007 bei der [X.] bzw. ihren Rechtsvorgängern als Ausstattungsmechaniker tätig. Vom 1. Juli 2017 bis zum 30. Juni 2019 wurde der Kläger von der [X.] nach [X.] zu einem konzernangehörigen Unternehmen (A) entsandt. Vor Beginn seiner Entsendung war er bei der [X.] in [X.] beschäftigt, im [X.] daran nahm er seine [X.]ätigkeit dort wieder auf. Der Kläger ist Mitglied der [X.] [X.], die [X.] ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes [X.] (im Folgenden [X.]).

3

Der Kläger erhält eine Vergütung nach den zwischen der [X.] und [X.] geschlossenen [X.]n für die Metall- und Elektroindustrie in [X.] und Umgebung. Der ab dem 1. April 2016 geltende [X.]arifvertrag über Entgelte und Ausbildungsvergütungen vom 19. Mai 2016 (im Folgenden [X.]V Entgelt 2016) und der ab dem 1. Jan[X.]r 2018 geltende [X.]arifvertrag über Entgelte und Ausbildungsvergütungen vom 8. Febr[X.]r 2018 (im Folgenden [X.]V Entgelt 2018) sehen in § 1 Nr. 1.1 wortgleich vor, dass sie räumlich im Geltungsbereich der jeweiligen Manteltarifverträge für die [X.]arifgebiete [X.] und Umgebung, [X.], [X.], [X.] und [X.] gelten. Der ab dem 1. Oktober 2008 geltende Manteltarifvertrag vom 3. Juli 2008 (im Folgenden M[X.]V 2008) und der ab dem 1. Jan[X.]r 2019 geltende Manteltarifvertrag vom 17. Dezember 2018 (im Folgenden M[X.]V 2018) gelten ausweislich der in beiden [X.]arifverträgen wortgleichen Regelung in § 1 Nr. 1.1 räumlich in den Ländern [X.] und Umgebung, [X.] sowie im Land [X.]. Beide Fassungen des Manteltarifvertrags sehen für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis eine Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit vor.

4

Für die [X.] der Auslandsentsendung haben die Parteien einen [X.] vom 16. März 2017 geschlossen. Darin heißt es auszugsweise:

        

1 - Allgemeine Angaben zur Entsendung

        

…       

        

Die hier getroffenen Vereinbarungen ergänzen den Anstellungsvertrag des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin, der im Übrigen Gültigkeit beibehält, wie auch grundsätzlich alle betrieblichen Regelungen. Sie gelten für die Dauer der Entsendung.

        

…       

        

3 - Verlängerungen der Entsendungsvereinbarung

        

Sofern die Entsendung über den vereinbarten [X.]raum hinaus verlängert werden soll, hat dies spätestens drei Monate vor dem vereinbarten Ende der Entsendung schriftlich zu erfolgen. Eine Verlängerung der Entsendung über die Gesamtdauer von fünf Jahren hinaus ist grundsätzlich nicht möglich.

                 
        

4 - Entsendungsbedingungen

        

Es finden die zum [X.]punkt der Entsendung geltenden Konditionen (gemäß Anlage 1 der [X.] über [X.] in der jeweils gültigen Fassung) Anwendung.

        

Die für die Entsendung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin nach [X.] tatsächlich anzuwendenden Konditionen (entsendungsbedingte Zahlungen, [X.], Unterkunft, etc.), sind als Anhang zu diesem [X.] beigefügt. Ergeben sich aus einer Verlängerung der Entsendung, der jährlichen Überprüfung, einer unterjährigen Anpassung oder anderen Gründen Änderungen, ist dieser Anhang entsprechend anzupassen.

        

…       

        

Der/die Arbeitnehmer/in wird während der Entsendung nach den Regeln des Stammbetriebes in die jährliche Entgeltüberprüfung und ggf. in den [X.] einbezogen.

        

…       

        

7 - Steuern und Sozialversicherung

        

Zur Erfüllung der Steuerpflicht des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin im Gastland wird für die Dauer der Entsendung das ‚[X.]ax Eq[X.]lization‘ genannte Prinzip eines [X.]es ([X.] über [X.] Anhang B Entsendungsbedingungen) angewandt. Hierzu wird über den Weg einer hypothetischen Besteuerung das [X.] [X.] beibehalten. Die tatsächlichen Steuern im Gastland trägt das Unternehmen.

        

Der/die Arbeitnehmer/in wird durch das Unternehmen über dieses Prinzip und die tatsächliche Anwendung im Gastland informiert und über die jeweilige Rolle des Unternehmens, des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin und des Steuerberaters aufgeklärt. Die für den/die Arbeitnehmer/in anzuwendenden Berechnungen sind diesem/dieser in der Anlage zu diesem Vertrag mitzuteilen. Mit der Unterzeichnung dieses [X.]es erklärt sich der/die Arbeitnehmer/in mit der Anwendung des [X.]sprinzips einverstanden.

        

…“    

5

Nr. 8 des [X.]s enthält Regelungen zu einer vorzeitigen Beendigung der Entsendung und zur Rückkehr. Vorgesehen sind dort [X.]. ein Rückrufrecht des Arbeitgebers und Einzelheiten zur Beschäftigung des [X.] nach seiner Rückkehr. In Nr. 10 des [X.]s haben die Parteien das Recht der Bundesrepublik [X.] ohne Verweis auf die Kollisionsregeln vereinbart.

6

Dem [X.] war ein „Anhang zum [X.]“ beigefügt, der die Bedingungen der Entsendung und die entsprechenden Zulagen regelt, weiter eine vorläufige Berechnung von Entgelt und Zulagen mit der Überschrift „Entsendung: Berechnung des Paketes, theoretische Steuer und voraussichtliche Sozialversicherung“ sowie ein Anhang A zu den Entsendungsbedingungen, der Regelungen zur Ermittlung von entsendungsbedingten Zahlungen enthält, und der Anhang B zu den Entsendungsbedingungen „[X.] - Grundsätze“. Dieser entspricht dem Anhang B der Konzernbetriebsvereinbarung über [X.] vom 27. März 2009 (im Folgenden [X.]). In diesem Anhang ist das [X.] näher erläutert. Hiernach soll der Arbeitnehmer während seiner Entsendung hinsichtlich der Steuerabzüge so gestellt werden, als hätte er weiter in [X.] gearbeitet, obwohl er in dieser [X.] nicht dort, sondern im Einsatzland steuerpflichtig ist. Hierzu übernimmt der Arbeitgeber die tatsächlich anfallenden Steuern im Einsatzland und zieht vom Gehalt des Arbeitnehmers die hypothetischen - nicht abzuführenden - [X.]n Steuern ab. Weiter ist im Anhang B geregelt, wie das bei Anwendung des [X.]s zu zahlende Nettogehalt ausgehend von (hypothetischen) [X.]n Steuern ermittelt wird. Hierfür sind zunächst monatliche Abzüge nach [X.]m Steuerrecht in geschätzter Höhe vorgesehen. Nach Abschluss des jeweiligen Steuerjahrs folgt dann eine genaue Berechnung der in [X.] hypothetisch angefallenen Steuer mit einem anschließenden Ausgleich etwaiger Differenzen in Form von Erstattungen oder Nachzahlungen.

7

Wie im „Anhang zum [X.]“ vorgesehen, erhielt der Kläger während seines Auslandsaufenthalts neben dem tariflichen Entgelt eine Mobilitätszulage nach Nr. 2.1 des Anhangs zum [X.] iHv. 15 % des mit 13,25 multiplizierten [X.], einen Kaufkraftausgleich und einen Mietzuschuss. Darüber hinaus zahlte die [X.] ihm eine Umzugskostenpauschale iHv. 6.000,00 [X.] und erbrachte weitere entsendungsbedingte Leistungen (zB Einrichtungspauschale, sog. Relocation Service, Kostenerstattung für einen Sprachkurs).

8

Der Kläger teilte der [X.] mit [X.] vom 3. November 2017, das ihr spätestens am 8. November 2017 zuging, unter dem Betreff „[X.] für 2017“ mit, dass sie seiner Meinung nach zu Abzügen im [X.] nicht berechtigt sei. Er forderte sie auf, die seit Juli 2017 einbehaltenen Beträge zurückzuzahlen und zu bestätigen, dass sie keine Hypotax-Abzüge mehr vornehmen werde.

9

Nachdem zwischen der Arbeitgeberseite und den Arbeitnehmervertretungen Streit über die Wirksamkeit der [X.] entstanden war, hat das [X.] mit rechtskräftigem Beschluss vom 25. September 2019 (- 4 [X.]aBV 52/18 -) festgestellt, dass die Regelungen zum [X.] in der [X.] unwirksam sind.

Der Kläger war während seiner Entsendung ausschließlich in [X.] steuerpflichtig. Die [X.] Lohnsteuer war niedriger als die [X.]. Die [X.] behielt vom Entgelt des [X.] entsprechend den Regelungen zum [X.] monatlich hypothetische Steuerbeträge in unstreitiger Höhe ein, die sie mit Blick auf die für [X.] greifende Steuerbefreiung des [X.] nicht an das [X.] Finanzamt abführte. Für das [X.] zahlte sie an die [X.]n Finanzbehörden Steuern des [X.] iHv. 1.702,00 [X.], für das [X.] iHv. 57,00 [X.] und für das Jahr 2019 iHv. 2.035,00 [X.].

Der Kläger hat mit seiner Klage vom 19. Febr[X.]r 2018 (nebst Klageerweiterungen) die Rückzahlung der im Rahmen des [X.]s einbehaltenen Beträge verlangt. In Höhe der im Verlauf des Verfahrens in [X.] für den Kläger gezahlten Steuern haben die Parteien den Rechtsstreit in den Vorinstanzen übereinstimmend für erledigt erklärt, wobei der Kläger dies hinsichtlich der Steuerzahlungen für das [X.] ausdrücklich auf seine Klageforderung für Juli 2017 (989,00 [X.]) und anteilig für August 2017 iHv. 713,00 [X.] bezog.

Der Kläger hat im Wesentlichen gemeint, dass die vertraglichen Klauseln zum [X.] im [X.] neben den (inhaltsgleichen) Regelungen der insoweit unwirksamen [X.] nur deklaratorisch seien. Sie seien nicht wirksam in den Vertrag einbezogen und gemäß § 307 BGB unwirksam. Die Bestimmungen seien zudem auch gemäß § 4 Abs. 1 [X.]VG unwirksam, weil er [X.]smitglied sei. Die Regelungen im [X.] würden durch die tarifvertraglichen Regelungen zum Bruttomonatsentgelt gemäß § 4 Abs. 3 und Abs. 4 [X.]VG verdrängt. Die ihm zustehenden Zahlungsansprüche seien nicht aufgrund der tarifvertraglichen Ausschlussfrist teilweise erloschen.

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die [X.] zu verurteilen, an ihn 4.232,00 [X.] netto nebst Zinsen seit dem 1. Jan[X.]r 2018 zu zahlen;

        

2.    

die [X.] zu verurteilen, an ihn 13.141,32 [X.] netto nebst im Einzelnen gestaffelten Zinsen zu zahlen;

        

3.    

die [X.] zu verurteilen, an ihn 6.239,56 [X.] netto nebst im Einzelnen gestaffelten Zinsen zu zahlen.

Die [X.] hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat im Wesentlichen die Ansicht vertreten, die Regelungen zum [X.] in den [X.] seien [X.] wirksam. Auch § 4 [X.]VG stehe ihnen nicht entgegen. Die [X.] umfassten bereits räumlich nur Arbeitsverhältnisse in einem bestimmten [X.]eil [X.]s, nicht aber das Arbeitsverhältnis des [X.] während seiner Entsendung. Die Hypotax-Regelung weiche zudem nicht von den Bestimmungen des [X.] ab, weil sie das Bruttoarbeitsentgelt unberührt lasse. Außerdem gehe nach dem Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 Alt. 1 [X.]VG) die vertragliche Regelung vor. Diese sei günstiger. Die hierin vereinbarten Zulagen bildeten ein Gesamtpaket mit dem [X.] und seien deshalb in den sachgruppenbezogenen [X.] mit dem tariflichen Entgeltanspruch einzubeziehen. Bei Unwirksamkeit des [X.]sverfahrens habe der Kläger die Zulagen zurückzuzahlen. Insoweit rechne sie hilfsweise mit eventuellen Ansprüchen des [X.] auf. Jedenfalls greife (teilweise) die tarifvertragliche Ausschlussfrist, so dass etwaige Ansprüche z[X.] verfallen seien.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihren Abweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der [X.] ist unbegründet. Wegen der beiderseitigen [X.]arifgebundenheit der [X.]en besteht ein Anspruch des [X.] auf den in den Entgelttarifverträgen vorgesehenen Bruttolohn, den die Beklagte nicht vollständig erfüllt hat. Der Kläger hat seine nach den [X.] noch streitgegenständlichen [X.] auch fristgemäß innerhalb der jeweils einschlägigen dreimonatigen tariflichen Ausschlussfrist geltend gemacht.

A. Die Klage ist mit den zuletzt gestellten Anträgen unter Berücksichtigung der in der Revision erfolgten Klarstellung zulässig.

I. Die von Amts wegen auch im Revisionsverfahren zu prüfende ([X.] 25. Februar 2021 - 8 [X.] - Rn. 43 mwN) Zuständigkeit der [X.] Gerichte ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 Verordnung ([X.]) Nr. 1215/2012 (im Folgenden [X.]). Der Kläger macht mit seiner während seiner Auslandsentsendung am 23. Februar 2018 gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a [X.] eingeleiteten Klage zivilrechtliche Ansprüche gegen die Beklagte geltend (zum Begriff der Einleitung MüKoZPO/[X.] 6. Aufl. [X.] Art. 66 Rn. 4 mwN). Die Beklagte mit Sitz in [X.] kann in [X.] verklagt werden. Ist die internationale Zuständigkeit mehrerer [X.] gegeben, kann die klagende [X.] unter ihnen wählen ([X.] 25. Februar 2021 - 8 [X.] - Rn. 48; [X.]/[X.] ZPO 34. Aufl. Art. 5 EuGV[X.] Rn. 4).

II. Die Anträge sind hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

1. Hinsichtlich des Klageantrags zu 1. (im Jahr 2017 vorgenommene Hypotax-Abzüge), bei dem der Kläger von der [X.] in [X.] erbrachte Steuerzahlungen auf den von ihm geltend gemachten Gesamtbetrag angerechnet hat, hat er mit Schriftsatz vom 12. November 2018 ausdrücklich die Klageforderung für Juli 2017 (989,00 [X.]) und die Klageforderung für August 2017 iHv. 713,00 [X.] für erledigt erklärt. Damit stand fest, von welchen Einzelpositionen er welche Abzüge vorgenommen hat, in welchem Umfang sich also die Klagesumme dem Grunde und der Höhe nach auf die [X.] bezieht (vgl. zu dieser Anforderung MüKoZPO/[X.]. § 253 Rn. 104; [X.] 23. Aufl. ZPO § 253 Rn. 28). Hinsichtlich der weiteren Anträge ergibt sich die Zuordnung der vom Kläger vorgenommenen Abzüge aus den Beträgen seiner monatlich aufgeschlüsselten [X.]. Die insoweit zwischen den [X.]en - mit Blick auf die Einhaltung der tariflichen Ausschlussfrist - streitige Frage der „richtigen“ Zuordnung der [X.] und der darauf bezogenen Zustimmung der [X.] betrifft nicht die Bestimmtheit des Antrags, sondern seine Begründetheit.

2. Es liegt keine unzulässige alternative Klagehäufung vor.

a) Eine alternative Klagehäufung, bei der der Kläger ein einheitliches Klagebegehren aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt, verstößt gegen das Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen. De[X.]alb muss, was auch konkludent und noch im Laufe des Verfahrens möglich ist, eine Rangfolge gebildet werden (vgl. [X.] 2. August 2018 - 6 [X.] - Rn. 18 mwN, [X.]E 163, 205).

b) Diesen Anforderungen wird die Klage gerecht. Der Kläger hat sein Begehren aus zwei Streitgegenständen hergeleitet. Der durch die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vermittelte vertragliche Anspruch auf den [X.]ariflohn und [X.] beiderseitiger [X.]arifgebundenheit unmittelbar und zwingend bestehende Anspruch (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 [X.]VG) auf den [X.]ariflohn nach den Entgelttarifverträgen stellen zwei Streitgegenstände dar (vgl. [X.] 28. April 2021 - 4 [X.] - Rn. 18 f.; 25. Januar 2017 - 4 [X.] - Rn. 74, [X.]E 158, 54). Schon die Auslegung der klägerischen Schriftsätze spricht dafür, dass er seine Zahlungsansprüche primär auf Grundlage der normativ geltenden [X.]arifverträge und - für den Fall des Unterliegens - hilfsweise aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme geltend macht. Auf Nachfrage des Senats hat der Kläger dieses Verständnis in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

B. Die Revision der [X.] ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, dass die zulässige Klage begründet ist. Die Beklagte hat den aufgrund beiderseitiger [X.]arifgebundenheit zwingend geltenden tariflichen Bruttolohnanspruch des [X.] im Umfang der vorinstanzlich zugesprochenen Klageforderungen nicht erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Der Kläger hat für die noch streitgegenständlichen Ansprüche die tarifvertragliche Ausschlussfrist gewahrt.

I. Zutreffend hat das [X.] erkannt, dass im Zeitraum der Entsendung gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Verordnung ([X.]) Nr. 593/2008 (im Folgenden [X.] I-[X.]) [X.] Recht auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden war.

1. Das anzuwendende Recht bestimmt sich nach der [X.] I-[X.]. Diese findet ausweislich Art. 28 [X.] I-[X.] auf Verträge Anwendung, die nach dem 17. Dezember 2009 geschlossen wurden. Mit dem [X.] vom 16. März 2017 haben die [X.]en für die [X.] eine so umfangreiche [X.]änderung vereinbart, dass diese der Sache nach im streitgegenständlichen Zeitraum zu einer Ersetzung der bi[X.]erigen, vor dem 17. Dezember 2009 geschlossenen vertraglichen Vereinbarungen geführt hat (vgl. [X.] 18. Oktober 2016 - [X.]/15 - [[X.]] Rn. 35 ff.).

2. Die [X.]en haben in Nr. 10 Abs. 5 des [X.]s eine wirksame Rechtswahl iSv. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 iVm. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] I-[X.] getroffen. Die Wahl des [X.] Rechts war nicht gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 2 [X.] I-[X.] ausgeschlossen. Hiernach darf die Rechtswahl nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch zwingende Bestimmungen des Rechts gewährt wird, das ohne Rechtswahl anzuwenden wäre. Auch ohne Rechtswahl wäre auf das Arbeitsverhältnis während der [X.] gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 [X.] I-[X.] [X.] Recht anzuwenden gewesen.

a) Gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 [X.] I-[X.] unterliegt der Arbeitsvertrag dem Recht des Staates, in dem oder andernfalls von dem aus der Arbeitnehmer in Erfüllung des [X.] gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Dabei wechselt der Staat, in dem die Arbeit gewöhnlich verrichtet wird, nach Art. 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] I-[X.] nicht, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit vorübergehend in einem anderen Staat verrichtet. Im Erwägungsgrund 36 Satz 1 der [X.] I-[X.] hat der Unionsgesetzgeber ausgeführt, dass die Erbringung der Arbeitsleistung in einem anderen Staat als vorübergehend gelten solle, wenn von dem Arbeitnehmer erwartet werde, dass er nach seinem Arbeitseinsatz im Ausland seine Arbeit im Herkunftsstaat wieder aufnehme. Eine zeitliche Höchstgrenze ist dafür nicht vorgesehen ([X.] Internationales Arbeitsrecht § 9 Rn. 102; [X.]/[X.] [2021] ROM I Art. 8 Rn. 109; [X.]/[X.] 8. Aufl. [X.] I-[X.] Art. 8 Rn. 66; Ferrari Int[X.]R/[X.] 3. Aufl. [X.] ([X.]) 593/2008 Art. 8 Rn. 22).

b) Die Regelungen des [X.]s sprechen eindeutig dafür, dass die [X.]en davon ausgingen, die Beklagte werde den Kläger nach dem Einsatz in [X.] wieder in [X.] beschäftigen. Nr. 1 des [X.]s regelt eine Befristung der Entsendung, Nr. 3 sieht für etwaige Verlängerungen eine Höchstfrist von fünf Jahren vor und in Nr. 8 werden Regelungen zur Beschäftigung und zu einer etwaigen Verlängerung der Kündigungsfrist nach der Rückkehr des [X.] getroffen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass er seine [X.]ätigkeit in [X.] nicht wieder aufnehmen wollte oder sollte. Vielmehr wurde er auch wie vorgesehen nach dem Ende der Entsendung dort wieder beschäftigt.

c) Engere Verbindungen zu einem anderen Staat iSv. Art. 8 Abs. 4 [X.] I-[X.] weist das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage der Feststellungen des [X.]s nicht auf.

II. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Nachzahlungen nach [X.] beiderseitiger [X.]arifgebundenheit normativ geltenden Regelungen des [X.]V Entgelt 2016 bzw. 2018 iVm. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 [X.]VG zu. Diese sehen eine Bruttovergütung vor und fanden auch während der Entsendung des [X.] ins Ausland auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Beklagte hat den Anspruch auf die tarifliche Bruttovergütung in Höhe der eingeklagten [X.] weder durch die erfolgte Nettoauszahlung, die Abführung von Beiträgen und der in [X.] angefallenen Lohnsteuer noch durch die aus Anlass der Entsendung gewährten weiteren Leistungen erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Der Einbehalt der hypothetisch in [X.] abzuführenden Steuern führt nicht zur Erfüllung des [X.], weil die Beklagte diese Steuern nicht an das Finanzamt abgeführt hat und eine entsprechende Steuerschuld auch nicht bestand. Der Kläger hat die tarifvertragliche Ausschlussfrist für die ihm hiernach zustehenden noch streitgegenständlichen Ansprüche ab August 2017 mit seinem Geltendmachungsschreiben vom 3. November 2017 gewahrt.

1. Die Regelungen des [X.]V Entgelt 2016 und des [X.]V Entgelt 2018 galten im Arbeitsverhältnis der [X.]en auch während der Entsendung des [X.] ins Ausland wegen der beiderseitigen [X.]arifgebundenheit gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.]VG unmittelbar und zwingend.

a) Nach § 1 Nr. 1.1 M[X.]V 2008 und M[X.]V 2018, auf die der [X.]V Entgelt 2016 und der [X.]V Entgelt 2018 für ihre räumliche Anwendbarkeit Bezug nehmen, gelten die [X.] in den Ländern [X.] und Umgebung, [X.] sowie im [X.]. Sie bestimmen damit das Gebiet, in dem der jeweilige [X.]arifvertrag gelten soll. Weder dem Wortlaut noch dem tariflichen Gesamtzusammenhang der Vorschriften ist dabei jedoch zu entnehmen, welcher Anknüpfungspunkt hierfür maßgeblich sein soll. In Betracht kommen das Unternehmen, der Betrieb oder der Einsatzort des Arbeitnehmers. Fehlen im [X.]arifvertrag Anknüpfungspunkte zur Bestimmung des räumlichen Geltungsbereichs, kommt es auf den Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses an ([X.] 25. Mai 2005 - 5 [X.] - zu I 1 der Gründe; 25. Juni 1998 - 6 [X.] - zu II 2 b [X.] (2) der Gründe, [X.]E 89, 202; 26. März 1998 - 6 [X.] - zu [X.] 3 der Gründe, [X.]E 88, 239; [X.]/[X.]/[X.] [X.]VG 5. Aufl. § 4 Rn. 230 ff.; [X.] ArbR-HdB/[X.]reber 19. Aufl. § 202 Rn. 7).

aa) Der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses liegt grundsätzlich an dem Ort des Betriebs oder Betriebsteils, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist, also dort, wo der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht - zumindest überwiegend - zu erfüllen hat ([X.] 25. Mai 2005 - 5 [X.] - zu I 2 a der Gründe; 25. Juni 1998 - 6 [X.] - zu II 2 b [X.] (3) der Gründe, [X.]E 89, 202). Eine nur vorübergehende Entsendung an einen anderen Arbeitsort - auch im Ausland - berührt im Regelfall den Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses nicht. Dies entspricht der überwiegenden Auffassung im Schrifttum ([X.]/[X.]/[X.] [X.]VG 5. Aufl. § 4 Rn. 245; [X.]/[X.] [X.]VG 4. Aufl. § 4 Rn. 206; [X.]/Wank [X.]VG 8. Aufl. § 4 Rn. 131; [X.]/[X.]/Stein [X.]VG 5. Aufl. § 4 Rn. 140; [X.]hüsing/[X.] [X.]arifrecht 2. Aufl. 4. Kap. Rn. 178, 180; [X.] in Henssler/Moll/[X.] Der [X.]arifvertrag 2. Aufl. [X.]eil 8 Rn. 35; [X.]/[X.] [X.]arifvertragsrecht 2. Aufl. § 5 Rn. 43; [X.] [X.]arifvertragsrecht 3. Aufl. Rn. 260 ff.). Eine Entsendung ist erst dann nicht mehr vorübergehend in diesem Sinn, wenn sie auf Dauer angelegt bzw. die Rückkehr des Arbeitnehmers nicht mehr beabsichtigt ist ([X.]/[X.]/[X.] aaO; [X.]/[X.] aaO). Der Festlegung zeitlicher Obergrenzen bedarf es nicht, da es naheliegt, für das Verständnis des Begriffs „vorübergehend“ an die Regelungen der [X.] I-[X.] anzuknüpfen (vgl. [X.]/[X.] aaO; [X.]. Rn. 28). Wenn sich hiernach die materiellen Arbeitsbedingungen nach [X.] Recht richten, wäre es widersprüchlich, wenn dies nicht auch für die Arbeitsbedingungen gilt, die in [X.]arifverträgen geregelt sind.

[X.]) Demgegenüber überzeugt das Abstellen auf andere gesetzliche Wertungen mit Blick auf die unterschiedlichen [X.] nicht. Dies gilt sowohl, soweit die Wertungen des § 1 Abs. 2 [X.] aF für maßgeblich gehalten werden (so [X.] AR-Blattei SD 1550.14 Rn. 36 zur Abgrenzung von Ost- und [X.]en), als auch für die Anknüpfung an die „Ausstrahlung“ des [X.] Betriebsverfassungsrechts ([X.]hüsing/[X.]/Reufels [X.]arifrecht 2. Aufl. 13. Kap. Rn. 29 f., 34; [X.] [X.]arifvertragsrecht 3. Aufl. Rn. 1671). Die Geltung des [X.] Betriebsverfassungsrechts für im Ausland tätige Arbeitnehmer setzt voraus, dass sich die Auslandstätigkeit als „Ausstrahlung“ des Inlandsbetriebs darstellt (vgl. [X.] 21. August 2007 - 3 [X.] - Rn. 17, [X.]E 124, 22; [X.], 150, 151; [X.]/[X.] 22. Aufl. [X.] § 1 Rn. 4, jeweils mwN). Entscheidend hierfür ist der Bezug des Arbeitnehmers zur inländischen [X.] ([X.] 22. März 2000 - 7 [X.] - zu [X.] 2 a ee der Gründe, [X.]E 94, 144). Dazu kommt es wesentlich darauf an, ob der Arbeitgeber gegenüber dem im Ausland tätigen Arbeitnehmer eine betriebsverfassungsrechtlich relevante Arbeitgeberstellung tatsächlich innehat (vgl. dazu [X.] 24. Mai 2018 - 2 [X.] - Rn. 13). Die Anknüpfung an die [X.] ist erforderlich, weil es bei der Frage der Geltung des Betriebsverfassungsgesetzes auch um die durch die Betriebszugehörigkeit vermittelte Wahlberechtigung (§§ 7, 8 [X.]) und damit die [X.] Legitimation des Betriebsrats bei der Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben geht. Auf die hier maßgebliche Frage der [X.]arifgeltung sind diese Anforderungen nicht übertragbar. Denn ein [X.]arifvertrag gilt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 3 Abs. 1 [X.]VG aufgrund der Mitgliedschaft des Arbeitnehmers (und des Arbeitgebers) in einer [X.]arifvertragspartei. Diese kann er selbst begründen oder beenden.

cc) Die Rechtsprechung des [X.] zur Abgrenzung von Ost- und [X.]en (vgl. [X.] 20. März 1997 - 6 [X.] - zu II 3 c der Gründe, [X.]E 85, 322) lässt sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Sie betraf die besondere historische Situation der [X.] und orientiert sich an der Zwecksetzung der hierauf zugeschnittenen tariflichen Differenzierung, die spezielle Regelungen erforderlich machte. Ausgangspunkt des [X.] auf den Zweck der [X.]ätigkeit mit der Anknüpfung an die Aufgaben der jeweiligen Dienststelle war das Ziel des BA[X.]-O, den Erhalt und die Entstehung von Arbeitsplätzen im wirtschaftlich schwächeren Beitrittsgebiet zu fördern ([X.] 20. März 1997 - 6 [X.] - aaO). Die Differenzierung nach Ost- und [X.] sollte nicht dazu dienen, die Arbeit in den alten Bundesländern dadurch zu verbilligen, dass ein Arbeitsverhältnis, das im Beitrittsgebiet begründet wurde, tatsächlich im Geltungsbereich des BA[X.] ausgeübt wurde.

b) Ausgehend hiervon galten vorliegend die zuvor auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren [X.]arifverträge, darunter der [X.]V Entgelt 2016 bzw. 2018, auch während der Auslandsentsendung des [X.] normativ. Der maßgebliche Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses, der vorher im Betrieb der [X.] in [X.] lag, änderte sich durch den vorübergehenden Einsatz des [X.] in [X.] nicht. Denn die [X.]en gingen - wie sich ua. aus Nr. 8 Abs. 3 bis Abs. 5 des [X.]s ergibt - durchgehend davon aus, dass der Kläger im [X.] an seine befristete [X.]ätigkeit in [X.] in den Betrieb der [X.] in [X.] zurückkehren und dort wieder tätig werden sollte. Ob es für ein Fortbestehen des Schwerpunkts des Arbeitsverhältnisses in [X.] auch ausreichen würde, wenn während der Entsendung lediglich nicht feststeht, dass der Arbeitnehmer nicht zurückkehren wird, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

2. Die Beklagte hat den tariflichen Bruttolohnanspruch in Höhe der streitgegenständlichen Abzüge nicht erfüllt.

a) Der Arbeitgeber erfüllt einen Bruttolohnanspruch in einem Fall mit Auslandsbezug wie dem vorliegenden durch die Abführung der gesetzlich bzw. nach den anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen einschlägigen Steuer, der einschlägigen (Sozialversicherungs-)Abgaben und durch die Auszahlung des restlichen ([X.] an den Arbeitnehmer. Die arbeitsrechtliche Vergütungspflicht beinhaltet bei einer Bruttolohnvereinbarung nicht nur die Nettoauszahlung, sondern umfasst auch die Leistungen, die nicht in einer unmittelbaren Auszahlung an den Arbeitnehmer bestehen. Abzug und Abführung von Lohnbestandteilen betreffen - im Inland - nur die Frage, wie der Arbeitgeber seine Zahlungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer erfüllt (vgl. [X.] 7. März 2001 - [X.] 1/00 - zu III 1 b der Gründe, [X.]E 97, 150). Materiell handelt es sich dann auch hinsichtlich des [X.] um eine Leistung an den Arbeitnehmer, die nur aus formellen Gründen des [X.] Steuerrechts vom Arbeitgeber unmittelbar an das Finanzamt erbracht wird, ohne dass sich hierdurch der materielle Charakter der Zahlung an den Arbeitnehmer ändert (vgl. [X.] 7. März 2001 - [X.] 1/00 - zu III 1 c der Gründe, aaO).

b) Da der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in [X.] (lohn-)steuerpflichtig war, erfüllte die Beklagte in Höhe des von ihr vorgenommenen Abzugs der hypothetisch in [X.] zu zahlenden Steuer seinen tariflichen Vergütungsanspruch nicht. Die einbehaltene hypothetische Steuer wurde von ihr nicht an den [X.] Fiskus abgeführt. [X.] konnte nur durch Zahlung der [X.] Steuer bzw. durch die vereinbarten Erstattungen bei der jährlichen Nachberechnung der hypothetischen Steuer eintreten. Diese Beträge macht der Kläger nicht (mehr) geltend. Soweit die Summe der ausgezahlten Nettobeträge, der genannten Erstattungsleistungen sowie der tatsächlich abgeführten Sozialversicherungsbeiträge und der in [X.] für den Kläger entrichteten Lohnsteuer nicht das Bruttoentgelt erreicht, kann der Kläger von der [X.] daher weitere Zahlung verlangen.

c) Die Beklagte hat den tariflichen Bruttolohnanspruch auch nicht durch die Zahlung der im [X.] vereinbarten Leistungen und Zulagen für die [X.]ätigkeit im Ausland erfüllt. Hierbei handelt es sich um selbständige Ansprüche, die nicht im inneren Zusammenhang mit dem für die „bloße“ Arbeitsleistung geschuldeten [X.]ariflohn standen.

aa) Die aus Anlass der Entsendung erbrachten Zahlungen, die - wenn auch z[X.] pauschaliert - auf bestimmte mit der Auslandstätigkeit verbundene Mehraufwendungen (Umzugskosten, Schulgeld etc.) bezogen sind, stehen nicht im Zusammenhang mit der tariflichen Vergütung. Sie beziehen sich - wie auch der Kaufkraftausgleich - auf Mehrkosten und -aufwendungen, die dem Arbeitnehmer durch die [X.]ätigkeit in [X.] entstehen. Sie stellen kein Entgelt für die vom Kläger in [X.] erbrachte Arbeitsleistung dar.

[X.]) Entsprechendes gilt für die [X.]. Auch diese steht nicht im inneren Zusammenhang mit der tariflichen Vergütung, sondern wird den Arbeitnehmern für ihre Bereitschaft gezahlt, im Ausland zu arbeiten. Sie steht insoweit neben der - für erheblich erschwerte Bedingungen im Gastland - ggf. zu zahlenden Erschwerniszulage („Hard[X.]ip“), die besondere Härten (Klima, medizinische Versorgung, Sicherheitsrisiken) abdecken soll und verfolgt einen eigenen Leistungszweck. Für diese Einordnung sprechen auch die Regelungen zum Absinken der [X.] im vierten und fünften Entsendungsjahr auf zehn bzw. fünf Prozent des [X.] (Nr. 2.1 des Anhangs zum [X.]), denen offenbar eine unterstellte sinkende „Belastung“ oder jedenfalls Gewöhnung an die Auslandstätigkeit zugrunde liegt. Wäre die [X.] auf die reine Arbeitsleistung bezogen, die sich während der Entsendung nicht ändert, gäbe es keinen Grund für eine Reduzierung.

d) Das Abstellen auf den inneren Zusammenhang zugesagter Sonderleistungen mit der tarifvertraglich vorgesehenen Arbeitsleistung und die Bestimmung des Leistungszwecks der vom Arbeitgeber zusätzlich zum tariflichen Entgelt erbrachten Leistungen entspricht auch der Senatsrechtsprechung zur Behandlung der individualrechtlichen Anrechnung von [X.]ariflohnerhöhungen auf eine übertarifliche Vergütung. Soweit keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde, ist hiernach aus den Umständen zu ermitteln, ob eine Befugnis zur Anrechnung besteht. Die Anrechnung ist grundsätzlich möglich, sofern dem Arbeitnehmer mit der übertariflichen Vergütung nicht vertraglich ein selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen [X.]arifentgelt zugesagt worden ist ([X.] 23. September 2009 - 5 [X.] 973/08 - Rn. 21). Für die Annahme eines selbständigen [X.] spricht es, wenn die [X.]en mit der Zulage einen besonderen, abgrenzbaren Leistungszweck (zB Abgeltung einer besonderen Erschwernis) verfolgen ([X.] 27. August 2008 - 5 [X.] 820/07 - Rn. 13, [X.]E 127, 319). Das bedeutet für die Frage der Anrechnung von [X.]ariflohnerhöhungen auf eine übertarifliche Vergütung, dass diese nur dann möglich ist, wenn der Arbeitgeber mit der Zahlung der übertariflichen Zulage auch den erhöhten [X.]ariflohnanspruch nach § 362 Abs. 1 BGB erfüllen kann. Dies kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn mit dem übertariflichen Vergütungsbestandteil kein eigenständiger Leistungszweck verfolgt wird. Nur dann ist eine Anrechnung möglich, weil die übertarifliche Vergütung in diesem Fall (bloßes) Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung ist. Auch insoweit wird zur Feststellung des Erfüllungseintritts danach unterschieden, ob eine Geldleistung allein unmittelbare Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung ist oder mit ihr andere Zwecke verfolgt werden.

3. Da die im [X.] vereinbarten Leistungen wegen ihrer unterschiedlichen und eigenständigen Zweckrichtung nicht geeignet sind, den tariflichen Vergütungsanspruch zu erfüllen, der die „bloße“ Arbeitsleistung zum Gegenstand hat, stellt sich die in den Vorinstanzen thematisierte Frage eines Günstigkeitsvergleichs nicht. Selbst wenn ein solcher durchzuführen wäre, wären die Regelungen in Nr. 7 Abs. 1 und Abs. 2 iVm. Anhang B des [X.]s nicht günstiger iSv. § 4 Abs. 3 Alt. 2 [X.]VG als die tarifliche Regelung der Bruttovergütung. Denn die entsendungsbedingten Sonderleistungen - einschließlich der [X.] - wären nicht in einen Günstigkeitsvergleich einzubeziehen, weil sie andere Zwecke verfolgen ([X.]. Rn. 42 f.). Damit fehlte es an dem für die Bildung einer Sachgruppe erforderlichen inneren Zusammenhang (vgl. [X.] 13. Mai 2020 - 4 [X.] 489/19 - Rn. 33, [X.]E 170, 230; 15. April 2015 - 4 [X.] 587/13 - Rn. 27 ff., [X.]E 151, 221). Auf die Frage, ob die Regelungen beim Abschluss der [X.] als „Gesamtpaket“ verhandelt wurden, kommt es - anders als die Beklagte meint - nicht entscheidend an.

4. Die Ansprüche des [X.] sind nicht durch die [X.] der [X.] vom 6. September 2018 gemäß § 389 BGB erloschen. Zum Zeitpunkt der [X.] bestand - unabhängig von der Frage ihrer hinreichenden Bestimmtheit - jedenfalls keine Aufrechnungslage. § 387 BGB setzt für eine Aufrechnung voraus, dass zwei Personen einander gleichartige Leistungen schulden, die Aktivforderung durchsetzbar und die Passivforderung erfüllbar ist. Die Beklagte hatte keine Forderung aus § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB. Mit dem [X.] lag für die entsendungsbedingten Zulagen und sonstigen Leistungen eine wirksame Rechtsgrundlage vor. Die Zahlungen sind daher nicht „ohne rechtlichen Grund“ erfolgt.

5. Die hiernach bestehenden Ansprüche sind - soweit sie noch streitgegenständlich sind - nicht verfallen. Dies hat das [X.] zutreffend erkannt. Der Kläger hat mit seinem Geltendmachungsschreiben vom 3. November 2017 die dreimonatige tarifvertragliche Ausschlussfrist nach § 16 Nr. 1.2 M[X.]V 2008 bzw. nach dem ab dem 1. Januar 2019 geltenden § 16 Nr. 1.2 M[X.]V 2018 für seine [X.] ab August 2017 gewahrt. Ansprüche für Juli 2017 sind nach der vorinstanzlichen übereinstimmenden Erledigungserklärung nicht mehr streitgegenständlich. Die Geltendmachung konnte unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls die zukünftigen, noch nicht fälligen Ansprüche mit einbeziehen und tat dies auch.

a) [X.] des [X.] umfasst sowohl die bereits vorgenommenen als auch alle zukünftigen Abzüge aufgrund des [X.]. Dies ergibt seine Auslegung, wie das [X.] zutreffend erkannt hat.

aa) Es kann dahinstehen, ob die entsprechende Würdigung des [X.]s nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle unterliegt. Grundsätzlich ist von den [X.]atsacheninstanzen festzustellen, ob die Handlung einer [X.] zur Geltendmachung eines Anspruchs ausreicht. Die dabei vorgenommene Auslegung ist regelmäßig in der Revisionsinstanz ebenso wie die Auslegung nichttypischer [X.]erklärungen nur daraufhin überprüfbar, ob sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt und ob sie rechtlich möglich ist (vgl. [X.] 23. Februar 2022 - 4 [X.] 354/21 - Rn. 67; 17. November 2021 - 4 [X.] 77/21 - Rn. 35). Vorliegend dürften - wie diverse Parallelverfahren nahelegen - die vom [X.] betroffenen Arbeitnehmer jedoch ein „Muster-Geltendmachungsschreiben“ verwendet haben, so dass es sich um eine revisionsrechtlich voll überprüfbare typische Erklärung handeln könnte (vgl. dazu [X.] 27. Mai 2020 - 5 [X.] 101/19 - Rn. 12). Da die Auslegung des [X.]s auch einer solchen Überprüfung standhält, bedarf dies keiner abschließenden Entscheidung.

[X.]) Der Kläger hat mit seiner Geltendmachung vom 3. November 2017 die Rückzahlung aller nach dem [X.] erfolgenden Einbehalte verlangt. Sie erfasst sowohl die bereits vorgenommenen Abzüge als auch die im [X.] und in den Folgejahren noch vorzunehmenden. Dies zeigt bereits der Wortlaut des Schreibens. Zwar ist die Betreffzeile auf das [X.] beschränkt, aus dem weiteren Inhalt ergibt sich jedoch mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Kläger sich gegen das [X.] und die darauf beruhenden Abzüge insgesamt und ohne zeitliche Begrenzung für die gesamte Dauer der Auslandstätigkeit wendet. Im Hinblick auf deren im November 2017 bereits feststehende Fortdauer über den 31. Dezember 2017 hinaus ist folgerichtig anzunehmen, dass sich die Forderung, keine Hypotax-Abzüge mehr vorzunehmen, auf die gesamte Dauer der Entsendung bezieht. Entgegen der Auffassung der [X.] macht der Kläger die Einbehalte auch nicht nur für die Jahre geltend, in denen die hypothetische Steuer höher als die tatsächliche Steuer im Gastland ist. Indem er im zweiten Absatz seines Schreibens ausführt, er sei Steuerschuldner in [X.] und zahle die Steuern, erklärt er, dass er für die Steuerzahlungen in [X.] im Innenverhältnis keinen Ausgleich begehrt. Die von der [X.] für 2017 (und danach) unmittelbar abgeführten Steuern lässt er sich anrechnen, weil er dadurch von einer Verbindlichkeit frei geworden ist.

b) Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls war es dem Kläger möglich, seine Ansprüche bezüglich der Abwicklung des [X.] auch schon vor deren Entstehung und Fälligkeit gegenüber der [X.] geltend zu machen.

aa) Die Geltendmachung eines Anspruchs nach § 16 Nr. 1.1 M[X.]V 2008 bzw. M[X.]V 2018 setzt nach dessen Wortlaut eine Geltendmachung nach der Fälligkeit voraus. Andernfalls liegt kein Anspruch vor, der geltend gemacht werden könnte. Eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs widerspricht grundsätzlich auch dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Der Anspruchsgegner soll vor der Verfolgung von Ansprüchen bewahrt werden, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht zu rechnen braucht. In Ausnahmefällen können Sinn und Zweck der Ausschlussfrist aber die Möglichkeit der Geltendmachung eines Anspruchs auch schon vor dessen Entstehen gebieten. Wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht, kann der Zweck der tariflichen Ausschlussfrist, dem Schuldner zeitnah Gewis[X.]eit zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, auch durch eine einmalige Geltendmachung erreicht werden ([X.] 3. Juli 2013 - 4 [X.] 476/12 - Rn. 44 f.; 16. Januar 2013 - 10 [X.] 863/11 - Rn. 28 ff., [X.]E 144, 210). Dies gilt insbesondere dann, wenn allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen im Streit steht; in einem solchen Fall besteht für den Schuldner kein Zweifel darüber, was von ihm verlangt wird und der Gläubiger darf ohne Weiteres davon ausgehen, dass er seiner Obliegenheit zur Geltendmachung Genüge getan hat ([X.] 3. Juli 2013 - 4 [X.] 476/12 - Rn. 45).

[X.]) So lag es hier. Zwischen den [X.]en stand ausschließlich der von der [X.] einbehaltene Abzug für das [X.] im Streit. Die Beklagte wusste, was der Kläger von ihr verlangte, und kannte auch die Höhe der Forderungen, weil sie selbst die Abzüge berechnete. Damit war der Warnfunktion der Geltendmachung Genüge getan.

c) Da das Geltendmachungsschreiben des [X.] vom 3. November 2017 hiernach alle während der Entsendung zukünftig noch vorzunehmenden Hypotax-Abzüge umfasste, steht die tarifliche Ausschlussfrist den [X.]n aus den Jahren 2018 und 2019 nicht entgegen. Auf die zwischen den [X.]en streitige Frage, auf welche monatlichen [X.] sich die Steuerzahlungen der [X.] in [X.] für die Jahre 2018 und 2019 bezogen, kommt es daher nicht an.

6. Der Kläger hat mit seiner Zustimmung zu den Regelungen des [X.]s nicht wirksam auf die Zahlung des tariflichen Bruttogehalts verzichtet. Ein Verzicht scheitert schon an der fehlenden Billigung des [X.] durch die [X.]arifvertragsparteien, § 4 Abs. 4 Satz 1 [X.]VG.

7. Die geltend gemachten Zinsen kann der Kläger nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB beanspruchen.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    [X.]    

        

    Biebl    

        

    Bubach    

        

        

        

    Markhof    

        

    Abel    

                 

Meta

5 AZR 503/21

07.09.2022

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 4. Februar 2021, Az: 15 Ca 92/18, Urteil

Art 8 Abs 2 S 1 EGV 593/2008, Art 8 Abs 2 S 2 EGV 593/2008, § 3 Abs 1 TVG, § 4 Abs 1 S 1 TVG, § 362 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.09.2022, Az. 5 AZR 503/21 (REWIS RS 2022, 7885)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 7885

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