Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.09.2005, Az. IV ZR 153/04

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1854

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS IV ZR 153/04
vom 14. September 2005 in dem Rechtsstreit

- 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.]

am 14. September 2005

beschlossen:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 27. Mai 2004 wird insoweit [X.], als die Berufung der Beklagten gegen die Abwei-sung ihrer Widerklage betreffend die Einräumung von Mitei-gentum an dem Grundstück [X.] 120 sowie Auskunft über die Einnahme aus diesem Grundstück seit dem Erbfall zurückgewiesen worden ist.

Im übrigen wird die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 27. Mai 2004 zurückgewie-sen.

Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Streitwert bis zum 14. September 2005: 101.483,47 •, für das weitere Verfahren 52.500,00 •.
- 3 -

Gründe:

[X.] Das [X.] hat die Beklagte verurteilt, der Auszahlung des Guthabens eines dem Geschäftsbetrieb des Erblassers, des [X.] der Parteien, zuzuordnenden [X.] in Höhe von 12.858,45 • an den Kläger aufgrund eines Vorausvermächtnisses im Erbvertrag der [X.] der Parteien zuzustimmen. Soweit die Beklagte die Feststellung ih-rer Alleinberechtigung an vier weiteren Nachlasskonten, die Übertragung eines Drittels an dem Grundstück [X.] 120 sowie hinsichtlich dieses Objekts Auskunft über die seit dem Erbfall gezogenen Einkünfte begehrt, ist ihre Widerklage vom [X.] abgewiesen worden. Ihre Berufung blieb ohne Erfolg. Die Beklagte möchte mit der Revision, die vom Berufungsgericht nicht zugelassen worden ist, ihre Schlussanträge aus zweiter Instanz in vollem Umfang weiterverfolgen.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht sie zwei Zulassungs-gründe geltend: Zum einen sei ihr Vortrag unter Verletzung u.a. von § 296 ZPO und Art. 103 Abs. 1 GG zu Unrecht zurückgewiesen worden, der Erblasser habe ihr die Nachlasskonten zu seinen Lebzeiten nicht - wie die Vorinstanzen angenommen haben - als eine diese Miterben be-einträchtigende, vom Erbvertrag der Eltern abweichende Schenkung, sondern als Entgelt dafür übertragen, dass die Beklagte ihren Brüdern auf Veranlassung des Erblassers Miteigentum an einem der Beklagten allein gehörenden [X.] eingeräumt habe. Zum anderen wendet sich die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Auffassung der Vorinstanzen, der Erblasser habe das Grundstück [X.] 120 zu seinen Lebzeiten den beiden Brüdern der Klägerin übertragen dürfen, ohne dass dies als beeinträchtigende, dem Erbvertrag widersprechende 1 2 - 4 -

Schenkung gewertet werden könne, weil die Verfügung durch ein [X.] Eigeninteresse des Erblassers, nämlich einen Ausgleich für [X.] der Beklagten zu schaffen, gerechtfertigt sei. Insoweit hält die Beschwerde die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeu-tung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für [X.].

I[X.] 1. Soweit die Beklagte ihre Verurteilung im Umfang der Klage-forderung mit der Revision angreifen möchte, sind die vorgetragenen Zu-lassungsgründe nicht erheblich. In Betracht kommen insoweit nur die [X.] der Beklagten gegen die Zurückweisung ihres Vorbringens zur Entgeltlichkeit der lebzeitigen Kontenübertragungen als verspätet. Das Berufungsgericht stützt die Klageforderung indessen auf §§ 2174, 2288 Abs. 2 Satz 1 BGB. Danach kommt es nicht darauf an, ob der Erblasser den erbvertraglich vermachten Gegenstand entgeltlich oder unentgeltlich weiterübertragen und damit dem Nachlass entzogen hat. Vielmehr ist die Beklagte als [X.] unabhängig davon verpflichtet, der Erfüllung des erbvertraglichen Vermächtnisses zugunsten des [X.] zuzustimmen (§ 2058 BGB). Darauf weist das Berufungsgericht in seinem Urteil aus-drücklich hin. Damit setzt sich die Beklagte in der Nichtzulassungsbe-schwerde nicht auseinander.

2. Soweit die Beklagte die Feststellung begehrt, dass sie an den vier weiteren Konten aus dem Nachlass des [X.] der Parteien mit ei-nem Wert von insgesamt 67.734,41 • aufgrund lebzeitiger Übertragung des Erblassers allein berechtigt sei, haben die Vorinstanzen die [X.] abgewiesen, weil die Beklagte, wenn ihr die Konten überhaupt 3 4 - 5 -

wirksam übertragen worden seien, deren Gegenwert nach § 2287 Abs. 1 BGB aufgrund des Erbvertrages der Eltern der Parteien zu zwei Dritteln an ihre Brüder herauszugeben habe. Ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers daran, die Konten allein der Beklagten zukommen zu lassen, sei nicht erkennbar. Den Vortrag der Beklagten, der Erblasser habe ihr die Konten nicht geschenkt, sondern als Entgelt dafür übertragen, dass sie auf seine Veranlassung ihren Brüdern Miteigentum an dem der [X.] allein gehörenden [X.] eingeräumt habe, haben die Vorinstanzen als verspätet zurückgewiesen. Die insoweit in der Nichtzu-lassungsbeschwerde erhobenen [X.] sind unbegründet und rechtferti-gen die Zulassung der Revision auch nicht wegen einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG.

a) Nach Vorliegen der Klageerwiderung sowie der Stel[X.] des [X.] und des [X.] zur Widerklage hat das [X.] zur Vorbereitung des Termins zur ersten mündlichen Verhandlung am 21. August 2002 in einer Verfügung vom 4. Februar 2002 u.a. den Hinweis gegeben, in Bezug auf die streitige Abtretung der Konten sei zu klären, ob § 2287 BGB Platz greife; auch insoweit wurde den Parteien eine Frist zur Stel[X.] von vier Wochen gesetzt. Zu Unrecht rügt die Beschwerde, die Dauer dieser Frist sei unklar. Der vorliegende Fall unterscheidet sich vielmehr deutlich von demjenigen, der dem von der Beschwerde zitierten Beschluss des [X.], 1453, 1454 zugrunde lag. Die Frist ist auf der Grundlage der (in der Verfügung nicht ausdrücklich genannten) Vorschrift des § 273 Abs. 2 Nr. 1 ZPO gesetzt worden; einer Belehrung über die Folgen einer [X.] bedurfte es daher nicht (anders als nach §§ 276 Abs. 2, 277 Abs. 2 ZPO). Inhaltlich sind die Anforderungen an die aufgegebene [X.] - 6 -

[X.] zwar - dem Stand des [X.] bis zu dieser Aufklä-rungsverfügung entsprechend - vom [X.] nicht näher konkretisiert worden; damit war die Auflage aber auch nicht etwa unklar oder missver-ständlich (vgl. [X.], Urteil vom 15. März 1990 - [X.] - NJW-RR 1990, 856 unter [X.]). Das [X.] hat in der Verfügung vom 4. Februar 2002 auf die Darlegungs- und Beweislast zu § 2287 BGB zwar nicht ausdrücklich hingewiesen. Das entband die Beklagte jedoch nicht davon, sich gemäß § 138 Abs. 1 ZPO zu erklären, zumal sie - [X.] als der Kläger und der [X.] zu 2), die sich bereits mit Schriftsatz vom 18. März 2002 zu der streitigen Frage geäußert haben - an den Vereinbarungen mit dem Erblasser über dessen hier streitige Konten unmittelbar beteiligt war. Die Beklagte war daher verpflichtet, [X.] einmal die Umstände darzulegen, die den Erblasser nach ihrer Meinung bewogen haben konnten, zu ihren Gunsten zu verfügen (vgl. [X.]Z 66, 8, 16 f.; 97, 188, 192 f.).

b) Erst lange nach Ablauf der gesetzten Frist und nachdem das [X.] am Schluss seiner zweiten mündlichen Verhandlung am 12. März 2003 weiteren Termin auf den 8. Oktober 2003 bestimmt hatte, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 29. August 2003 erstmals vorgetra-gen, die Abtretung der Sparkonten sei nicht - wie § 2287 BGB voraus-setzt - unentgeltlich erfolgt, sondern als Gegenleistung für die Übertra-gung von zwei Dritteln Miteigentumsanteilen an dem der Beklagten allein gehörenden Grundstück [X.] 2 an die Brüder. Daraufhin hat das [X.] der Beklagten mit Verfügung vom 9. September 2003 aufge-geben, nähere Umstände für die behauptete Vereinbarung vorzutragen und klarzustellen, ob der von ihr erwähnte, bereits vernommene Zeuge nunmehr zu deren Beweis benannt werde. Auch wenn das [X.] in 6 - 7 -

der Verfügung vom 9. September 2003 nicht auf den Ablauf der bereits gesetzten Frist hingewiesen hat, konnte die anwaltlich vertretene [X.] angesichts dieser Verfügung nicht davon ausgehen (wie die Be-schwerde meint), dass die ihr aufgegebene Substantiierung nicht mehr als verspätet angesehen, sondern in jedem Fall berücksichtigt werde. Vielmehr war das [X.] gehalten, auch verspäteten Vortrag nach Möglichkeit noch zu berücksichtigen, soweit sich eine Verzögerung des Rechtsstreits durch vorbereitende Maßnahmen vermeiden ließ (vgl. [X.]Z 75, 138, 142 f.).

c) Der Verfügung vom 9. September 2003 kam die Beklagte inner-halb der darin gesetzten Frist mit Schriftsatz vom 15. September 2003 nach. Gleichwohl lud das [X.] den Zeugen nicht schon bei [X.] dieses Schriftsatzes zu dem bereits anberaumten Verhandlungs-termin am 8. Oktober 2003, sondern gab zunächst der Gegenseite Gele-genheit zur Stel[X.], die auf eine Woche befristet, auf deren [X.] dann aber um eine weitere Woche verlängert wurde. Die Stellung-nahme des [X.] und des [X.] zu 2) ging fristgerecht am 4. Oktober 2003, einem Samstag, beim [X.] ein. Darin traten sie dem Vorbringen der Beklagten zur Entgeltlichkeit substantiiert entgegen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts war die Verlängerung der Frist zur Stel[X.] des [X.] und [X.]n angemessen u.a. im Hinblick darauf, dass sie an den streitigen Vorgängen anders als die [X.] nicht unmittelbar beteiligt waren. Eine Ladung des von der [X.]n benannten Zeugen zum Verhandlungstermin am Mittwoch, dem 8. Oktober 2003, sei dem [X.] am Montag, dem 6. Oktober 2003, als die Stel[X.] des [X.] und des [X.]n zu 2) vorlag, nicht mehr zuzumuten gewesen. 7 - 8 -

Diese Würdigung ist nicht zu beanstanden. Wie aus § 273 Abs. 3 ZPO zu entnehmen ist, besteht für das Gericht keine Verpflichtung zu vorbereitenden Maßnahmen wie der Ladung eines Zeugen, solange nicht aufgrund des Vortrags der Gegenseite im Prozess feststeht, ob und in welchem Umfang eine Beweisaufnahme erforderlich sein wird ([X.], Ur-teil vom 30. September 1986 - [X.] - NJW 1987, 499 unter 3). Das Gericht ist auch nicht verpflichtet, eine Verzögerung des Verfahrens in-folge verspäteten Vorbringens durch besondere Eilanordnungen außer-halb des üblichen Geschäftsgangs auszugleichen ([X.], Urteil vom 13. Februar 1980 - [X.] - NJW 1980, 1102 unter [X.]). Die Beklagte hätte den Zeugen, auf den es nach der Verfügung des [X.]s vom 9. September 2003 ersichtlich ankam, vielmehr von sich aus zur mündlichen Verhandlung am 8. Oktober 2003 stellen können. Eines besonderen Hinweises darauf, der ohnehin im normalen Geschäftsgang nicht mehr rechtzeitig möglich gewesen wäre, bedurfte es hier nicht (vgl. zu einem besonderen Fall [X.], Urteil vom 25. März 1980 - [X.] - NJW 1980, 1848 unter 3).

d) Wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, war es grundsätz-lich zwar Sache der [X.] und nicht der Beklagten als der Empfängerin von Zuwendungen des Erblassers, die Voraussetzungen der Vorschrift des § 2287 BGB vorzutragen und zu beweisen. Weder aus der schriftlichen Erklärung des Erblassers über die Abtretung der Konten vom 19. November 1998, die die Beklagte für echt hält, noch aus der schriftlichen Vereinbarung vom 6. Dezember 1998, worin der Erblasser der Beklagten für die Übertragung von Miteigentum zugunsten der [X.] an dem Grundstück [X.] 2 die Zahlung von 315.000 DM bis zur 8 9 - 9 -

Fälligkeit einer entsprechenden, als Festgeld angelegten Summe Ende Juni 1999 verspricht, noch aus dem notariellen Vertrag über die Einräu-mung von Miteigentum zugunsten der Brüder vom 23. Dezember 1998 ergibt sich aber ein Hinweis darauf, dass der Erblasser das Entgelt für die Übertragung des Miteigentums gerade durch Abtretung der hier strei-tigen Konten aufbringen wollte. Das Berufungsgericht hat das Gegenteil aus der die Frage der Gegenleistung des Erblassers regelnden Urkunde vom 6. Dezember 1998 entnommen, die die Vermutung der Vollständig-keit und Richtigkeit für sich habe. Die insoweit erhobene Rüge der [X.] ist nicht begründet. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass sich die [X.], auch wenn sie an der [X.] dieser Urkunde persönlich nicht beteiligt waren, dennoch als Rechtsnachfolger des Erblassers auf deren Vermutungswirkung berufen können. Mithin war es hier Sache der Beklagten, die von ihr behauptete Zweckbestimmung der Kontenübertragung zu beweisen.

3. Im Übrigen beansprucht die Beklagte mit ihrer Widerklage auf-grund von § 2287 BGB das Miteigentum in Höhe eines Drittels an dem mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstück [X.] 120 so-wie Auskunft über die aus diesem Objekt seit dem Erbfall gezogenen Einkünfte. Dieses Grundstück war im Erbvertrag der Eltern nach deren Tod allen drei Kindern zu gleichen Teilen als Vorerben zugedacht [X.]. Insoweit handelt es sich um einen rechtlich und tatsächlich selb-ständigen Teil des gesamten Streitstoffs, der vom rechtlichen Schicksal 10 - 10 -

der unter [X.] und 2 behandelten anderen Gegenstände dieses [X.] unabhängig ist (vgl. [X.]Z 153, 358, 361 f.). Bezüglich dieses Teils lässt der Senat die Revision zu.

Terno [X.] [X.]

Dr. [X.]

Dr. [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.11.2003 - 9 O 385/01 - [X.], Entscheidung vom 27.05.2004 - 5 U 1477/03 -

Meta

IV ZR 153/04

14.09.2005

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.09.2005, Az. IV ZR 153/04 (REWIS RS 2005, 1854)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1854

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