Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 08.04.2014, Az. 4 B 5/14

4. Senat | REWIS RS 2014, 6506

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Gegenstand

Anforderungen an die Befürchtung einer Splittersiedlungsverfestigung


Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Das [X.]eschwerdevorbringen ergibt nicht, dass die Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache zuzulassen wäre.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der [X.]eschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des [X.]undesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, so bereits [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91>; siehe auch [X.]eschluss vom 1. Februar 2011 - [X.]VerwG 7 [X.] - juris Rn. 15). Daran fehlt es hier.

4

Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob bei der [X.]eurteilung eines Vorhabens im Außenbereich, welches entsprechend den Maßstäben des § 34 Abs. 1 Satz 1 [X.]auG[X.] als [X.]aulücke einzustufen ist, eine negative Vorbildwirkung auf in unmittelbaren [X.] benachbarte Grundstücke, deren [X.]ebauung die [X.] beabsichtigt, im Zuge der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans von bisher planerisch bedeutsamer Grünfläche in 'Wohnbaufläche' darzustellen, ausüben kann."

5

Die Frage bedarf zunächst der Auslegung. Der Klägerin geht es offensichtlich darum, klären zu lassen, ob von einer negativen Vorbildwirkung eines [X.]auvorhabens im Außenbereich und damit von einer Verfestigung bzw. Erweiterung einer Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 [X.]auG[X.]) auch dann auszugehen ist, wenn die unmittelbar angrenzenden Nachbargrundstücke nach einer von der Gemeinde bereits eingeleiteten, aber noch nicht abgeschlossenen Änderung des Flächennutzungsplans zukünftig als Wohnbauflächen dargestellt werden sollen. In dieser Form wäre die Frage zwar einer allgemeinverbindlichen Klärung zugänglich. Sie führt gleichwohl nicht zur Zulassung der Revision, weil sie auf einen Sachverhalt abstellt, den der Verwaltungsgerichtshof so nicht festgestellt hat.

6

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs führt das klägerische Vorhaben zu einer unerwünschten Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung. Der Grund hierfür liege in der weitreichenden negativen Vorbildwirkung, die das [X.]auvorhaben auf die drei unmittelbar benachbarten Grundstücke ([X.]. 496/8, 496 und 498/3) sowie auf das Grundstück [X.]. 498 besitze. Auf diesen vier Grundstücken sei das [X.]auvorhaben der Klägerin geeignet, den Wunsch nach weiterer Wohnbebauung entstehen zu lassen bzw. zu verstärken. Dieser ließe sich dort aufgrund der Größe und des Zuschnitts der Grundstücke sowie der Situierung der [X.]estandsgebäude ohne weiteres erfüllen, wenn auch auf dem Grundstück [X.]. 498/3 erst nach Abriss der in seinem nördlichen Teil vorhandenen Garage mit Nebengebäude ([X.], 9). Ferner stellt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass im Zuge der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans beabsichtigt sei, die [X.]ebauung entlang der [X.] und der [X.] (Nr. 14 - 20) als Wohnbaufläche darzustellen ([X.]; Niederschrift über den Ortstermin vom 24. Oktober 2013, [X.]). An diese mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen ist der Senat gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Folglich ist davon auszugehen, dass allenfalls die Grundstücke [X.]. 496 und 496/8 zukünftig als Wohnbauflächen dargestellt werden, es jedoch bei den Grundstücken [X.]. 498/3 und 498 bei der Darstellung "Grünfläche" verbleibt.

7

Im Übrigen lässt sich die umstrittene Rechtsfrage, ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf, auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung ohne weiteres beantworten (z.[X.]. [X.]eschlüsse vom 13. März 1992 - [X.]VerwG 4 [X.] 39.92 - NVwZ 1993, 268 = juris Rn. 11 und vom 12. Juli 2012 - [X.]VerwG 4 [X.] 13.12 - [X.]uchholz 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 214 Rn. 3).

8

Nach der Rechtsprechung des Senats reicht es für den Tatbestand des [X.]efürchtens der Verfestigung einer Splittersiedlung aus, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das jetzt beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen (Verfestigung einer Splittersiedlung) versagt würde, mit der Genehmigung also ein sog. [X.]erufungsfall geschaffen würde (vgl. etwa Urteil vom 19. April 2012 - [X.]VerwG 4 [X.] 10.11 - [X.]uchholz 406.11 § 35 [X.]auG[X.] Nr. 386 = juris Rn. 22). Mit der Versagung der Genehmigung soll bereits "den Anfängen gewehrt" werden ([X.]eschluss vom 2. September 1999 - [X.]VerwG 4 [X.] 27.99 - [X.]uchholz 406.11 § 35 [X.]auG[X.] Nr. 340 = juris Rn. 6; siehe auch Urteile vom 13. Februar 1976 - [X.]VerwG 4 [X.] 72.74 - [X.]uchholz 406.11 § 35 [X.][X.]auG Nr. 123 = juris Rn. 21 und vom 25. Januar 1985 - [X.]VerwG 4 [X.] 29.81 - [X.]uchholz 406.11 § 35 [X.][X.]auG Nr. 223 = juris Rn. 11). Dabei kommt es für die [X.]eurteilung der Frage, ob die Genehmigung eines Vorhabens im Außenbereich im Hinblick auf eine Vorbildwirkung für weitere [X.]auvorhaben zur Verfestigung einer Splittersiedlung führt, nicht auf eine abschließende bebauungsrechtliche Prüfung zu "befürchtender" Folgevorhaben, insbesondere nicht auf die Prüfung einer etwaigen [X.]eeinträchtigung anderer öffentlicher [X.]elange durch ein Folgevorhaben, an ([X.]eschluss vom 2. September 1999 a.a.[X.] = juris Rn. 8). Das gilt in gleicher Weise für den Tatbestand des [X.]efürchtens der Erweiterung einer Splittersiedlung. Der öffentliche [X.]elang der Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung wird nicht dadurch entkräftet, dass der Entwurf eines Flächennutzungsplans den Teil des Grundstücks als [X.]aufläche darstellt, den der [X.]auherr bebauen will, denn Darstellungen eines Flächennutzungsplans haben unmittelbar keine solche positive Wirkung, sondern allenfalls Indizwirkung für tatsächliche, [X.] öffentlicher [X.]elange abschwächende Umstände (Urteil vom 25. Januar 1985 a.a.[X.] juris Rn. 12). Der dem klägerischen Vorhaben entgegenstehende öffentliche [X.]elang der Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung entfällt folglich nicht dadurch, dass Teile der Umgebungsbebauung zukünftig als Wohnbauflächen dargestellt werden sollen; er verliert - wenn überhaupt - allenfalls an Gewicht. Das gilt umso mehr, als die intendierte Änderung des Flächennutzungsplans noch gar nicht wirksam oder - als frühest denkbarer Zeitpunkt - zumindest "planreif" ist (vgl. Urteil vom 13. März 2003 - [X.]VerwG 4 [X.] 3.02 - [X.]uchholz 406.11 § 35 [X.]auG[X.] Nr. 356 = juris Rn. 31). Einen darüber hinaus gehenden Klärungsbedarf zeigt die [X.]eschwerde nicht auf.

9

2. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Klägerin legt nicht dar, dass das angefochtene Urteil von Entscheidungen des [X.]undesverwaltungsgerichts abweicht.

Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich, dass die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.]undes oder des [X.]undesverfassungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat ([X.]eschlüsse vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.]uchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 und vom 13. Juli 1999 - [X.]VerwG 8 [X.] 166.99 - [X.]uchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

a) Die behauptete Divergenz zum Urteil des [X.]undesverwaltungsgerichts vom 22. Juni 1990 - [X.]VerwG 4 [X.] 6.87 - ([X.]uchholz 406.11 § 35 [X.]auG[X.] Nr. 261) liegt schon deshalb nicht vor, weil diese Entscheidung zur [X.]eeinträchtigung des in § 35 Abs. 3 [X.]auG[X.] nicht ausdrücklich genannten öffentlichen [X.]elangs des Umfangs bzw. des Maßes der baulichen Nutzung eines [X.] ergangen ist, während es vorliegend um die Frage der [X.]eeinträchtigung des in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 [X.]auG[X.] genannten öffentlichen [X.]elangs der Erweiterung und Verfestigung einer Splittersiedlung durch das klägerische Vorhaben geht.

b) Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs weicht auch nicht von dem Urteil vom 26. Mai 1967 - [X.]VerwG 4 [X.] 25.66 - ([X.]VerwGE 27, 137 = [X.]uchholz 406.11 § 35 [X.][X.]auG Nr. 41) ab. Der Senat hat in dieser Entscheidung zwar ausgesprochen, dass bei der Anwendung des § 35 [X.][X.]auG/[X.]auG[X.] die Lage eines Grundstücks in unmittelbaren [X.] an den Geltungsbereich eines [X.]ebauungsplans nicht gänzlich außer [X.]etracht bleiben dürfe (a.a.[X.] - juris Rn. 15). Eine Divergenz zu diesem Rechtssatz scheidet aber schon deshalb aus, weil das Grundstück der Klägerin nach den für den Senat bindenden Feststellungen des [X.]erufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) nicht an einen durch [X.]ebauungsplan überplanten [X.]ereich angrenzt. Die Nachbargrundstücke sind nicht überplant und im Flächennutzungsplan des [X.]eigeladenen derzeit als planerisch bedeutsame Grünflächen dargestellt.

Einen Rechtsgrundsatz, wonach "ein [X.]augrundstück, das sich nach tatsächlicher [X.]etrachtung als [X.]aulücke darstellt, über eine besondere Lage verfügt, welche bei einer Genehmigung des Vorhabens die [X.]ebauung auch der sonst benachbarten oder in der Nähe belegenen Grundstücke als Folgewirkung ausschließt oder doch jedenfalls nicht ernstlich erwarten lässt", hat der Senat im Urteil vom 26. Mai 1967 (a.a.[X.]) nicht aufgestellt. [X.]ei den fraglichen Ausführungen, auf die die [X.]eschwerde offensichtlich abstellt (a.a.[X.] - juris Rn. 16), handelt es sich nicht um einen Rechtssatz, sondern um die Rechtsanwendung in dem konkreten Fall.

Meta

4 B 5/14

08.04.2014

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 31. Oktober 2013, Az: 1 B 13.794, Urteil

§ 35 Abs 3 S 1 Nr 7 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 08.04.2014, Az. 4 B 5/14 (REWIS RS 2014, 6506)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6506

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Referenzen
Wird zitiert von

M 9 K 16.1968

M 9 K 15.2789

M 11 K 15.3923

M 9 K 15.2788

M 11 K 15.692

AN 3 K 20.00288

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