Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2006, Az. XII ZB 245/04

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3219

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[X.][X.] 245/04 vom 7. Juni 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1 Im Berufungsverfahren sind vor Inkrafttreten des [X.] am 1. August 2002 Kosten eines [X.] nur ausnahmsweise erstattungsfähig. Es genügt hierzu nicht, dass die [X.] in großer Entfernung vom Ort des Prozesses wohnt. Erstat-tungsfähig sind jedoch regelmäßig die fiktiven Kosten einer Informationsreise der [X.] zu ihrem Prozessbevollmächtigten am Sitz des Gerichts. [X.], Beschluss vom 7. Juni 2006 - [X.] 245/04 - [X.]/M. LG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 7. Juni 2006 durch die [X.] Richterin [X.] und [X.] Dr. [X.], Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 12. Zivilsenats des [X.] vom 27. September 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zu-rückverwiesen. Gegenstandswert: 1.580 • Gründe: [X.] Die [X.]en streiten um die Erstattung der Kosten eines [X.] [X.] für ein beim [X.] Frankfurt am Main - Senate in [X.] - vor Inkrafttreten des [X.] am 1. August 2002 anhängiges Berufungsverfahren. 1 Die Beklagte hat 1989 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin ein Hotel in [X.] gepachtet. In diesen Pachtvertrag ist die Klägerin ab 1. Dezember 1999 auf [X.] eingetreten. Das [X.] [X.] hat die [X.] - 3 - klagte mit Urteil vom 21. Februar 2002 verurteilt, der Klägerin für die [X.] vom 1. Dezember 1999 bis 30. Juni 2001 bezahlte Grundsteuer in Höhe von 73.614,02 • zu erstatten. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung einge-legt. Die Klägerin, die ihren Sitz in [X.] hat, beauftragte daraufhin eine [X.] in [X.], die sich mit Schriftsatz vom 15. Juni 2002 als Pro-zessbevollmächtigte der Klägerin beim Berufungsgericht bestellte. Die bisheri-gen [X.] Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurden als Verkehrsanwälte tätig. Nachdem das [X.] darauf hingewiesen hatte, dass es [X.], die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, nahm die Beklagte die Berufung zurück. Die Klägerin hat beim [X.] gegen die Beklagte Festsetzung u.a. der Gebühren und Auslagen ihrer Verkehrsanwälte in Höhe von brutto 1.832,80 • beantragt. Hilfsweise hat sie insoweit die Festsetzung der Kosten einer fiktiven Informationsreise von [X.] nach [X.] in Höhe von 601,62 • begehrt. Die Rechtspflegerin hat die genannten Gebühren und Auslagen auf netto 1.580 • festgesetzt. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde der Beklagten, die die Gebühren und Auslagen der Verkehrsanwälte für nicht erstattungsfähig hielt, als unbegründet zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde hat es zugelassen. Mit ihr sucht die Beklagte die Absetzung der Gebühren und Auslagen der Verkehrsanwälte in Höhe von 1.580 • zu erreichen. 3 I[X.] 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Nach seiner ständigen Recht-sprechung zur Erstattungsfähigkeit der Kosten eines [X.] könnten 4 - 4 - die [X.]en in jeder Tatsacheninstanz, also auch in der Berufung, den Sach- und Streitstand mit einem Rechtsanwalt ihres Vertrauens besprechen, ohne später Nachteile bei der Kostenerstattung befürchten zu müssen, wenn die [X.] zum Prozessbevollmächtigten am Ort des [X.] und dessen unmittelbare Information wegen der Entfernung nicht zumutbar sei. Diese Vor-aussetzungen seien bei der in [X.] ansässigen Klägerin gegeben gewesen. Der Sachverhalt sei auch nicht so einfach gelagert, dass sich die Klägerin, die über keine Rechtsabteilung verfüge, ausnahmsweise auf eine schriftliche oder fernmündliche Information ihrer zweitinstanzlich erstmals beauftragten Pro-zessbevollmächtigten in [X.] hätte beschränken müssen. Die [X.] in [X.] seien mangels Tätigwerden in der ersten Instanz über den erstinstanzlich verhandelten Sachverhalt vollständig zu informieren gewesen. Zudem habe auf den neuen Vortrag der Beklagten auf der Grundlage ergän-zender Informationen erwidert werden müssen. 2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 5 Den Maßstab für die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Verkehrsan-walts legt § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO fest. Danach sind nur solche Kosten zu er-statten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidi-gung notwendig waren. Vor der Erweiterung der Postulationsfähigkeit der Rechtsanwälte war es in der Rechtsprechung der [X.]e und der Literatur weitgehend einheitliche Ansicht, dass die Einschaltung eines [X.], insbesondere im Berufungsverfahren, grundsätzlich nicht not-wendig ist und im Allgemeinen nur die Kosten einer oder ggf. mehrerer Informa-tionsreisen der auswärtigen [X.] zu ihrem Prozessbevollmächtigten erstat-tungsfähig sind (vgl. [X.] Juristisches Büro 1987, 270 f.; [X.] Rechtspfleger 1999, 463 f.; OLG Düsseldorf OLGR 2000, 41 f.; [X.] 2002, 542; [X.] Kostengesetze 35. Aufl. [X.] VV 3400 Rdn. 48 ff., 6 - 5 - 70 ff.; [X.] ZPO 22. Aufl. § 91 Rdn. 98 ff., 117 ff.; [X.]/[X.] ZPO 25. Aufl. § 91 Rdn. 13 "Verkehrsanwalt"; Musielak/[X.] ZPO 4. Aufl. § 91 Rdn. 27 ff., jeweils m.w.[X.]). Danach sind Kosten des [X.] nach den Umständen des Einzelfalls ausnahmsweise erstattungsfähig, wenn es der [X.] etwa wegen Krankheit oder sonstiger persönlicher Unfähigkeit unmöglich oder unzumutbar ist, den Prozessbevollmächtigten am entfernten Gerichtsort persönlich oder schriftlich und telefonisch zu informieren. Im [X.] kann die Beteiligung eines [X.] auch dann notwendig werden, wenn ein neuer tatsächlich oder rechtlich besonders schwieriger Prozessstoff in das Verfahren eingeführt wird ([X.] aaO Rdn. 117). Die Ansicht, dass die Einschaltung eines [X.] in der Regel, insbesondere im Berufungsverfahren, nicht erforderlich ist, hat auch der Bun-desgerichtshof gebilligt und in letzter [X.] bestätigt (vgl. [X.] Beschluss vom 21. September 2005 - [X.] - NJW 2006, 301 m.w.[X.]). Die [X.] Erstattungsfähigkeit der Kosten des [X.] beruht auf der gesetzli-chen Beschränkung seines Pflichtenkreises. Nach § 52 Abs. 1 [X.], jetzt [X.] VV 3400, führt er lediglich den Verkehr der [X.] mit dem [X.]. 7 Unter diesen Voraussetzungen war die Einschaltung eines Verkehrsan-walts durch die Beklagte nicht notwendig. Zwar macht die Klägerin in der Be-schwerdeerwiderung geltend, die Beklagte habe in der Berufungsbegründung umfangreiche neue rechtliche Ausführungen getätigt und sich insbesondere auch erstmals auf ihr eigenes Schreiben vom 8. Februar 2000 an die Rechts-vorgängerin der Klägerin berufen. Dieser neue Vortrag habe daher mit der Klä-gerin ausführlich erörtert werden müssen. Ferner hätten im Hinblick auf den Vortrag in der Berufungsbegründung noch die Schreiben der [X.] - 6 - rin vom 26. Februar 2002, vom 29. Oktober 1999 und vom 16. November 1999 eingereicht werden müssen. 9 Dies erforderte jedoch nicht, auch wenn die Klägerin über keine eigene Rechtsabteilung verfügte, die Einschaltung der Verkehrsanwälte. Vielmehr war die Klägerin auch ohne ihre Verkehrsanwälte in der Lage, ihre in [X.] [X.] Prozessbevollmächtigten umfassend zu informieren, zumal der Rechtsstreit den Kernbereich der geschäftlichen Tätigkeit der Klägerin betraf. Auch kann keine Rede davon sein, dass der Klägerin eine etwaige [X.] nach [X.] wegen der großen Entfernung von [X.] nicht zumut-bar gewesen wäre. Vielmehr lässt sich eine solche Reise mit den heutigen [X.] an einem Tag in angemessener [X.] bewältigen. Allerdings sind die entstandenen [X.]kosten der Klägerin in Höhe der Kosten einer solchen fiktiven Informationsreise der Klägerin zu ihrem Prozessbevollmächtigten in [X.] erstattungsfähig. 10 Im Allgemeinen sind die durch die Beauftragung von [X.] entstehenden Kosten in Höhe der dadurch ersparten Kosten für [X.] der [X.] erstattungsfähig, wenn solche Reisen zweckmäßig gewesen wären (vgl. [X.]/[X.] aaO m.w.[X.]). Dies wird regelmäßig der Fall sein, da das grundsätzlich schützenswerte Interesse der [X.] anzuerkennen ist, ihren Prozessbevollmächtigten persönlich kennen zu lernen ([X.] Beschluss vom 16. Oktober 2002 - [X.]/02 - NJW 2003, 898, 900). Dies trifft auch für die Klägerin zu. Eine Informationsreise zu ihrem Prozessbevollmächtigten wäre daher eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung i.S. von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewesen. 11 Das Beschwerdegericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen zur Höhe der der Klägerin im Falle einer Informationsreise 12 - 7 - nach [X.] zustehenden Reisekosten getroffen. Im [X.] können diese Feststellungen nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V. mit § 559 ZPO). Der angefochtene Beschluss ist deshalb auf-zuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, um der Antragstellerin die Möglichkeit zu eröffnen, die [X.] der ersparten Reisekosten glaubhaft zu machen (§ 577 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 ZPO). Hahne [X.] [X.] Vézina Dose
Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 02.07.2004 - 3 O 320/01 - [X.]/Main, Entscheidung vom 27.09.2004 - 12 W 135/04 -

Meta

XII ZB 245/04

07.06.2006

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2006, Az. XII ZB 245/04 (REWIS RS 2006, 3219)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3219

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