Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.10.2019, Az. 27 W (pat) 538/18

27. Senat | REWIS RS 2019, 2104

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "JOKER Speed Shop (Wort-Bild-Marke)/FENDT Joker (Wort-Bild-Marke)" – Kostenentscheidung – kein Billigkeitsgrund zur Kostenauferlegung – keine Rückerstattung der Beschwerdegebühr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2017 212 480

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 29. Oktober 2019 durch den Vorsitzenden Prof. Dr. Kortbein, [X.] und die Richterin Werner

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des angefochtenen Beschlusses vom 23. Mai 2018 in [X.] wie folgt lauten muss:

„1. Der Antrag des Inhabers der angegriffenen Marke, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.“

2. Der Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerdegegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Für den Beschwerdeführer ist aufgrund der Anmeldung vom 19. April 2017 am 8. Juni 2017 die Marke 30 2017 212 480

Abbildung

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für die Waren der Klasse 12 „Motorgetriebene Fahrzeuge auf dem Lande“ und die Dienstleistungen der Klasse 41 „Filmproduktion; Produktion von Shows für das Fernsehen“ im Markenregister eingetragen worden. Die Eintragung ist am 14. Juli 2017 veröffentlicht worden.

3

Gegen die Eintragung hatte die Beschwerdegegnerin am 11. Oktober 2017 Widerspruch eingelegt aus der aufgrund der Anmeldung vom 8. Juni 1978 für die Waren der Klasse 12 „Wohnwagen, Mobilheime sowie deren Teile (auch als Ersatzteile)“ im Register seit dem 20. April 1979 durchgehend für die Beschwerdegegnerin eingetragenen und bei [X.] bis 30. Juni 2028 verlängerten Marke 984649

Abbildung

4

Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2017 hat der Beschwerdeführer beantragt, „den Widerspruch kostenpflichtig zurückzuweisen“ und dies u.a. damit begründet, weder die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.] noch diejenigen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] lägen vor. Denn die Marken wiesen „erhebliche Unterschiede in der grafischen und inhaltlichen Gestaltung und damit in der Gesamtaussage“ auf, so dass „weder die ältere eingetragene Marke in ihrer Erscheinungsform identisch - mit der neueingetragenen Marke des Antragstellers - ist, noch eine deckungsgleiche Überschneidung der eingetragenen Warengruppen aufweist“, die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „als gering anzusehen“ sei und in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht „nur eine geringe Ähnlichkeit festgestellt werden“ könne. Daher seien beide Marken im Gesamteindruck „derart unterschiedlich, dass eine Ähnlichkeit unter Berücksichtigung der vorgenannten Aspekte abzulehnen“ sei. Hierbei sei auch „einzustellen, dass die Widerspruchsmarke selbst in der geschützten Form [X.] heutzutage so nicht mehr von der [X.] verwandt wird“. Zum Kosten-

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antrag wurden dabei keine Ausführungen gemacht.

6

Wegen der zwischen den Beteiligten geführten Vergleichsgespräche hat die Beschwerdegegnerin am 7. März 2018 die Verlängerung der ihr vom [X.] mit Schreiben vom 3. Januar 2018 gesetzten Frist von zwei Monaten zur Stellungnahme auf den vorgenannten Schriftsatz des Beschwerdeführers bis zum 8. Mai 2018 beantragt. Die Verlängerung wurde antragsgemäß gewährt. Mit Schriftsatz vom 18. April 2018 hat die Beschwerdegegnerin ihren Widerspruch zurückgenommen. Auf die Anfrage des [X.]s vom 25. April 2018, ob der Beschwerdeführer seinen Kostenantrag aufrecht erhalte, hat dieser mit Schriftsatz vom 2. Mai 2018 mitgeteilt, dass dies der Fall sei; eine Begründung erfolgte hierfür nicht.

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Das [X.], Markenstelle für Klasse 41, hat durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes mit Beschluss vom 23. Mai 2018 folgende Entscheidung getroffen:

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„1. Der Antrag der Widersprechenden, dem Inhaber der angegriffenen Marke die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

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2. Der Gegenstandswert des Widerspruchsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.“

Zur Begründung ist ausgeführt:

Bei einer Rücknahme eines Widerspruchs komme eine Kostenauferlegung nach der Rechtsprechung nur in Betracht, wenn der Widerspruch in einer aussichtslosen Situation nicht unverzüglich zurückgenommen werde, also wenn an einem nicht (mehr) Erfolg versprechenden Widerspruch festgehalten werde. Ausgehend von diesen Grundsätzen entspreche es nicht der Billigkeit, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen. Sie habe nicht gegen prozessuale Sorgfaltspflichten verstoßen oder verfahrensfremde Ziele verfolgt. Sie habe insbesondere nicht bereits, indem sie Widerspruch gegen die Eintragung der jüngeren Marke erhoben habe, in einer für sie aussichtslosen Situation versucht, das Recht an ihrer Marke durchzusetzen. Die Situation sei für sie nicht völlig aussichtslos gewesen. Denn bei einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hätte der deutliche Markenabstand selbst bei [X.] zu einer Verneinung der Verwechslungsgefahr und damit zur Zurückweisung des Widerspruchs führen können. Andererseits hätte bei gesteigerter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke angesichts der gegebenen kollisionsfördernden Warennähe in Klasse 12 auch anders entschieden werden können. Angesichts dessen könne der Widersprechenden nicht entgegengehalten werden, dass sie in einer aussichtslosen Situation an ihrem Widerspruch festgehalten habe. Ein prozessualer Sorgfaltspflichtverstoß durch die Widersprechende sei auch nicht dadurch gegeben, dass sie nach Erhebung der Einrede mangelnder Benutzung ihren Widerspruch nicht sofort zurückgenommen habe, denn im Rahmen des rechtlichen Gehörs ist ihr Gelegenheit zu geben zu prüfen, ob die erforderlichen Benutzungsnachweise beigebracht werden könnten und ob ihr Recht an der Marke damit untermauert werden könnte oder nicht. Die Rücknahme des Widerspruches rechtfertige für sich genommen ebenfalls nicht die beantragte Kostenauferlegung. Eine einmalig beantragte Fristverlängerung zur Vorbereitung einer Einlassung in der Sache stehe dem nicht entgegen, sie stelle keine Verletzung der prozessualen Sorgfaltspflicht dar. Andere Anhaltspunkte, die die Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen angezeigt erscheinen ließen, seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Gegen diesen seinem Verfahrensbevollmächtigten am 28. Mai 2018 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer mit am 26. Juni 2018 beim [X.] eingegangenem Fax Beschwerde unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr eingelegt.

Der Beschwerdeführer trägt vor:

Der Widerspruch sei zurückgenommen worden, obwohl der Beschwerdeführer das Vergleichsangebot der Beschwerdegegnerin nicht angenommen habe. Das [X.] verkenne offensichtlich die in diesem Bereich ergangene Rechtsprechung, aus der sich das Gegenteil ergebe, nämlich dass im vorliegenden Fall die Kosten des Verfahrens gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] der Widerspruchsführerin aufzuerlegen seien. Der vormals verwandte Zusatz „[X.]“, der eine Typenbezeichnung eines Wohnwagenmodells dargestellt habe, werde nicht mehr verwandt, da er von der früheren, 1997 von der [X.] aufgekauften [X.] ausschließlich als Typenbezeichnung für die [X.] genutzt worden sei. Diese habe unter anderen Kennzeichnungen, zuletzt Abbildung

Wort- und Bildmarke AbbildungAbbildung

Die - anwaltlich vertretene und damit rechtskundige – Beschwerdegegnerin, die Firma [X.], hätte bei einer "sorgfältigen und auf Verfahrensförderung bedachten Prozessführung" diese Umstände ermitteln und erkennen können, um dann zu dem Schluss zu gelangen, dass sie zur Verwendung der Bild- und Wortmarke [X.]-[X.] nicht berechtigt gewesen sei. Die Erhebung des Widerspruches trotz der vorgenannten offensichtlichen Gegebenheiten, die der rechtskundigen Beschwerdegegnerin bekannt gewesen seien oder hätten bekannt sein müssen, stelle sich als grob sorgfaltswidrig dar. Dies seien nach der einschlägigen Rechtsprechung hinzutretende besondere Umstände, die gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] rechtfertigten, die Kosten des Widerspruchsverfahrens der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen. Zudem sei wegen der offensichtlichen Unähnlichkeit der Vergleichsmarken der Widerspruch der Fa. [X.] gänzlich unbegründet und die Rechtsverfolgung von vornherein erkennbar aussichtslos gewesen. Wenn überhaupt habe eine Übereinstimmung nur in einem offensichtlich schutzunfähigen Bestandteil, dem Wort „[X.]“, bestanden, wie die rechtskundige und rechtsberatene Beschwerdegegnerin selbst hätte erfassen können. Dies gelte umso mehr, da die Fa. [X.] selbst diesen Zusatz für ihre Produktpalette nicht genutzt

habe.

Der Beschwerdeführer beantragt wörtlich,

1) den Beschluss aufzuheben und antragsgemäß die Kosten des Widerspruchsverfahrens - einschließlich der Anwaltskosten - der Widerspruchsführerin (Inhaberin der [X.]) aufzuerlegen,

2) der Widerspruchsführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Der Sachverhalt werde vom Beschwerdeführer unrichtig dargestellt. Die Beschwerdegegnerin sei Inhaberin der Widerspruchsmarke und daneben auch der Wortmarke 397 61 950 „[X.]“. Damit sei sie zur Widerspruchserhebung berechtigt gewesen. Die Marken seien auch nicht unähnlich, sondern stimmten im Bestandteil „Joker“ überein, der zudem in der angegriffenen Marke dominant sei. Dieses Element sei auch unterscheidungskräftig.

II.

A. Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 [X.] zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde, über die ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, da keiner der Beteiligten eine solche beantragt hat und auch der Senat sie nicht für sachdienlich erachtet, hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das [X.] den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerdegegnerin die Kosten des Widerspruchsverfahrens vor dem [X.] aufzuerlegen, zurückgewiesen.

1. Der für eine Kostenauferlegung erforderliche Billigkeitsgrund bestand nicht.

a) Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann das [X.] bestimmen, dass die Kosten des Verfahrens einschließlich der Auslagen des [X.]s und der den Beteiligten erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte notwendig waren, einem Beteiligten ganz oder teilweise zur Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht.

b) Ein Billigkeitsgrund besteht dabei nur, wenn besondere Umstände eine Abweichung von der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 63 Abs. 1 Satz 3 [X.], derzufolge die Beteiligten die ihnen erwachsenen Kosten selbst tragen, rechtfertigen. Die für eine Billigkeitsentscheidung erforderlichen Umstände liegen nur vor, wenn einer der Beteiligten die Kosten des Verfahrens schuldhaft verursacht hat ([X.]E 1, 94). Dafür ist erforderlich, dass der Beteiligte das Verfahren betrieben hat, obwohl er von vornherein keine oder nur ganz geringe Erfolgsaussichten sehen musste und bei der gebotenen objektiven Abwägung seiner Erfolgsaussichten davon hätte absehen müssen, z.B. wenn er in einer nach allgemein anerkannten Beurteilungsgrundsätzen aussichtslosen Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (vgl. [X.]E 12, 238, 240 – [X.]/[X.]). Hierbei ist allerdings Zurückhaltung geboten, weil die gesetzliche Grundregel auch für Verfahren mit unsicherem Verfahrensausgang Geltung beansprucht und nicht durch eine rückblickende Aussichtenprüfung zu weit relativiert werden darf (so zutr. [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 71 Rn. 16). Dabei ist, dem Grundsatz „iura [X.]“ entsprechend, darauf abzustellen, ob die Aussichtslosigkeit auch einem markenrechtlich Unerfahrenen ohne Weiteres hätte einleuchten müssen oder wenn ihm etwa von einem juristischen Experten oder vom [X.], dem [X.] oder dem [X.] in einem früheren Verfahren, dem ein gleicher oder ähnlicher Sachverhalt zugrunde lag, bereits die Aussichtslosigkeit seines Vorgehens vor Augen geführt worden ist. Ein Verstoß gegen prozessuale Sorgfaltspflichten liegt daher in der Regel nur vor, wenn der Schluss naheliegt, dass ein Beteiligter mit seinem Verhalten verfahrensfremde Ziele wie Verzögerung einer Entscheidung oder Behinderung der Gegenseite verfolgt (vgl. [X.]/[X.], a.a.O.).

c) Nach diesen Grundsätzen ist hier ein Billigkeitsgrund zu verneinen.

aa) Soweit der Beschwerdeführer meint, ein Billigkeitsgrund ergebe sich daraus, dass die Beschwerdegegnerin mangels Nutzung der Widerspruchsmarke zur Einlegung der Widerspruchsmarke nicht berechtigt gewesen sei, verkennt er die Rechtslage. Denn nach § 42 Abs. 1 [X.] steht das Recht, Widerspruch einzulegen, dem Inhaber der Widerspruchsmarke zu, auf welche der Widerspruch gestützt ist. Nach § 28 Abs. 1 [X.] wird zugunsten des im Markenregister Eingetragenen die Inhaberschaft vermutet. Da die Beschwerdegegnerin bei Einlegung des Widerspruchs im Markenregister als Inhaberin der Widerspruchsmarke eingetragen war, ist daher von ihrem Widerspruchsrecht auszugehen. Derjenige, welche diese Vermutung widerlegen möchte, also behauptet, dass jemand Drittes in Wahrheit materiell berechtigt sei, hat diese Behauptung vorzutragen und ggf. zu beweisen. Entsprechendes hatte der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen, so dass das [X.] davon ausgehen musste, dass er die Inhaberschaft der Beschwerdegegnerin nicht bezweifelt. Aber auch in seiner Beschwerdebegründung trägt er nichts vor, dem entnommen werden könnte, dass die Beschwerdegegnerin entgegen der Eintragung im Markenregister nicht zur [X.] berechtigt gewesen sei. Vielmehr bestätigt er sogar ausdrücklich, dass die Widerspruchsmarke auf diese umgeschrieben worden sei. Damit war sie aber nach dem eigenen Vortrag des Beschwerdeführers zur [X.] nach § 42 Abs. 1, § 28 Abs. 1 [X.] berechtigt.

bb) Ob die Widerspruchsmarke von der Beschwerdegegnerin oder mit deren Zustimmung benutzt worden ist, spielt für die Kostenentscheidung keine Rolle. Soweit der Beschwerdeführer dies sowohl im Verwaltungs- als auch im Beschwerdeverfahren offenbar in Abrede gestellt hat, könnte hierin eine Nichtbenutzungseinrede nach § 158 Abs. 5 i.V.m. § 43 Abs. 1 (a.F.) [X.] zu sehen sein. Die Fragen, ob eine solche Einrede tatsächlich vorliegt, ob sie zulässig ist und ob eine Benutzung der Widerspruchsmarke seitens der Beschwerdegegnerin glaubhaft gemacht worden ist (was nicht voraussetzt, dass sie sie selber nutzt), waren aber aufgrund der Rücknahme des Widerspruchs vom [X.] nicht mehr zu prüfen. Eine solche Prüfung darf auch nicht im Rahmen der Kostenentscheidung erfolgen, denn dieser kann, wenn sie nach Erledigung eines Verfahrens in der Hauptsache zu treffen ist, nur der Sach- und Streitstand zugrunde gelegt werden, der im Zeitpunkt der Erledigung unstreitig war oder bereits vom [X.] festgestellt worden ist (vgl. [X.], Beschluss vom 16.7.2015, Az. 29 W (pat) 17/12, BeckRS 2015, 16332 – [X.] unter Hinweis auf die allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätze bei § 91 a Abs. 1 ZPO). Nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Rücknahme des Widerspruchs war jedoch völlig offen, ob eine Benutzung der Widerspruchsmarke durch die Beschwerdegegnerin oder mit ihrer Zustimmung erfolgt ist. Schon aufgrund des allein zu berücksichtigenden Sach- und Streitstandes im Zeitpunkt der Rücknahme des Widerspruchs scheidet mithin eine Kostenauferlegung zulasten der Beschwerdegegnerin unter Berücksichtigung des erst späteren Vortrags des Beschwerdeführers, die Beschwerdegegnerin habe angeblich in Kenntnis des Verfalls ihrer Marke, also in aussichtsloser Situation, den Widerspruch allein mit einer gegen den Beschwerdeführer gerichteten Behinderungsabsicht erhoben, von vornherein aus.

Ein solcher Schluss wäre darüber hinaus auch selbst dann unzulässig, wenn die [X.] der Widerspruchsmarke infolge einer fehlenden Benutzung der Widerspruchsmarke nach Ablauf der Benutzungsschonfrist tatsächlich vorgelegen hätte. Dieser Umstand kann nämlich für sich genommen eine Kostenauferlegung noch nicht ohne weiteres rechtfertigen. Bei der [X.] handelt es sich nämlich nicht um einen Umstand, der dem Erfolg des Widerspruchs von vornherein notwendig entgegenstehen könnte. Vielmehr liegt ein solcher Fall erst vor, nachdem die [X.] vom Inhaber der angegriffenen Marke ausdrücklich einredeweise geltend gemacht wurde. Damit muss ein Widersprechender aber nicht von vornherein rechnen; vielmehr bedürfte es weiterer Umstände, welche ihm die Erhebung einer solchen Einrede seitens des Inhabers der angegriffenen Marke – zum Beispiel aufgrund entsprechender Äußerungen vor Einlegung des Widerspruchs - auch nahelegen würde. Hierfür fehlt es vorliegend am insoweit notwendigen Vortrag des Beschwerdeführers; auch ist ein solcher Fall für den Senat anhand des Akteninhalts nicht erkennbar.

cc) Schließlich kann der notwendige Billigkeitsgrund für eine Kostenauferlegung auch nicht damit begründet werden, die Marken seien erkennbar unähnlich. Ob dies für sich genommen überhaupt als Billigkeitsgrund in Betracht zu ziehen wäre, bedarf vorliegend letztlich keiner Entscheidung. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, würde eine Kostenauferlegung vorliegend ausscheiden. Dass die Marken wegen des jeweils in ihnen identisch enthaltenen Begriffs „[X.]“ eine Übereinstimmung aufweisen, ist offensichtlich und wurde auch vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 12. Dezember 2017 zum Widerspruch selbst eingeräumt. Marken, die einen übereinstimmenden Begriff enthalten, sind nicht unähnlich. Allenfalls kommt wegen der Bedeutung des übereinstimmenden Elements in der jeweiligen Marke und der – isoliert zu beurteilenden – Kennzeichnungskraft dieses Elements ggf. nur ein sehr geringer Grad der Markenähnlichkeit in Betracht, der ggf. im Zusammenwirken mit der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und dem Grad der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit für die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht mehr ausreicht. Bei der Beurteilung des Grades der Markenähnlichkeit handelt es sich aber um eine bloße Rechtsfrage, welche das [X.] oder das [X.]s im Rahmen des jeweils bei ihnen anhängigen Verfahrens selbständig zu beurteilen haben. Mit einer für den Widersprechenden negativen Beurteilung, die Grundlage für die Annahme einer Sorgfaltswidrigkeit des Widersprechenden bei der [X.] sein und damit einen Billigkeitsgrund nach § 63 Abs. 1 [X.] darstellen könnte, muss ein Widersprechender aber erst rechnen, wenn ihm – z.B. in vorangegangenen Verfahren - bereits mehrfach vor Augen geführt wurde, dass er aufgrund des in Frage stehenden Markenbestandteils Rechte aus einer Marke gegenüber prioritätsjüngeren Marken nicht geltend machen kann. Eine solche Situation hat der Beschwerdeführer vorliegend aber weder vorgetragen, noch war sie für das [X.] oder den nunmehr über die Beschwerde entscheidenden Senat erkennbar.

2. Da somit das [X.] den Kostenantrag des Beschwerdeführers zu Recht zurückgewiesen hatte, war der hiergegen gerichteten Beschwerde der Erfolg zu versagen. Dabei war aus [X.] die offensichtliche Unrichtigkeit in der Benennung der Beteiligten, die im Tenor zu 1. des angefochtenen Beschlusses vertauscht wurden, zu berichtigen.

B. Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestehen nicht. Dem steht bereits entgegen, dass die Beschwerde nicht von der Beschwerdegegnerin eingelegt wurde, so dass die hierdurch veranlassten Kosten nicht von ihr verursacht wurden. Daher hat es auch für das Beschwerdeverfahren dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 [X.]).

Auch bestehen keine Gründe für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 [X.]). Denn eine den Beschwerdeführer belastende Entscheidung des [X.]s stellt für sich genommen keinen Billigkeitsgrund dar, welcher eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigen könnte. Dies würde selbst dann gelten, wenn sie rechtsfehlerhaft gewesen wäre; denn auch in diesem Fall wäre eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nur dann anzuordnen, wenn sie über die bloße Rechtsfehlerhaftigkeit hinaus schlicht unvertretbar wäre (vgl. [X.] in Kur/v. [X.]/[X.], [X.] Markenrecht, 18. Edition, Stand 01.07.2019, § 71 Rn. 114). Daran fehlt es hier aber schon deshalb, weil die Entscheidung des [X.]s richtig war.

C. Ein Anlass für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 [X.] ist weder vorgetragen worden noch anderweitig ersichtlich.

Meta

27 W (pat) 538/18

29.10.2019

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 63 Abs 1 S 1 MarkenG, § 63 Abs 1 S 3 MarkenG, § 71 Abs 1 S 1 MarkenG, § 71 Abs 3 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.10.2019, Az. 27 W (pat) 538/18 (REWIS RS 2019, 2104)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2104

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