Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2012, Az. 3 StR 372/12

3. Strafsenat | REWIS RS 2012, 1414

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3
StR 372/12

vom
14. November 2012
in der Strafsache
gegen

wegen
veruntreuender Unterschlagung u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat
auf Antrag des [X.] und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 14. November 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig
beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. Mai 2012 mit den Feststellungen auf-gehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen veruntreuender Unter-schlagung und wegen beharrlicher Zuwiderhandlung gegen eine Gewerbeun-tersagung in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit sei-ner Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg; auf die ebenfalls erhobene Verfahrensbeanstandung kommt es deshalb nicht an.
1. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch der strafbaren Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften gemäß § 148 Nr. 1 i.V.m. § 146 Abs. 1 Nr. 1a Gewerbeordnung ([X.]) in 16 Fällen nicht.
a) Aus der von der [X.] in den Feststellungen allein mitgeteilten Entscheidungsformel des Bescheides des [X.] vom 6. April 2006 ergibt sich, dass dem Angeklagten ab diesem Zeitpunkt die weitere Ausübung 1
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seines Gewerbes "Handel mit
Baustoffen (Echtsteinfassaden)"
sowie alle Ge-werbetätigkeiten, die dem Anwendungsbereich des § 35 [X.] unterliegen, untersagt worden war. Damit ist aber nicht belegt, dass dem Angeklagten auch Vertretungstätigkeiten im Sinne von § 35 Abs.
1 Satz
2 [X.], auf deren Aus-übung die [X.] die Verurteilung in den Fällen [X.] bis 5, 8, 10, 12 und 14 der Urteilsgründe gestützt hat, untersagt waren. Denn das Abstellen auf "Gewerbetätigkeiten" spricht nach dem -
allerdings nicht eindeutigen -
Wortlaut dafür, dass damit lediglich die selbständige Gewerbeausübung verboten wer-den sollte.
b) Selbst wenn dem Angeklagten auch die Vertretungstätigkeit untersagt worden sein sollte, hat der Schuldspruch keinen Bestand. Im Fall II.
14 folgt dies schon daraus, dass ein Handeln "als Vertretungsberechtigter eines [X.]" im Sinne von § 35 Abs.
1 Satz
2 [X.] -
damit sind die Re-gelungen der §§
164 ff. [X.] angesprochen ([X.], Urteil vom 10.
November 1989 -
4 A 762/89, NVwZ-RR 1990, 409) -
nicht festgestellt ist. Den Vertrag mit den Kunden schloss in diesem Fall der Geschäftsherr selbst, der den Angeklagten lediglich als Ansprechpartner benannte, an den von den Kunden auch Zahlungen geleistet werden konnten; eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht oder ein Vertreterhandeln des Angeklagten ergibt sich [X.] nicht.
In den übrigen Fällen ist zwar entweder ein Handeln des Angeklagten auf eigene Rechnung (Fälle II. 1, 6 bis 7, 9, 11 und 15 bis 17 der Urteilsgründe) oder ein Handeln als Vertretungsberechtigter (Fälle [X.] bis 5, 8, 10 und 12 der Urteilsgründe) festgestellt; insoweit begegnet aber die Annahme der [X.], es handele sich jeweils um zueinander im Verhältnis der Realkonkurrenz stehende Taten nach §
148 Nr.
1 [X.], durchgreifenden Bedenken. Der Straf-4
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tatbestand ist bei beharrlicher Wiederholung u.a. einer Tat nach § 146 Abs.
1 Nr.
1a [X.] erfüllt. Bei dieser Vorschrift, die die Zuwiderhandlung gegen eine [X.] nach §
35 Abs.
1 [X.] ahndet, handelt es sich um eine Dauerordnungswidrigkeit ([X.], Beschluss vom 12. Februar 1981
-
2 Ss 593/80, [X.] 1981, 296), die sich dadurch auszeichnet, dass der Täter den von ihm durch die Verwirklichung des Tatbestandes geschaffenen rechtswidrigen Zustand aufrecht hält oder die sanktionierte Tätigkeit ununter-brochen fortsetzt. Der Vorwurf bezieht sich sowohl auf die Herbeiführung des rechtswidrigen Zustandes als auch auf dessen Aufrechterhaltung ([X.],
OWiG, 19. Aufl., vor §
19 Rn.
17).
Mit Blick auf den Tatbestand des § 146 Abs.
1 Nr.
1a [X.] bedeutet dies in den Fällen der Untersagung der Ausübung eines Gewerbes, dass die Tat (erst) mit der Einstellung des verbotenen Gewerbebetriebes endet ([X.], aaO); die Einrichtung eines neuen Gewerbebetriebes stellt sich [X.] der äußeren und inneren Geschehensabläufe jeweils als ein neues selb-ständiges [X.] dar ([X.], Urteil vom 25.
Februar 1992 -
5 [X.], [X.], 184, 185). [X.] Feststellungen dazu, ob der Angeklagte den ihm untersagten Betrieb als Reaktion auf die Verfügung eingestellt hatte, hat die [X.] nicht getroffen, so dass bereits unklar bleibt, ob in der Zu-sammenarbeit mit dem Zeugen [X.]

, für den der Angeklagte sowohl als Vertre-ter, als auch unter dessen Firma auf eigene Rechnung handelte, die Fortfüh-rung des ursprünglichen Gewerbes oder die (verdeckte) Einrichtung eines [X.] zu sehen ist. Für letzteres könnte zwar sprechen, dass der Angeklagte diese Zusammenarbeit erst aufnahm, nachdem er im [X.] wegen beharrlicher Wiederholung der Zuwiderhandlung gegen die Untersa-gungsverfügung mit einem Strafbefehl belegt worden war; da die Einzelheiten 6
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der dieser Verurteilung zugrundeliegenden Feststellungen jedoch nicht mitge-teilt werden, ist dem Senat eine Beurteilung insoweit nicht möglich.
Wenn der Angeklagte seinen ursprünglich betriebenen Gewerbebetrieb eingestellt hatte, läge in der (verdeckten) Aufnahme einer gewerblichen [X.] unter dem Deckmantel der Firma des Zeugen [X.]

die Einrichtung eines neuen Gewerbetriebes, die sich als eine
Dauerordnungswidrigkeit nach §
146
Abs.
1 Nr.
1a [X.] darstellt. Ob die weiteren Geschäfte auf eigene Rechnung, in denen der
Angeklagte unter der Firma K.

auftrat, als Fortführung dieses Gewerbes oder als Einrichtung eines neuen zu beurteilen sind, bedarf ebenfalls weiterer Feststellungen, insbesondere zur Beendigung der Zusammenarbeit des Angeklagten mit dem Zeugen [X.]

, zu der das Urteil einerseits mitteilt, [X.] habe bis Ende 2009 angedauert, andererseits aber in den Fällen II.
9 und II.
11 der Urteilsgründe ein Handeln des Angeklagten auf eigene Rechnung unter der Firma des Zeugen [X.]

feststellt, das im Jahr 2010 liegt. Für die Ein-richtung eines neuen Gewerbebetriebes und damit für das Vorliegen einer wei-teren, rechtlich selbständigen Ordnungswidrigkeit könnte unabhängig davon im
Fall II.
16 sprechen, dass der Angeklagte den Zeugen S.

überredete, ein Gewerbe anzumelden, um ihm als "Strohmann" zu dienen.
Die Fälle II.
2, 4, 5, 8, 10 und 12 der Urteilsgründe, in denen der Ange-klagte als Vertretungsberechtigter für den Zeugen
[X.]

agierte, könnten [X.] der auf Dauer angelegten Zusammenarbeit wiederum als eine
Dauerord-nungswidrigkeit zu bewerten sein; wegen der dargelegten widersprüchlichen Feststellungen zum Zeitpunkt der Beendigung des geringfügigen Beschäfti-gungsverhältnisses zwischen dem Angeklagten und [X.]

ist dem Senat aber auch insoweit eine abschließende Beurteilung nicht möglich. Unabhängig da-7
8
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von stellt sich die Vertretungstätigkeit für den Zeugen B.

im Fall II.
3 der Urteilsgründe jedenfalls als rechtlich selbständige Ordnungswidrigkeit dar.
Nach alledem bedarf die Sache umfassend neuer Verhandlung und Ent-scheidung. Allerdings ist vorliegend in allen Fällen, in denen danach eine (Dau-er-) Ordnungswidrigkeit nach §
146 Abs.
1 Nr.
1a [X.] festgestellt wird, davon auszugehen, dass der Angeklagte damit zugleich den Straftatbestand des §
148 Nr.
1 [X.] erfüllt hat: Unabhängig von der Frage, ab welchem Zeitpunkt die einzelnen Akte, mit denen das rechtswidrige Verhalten kontinuierlich fortge-setzt wird, jeweils für sich betrachtet eine beharrliche Wiederholung der Zuwi-derhandlung darstellen (vgl. dazu [X.], Urteil vom 25.
Februar 1992 -
5 [X.], [X.], 184, 185), liegen die Voraussetzungen hier in jedem (fest-zustellenden) Fall bereits deshalb vor, weil der Angeklagte schon im [X.] wegen beharrlicher Wiederholung der Zuwiderhandlung verurteilt worden war und durch die Fortführung dieses Handelns oder durch die erneute Begehung solcher Handlungen sowohl das Merkmal der Wiederholung als auch das
der Beharrlichkeit, in dem sich eine rechtsfeindliche Einstellung gegenüber dem Verbot widerspiegeln muss (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 19.
November 2009 -
3 [X.], [X.]St 54, 189, 194 f.), erfüllt hat.
2. Auch der Schuldspruch wegen veruntreuender
Unterschlagung im Fall II.13 der Urteilsgründe hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Der [X.] hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt:
"Zudem tragen die Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht die Verurteilung des Angeklagten wegen Unterschlagung. Sie belegen we-der objektiv noch subjektiv die erforderliche Zueignung im Sinne des §
246 StGB.
Die Zueignung des Baugerüsts kann entgegen den Ausfüh-rungen der [X.] nicht bereits darin gesehen werden, dass der Angeklagte das Baugerüst absprachewidrig nicht an den Zeugen We.

herausgegeben, sondern für weitere Bauvorhaben verwendet hat. 9
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Das bloße Unterlassen der geschuldeten Rückgabe kann regelmäßig nicht als Manifestation des Zueignungswillens angesehen werden (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 246 Rn. 6a ff. m. w. N.). Vielmehr bedarf es eines nach außen erkennbaren Verhaltens, das den sicheren Schluss zulässt, dass der Täter die Sache unter Ausschluss des wirklich Berech-tigten seinem eigenen Vermögen einverleiben will (vgl. Fischer a. a. O.). Zu der unterlassenen Herausgabe müssen folglich Umstände hinzutre-ten, die darauf schließen lassen, dass die Nichtherausgabe gerade Aus-druck der Zueignung ist (vgl. [X.] StraFo 2007, 251). Derartige [X.] können zum Beispiel darin gesehen werden, dass die Sache durch ih-ren weiteren Gebrauch erheblich an Wert verliert (vgl. [X.]St 34, 309)
oder der [X.] den Standort der Sache gegenüber dem Eigentümer verheimlicht oder ihren Besitz ableugnet ([X.]R § 246 Abs.
1 Zueignung 1 m. w. N.). Solche Umstände sind den Feststellungen jedoch nicht zu entnehmen. Insbesondere kann der bloße absprachewid-rige, dem Herausgabeverlangen des Zeugen We.

zuwider laufende Gebrauch des Baugerüsts auf einer dem Zeugen zunächst nicht [X.] nicht als Manifestation des Zueignungswillens in der Weise eines Verborgenhaltens vor dem Eigentümer angesehen werden; denn dem festgestellten Verhalten des Angeklagten ist nicht zu entnehmen, dass es ihm dabei nicht lediglich darauf ankam, seinen [X.] un-ter weiterer Anerkennung der Rechte des Zeugen We.

aufrecht zu erhalten. An dieser Bewertung ändert nichts, dass ¾ des Baugerüsts von dem Zeugen Sch.

gepfändet wurden. Zwar kann eine Zueignung im Sinne des §
246 StGB auch in der Verwertung einer fremden Sache im Wege der Zwangsvollstreckung gesehen werden (vgl. [X.], StGB, 12. Aufl., § 246 Rn. 45 m. w. N.). Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Vollstreckung unter Umständen erfolgt, in denen ein Zueignungswille des Schuldners nach außen erkennbar zum Ausdruck gelangt. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Täter zur Verringerung seiner Schulden eine ihm nicht gehörende Sache zur Pfändung anbietet oder die Pfändung einer gemieteten Sache und deren anschließende Verwer-tung zulässt, ohne dem Eigentümer hiervon Mitteilung zu machen ([X.] NJW 1952, 1267).

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Solche Umstände, die darauf schließen lassen, dass der Angeklagte das Baugerüst unter Ausschaltung des Eigentümers für sich zu verwerten und dadurch dessen
Sachwert seinem eigenen Vermögen einzuverlei-ben beabsichtigte, teilen die Feststellungen jedoch nicht mit."
Dem schließt sich der Senat an.
[X.][X.]Schäfer

Gericke Spaniol
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Meta

3 StR 372/12

14.11.2012

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2012, Az. 3 StR 372/12 (REWIS RS 2012, 1414)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1414

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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