Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.09.2018, Az. V ZR 213/17

5. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 3781

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Gegenstand

Grundstückskaufvertrag: Formbedürftigkeit von Änderungen des Vertrags nach der Auflassung


Leitsatz

Änderungen eines Grundstückskaufvertrags nach der Auflassung sind formlos möglich, wenn die Auflassung bindend geworden ist (§ 873 Abs. 2 BGB; Bestätigung u.a. von Senat, Urteil vom 28. September 1984, V ZR 43/83, WM 1984, 1539).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] - 10. Zivilsenat - vom 18. Juli 2017 in der Fassung des Ergänzungsurteils vom 26. September 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] - 6. Zivilkammer - vom 28. Oktober 2016 zurückgewiesen. Die weitergehende Berufung bleibt zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Beklagte kaufte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 4. Mai 2011 von der Klägerin, einer Bauträgerin, drei noch zu [X.] Eigentumswohnungen zu einem Preis von insgesamt 309.692 €. In dem Vertrag erklärten die Parteien die Auflassung und beantragte der Beklagte die Eintragung des [X.] in das Grundbuch. Der beurkundende Notar wurde angewiesen, eine die Auflassungserklärung enthaltende beglaubigte Abschrift oder Ausfertigung der Urkunde erst zu erteilen, wenn ihm die Zahlung des geschuldeten Kaufpreises nachgewiesen worden ist. Mit Schreiben vom 24. Juli 2012 verlangte der Beklagte von der Klägerin eine Kaufpreisminderung von [X.] € „aufgrund der nicht notwendigen Dekontaminationsarbeiten“. Deren Geschäftsführer unterzeichnete dieses Schreiben mit dem Zusatz „zur Kenntnis genommen und anerkannt“. Der Beklagte zahlte 283.368,17 € an die Klägerin.

2

Mit der Klage verlangt die Klägerin die Zahlung eines Restkaufpreises von 26.323,83 €. Der Beklagte beantragt widerklagend, die Klägerin zur Rückzahlung zuviel gezahlter 776,93 € zu verurteilen und festzustellen, dass der Kaufpreis 282.591,24 € betrage und vollständig bezahlt sei. Das [X.] hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 15.484,61 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Widerklage hat es abgewiesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision möchte der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in Rpfleger 2018, 196 veröffentlicht ist, meint, der Klägerin stehe ein restlicher Zahlungsanspruch in Höhe von 26.323,83 € zu, der aber derzeit nur in Höhe von 15.484,61 € fällig sei. Die Parteien hätten am 24. Juli 2012 keine formwirksame Ermäßigung des Kaufpreises vereinbart, da die Vereinbarung entgegen § 311b Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht notariell beurkundet worden sei. Entgegen der Rechtsprechung des [X.] sei die nachträgliche Abänderung von [X.] auch dann formbedürftig, wenn diese nach der Auflassung und vor der Eigentumsumschreibung erfolge. Für die Beurkundungspflicht solcher Änderungen sprächen der Wortlaut, die Systematik und der Zweck des § 311b Abs. 1 [X.]. Die Beweisfunktion der Beurkundung sei in der [X.] zwischen Auflassung und Eigentumsumschreibung nach wie vor relevant. Auch die Warnfunktion der Beurkundung und das Schutzbedürfnis von Veräußerer und Erwerber vor übereilten Entscheidungen kämen bei einer Änderung eines notariell beurkundeten Vertrags nach Auflassung und vor Eintragung zum Tragen. Das Argument, die Verpflichtung zur Eigentumsübertragung sei mit der Auflassung in vollem Umfang erfüllt und bestehe nach erklärter Auflassung nicht mehr, treffe überdies nicht zu, wenn, wie hier, die Kaufvertragsparteien den Notar angewiesen hätten, Ausfertigungen oder beglaubigte Abschriften der Urkunde, welche die Auflassung enthalte, erst auf Nachweis der Kaufpreiszahlung zu erteilen.

II.

4

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

5

1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des [X.]. Dem Formzwang des § 311b Abs. 1 Satz 1 [X.] unterliegen alle Vereinbarungen, die nach dem Willen der Parteien zu dem schuldrechtlichen Übereignungsgeschäft gehören (st. [X.]., vgl. [X.], Urteil vom 20. Dezember 1974 - [X.], [X.], 359, 361; Urteil vom 23. September 1977 - [X.], [X.], 266, 268; Urteil vom 6. April 1979 - [X.], [X.], 346, 348; Urteil vom 20. Juni 1980 - [X.], NJW 1981, 222). § 311b Abs. 1 [X.] findet deshalb grundsätzlich auf Vereinbarungen Anwendung, durch die ein schon beurkundeter Grundstückskaufvertrag nachträglich geändert wird ([X.], Urteil vom 2. Oktober 1957 - [X.], [X.], 1459; Urteil vom 29. März 1966 - [X.], [X.], 656; Urteil vom 26. Oktober 1973 - [X.], NJW 1974, 271; Urteil vom 9. November 1979 - [X.], [X.], 166, 167; Urteil vom 6. November 1981 - [X.], [X.], 157, 158). Diese sind dann formfrei, wenn sie lediglich der Beseitigung einer bei der Abwicklung des Geschäfts unvorhergesehen aufgetretenen Schwierigkeit dienen, ohne die bei[X.]eitigen Verpflichtungen wesentlich zu verändern (vgl. [X.], Urteil vom 6. November 1981 - [X.], aaO; Urteil vom 6. Juni 1986 - [X.], NJW 1986, 2759, 2760; Urteil vom 2. Oktober 1987 - [X.], [X.], 1467; Beschluss vom 9. November 1995 - [X.], NJW 1996, 453; [X.], Urteil vom 5. April 2001 - [X.], NJW 2001, 1932, 1933). Daher ist eine nachträgliche Herabsetzung des beurkundeten Kaufpreises, wie sie hier vereinbart wurde, an sich formbedürftig (vgl. [X.], Urteil vom 8. Oktober 1954 - [X.], [X.], 263; Urteil vom 6. November 1981 - [X.], [X.], 157, 158 mwN).

6

2. a) Hier ist es aber an[X.], weil die Parteien zum [X.]punkt der [X.] die Auflassung bereits erklärt hatten. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] können [X.] nach der Auflassung formlos abgeändert werden, weil die Verpflichtung zur Eigentumsübertragung mit der Auflassung erfüllt ist und deshalb nicht mehr besteht (vgl. [X.], Urteil vom 14. Mai 1971 - [X.], [X.], 896; Urteil vom 25. Februar 1972 - [X.], [X.], 556, 557; Urteil vom 23. März 1972 - [X.], [X.], 576; Urteil vom 30. Mai 1975 - [X.], [X.] 1975, 1983; Urteil vom 28. September 1984 - [X.], [X.], 1539 mwN; Urteil vom 6. Mai 1988 - [X.], [X.]Z 104, 276, 277; Urteil vom 28. Oktober 2011 - [X.], NJW-RR 2012, 18 Rn. 15; so auch schon [X.], [X.] 1911, Nr. 226; HRR 1933 Nr. 1410; [X.] 94 Nr. 53). Von der [X.] ausgenommen ist die Begründung neuer selbständiger Erwerbspflichten (vgl. Urteil vom 6. Mai 1988 - [X.], aaO); entsprechendes gilt für Veräußerungspflichten.

7

b) Diese Rechtsprechung, die ursprünglich noch überwiegend Zustimmung und nur vereinzelt Ablehnung gefunden hat (vgl. Nachweise Urteil vom 28. September 1984 - [X.], [X.], 1539), stößt inzwischen allerdings zunehmend auf Kritik (vgl. [X.], NJW 1998, 2225, 2226; [X.], [X.], 432; [X.]/[X.], [X.], Stand: 1.9.2018, § 311b Rn. 242 ff.; BeckOK [X.]/Gehrlein, Stand: 1.5.2018, § 311b Rn. 27; [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 311b Rn. 59; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] u.a., jurisPK-[X.], 8. Aufl., § 311b [X.] Rn. 283; MüKo[X.]/[X.], 7. Aufl., § 311b Rn. 59; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 311b Rn. 205 f.; [X.]/[X.], [X.] [2018], § 311b Rn. 206 ff.; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., Rn. 1326; [X.], [X.] 2018, 450, 451; [X.], [X.] 2018, 121, 122; [X.], [X.] 1985, 285 ff.; [X.]., [X.] 1998, 954 ff.; [X.], MittRhNotK 1988, 243, 248; Steinbrecher, NJW 2018, 1214 ff.; [X.], [X.] 1993, 253, 260; [X.] in Festschrift für [X.], 1999, 251, 257 ff.; [X.], [X.] formnichtiger [X.] durch Erfüllung, 141 ff.; [X.], [X.] der Aufhebung und Änderung von Verträgen im Sinne des § 311b Abs. 1 [X.] [§ 313 [X.] aF], 2004, 163 ff.; zustimmend dagegen BayObLG, [X.] 1987, 711, 712; [X.], [X.] 1999, 151; [X.], Beschluss vom 9. Dezember 2015 - 10 UF 257/13, juris; [X.]/[X.], [X.], 77. Aufl., § 311b Rn. 44; [X.]/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., § 311b [X.] Rn. 3115a).

8

Die Kritiker verweisen darauf, dass sich seit der von dem [X.] begonnenen und von dem [X.] übernommenen Rechtsprechung zur [X.] von Änderungen von [X.] nach Auflassung die Schutzbedürftigkeit von Verkäufer und Käufer, insbesondere bei Bauträgerverträgen, grundlegend geändert habe. Der historische Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass die Auflassung nicht zusammen mit dem schuldrechtlichen Grundgeschäft beurkundet, sondern vor dem Grundbuchamt erst dann erklärt werde, wenn die wechselseitigen Verpflichtungen im Übrigen erfüllt worden seien. Die Auflassung sei nach vollzogener Erfüllung aller übrigen Verpflichtungen der „Schlusspunkt“ eines Grundstücksgeschäfts gewesen und habe damit auch die Bestätigung der Richtigkeit aller zwischen den Parteien getroffenen Abreden enthalten (vgl. [X.]/[X.], [X.], Stand: 1.9.2018, § 311b Rn. 242 ff.; [X.], [X.] 2018, 450, 451; Steinbrecher, NJW 2018, 1214, 1216; [X.] in Festschrift für [X.], 1999, 251, 254 ff.). Heute habe die Auflassung nicht mehr diese Bedeutung. Sie werde aus praktischen Gründen und zum Zwecke der Gebührenersparnis regelmäßig in die [X.] aufgenommen. Zum Schutz des Verkäufers seien verfahrensrechtliche Gestaltungen entwickelt worden, durch die trotz erklärter Auflassung der Eigentumsübergang auf den Käufer vor Kaufpreiszahlung verhindert werde (Auflassung mit [X.]; Auflassung ohne Eintragungsbewilligung; vgl. MüKo[X.]/[X.], 7. Aufl., § 311b Rn. 59; Steinbrecher, NJW 2018, 1214, 1216 ff.; vgl. auch DNotI-Report 2016, 63, 64; [X.]/[X.], [X.], Stand: 1.6.2018, § 311b Rn. 242 ff.; [X.] in Festschrift für [X.], 1999, 251, 257 ff.; [X.], [X.] 1996, 242 ff.; [X.], MittRhNotK 1988, 243, 248; [X.], [X.] 1993, 253, 260). Könne eine Vertragsänderung nach Auflassung formfrei vereinbart werden, sei dies mit den Zwecken des § 311b Abs. 1 Satz 1 [X.], insbesondere dem bezweckten Übereilungsschutz, nicht vereinbar. Der Anspruch auf Eigentumsverschaffung sei mit der Auflassung nicht erloschen (§ 362 Abs. 1 [X.]), sondern bestehe bis zum Eigentumsübergang fort ([X.]/[X.], [X.] [2018], § 311b Rn. 207; [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 311b Rn. 59).

9

c) Die aufgezeigte Kritik gibt keinen Anlass zu einer Änderung der Rechtsprechung.

aa) Der [X.] hat bereits 1984 keine deutlich überwiegenden oder schlechthin zwingenden Gründe für eine Abkehr von seiner Rechtsprechung gesehen, und zwar auch nicht für den Fall, dass die Kaufvertragsparteien den Notar angewiesen haben, den Eintragungsantrag erst zu stellen, wenn die Zahlung des gesamten Kaufpreises nachgewiesen oder bestätigt war (Urteil vom 28. September 1984 - [X.], [X.], 1539; so auch schon Urteil vom 14. Mai 1971 - [X.], [X.], 896). Solche Gründe ergaben sich insbesondere nicht daraus, dass der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und anderer Gesetze vom 30. Mai 1973 ([X.]l. I S. 501) die Beurkundungspflicht auf die Grundstückserwerbsverpflichtung ausgedehnt hat.

bb) Gründe für eine Aufgabe der Rechtsprechung liegen auch heute nicht vor. Änderungen eines [X.] nach der Auflassung sind formlos möglich, wenn die Auflassung bindend geworden ist (§ 873 Abs. 2 [X.]). Das steht mit Sinn und Zweck der Vorschrift des § 311b Abs. 1 [X.] in Einklang.

(1) Die Beurkundungspflicht soll den Beweis über die Art und den Inhalt der Vereinbarungen sichern, den Veräußerer und den Erwerber vor übereilten Verträgen bewahren, sie auf die Wichtigkeit des Geschäfts hinweisen und ihnen durch die Mitwirkung des sachkundigen und unparteiischen Notars die Möglichkeit rechtskundiger Belehrung und Beratung eröffnen (Beweisfunktion; Warn- und Schutzfunktion; vgl. [X.], Urteil vom 23. September 1977 - [X.], [X.], 266, 269; Urteil vom 23. Februar 1979 - [X.], NJW 1979, 1495, 1496; Urteil vom 6. April 1979 - [X.], [X.], 346, 351 f.; Urteil vom 30. April 1982 - [X.], [X.]Z 83, 395, 397; Urteil vom 25. März 1983 - [X.], [X.]Z 87, 150, 153; Urteil vom 26. November 1999 - [X.], [X.], 579, 580; Urteil vom 13. Mai 2016 - [X.], [X.], 646 Rn. 27; Urteil vom 10. Juni 2016 - [X.], [X.] 2017, 48 Rn. 8). Mit der Durchführung eines strengen Regeln unterworfenen Beurkundungsverfahrens, insbesondere durch die dem Notar in §§ 17 ff. [X.] auferlegten Prüfungs- und [X.], soll sichergestellt werden, dass der Inhalt der Urkunde dem Willen der mit der rechtlichen Tragweite vertraut gemachten Beteiligten entspricht ([X.]; vgl. [X.] Urteil vom 10. Juni 2016 - [X.], aaO).

(2 a) Die Parteien bedürfen des Schutzes aber nicht mehr, wenn der Zweck des § 311b Abs. 1 Satz 1 [X.] erreicht ist. Hiervon ist auszugehen, wenn die schuldrechtlichen Erklärungen von Veräußerer und Erwerber beurkundet worden sind und diese zudem die für die angestrebte Rechtsänderung erforderlichen (dinglichen) Erklärungen in bindender Form abgegeben haben. Das ist der Fall, wenn die Auflassung bindend geworden ist (§ 873 Abs. 2 [X.]). Dann haben die Vertragsparteien ihre jeweiligen [X.] unwiderruflich erbracht. Dafür macht es keinen Unterschied, ob die Auflassung, wie heute regelmäßig, zusammen mit dem Kaufvertrag oder, wie früher, später beurkundet wird. Die für den Eintritt der Bindung nach § 873 Abs. 2 [X.] einzuhaltenden Förmlichkeiten, insbesondere die Belehrung über die Bedeutung der Auflassung durch den beurkundenden Notar, gewährleistet, „daß nicht übereilt und leichtfertig über die Rechte an Grund und Boden verfügt wird“ (vgl. Motive [X.], [X.]; [X.], Urteil vom 25. Januar 1967 - [X.], [X.]Z 46, 398, 399; Urteil vom 13. Juli 2012 - [X.], NJW 2012, 3372 Rn. 8). Deshalb hat der [X.] für die Bestimmung des [X.]punkts, ab dem ein Grundstückskaufvertrag formlos abänderbar ist, auf die nach § 873 Abs. 2 [X.] bindend gewordene Auflassung abgestellt (vgl. [X.] in Festschrift für [X.], 1996, 172, 177) und mit ihr die Übereignungs- und Erwerbspflicht als erfüllt angesehen.

(b) Richtig ist allerdings, dass auch mit einer bindend gewordenen Auflassung noch keine Erfüllung im Sinne von § 362 [X.] eingetreten ist. Unter „Leistung“ ist in dieser Vorschrift regelmäßig nicht die Leistungshandlung, sondern der Leistungserfolg zu verstehen (vgl. MüKo[X.]/[X.], 7. Aufl., § 362 Rn. 2 mit Nachweisen aus der [X.].). Seine Eigentumsverschaffungspflicht hat der Veräußerer deshalb erst mit der Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch erfüllt (vgl. [X.], Urteil vom 15. Oktober 2004 - [X.], NJW-RR 2005, 241, 242 f. [zu 2a u. c]; Urteil vom 19. Oktober 2007 - [X.], [X.]Z 174, 61 Rn. 27).

Für die Frage der Formbedürftigkeit von nachträglichen Änderungen kommt es jedoch nicht auf Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 1 [X.], sondern darauf an, dass die geschuldeten [X.] unwiderruflich erbracht sind. Dazu gehört die Eintragung nicht, da sie eine behördliche Tätigkeit ist, die die Vertragsparteien aus Rechtsgründen nicht besorgen können (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juni 1971 - [X.], [X.], 1475, 1476; Urteil vom 15. Oktober 2004 - [X.], [X.], 2443, 2446; Urteil vom 19. Oktober 2007 - [X.], [X.]Z 174, 61 Rn. 32, 33; Urteil vom 19. Januar 2018 - [X.], juris Rn. 17). Mit der bindend gewordenen Auflassung haben Veräußerer und Erwerber deshalb alles getan, quasi einen Automatismus in Gang gesetzt, um den Eigentumswechsel zur Eintragung zu bringen. Das rechtfertigt es nach Auffassung des [X.]s, den Schutzzweck des § 311b Abs. 1 Satz 1 [X.] als erreicht anzusehen und weitere Vereinbarungen der Parteien, sofern durch sie nicht Erwerbs- oder Veräußerungspflichten geändert oder neu begründet werden, von der Beurkundungspflicht auszunehmen.

(3) Unterlägen Vereinbarungen nach bindend gewordener Auflassung der Form des § 311b Abs. 1 Satz 1 [X.], wäre dies zudem der Klarheit und Rechtssicherheit im Rechtsverkehr abträglich.

(a) Ein Formmangel bei nachträglichen Änderungen eines [X.] führt im Zweifel (§ 139 [X.]) zur Nichtigkeit des Vertrages mit allen Nebenabreden (§ 125 [X.]). Die Vermutung, dass sich die Nichtigkeit auf den gesamten Vertrag erstreckt, kann zwar, was der tatrichterlichen Würdigung bedarf, durch die besonderen Umstände des Falles widerlegt sein (vgl. [X.], Urteil vom 19. November 1982 - [X.], [X.]Z 85, 315, 318; Urteil vom 11. November 1983 - [X.], NJW 1984, 974, 975; Urteil vom 17. März 2000 - [X.] 362/98, [X.], 2100, 2101). Bis zur Klärung dieser Frage bestünde aber Unsicherheit über die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Kausalgeschäfts.

(b) Der Vertrag könnte nämlich, soweit er wegen der nachträglichen Änderung insgesamt formunwirksam wäre, nicht geheilt werden. Die Formnichtigkeit des [X.] ergreift zwar nicht die mitbeurkundete Auflassung (vgl. [X.], Urteil vom 23. Februar 1979 - [X.], NJW 1979, 1495, 1496 mwN), und die Heilung tritt nach § 311b Abs. 1 Satz 2 [X.] auch dann ein, wenn die Auflassung nicht nach den schuldrechtlich getroffenen Vereinbarungen, sondern mit ihnen zugleich beurkundet wird (vgl. [X.], Urteil vom 17. März 1978 - [X.] 217/75, NJW 1978, 1577). Diese Wirkung hat die vor formlosen Änderungen des [X.] erklärte Auflassung aber, an[X.] als im Schrifttum teilweise vertreten wird (vgl. [X.]/[X.], [X.], Stand: 1.9.2018, § 311b Rn. 350; MüKo[X.]/[X.], 7. Aufl., § 311b Rn. 85; [X.]/[X.], [X.] [2018], § 311b Rn. 297; [X.], [X.], 357, 360; [X.], [X.] formnichtiger [X.] durch Erfüllung, 141, 144), nicht, weil sie nicht in Erfüllung der formnichtigen Vereinbarungen erfolgt sein kann. Die heilende Wirkung von Auflassung und Eintragung erstreckt sich nur auf die Gesamtheit der vertraglichen Vereinbarungen, die bei der Auflassung Inhalt des Vertrages waren (vgl. [X.], Urteil vom 5. Mai 1972 - [X.] 63/70, NJW 1972, 1364, 1366; Urteil vom 22. Dezember 1982 - [X.] 8/81, NJW 1983, 1543, 1545; Urteil vom 6. Mai 1988 - [X.], [X.]Z 104, 276, 278).

(4) Die bindend gewordene Auflassung bildet auch dann eine zeitliche Zäsur, ab der nachträgliche Änderungen eines [X.] formlos möglich sind, wenn der Vollzug der Auflassung durch Anweisungen der Kaufvertragsparteien an den Notar vorübergehend gesperrt ist.

(a) Um den Verkäufer davor zu schützen, dass er das Eigentum an seinem Grundstück verliert, ohne den Kaufpreis zu erhalten, wird meist eine Treuhandtätigkeit des Notars nach § 24 [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Juli 2012 - [X.], [X.] 2012, 264 Rn. 8) vereinbart. Dem Notar wird die Anweisung erteilt (vgl. § 53 Abs. 2 [X.]), die Eintragung des [X.] erst zu beantragen, wenn ihm die Zahlung des Kaufpreises nachgewiesen ist (oder der Kaufpreis auf dem [X.] hinterlegt ist; [X.]) und vorher dem Käufer und dem Grundbuchamt keine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der Urkunde zu erteilen, die die Auflassung enthält ([X.]; vgl. DNotI-Report 2016, 63, 64; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], Beurkundungsgesetz und Dienstordnung für Notarinnen und Notare, 7. Aufl., § 53 [X.] Rn. 33). Ist in einem solchen Fall eine Ausfertigung zur Eintragung einer Eigentumsvormerkung erforderlich, wird das [X.] des Verkäufers durch die Weisung an den Notar ausgeschaltet, zunächst nur eine auszugsweise Ausfertigung ohne die Auflassung zu erteilen (§ 49 Abs. 5 Satz 1 [X.]) und diese zwecks Eintragung der Vormerkung einzureichen. In Betracht kommt auch, dass in der [X.] die Bewilligung der Eigentumsumschreibung noch nicht erklärt, sondern dem Notar Vollmacht erteilt wird, die Eintragungsbewilligung namens des Veräußerers zu erklären, sobald ihm die Kaufpreiszahlung nachgewiesen ist (sog. Bewilligungslösung; vgl. DNotI-Report 2016, 63, 64; [X.] in Festschrift für [X.], 1999, 251, 270 f.; [X.], [X.] 1996, 242 ff.; [X.], [X.] 2005, 322, 323; [X.], [X.] 1993, 253 ff.).

(b) Solche Abreden ändern nichts daran, dass die Auflassung ohne Vorbehalt und verbindlich erklärt wird. Nur so kann sie ihren Zweck, zu dem Eigentumsübergang zu führen, erfüllen. Insbesondere stellen Veräußerer und Erwerber ihre Einigungserklärungen nicht unter eine Bedingung, was unwirksam wäre (§ 925 Abs. 2 [X.]). Es handelt sich vielmehr um vollzugstechnische Abreden, die gerade deshalb erforderlich sind, weil die Auflassung bindend ist.

(5) Deutlich überwiegende oder schlechthin zwingende Gründe für eine Abkehr von dieser Rechtsprechung (vgl. Beschluss vom 4. Oktober 1982 - [X.], [X.]Z 85, 64, 66; [X.], Urteil vom 22. Februar 1991 - [X.] 308/89, [X.]Z 113, 384, 386; Urteil vom 10. Juli 2015 - [X.] 229/14, [X.] 2015, 798 Rn. 15) sind nicht gegeben. Die Praxis hat sich darauf eingerichtet. Unzuträglichkeiten in der praktischen Anwendung sind nicht bekannt geworden. An der formfreien Abänderbarkeit von [X.] nach der Auflassung ist deshalb auch im Interesse der Kontinuität der Rechtsprechung und der Rechtssicherheit festzuhalten.

3. Danach haben die Parteien nachträglich formfrei wirksam den in der notariellen Urkunde vom 4. Mai 2011 vereinbarten Kaufpreis um [X.] € auf 282.591,24 € ermäßigt. Bei der in dem Kaufvertrag vereinbarten Anweisung der Parteien an den beurkundenden Notar, eine die Auflassungserklärung enthaltende beglaubigte Abschrift oder Ausfertigung der Urkunde erst zu erteilen, wenn ihm die Zahlung des geschuldeten Kaufpreises nachgewiesen worden ist (sog. [X.]), handelt es sich lediglich um eine den technischen Vollzug betreffenden Abrede. Sie steht der [X.] der nachträglichen Änderung des beurkundeten Kaufpreises nicht entgegen.

[X.].

Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, weil weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Danach ist das Berufungsurteil teilweise aufzuheben und die Berufung insgesamt zurückzuweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]     

      

Schmidt-Räntsch     

      

Kazele

      

Haberkamp     

      

[X.]     

      

Meta

V ZR 213/17

14.09.2018

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 18. Juli 2017, Az: 10 U 140/16, Urteil

§ 311b Abs 1 S 1 BGB, § 873 Abs 2 BGB, § 925 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.09.2018, Az. V ZR 213/17 (REWIS RS 2018, 3781)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 1308-1309 WM2019,376 REWIS RS 2018, 3781

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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