Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.11.2018, Az. 25 W (pat) 536/17

25. Senat | REWIS RS 2018, 1685

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "NUTRIVIT/Nutrifit (Unionsmarke)" – Einrede mangelnder Benutzung – nicht ausreichende Glaubhaftmachung – Benutzung der Unionswiderspruchsmarke in einem begrenzten Gebiet der EU – ausgesprochen geringe Umsätze – fehlende Erkennbarkeit des ernsthaften Bemühens zur Steigerung des sehr geringen Marktanteils – der Berücksichtigung einer Markenserie steht entgegen, dass die "Markenfamilie" nur in einem für sich genommen nicht schutzfähigen Bestandteil übereinstimmt


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2012 010 307

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des [X.] vom 18. Mai 2016 in der Hauptsache aufgehoben und der Widerspruch aus der Unionsmarke 008 257 271 zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 20. Januar 2012 angemeldete Bezeichnung

2

[X.][X.]

3

ist am 20. Februar 2012 unter der Nr. 30 2012 010 307 in das beim [X.] geführte Markenregister für verschiedene Waren der Klassen 29, 30 und 32 eingetragen worden. Sie genießt u. a. Schutz für die nachfolgenden Waren:

4

Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; tiefgefrorenes, konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmus; Eier; Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette;

5

Klasse 32: Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.

6

Gegen die Eintragung der am 23. März 2012 veröffentlichten Marke hat der Inhaber der prioritätsälteren, am 9. Januar 2010 unter der [X.] 008 257 271 für die nachfolgenden Waren

7

Klasse 5: Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; mineralische Nahrungsergänzungsmittel, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Aminosäuren und/oder Mineralien und/oder Spurenelementen; Vitaminpräparate; diätetische Substanzen für medizinische Zwecke, Diätnahrungsmittel für medizinische Zwecke; Diätgetränke für medizinische Zwecke; Mittel auf Eiweißgrundlage für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke; diätetische Substanzen für nichtmedizinische Zwecke; Diätnahrungsmittel und Diätgetränke für nicht-medizinische Zwecke auf der Basis von Fetten, Fettsäuren, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen; Diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nicht-medizinische Zwecke auf der Basis von Kohlenhydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen.

8

Klasse 29: Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nicht-medizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen.

9

eingetragenen [X.]smarke

[X.]fit

am 22. Juni 2012 Widerspruch erhoben, beschränkt auf die oben genannten Waren der Klasse 29 und 32 der angegriffenen Marke.

Die Markenstelle für Klasse 30 des [X.]s hat mit Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes vom 18. Mai 2016 auf den Widerspruch aus der [X.]smarke 008 257 271 die Löschung der angegriffenen Marke im beantragten Umfang angeordnet. Zur Begründung ist ausgeführt, dass bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und hochgradiger Zeichenähnlichkeit im Zusammenhang mit den angegriffenen Waren Verwechslungsgefahr bestehe, auch wenn auf Seiten der Widerspruchsmarke nur die Ware „Nahrungsergänzungsmittel“ berücksichtigt werden könne. Die Inhaberin der angegriffenen Marke habe mit Schriftsatz vom 19. März 2015 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Da die Widerspruchsmarke (

Hiergegen wendet sich die Inhaberin der angegriffenen Marke mit ihrer Beschwerde. Die eidesstattliche Versicherung des Widersprechenden sei widersprüchlich und reiche nicht aus, um die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke im relevanten Zeitraum glaubhaft zu machen. Der Widersprechende stütze sich allein auf seine eigenen Angaben zu den Umsätzen in den Jahren 2010 bis 2014. Zugleich stammten die Etiketten und Rechnungen, die der [X.] beigefügt gewesen seien, aus dem [X.], weshalb es zweifelhaft sei, ob die Unterlagen überhaupt dem Zeitraum zuzuordnen seien, auf den sich die Eidesstattliche Versicherung beziehe. Der Widerspruchsmarke komme nur eine deutlich unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Es seien zahlreiche Marken für Dritte eingetragen, die denselben Anfangsbestandteil („[X.]“) enthielten und für die hier relevanten Waren Schutz beanspruchten. Zudem erlange die Widerspruchsmarke erst in der Zusammenschreibung der beiden beschreibenden Teile „[X.]" (= Ernährung) und „fit" (= leistungsfähig, gesund) ihre Eigenprägung, so dass sich ihr Schutzumfang allein hierauf beschränke. Angesichts dieser Kennzeichnungsschwäche reiche schon die kleine Abweichung der jüngeren Marke ohne weiteres aus, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen (vgl. [X.] (pat) 149/04 – Mineralfit/ Mineral Vital; 30 W (pat) 180/03 – [X.]/pro vitalis; 25 W (pat) 177/98 – [X.]). Weiterhin sei keine relevante [X.] gegeben. Nach der Rechtsprechung des EuG und der Amtspraxis des [X.] sowie des [X.] sei eine Ähnlichkeit zwischen „Nahrungsergänzungsmitteln“ und „alkoholfreien Getränken“ regelmäßig zu verneinen. Das [X.] habe wiederholt eine Verwechslungsgefahr im Zusammenhang mit den [X.] „Nahrungsergänzungsmittel“ einerseits und „Sirupe, Milchprodukte, diätetische Lebensmittel und Lebensmittel für nichtmedizinische Zwecke“ sowie Waren der Klasse 32 andererseits verneint (vgl. [X.] 25 W (pat) 30/08 – [X.]-Burzler/[X.]; 30 W (pat) 10/08 – [X.]/[X.]). In Anbetracht der Vermarktung der mit der Widerspruchsmarke gekennzeichneten Produkte durch den Widersprechenden sei es nicht deren Hauptzweck, den Durst zu löschen, sondern die Konsumenten mit Vitaminen und Proteinen zu versorgen, wohingegen die Getränke der Inhaberin der angegriffenen Marke zum [X.] bzw. zum Genießen bestimmt seien. Darüber hinaus würden sich die [X.] nach der Art der betrieblichen Herkunft und den Vertriebswegen unterscheiden, da der Widersprechende als Verkäufer von Nahrungsergänzungsmitteln auftrete und diese nur über Apotheken und einen eigenen Onlineshop anbiete, während die Inhaberin der angegriffenen Marke hauptsächlich Fruchtsäfte, Erfrischungsgetränke und Sirupe in Supermärkten vertreibe. Schließlich wende der Verkehr im Zusammenhang mit Nahrungsergänzungsmitteln einen relativ hohen Grad an Aufmerksamkeit auf, da die entsprechenden Waren für die Gesundheit bestimmt seien, wohingegen es sich bei den Waren der jüngeren Marke um solche des täglichen Bedarfs handle, denen der Verbraucher allenfalls durchschnittliche Aufmerksamkeit zukommen lasse. Schließlich bestehe auch keine Ähnlichkeit zwischen den [X.]. Der übereinstimmende [X.] „[X.]“ habe als Anlehnung an das Wort „[X.]tion“ (Ernährung) für die jeweils beanspruchten Waren nur geringe Unterscheidungskraft. Daher würden beide Zeichen durch den Bestandteil „[X.]“ bzw. „[X.]“ geprägt. Das Wort „Fit“ nehme Bezug auf den gesundheitlichen bzw. körperlichen Zustand einer Person wohingegen der [X.] „[X.]“ eine Anlehnung an das [X.] Wort „[X.]A“ (Leben) sei. Somit bestehe ein deutlicher begrifflicher Unterschied. In schriftbildlicher Hinsicht bestehe nur insoweit eine Ähnlichkeit, als der erste [X.] identisch sei. In klanglicher Hinsicht sei anzumerken, dass der jeweils zweite Bestandteil der Zeichen unterschiedlich ausgesprochen werde, wodurch sich trotz der Identität des ersten Wortbestandteiles trotzdem noch ein klanglicher Unterschied zwischen den beiden Marken ergebe.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle des [X.]s vom 18. Mai 2016 aufzuheben und den Widerspruch aus der [X.]smarke 008 257 271 zurückzuweisen.

Der Widersprechende beantragt,

die Beschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen.

Der Widersprechende ist der Auffassung, dass die Verwechslungsgefahr zu bejahen sei, insbesondere sei die Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutzt worden. Die vom [X.] im Hinblick auf die rechtserhaltende Benutzung einer Marke aufgestellten Anforderungen würden vorliegend ohne Weiteres erfüllt (vgl. BGH I ZR 178/16 – [X.]). Auch eine sehr geringe Benutzung sei ausreichend, wenn sie kontinuierlich erfolge. Bei der Frage der [X.] sei zu beachten, dass die Hersteller von Säften oder [X.] im Zusammenhang mit entsprechenden Produkten ein gesundheitsförderndes Image pflegten. Insofern seien die Übergänge zwischen diesen Produkten und Nahrungsergänzungsmitteln fließend. Dies gelte insbesondere für das Produkt des Widersprechenden, das in einem Gebinde vertrieben werde, das auch einen Fruchtsaft oder einen Frühstücksdrink enthalten könne. Nachdem die [X.] klanglich identisch seien, könne kein Zweifel am Vorliegen der Verwechslungsgefahr bestehen.

Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 21. Juni 2018 darauf hingewiesen, dass die vom Widersprechenden glaubhaft gemachten Umsätze bezogen auf den Gesamtmarkt für Nahrungsergänzungsmittel in der [X.] ausgesprochen gering seien. Insofern spreche unter Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls vieles dafür, dass die [X.] nicht rechtserhaltend benutzt worden sei.

Der Widersprechende ist dem entgegengetreten. Zunächst vertreibe er die mit der [X.] gekennzeichneten Nahrungsergänzungsmittel nicht nur in [X.], sondern auch „an ausländische Anbieter“ wie die Internetapotheke „[X.]“ mit Sitz in den [X.]. Er führe zwar nur ein kleines Unternehmen, vertreibe jedoch hoch spezialisierte Produkte, die „es nicht an jeder Ecke gebe“, was bei der Frage der rechtserhaltenden Benutzung berücksichtigt werden müsse. Der Widersprechende verfüge weiterhin über ein abgestimmtes Markenportfolio, dessen Marken jeweils in der Wortendung „fit“ übereinstimmten. Deswegen sei auch der (weit höhere) Umsatz zu berücksichtigen, der mit dieser Markenfamilie erzielt werde. Das einheitliche [X.] dürfe dem Widersprechenden nicht zum Vorwurf gemacht werden. Der Umsatz sei zudem nur ein Gesichtspunkt, der bei der Frage der rechtserhaltenden Benutzung zu berücksichtigen sei. So seien nach ständiger Rechtsprechung auch kleinere Umsätze (mindestens [X.]) als rechtserhaltend anzusehen, wenn die Benutzung sich über fünf Jahre dauerhaft erstreckt habe. Die im Hinweis des Senats vom 21. Juni 2018 geäußerte Rechtsauffassung führe im Ergebnis systemwidrig zu unterschiedlichen Bewertungsmaßstäben im Zusammenhang mit nationalen Marken und [X.]smarken. Wegen der Abkehr des Senats von der ständigen Rechtsprechung werde die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 vom 18. Mai 2016, auf die Schriftsätze der Beteiligten, die schriftlichen Hinweise des Senats vom 14. Februar 2018 und vom 21. Juni 2018, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2018 und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach § 64 Abs. 6 Satz 1 [X.] i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat in der Sache Erfolg. Die Widersprechende hat auf die im Beschwerdeverfahren in zulässiger Weise erhobene Nichtbenutzungseinrede der Inhaberin der angegriffenen Marke gemäß § 125 b Nr. 4 i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke in dem maßgeblichen Benutzungszeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] für keine der für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren glaubhaft gemacht. Mangels berücksichtigungsfähiger Waren auf Seiten der Widerspruchsmarke i. S. d. § 125 b Nr. 4 i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] kann der Widerspruch schon deshalb – unabhängig von der Frage der Verwechslungsgefahr nach der [X.] – keinen Erfolg haben. Der Beschluss der Markenstelle des [X.]s für Klasse 30 war daher aufzuheben und der Widerspruch zurückzuweisen, § 43 Abs. 2 Satz 2 [X.].

1. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Verfahren vor dem [X.] mit Schriftsatz vom 19. März 2015 und im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 8. August 2016 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Die gemäß § 125b Nr. 4 i. V. m. § 43 Abs. 1 [X.] pauschal bzw. undifferenziert erhobene Einrede der Nichtbenutzung ist als zulässige Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] auszulegen, wobei sich die Beurteilung, ob eine [X.] rechtserhaltend benutzt worden ist, nach Art. 18 [X.] richtet (früher Art. 15 [X.]). Das [X.] hat im Beschluss vom 18. Mai 2016 zutreffend darauf hingewiesen, dass die Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke noch nicht länger als 5 Jahre eingetragen war, so dass der Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] nur für den Zeitraum von 5 Jahren vor der hier getroffenen Entscheidung vom 15. November 2018, also für den Zeitraum vom 15. November 2013 bis zum 15. November 2018 glaubhaft zu machen hat (vgl. zur Auslegung der undifferenziert erhobenen Einrede der Nichtbenutzung, soweit diese nur für den Benutzungszeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] unzulässig ist, die ausführliche Senatsentscheidung 25 W (pat) 6/11 – [X.]/ YOSOI = GRUR 2016, 286, dort Leitsatz 1).

Der Widersprechende hat für diesen Zeitraum Benutzungsunterlagen vorgelegt, nämlich eine von ihm selbst abgegebene Eidesstattliche Versicherung vom 14. August 2015 nebst Abbildungen von Etiketten und Rechnungen. Er macht geltend, mit als „[X.]fit“ gekennzeichneten Waren (nämlich Nahrungsergänzungsmitteln), in [X.] im [X.] insgesamt einen Umsatz von [X.] und [X.] insgesamt einen Umsatz von [X.] erzielt zu haben. In der [X.] sind weiterhin für die Jahre 2010 bis 2012 Umsätze genannt, die jährlich zwischen von [X.] und [X.] liegen. Soweit die der [X.] beigefügten Unterlagen wie Etiketten und Rechnungen nicht den Zeitraum 2013 bis 2014 betreffen, sondern das [X.], geht der Senat weder von einem gedanklichen Widerspruch noch von einer inhaltlich unrichtigen [X.] aus, da der Widersprechende ausweislich seiner Erklärung Etiketten und Rechnungskopien „aus dem entscheidungserheblichen Zeitraum“ beigefügt hat, zu dem – wie oben dargelegt – auch das [X.] zählt. Es ist dabei nicht zu verkennen, dass im maßgeblichen Benutzungszeitraum bestenfalls Umsätze in einer Größenordnung von insgesamt [X.] glaubhaft gemacht worden sind ([X.] plus [X.]), woraus sich im Benutzungszeitraum ein durchschnittlicher jährlicher Gesamtumsatz von lediglich[X.] ergibt. Wird dabei noch berücksichtigt, dass der für das [X.] an Eides Statt versicherte Umsatz im Wesentlichen außerhalb des maßgeblichen [X.] liegt, der erst am 15. November 2013 beginnt, ergibt sich für den gesamten Benutzungszeitraum ein glaubhafter Gesamtumsatz von deutlich unter [X.] bzw. ein durchschnittlicher Jahresumsatz von [X.]. Trotz der bereits im Hinweis vom 21. Juni 2018 geäußerten Bedenken des Senats, dass die rechtserhaltende Benutzung der [X.] angesichts der bislang glaubhaft gemachten (geringen) Umsätze fraglich sei, hat der Widersprechende bis zur mündlichen Verhandlung vom 15. November 2018 keine weiteren Umsätze für Waren, die mit der [X.] gekennzeichnet sind, vorgetragen oder glaubhaft gemacht.

Die vorgelegten Benutzungsunterlagen mögen im Zusammenhang mit der Ware „Nahrungsergänzungsmittel“ insgesamt zwar ausreichen, um für den relevanten Benutzungszeitraum eine Scheinbenutzung in Bezug auf eine nationale Marke auszuschließen. In Anbetracht der kontinuierlichen Benutzung der Marke „[X.]fit“ seit dem [X.] kann zu Gunsten des Widersprechenden davon ausgegangen werden, dass die [X.] eine gewisse wirtschaftliche Relevanz haben und nicht nur symbolischer Art sind bzw. zu dem Zweck vorgenommen wurden, die Marke um ihrer selbst willen zu erhalten. Damit könnten grundsätzlich die Anforderungen an eine rechtserhaltende Benutzung im Sinne von § 26 Abs. 1 [X.] für eine nationale Marke gerade noch erfüllt sein (vgl. hierzu [X.]/ Hacker/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 26 Rn. 9 ff.). Vorliegend handelt es sich bei der Widerspruchsmarke aber um eine [X.]smarke, so dass die Frage der rechtserhaltenden Benutzung nach Art. 15 [X.] (jetzt Art. 18 [X.]) zu beurteilen ist, wobei grundsätzlich eine Benutzung in der Gemeinschaft bzw. in der [X.] erforderlich ist. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist bei der Benutzung einer [X.]smarke in nur einem Mitgliedsstaat der [X.] die Anerkennung einer rechtserhaltenden Benutzung zwar nicht ausgeschlossen, da die Grenzen der Hoheitsgebiete der Mitgliedsstaaten bei der Beurteilung der Benutzung außer Betracht zu lassen sind ([X.] GRUR 2013, 182 Rn. 44 – ONEL/ [X.]; [X.] 2014 385 Rn. 29 ff. – [X.]; zustimmend: [X.], 925 Rn. 41 – [X.]). Nachdem aber das Gebiet, in dem die Marke benutzt wird, nur einer der Faktoren ist, die in die Beurteilung der Ernsthaftigkeit der Benutzung einzubeziehen sind, wird teilweise gefordert, dass die Benutzung in diesem beschränkten Gebiet intensiv und umfangreich erfolgt sein muss (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.] § 125b Rn. 41 – 45 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; für die Ware „Milchcooler und Milch Container“ sind Umsätze zwischen … und [X.] als nicht besonders hoch, aber noch ausreichend angesehen worden: [X.] 30 W (pat) 23/16 und 30 W (pat) 51/16; die beiden Entscheidungen sind über die Homepage des [X.] öffentlich zugänglich). Der [X.] hat in der oben genannten Entscheidung ONEL/[X.] darauf hingewiesen, dass bei einer Benutzung der [X.]smarke in nur einem Mitgliedsstaat, die insgesamt für die Bejahung einer ernsthaften Benutzung in der [X.] nicht ausreicht, die Möglichkeit besteht, die [X.]smarke in eine nationale Marke umzuwandeln (a. a. [X.] Rn. 51) und damit hinreichend deutlich klargestellt, dass eine geringfügige, territorial beschränkte Benutzung (auch wenn diese nicht lediglich zum Schein erfolgt) kein unionsweites Verbietungsrecht begründen soll.Im vorliegenden Fall ist bei der Abwägung aller relevanten Umstände zu berücksichtigen, dass die [X.] nur in einem begrenzten Gebiet der [X.] benutzt wird und die mit ihr erzielten Umsätze vor dem Hintergrund des gesamten Marktes für Nahrungsergänzungsmittel in der [X.] ausgesprochen gering sind. Allein in [X.] werden mit Nahrungsergänzungsmitteln jährlich Umsätze von mehr als einer [X.] erzielt (auf die mit dem [X.] vom 21. Juni 2018 übersandten Unterlagen wird insoweit Bezug genommen). Zudem hat der Widersprechende auch auf Hinweis des Senats keine Tatsachen glaubhaft gemacht, die belegen könnten, dass er ernsthaft bemüht ist, seinen sehr geringen Marktanteil zu steigern. Die mit der eidesstattlichen Versicherung vom 14. August 2015 allein für das Inland glaubhaft gemachten Umsatzzahlen von 2010 bis 2014 belegen vielmehr, dass die relativ geringen Umsatzzahlen stark rückläufig sind (von [X.] im [X.] auf nur noch [X.] [X.]). Soweit der Widersprechende in seiner Stellungnahme zum Hinweis des Senats vom 21. Juni 2018 behauptet, dass er mit der [X.] gekennzeichnete Waren auch „an ausländische Anbieter“ vertrieben habe, steht dies im Widerspruch zu seiner [X.] vom 14. August 2015. Der Senat geht aber auch insoweit nicht davon aus, dass die Eidesstattliche Versicherung unrichtig ist. Vielmehr zeigt die vom Widersprechenden im Schriftsatz vom 6. August 2018 vorgelegte Anlage, auf die er sich insoweit beruft (Screenshot der Internetapotheke [X.], Anlage 1, [X.]. [X.]), ausweislich der [X.] und der inländischen Servicetelefonnummer der Internetseite, dass sich das Angebot an inländische [X.]e richtet. Insoweit trägt der Widersprechende mit der gebotenen prozessualen Vorsicht nur vor, dass er die Ware „an ausländische Anbieter vertreibe“. Bei der Prüfung der Frage, wo relevante Umsätze erzielt werden, kommt es aber zuerst auf den Sitz der Kunden an und nicht auf den Sitz von einzelnen Zwischenhändlern oder Online-Vertriebsplattformen. Anderenfalls wäre die rechtserhaltende Benutzung von Marken zu verneinen, wenn die entsprechenden Produkte zwar bestimmungsgemäß in der [X.] abgesetzt werden, der Vertrieb aber (z. B. zur Steuerersparnis) über eine außereuropäische Internetseite erfolgt.

Entgegen der Rechtsauffassung des Widersprechenden sind bei der Prüfung der rechtserhaltenden Benutzung weitere Marken, deren Inhaber gleichfalls der Widersprechende ist, nicht zu berücksichtigen. Unabhängig davon, dass er nicht vorgetragen hat, welche Umsätze mit diesen Marken im relevanten Benutzungszeitraum erzielt wurden, bezieht sich der Benutzungszwang auf die Marke, aus der der Widerspruch erhoben worden ist, und nicht auf eine – nach Auffassung des Inhabers zusammengehörige – „Markenfamilie“. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Benutzung von Serienmarken im Einzelfall im Rahmen der Gesamtbetrachtung aller tatsächlichen Umstände im Zusammenhang mit der Benutzung einer Widerspruchsmarke berücksichtigt werden müsse, so steht vorliegend einer solchen Betrachtungsweise entgegen, dass die Marken, aus denen die „Markenfamilie“ bestehen soll, nur in einem für sich genommen nicht schutzfähigen Bestandteil übereinstimmen.

Dem Widersprechenden ist darin zuzustimmen, dass neben den erzielten Jahresumsätzen, dem getätigten Werbe- und [X.] und dem territorialen Absatzgebiet auch die Art des gekennzeichneten Produkts zu berücksichtigen ist. Soweit Waren oder Dienstleistungen betroffen sind, die sich an einen hoch spezialisierten [X.] richten, können auch bei [X.]smarken vergleichsweise niedrige Umsätze ausreichen, um eine rechtserhaltende Benutzung zu bejahen. Insoweit ist es angezeigt, die vom Widersprechenden glaubhaft gemachten Umsätze mit dem Volumen des Gesamtmarkts entsprechender Produkte zu vergleichen. In diesem Zusammenhang weist aber nichts darauf hin, dass die vom Widersprechenden vertriebenen Produkte gegenüber sonstigen Nahrungsergänzungsmitteln anderer Anbieter in irgendeiner Art und Weise speziell oder besonders sein könnten. Hierzu hat der Widersprechende nach dem Hinweis des Gerichts vom 21. Juni 2018 nichts [X.] vorgetragen. Ausweislich der Anlage 1 vertreibt der Widersprechende sein Produkt als „[X.]fit Kakao Flüssig“. Auf den Etiketten der Produkte, die der [X.] des Widersprechenden vom 14. August 2015 beigefügt sind, wird neben dem hohen Eiweißgehalt bzw. dem niedrigen Gehalt an Kohlehydraten der Getränke (u. a.) die Geschmacksrichtung hervorgehen. Damit entspricht das Produkt üblichen Nahrungsergänzungsmitteln, die nicht nur im Fachhandel, sondern auch in Supermärkten und Discountern vielfältig angeboten werden. Folgerichtig hat der Widersprechende im Zusammenhang mit der Frage der [X.] selbst vorgetragen, dass seine Produkte in Gebinden vertrieben würden, die auch einen Fruchtsaft oder einen Frühstücksdrink enthalten könnten, weshalb seine Produkte gegenüber (gewöhnlichen) Fruchtsäften oder [X.] anderer Hersteller hochgradig ähnlich seien.

Insoweit führt die Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls dazu, dass eine rechtserhaltende Benutzung der [X.] als nicht glaubhaft gemacht anzusehen ist.

2. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war vom Widersprechenden mit Schriftsatz vom 6. August 2018 beantragt worden. Mit Telefax vom 14. November 2018, eingegangen bei Gericht am 14. November 2018, hat der Widersprechende auf die Durchführung der auf den folgenden Tag anberaumten mündlichen Verhandlung „verzichtet“. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung erschien aber aus Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst, § 69 Nr. 1 und Nr. 3 [X.], was den Beteiligten seitens des Gerichts mit Telefax vom 14. November 2018 mitgeteilt wurde ([X.]. 103/105 d. A.).

3. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, da der Ausgang des Verfahrens im Wesentlichen von der tatrichterlichen Bewertung der glaubhaft gemachten Umstände im Zusammenhang mit der rechtserhaltenden Benutzung der [X.] abhängig war. Der Senat ist dabei im Bewertungsmaßstab von der Rechtsprechung der anderen Senate des [X.], des [X.]s und des [X.]päischen Gerichtshofs – wie oben dargelegt – nicht abgewichen.

Meta

25 W (pat) 536/17

15.11.2018

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.11.2018, Az. 25 W (pat) 536/17 (REWIS RS 2018, 1685)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 1685

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I ZR 178/16

30 W (pat) 23/16

30 W (pat) 51/16

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