Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2014, Az. V ZR 137/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7306

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V ZR
137/13
Verkündet am:

7. März 2014

Langendörfer-Kunz

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.]G[X.] § 917 Abs. 1, § 1018
Eine Grunddienstbarkeit des Inhalts, dass auf einen nach § 917 [X.]G[X.] zu duldenden Notweg verzichtet wird, ist im Grundbuch des durch den Verzicht belasteten Grund-stücks einzutragen. Aus einer Eintragung im Grundbuch des durch das Notwegrecht belasteten Grundstücks kann sich ein dinglich wirkender Verzicht nicht ergeben.
Der Eigentümer eines verbindungslosen Grundstücks kann einen Notweg nicht auch für seinen künftigen [X.] verlangen.

[X.], Urteil vom 7. März 2014 -
V [X.] -
LG [X.]

AG [X.]

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2
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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann,
den
Richter Dr.
Czub, die Richterinnen Dr. [X.]rückner und Weinland und den Richter Dr.
Kazele

für
Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird

unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen

das Urteil des [X.]s Deggen-dorf

1. Zivilkammer

vom 30. April 2013 im Kostenpunkt und in-soweit aufgehoben, als sich die Verurteilung der [X.] zur Gewährung eines Notwegrechts auch auf die Rechtsnachfolger der Parteien bezieht.
Im Umfang der Aufhebung wird die [X.]erufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 10. Februar 2012 zu-rückgewiesen.
Die Kosten des ersten und zweiten [X.] tragen die Par-teien je zur Hälfte. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden den [X.] zu ¾ und dem Kläger zu ¼ auferlegt.

Von Rechts wegen

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Tatbestand:

Die Parteien sind [X.]. Das mit einem Wohnhaus be-baute Grundstück des [X.] besitzt keinen Zugang zu einer öffentlichen Straße. Die Rechtsvorgänger der Parteien hatten mit notariellem Vertrag vom 1. Dezember 1960 zugunsten des klägerischen Grundstücks ein Geh-
und Fahrtrecht über das Grundstück der [X.] vereinbart, das mit folgendem Inhalt in das Grundbuch eingetragen wurde:

n-tum der Restfläche von Flurstück Nr. 17 den jeweiligen Eigentümern der [X.] für immer das unentgeltliche Recht ein, über die Hoffläche und entlang des [X.] auf einem ca. 3 m breiten Streifen jederzeit zu gehen und mit Fahr-zeugen aller Art zu fahren, um vom Weg zur [X.] gelangen zu können. Das [X.]efahren mit Personenkraftwagen ist jedoch nicht gestat

Der Kläger verlangt, soweit hier von Interesse, dass
die [X.] mit Wirkung für sich und ihre Rechtsnachfolger ihm und seinen Rechtsnachfolgern die [X.]enutzung des Weges mit Personenkraftwagen gegen Zahlung einer Not-statten. Das Amtsgericht hat die Klage abgewie-sen. Das [X.] hat ihr stattgegeben. Mit der von dem [X.] zuge-lassenen Revision wollen die [X.] die Wiederherstellung des amtsgericht-lichen Urteils erreichen. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechts-mittels.

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Entscheidungsgründe:

I.

Nach Ansicht des [X.]erufungsgerichts steht dem Kläger gemäß §
917 [X.]G[X.] ein Notwegrecht zu. Zwar sei die Erreichbarkeit seines Grundstücks mit anderen Kraftfahrzeugen als mit Pkw, insbesondere durch Versorgungsfahr-zeuge, bereits durch das dinglich gesicherte Geh-
und Fahrtrecht sichergestellt. Gerade im ländlichen Raum sei aber die Erreichbarkeit des Wohngrundstücks auch mit Pkw zu dessen ordnungsgemäßer [X.]enutzung notwendig. Dem geltend
gemachten Anspruch stehe der Wortlaut des dinglich gesicherten Geh-
und [X.] nicht entgegen. Ein Verzicht der Rechtsvorgänger des [X.] auf das Notwegrecht wirkte nur dann zu seinen Lasten, wenn dieser durch eine entsprechende
Grunddienstbarkeit dinglich gesichert
wäre. Hierfür hätte es der Eintragung des Verzichts im Grundbuch des klägerischen Grundstücks bedurft. Daran fehle es.

II.

Das hält revisionsrechtlicher Prüfung im Wesentlichen stand.

1. Rechtsfehlerfrei nimmt das [X.]erufungsgericht an, dass die auf dem Grundstück der [X.] lastende Grunddienstbarkeit dem von dem Kläger geltend gemachten Notwegrecht gemäß §
917 [X.]G[X.] nicht entgegensteht. [X.] der Auffassung der Revision liegt in der [X.]eschränkung des eingetrage-nen Geh-
und [X.] auf Kraftfahrzeuge, die keine Personenkraftwagen sind, kein dinglich wirkender Verzicht zu Lasten des klägerischen Grundstücks.

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a) Richtig ist zwar, dass der [X.]erechtigte auf das Notwegrecht verzichten
kann. Ein seitens des [X.] erklärter Verzicht liegt aber nicht vor. Ein
schuld-rechtlicher Verzicht seiner Rechtsvorgänger, der sich aus dem der [X.]estellung des Geh-
und [X.] zugrundeliegenden Schuldverhältnis ergeben kann,
bindet den Kläger nicht.

b) Eine dingliche und damit auch den [X.]
bindende Wirkung des Verzichts kann nur durch eine entsprechende
Grunddienstbarkeit erreicht werden ([X.]/[X.], [X.]G[X.]
[2009], § 918 Rn. 9; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Aufl., 4. Teil Rn. 57; Deh-ner, Nachbarrecht, 7. Aufl., [X.] § 27 S. 28).

aa) Nach der dritten Alternative des § 1018 [X.]G[X.] kann ein Grundstück zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks auch in der Weise belastet werden, dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück dem anderen Grundstück gegenüber ergibt. Dies betrifft in erster Linie die dingliche Verpflich-tung, die Nachbarrechte aus §§ 904 bis 923 [X.]G[X.] nicht oder nur eingeschränkt auszuüben ([X.]ayObLG, Mitt[X.]ayNot 1990, 107, 108; [X.]ayObLGZ 2004, 103, 105; [X.]/[X.], [X.]G[X.]
[2009], § 1018 Rn. 75, 125; MünchKomm-[X.]G[X.]/[X.], 6.
Aufl., § 1018 [X.]G[X.] Rn. 38). Ein sich aus dem Grundeigentum ergebendes Recht im Sinne des § 1018 [X.]G[X.] stellt auch das Notwegrecht gemäß §
917 [X.]G[X.] dar. Ein Verzicht auf das Notwegrecht kann daher Gegenstand einer Grunddienstbarkeit im Sinne des § 1018 [X.]G[X.] sein (vgl. [X.]/[X.], [X.]G[X.] [2009], § 1018 Rn. 127; MünchKomm-[X.]G[X.]/[X.], 6.
Aufl., § 1018 [X.]G[X.] Rn. 39).

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bb) Die Entstehung der Grunddienstbarkeit
setzt
gemäß § 873 [X.]G[X.] die Einigung und Eintragung in das Grundbuch voraus. Sie ist auf dem für das die-nende Grundstück angelegten Grundbuchblatt einzutragen (vgl. Senat, Urteil vom 8. April 1988

[X.], [X.]Z 104,
139, 142; [X.]/[X.], [X.]G[X.]
[2009], § 1018 Rn. 22; MünchKomm-[X.]G[X.]/[X.], 6. Aufl., § 1018 [X.]G[X.] Rn. 59; [X.]/[X.]assenge, [X.]G[X.], 73. Aufl., §
1018 [X.]G[X.] Rn. 28), also auf dem des durch den Verzicht belasteten Grundstücks. Dadurch wird ein gutgläubiger las-tenfreier Erwerb durch einen [X.], für den allein das Grundbuchblatt dieses Grundstücks maßgebend ist, verhindert.

c) An einer im Grundbuch des klägerischen
Grundstücks eingetragenen Grunddienstbarkeit des Inhalts, dass der Eigentümer auf ein Notwegrecht zum [X.]efahren des Grundstücks der [X.] mit Personenkraftwagen verzichtet,
fehlt es hier. Entgegen der Auffassung der [X.] kommt es auf die zulas-ten ihres Grundstücks eingetragene Dienstbarkeit nicht an; denn aus einer Ein-tragung im Grundbuch des durch das Notwegrecht belasteten Grundstücks kann sich ein dinglich wirkender Verzicht auf das Notwegrecht nicht ergeben (vgl. für einen Vermerk nach § 9 G[X.]O Demharter, G[X.]O, 29.
Aufl., § 9 Rn. 14; [X.]/[X.], [X.]G[X.] [2009], § 1018 Rn. 22; MünchKomm-[X.]G[X.]/[X.], 6.
Aufl., § 1018 [X.]G[X.] Rn. 59).

2. Ohne Rechtsfehler nimmt das [X.]erufungsgericht an, dass die Voraus-setzungen für ein Notwegrecht des [X.] gemäß § 917 [X.]G[X.] vorliegen.

Es geht zutreffend von der Rechtsprechung des Senats aus, wonach ei-ne ordnungsmäßige Grundstücksnutzung i.S.d. § 917
[X.]G[X.] bei einem [X.] auch die Möglichkeit voraussetzt, dieses mit einem Personenkraft-wagen anzufahren, wenn es nicht lediglich um das Abstellen von Kraftfahrzeu-9
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gen auf dem Grundstück, sondern um dessen Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeu-gen geht (Senat, Urteil vom 18.
Oktober 2013

[X.], [X.], 149 Rn. 12; Urteil vom 12. Dezember 2008 -
V [X.], NJW-RR 2009, 515, 517 Rn. 24). Seine tatrichterliche,
auf einer Augenscheinnahme beruhende Würdi-gung, wonach unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ein Notwegrecht des [X.] zum [X.]efahren mit einem Personenkraftwagen besteht, ist [X.] nicht zu beanstanden.

3. Keinen [X.]estand haben kann das [X.]erufungsurteil
hingegen, soweit sich die Verurteilung der [X.] zur Gewährung eines Notwegrechts auch auf die ([X.] der Parteien bezieht.

Zwar könnte auch ein neuer Eigentümer des klägerischen Grundstücks bei unveränderten tatsächlichen Verhältnissen (vgl. Senat, Urteil
vom 25. No-vember 1964 -
V [X.]/62,
NJW 1965, 537, 538) gemäß § 917 [X.]G[X.] von den [X.] einen Notweg verlangen. Das Verlangen ist aber [X.] für das Entstehen sowohl der Duldungs-
als auch der [X.] (Senat, Urteil vom 19. April 1985

V
ZR 152/83, [X.]Z 94, 160, 162). Solange ein [X.] des [X.] einen
Notweg nicht verlangt, hat er daher weder ein [X.]enutzungsrecht
noch ist er zu einer
Rentenzahlung verpflichtet.
Ebenso verhält es sich im Hinblick auf einen
([X.]
der [X.]. Eine Duldungspflicht bzw. ein [X.] eines Rechtsnachfolgers entstünde erst, wenn der Kläger auch diesem gegenüber die [X.]enutzung verlangt.
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III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92
Abs. 1 ZPO.

Stresemann

Czub

[X.]rückner

Weinland

Kazele

Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 10.02.2012 -
4 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 30.04.2013 -
12 [X.]/12 -

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Meta

V ZR 137/13

07.03.2014

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2014, Az. V ZR 137/13 (REWIS RS 2014, 7306)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7306

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZR 137/13

V ZR 278/12

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