Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.03.2017, Az. 4 StR 545/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 13959

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Gegenstand

Verletzung des Dienstgeheimnisses: Bestätigung und Inhaltsangabe eines anonymen Schreibens durch einen Staatsanwalt gegenüber einem Pressevertreter


Tenor

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 15. März 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

[X.]as [X.] hatte den Angeklagten im ersten Rechtsgang wegen vorsätzlicher Verletzung des [X.]s zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 150 Euro verurteilt. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hob der Senat dieses Urteil mit den Feststellungen auf, weil die [X.] die Annahme einer (tateinheitlich begangenen) versuchten Strafvereitelung im Amt mit rechtsfehlerhaften Erwägungen abgelehnt hatte. Im zweiten Rechtsgang hat das [X.] den Angeklagten nunmehr freigesprochen. [X.]ie gegen dieses Urteil gerichtete und vom [X.] vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

I.

2

1. [X.]ie unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage wirft dem Angeklagten vor, er habe als Leitender Polizeidirektor der [X.]     am 9. oder 10. Januar 2014 den zu dieser [X.] als Leiter des polizeiärztlichen [X.]ienstes des [X.]     tätigen [X.]telefonisch über den Eingang eines ihm vorgelegten anonymen Schreibens unterrichtet. In diesem Schreiben sei [X.]vorgeworfen worden, im Rahmen der freien Heilfürsorge vorgehaltene Medikamente unrechtmäßig an den Zeugen [X.]abgegeben zu haben. Aufgrund dieser Mitteilung sei der ungestörte Ablauf des gegen [X.]aufgrund dieser anonymen Anzeige eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gefährdet gewesen. [X.]er Angeklagte habe in der Absicht gehandelt, eine Bestrafung von [X.]ganz oder teilweise zu vereiteln.

3

2. [X.]as [X.] hat die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:

4

a) [X.]er Angeklagte pflegte zu [X.]eine gute Arbeitsbeziehung. Im [X.]ezember 2013 waren einzelne Untersuchungsmethoden von [X.]Gegenstand einer von ihm als verunglimpfend empfundenen Berichterstattung in der regionalen Presse. [X.]er Angeklagte wertete diese Berichterstattung als „[X.]“ und machte [X.]Mut.

5

Am 9. Januar 2014 wurde dem Angeklagten ein undatiertes anonymes Schreiben vorgelegt, das an die von ihm geleitete [X.]     gerichtet war. [X.]arin wurde der Vorwurf erhoben, [X.]habe im Rahmen seiner Tätigkeit als Leiter des polizeiärztlichen [X.]ienstes über Jahre vorgehaltene Medikamente kostenlos an den Zeugen [X.]abgegeben, der als Verwaltungsleiter der Polizei hierauf keinen Anspruch gehabt habe. [X.]er Angeklagte erklärte, sich selbst um die Angelegenheit kümmern zu wollen. Nachdem er das Schreiben durchgelesen hatte, machte sich der Angeklagte Sorgen um [X.], weil er eine erneute negative Berichterstattung in der Presse befürchtete.

6

Am 10. Januar 2014 kam es zwischen dem Angeklagten und [X.]zu einer E-Mail-Korrespondenz. [X.]abei informierte [X.]den Angeklagten zunächst über die Untersuchung eines seiner Mitarbeiter, für den sich der Angeklagte zuvor verwandt hatte, und bedankte sich danach bei ihm für dessen „sehr fürsorgliche Unterstützung“. [X.]er Angeklagte bedankte sich im Gegenzug bei [X.]in einer als vertraulich gekennzeichneten E-Mail für diese Information und fügte hinzu, dass er sich sicher sei, „dass sich auch alles Andere zur Zufriedenheit aller Betroffenen regeln werde“. [X.]schrieb daraufhin an den Angeklagten: „[X.]anke lieber Freund, ich habe [X.] nichts vorzuwerfen und sehe gelassen in die Zukunft, aber gesundheitlich durch die [X.] deutlich angeschlagen“. Ebenfalls noch am 10. Januar 2014 benachrichtigte der Angeklagte den Leitenden Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft [X.], den [X.]         , über den wesentlichen Inhalt des anonymen Schreibens und händigte es ihm am 15. Januar 2014 persönlich aus. [X.]ieser leitete das Schreiben am Folgetag zuständigkeitshalber an die Staatsanwaltschaft [X.] weiter.

7

Am 23. Januar 2014 sprach ein Redakteur der           [X.]ung den [X.]          bei einer Veranstaltung in [X.]     in Anwesenheit des Angeklagten auf das anonyme Schreiben an, nachdem kurz zuvor eine leicht veränderte Abschrift bei der [X.]ung eingegangen war. Auf die Bitte nach einer Bewertung des Schreibens verwies der Zeuge S.          unter anderem darauf, dass er die Angelegenheit bereits an die Staatsanwaltschaft [X.] weitergeleitet habe und diese zudem prüfen müsse, ob die Straftaten, die den Zeugen [X.]und [X.]vorgeworfen worden seien, nicht bereits verjährt seien. Über dieses Gespräch informierte der Angeklagte den Zeugen [X.]zu einem nicht näher feststellbaren [X.]punkt zwischen dem 23. Januar 2014 und dem 4. Februar 2014.

8

Am 24. Januar 2014 leitete die Staatsanwaltschaft [X.] ein Ermittlungsverfahren gegen [X.]und den Zeugen [X.]ein.

9

Am 28. Januar 2014 oder kurz danach fragte ein Journalist der       Landeszeitung bei der Pressestelle der [X.]     nach, ob es richtig sei, dass dort ein anonymes Schreiben vom Januar 2014 vorliege.

Bei einem am 4. Februar 2014 wegen der negativen Presseberichterstattung im [X.]ezember 2013 mit der Polizeipräsidentin in [X.]     geführten Gespräch teilte [X.]mit, von dem Angeklagten darüber informiert worden zu sein, dass es bereits ein weiteres anonymes Schreiben gebe, in dem ihm die unrechtmäßige Abgabe von Medikamenten an den Zeugen [X.]vorgeworfen werde. Gegen den Angeklagten wurde daraufhin ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

[X.]ie Presse berichtete erstmals nach den [X.]urchsuchungen bei dem Angeklagten sowie den Zeugen [X.]und [X.], die jeweils am 18. März 2014 stattfanden, von den Vorwürfen aus dem anonymen Schreiben.

b) [X.]ie [X.] hat nicht mit der erforderlichen Gewissheit festzustellen vermocht, dass der Angeklagte den Zeugen [X.]- wie angeklagt - bereits am 9. oder 10. Januar 2014 von dem anonymen Schreiben in Kenntnis gesetzt hat. [X.]ass die Existenz und der Inhalt des anonymen Schreibens nach dem 23. Januar 2014 noch ein Geheimnis im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB gewesen sei, habe sich nicht feststellen lassen, da zu diesem [X.]punkt auch schon Pressevertreter hiervon Kenntnis gehabt hätten. Jedenfalls sei davon auszugehen, dass der Angeklagte im [X.]punkt der [X.] gegenüber dem Zeugen [X.]nach dem von ihm angehörten Gespräch vom 23. Januar 2014 nicht mehr die Vorstellung gehabt habe, dass es sich bei der Existenz oder dem Inhalt des anonymen Schreibens von Anfang Januar 2014 noch um ein Geheimnis handele oder er dies zumindest billigend in Kauf genommen habe. Auch der für die Annahme einer versuchten Strafvereitelung (im Amt) erforderliche Tatentschluss sei nicht gegeben, weil es das vorrangige Ziel des Angeklagten gewesen sei, den Zeugen [X.]vor weiterer negativer Presseberichterstattung zu bewahren oder zumindest vor damit einhergehenden emotionalen Rückschlägen zu schützen. Zudem sei davon auszugehen, dass es sich bei der Weitergabe der Informationen nach dem 23. Januar 2014 und der angeklagten Unterrichtung von [X.]am 9. oder 10. Januar 2014 wegen der unterschiedlichen [X.] und dem dazwischen liegenden Gespräch zwischen dem [X.]          und dem Redakteur der           [X.]ung um verschiedene prozessuale Taten handele und dieser Vorgang deshalb von der zugelassenen Anklage nicht erfasst sei.

II.

[X.]ie Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

1. [X.]ie Erwägungen, mit denen das [X.] eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen einer Verletzung des [X.]s gemäß § 353b Abs. 1 Nr. 1 StGB verneint hat, halten rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil es von einem zu engen Verständnis des Tatbestandsmerkmals Geheimnis ausgegangen ist.

a) [X.] im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB sind tatsächliche Gegebenheiten, die nur einem beschränkten Personenkreis bekannt sind und die der Geheimhaltung bedürfen. Sie müssen dem betreffenden Amtsträger im inneren Zusammenhang mit seiner [X.]iensttätigkeit bekannt geworden sein (vgl. [X.], Urteil vom 9. [X.]ezember 2002 - 5 [X.], [X.]St 48, 126, 129; Urteil vom 23. März 2001 - 2 [X.], [X.]St 46, 339, 340 f. mwN; vgl. auch [X.], Urteil vom 15. November 2012 - 2 StR 388/12, [X.], 110, 111). Werden Tatsachen, deren Kenntnis nur einem bestimmten geschlossenen Personenkreis vorbehalten ist, weiteren Personen bekannt, so geht deren [X.] dadurch noch nicht verloren (vgl. [X.], Urteil vom 8. November 1965 - 8 StE 1/65, [X.]St 20, 342, 383; RG, Urteil vom 4. März 1940 - 2 [X.] 31/40, [X.], 110, 111; Vormbaum in [X.] Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 353b Rn. 7; [X.] in [X.] Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 353b Rn. 22 mwN). Auch kommt es nicht darauf an, ob die Zahl der Mitwisser bestimmbar ist (vgl. RG, Urteil vom 4. März 1940 - 2 [X.] 31/40, [X.], 110, 111). Selbst ein noch ungesichertes und daher der Bestätigung bedürfendes „[X.]“ einer Tatsache hebt deren [X.] noch nicht auf (vgl. RG, Urteil vom 4. März 1940 - 2 [X.] 31/40, [X.], 110, 111; Vormbaum, aaO, § 353b Rn. 7; [X.] in [X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 353b Rn. 4; [X.], aaO, § 353b Rn. 23 mwN). Erst wenn eine geheimhaltungsbedürftige Tatsache einer ungewissen Vielzahl von Personen bekannt geworden ist und sich dadurch so verbreitet hat oder auf andere Weise so zugänglich geworden ist, dass ein verständiger und erfahrener Mensch ohne weiteres zuverlässig von ihr Kenntnis haben oder sich von ihr aus allgemein zugänglichen Quellen unschwer überzeugen kann, hat sie ihren [X.] verloren (vgl. [X.], Urteile vom 9. [X.]ezember 2002 - 5 [X.], [X.]St 48, 126, 129 f. zu § 61 Abs. 1 Satz 2 [X.] u.a.; und vom 8. Oktober 2002 - 1 StR 150/02, [X.]St 48, 28, 30 ff. zu § 203 StGB; [X.] in [X.], 3. Aufl., § 353b Rn. 4; [X.], StGB, 64. Aufl., § 353b Rn. 13 mwN).

b) [X.]iesen Vorgaben werden die Erwägungen des [X.]s, mit denen es das Vorliegen eines Geheimnisses für den von ihm angenommenen Tatzeitraum verneint hat, nicht gerecht. Zwar hat der Zeuge S.          als Leitender Oberstaatsanwalt am 23. Januar 2014 auf die Nachfrage eines Redakteurs der           [X.]ung die Existenz und - jedenfalls in groben Zügen - auch den Inhalt des anonymen Schreibens bestätigt und damit nicht nur den Kreis der Mitwisser erweitert, sondern auch die Grundlage für eine sich auf eine zuverlässige Quelle stützen könnende Presseveröffentlichung geschaffen. [X.]adurch hatte das anonyme Schreiben seinen [X.] aber noch nicht verloren. [X.]enn die           [X.]ung hat bis zum 4. Februar 2014 nicht über den Vorgang berichtet, sodass die Existenz und der Inhalt des anonymen Schreibens bis dahin weder einer ungewissen Vielzahl von Personen zuverlässig bekannt, noch in dem oben dargestellten Sinne zugänglich geworden sind. Auch die Anfrage des Journalisten der      Landeszeitung bei der Pressestelle der [X.]     am 28. Januar 2014 stellt den [X.] des anonymen Schreibens nicht in Frage. Sie deutet zwar darauf hin, dass auch dieser Journalist Kenntnis von dem Schreiben hatte und damit ein (weiterer) Mitwisser außerhalb der Ermittlungsbehörden war. Aber auch er hat im Tatzeitraum darüber nicht berichtet. Soweit das [X.] nicht auszuschließen vermocht hat, dass es noch weitere Personen außerhalb der [X.] gab, die Kenntnis von dem anonymen Schreiben und seinem Inhalt hatten, handelt es sich um eine nicht auf Tatsachen gestützte Annahme. Es ist aber weder im Hinblick auf den Zweifelsgrundsatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Sachverhalte zu unterstellen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. [X.], Urteil vom 29. September 2016 - 4 StR 320/16, [X.], 380, 381; Urteil vom 18. September 2009 - 5 [X.], [X.]R [X.] § 261 Beweiswürdigung, unzureichende 20).

2. [X.]ieser Rechtsfehler entzieht auch den Erwägungen der [X.] zur inneren Tatseite die Grundlage.

Soweit dazu ausgeführt wird, der Angeklagte habe nach dem von ihm angehörten Gespräch vom 23. Januar 2014 jedenfalls nicht mehr die Vorstellung gehabt, dass es sich bei der Existenz oder dem Inhalt des anonymen Schreibens von Anfang Januar 2014 noch um ein Geheimnis handelte oder er dies zumindest billigend in Kauf nahm, bleibt offen, was sich der Angeklagte in Abweichung von den festgestellten Umständen tatsächlich vorgestellt hat. Konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte im [X.]punkt der [X.] des anonymen Schreibens gegenüber dem Zeugen [X.]irrig angenommen haben könnte, die Existenz dieses Schreibens und sein Inhalt seien nach der von ihm mitgehörten Antwort des [X.]          auf die an ihn gerichtete Presseanfrage - obgleich es bis zum 4. Februar 2014 zu keiner Presseberichterstattung kam - nunmehr einer ungewissen Vielzahl von Personen bekannt oder so zugänglich geworden, dass ein verständiger und erfahrener Mensch ohne weiteres zuverlässig davon Kenntnis haben konnte, sind auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen. Nur in diesem Fall käme ein zum Vorsatzausschluss führender Irrtum über Tatumstände im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB in Betracht.

3. Eine erst in der [X.] zwischen dem 23. Januar und dem 4. Februar 2014 erfolgte Bekanntgabe des anonymen Schreibens und seines Inhalts an den Zeugen [X.]ist noch Bestandteil der angeklagten Tat (§ 264 [X.]) und hätte daher von der [X.] abgeurteilt werden dürfen.

a) Gemäß § 264 Abs. 1 [X.] ist Gegenstand der Urteilsfindung die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. Zur Tat im Sinne dieser Vorschrift gehört das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Lebensauffassung einen einheitlichen Vorgang bildet. In diesem Rahmen muss das Tatgericht seine Untersuchung auch auf Teile der Tat erstrecken (Kognitionspflicht), die erst in der Hauptverhandlung bekannt werden (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschluss vom 18. Oktober 2016 - 3 [X.], [X.], 26; Urteil vom 3. November 1959 - 1 StR 425/59, [X.]St 13, 320, 321; weitere Nachweise bei [X.] in [X.] Kommentar zur [X.], § 264 Rn. 10). Verändert sich im Laufe eines Verfahrens das Bild des Geschehens, auf das die Anklage hinweist, so ist entscheidend, ob die „[X.]“ trotz dieser Abweichung noch gewahrt ist. [X.]ies ist der Fall, wenn - ungeachtet gewisser [X.]ifferenzen - bestimmte Merkmale die Tat weiterhin als einmaliges, unverwechselbares Geschehen kennzeichnen und keine wesentliche Änderung des [X.] eingetreten ist (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschluss vom 21. August 2013 - 2 [X.], Rn. 4; Urteil vom 28. Mai 2002 - 5 StR 55/02, [X.], 659 [[X.]]; Urteil vom 21. [X.]ezember 1983 - 2 StR 578/83, [X.]St 32, 215, 216, 218 f.; weitere Nachweise bei [X.] in Löwe/[X.], [X.], 26. Aufl., § 264 Rn. 95). Eine Veränderung oder Erweiterung des Tatzeitraums führt daher nicht zur Aufhebung der Identität zwischen Anklage und abgeurteilter Tat, wenn die in der Anklage beschriebene Tat unabhängig von der Tatzeit nach anderen Merkmalen hinreichend individualisiert ist (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 11. Februar 2016 - 3 [X.], [X.], 223 [[X.]]; Urteil vom 20. November 2014 - 4 [X.], [X.], 68; Urteil vom 17. August 2000 - 4 StR 245/00, [X.]St 46, 130, 133 mwN).

b) [X.]anach unterlag auch eine erst in der [X.] zwischen dem 23. Januar 2014 und dem 4. Februar 2014 erfolgte Unterrichtung des Zeugen [X.]von der Existenz und dem Inhalt des anonymen Schreibens der Kognitionspflicht der [X.]. [X.]ie dem Angeklagten in der unverändert zugelassenen Anklageschrift zur Last gelegte und die festgestellte Tat sind maßgeblich dadurch gekennzeichnet, dass der Angeklagte den Zeugen [X.]über die Existenz und den Inhalt eines bei der [X.] in [X.]     eingegangenen und ihm am 9. Januar 2014 vorgelegten anonymen Schreibens, in dem der Zeuge diverser Straftaten verdächtigt wurde, unterrichtete, bevor deswegen gegen den Zeugen offen ermittelt wurde. [X.]iese beiden Sachverhalten gemeinsamen Aspekte reichen aus, um die den Verurteilungsgegenstand bildende Tat - auch unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung - so zu beschreiben, dass sie nach den allgemeinen Gesetzen der Logik und der Erfahrung eindeutig gekennzeichnet ist (vgl. dazu [X.], Urteil vom 21. [X.]ezember 1983 - 2 StR 578/83, [X.]St 32, 215, 216, 218 f.; Puppe, [X.], 230, 234 f.). Ob diese Mitteilung - wie angeklagt - am 9. oder 10. Januar 2014 oder erst in der [X.] zwischen dem 23. Januar 2014 und 4. Februar 2014 erfolgt ist, ist dafür nicht von wesentlicher Bedeutung. [X.]as von der [X.] zur Begründung ihrer gegenteiligen Ansicht herangezogene Gespräch zwischen dem [X.]          und dem Redakteur der           [X.]ung vom 23. Januar 2014 rechtfertigt keine abweichende Bewertung, da es auf der Grundlage der im Übrigen getroffenen Feststellungen nicht zu einer gänzlich abweichenden Einordnung des Täterverhaltens führt.

4. [X.]ie Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Auf die von der Revision gegen die Beweiswürdigung des [X.]s erhobenen Einwände kommt es nicht mehr an. [X.]er Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. [X.] Gebrauch und verweist die Sache an eine [X.] des [X.]s Münster zurück.

Sost-Scheible     

       

Roggenbuck     

       

Cierniak

       

[X.]     

       

[X.]     

       

Meta

4 StR 545/16

16.03.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Detmold, 15. März 2016, Az: 4 KLs 71/15

§ 353b Abs 1 Nr 1 StGB, § 264 Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.03.2017, Az. 4 StR 545/16 (REWIS RS 2017, 13959)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13959

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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4 StR 320/16

3 StR 186/16

4 StR 153/14

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