VG Würzburg, Urteil vom 03.12.2018, Az. W 8 K 18.149

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Gegenstand

Streit um Rücknahme eines Zuwendungsbescheides


Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu voll-streckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme eines Zuwendungsbescheids.

Mit Zuwendungsbescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales (im Folgenden: ZBFS) vom 16. Juli 2013 war dem Kläger als Projektförderung eine Zuwendung von bis zu 35.000,00 EUR für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2014 als Anteilfinanzierung aus dem Projekt „Betreutes Wohnen zu Hause - Servicewohnen“ im Rahmen des Förderprogramms „Betreutes Wohnen zu Hause“ bewilligt worden.

Nach Einreichung des Verwendungsnachweises und mehrerer Ergänzungen wurde der Kläger am 10. Mai 2017 bezüglich eines Widerrufs des Zuwendungsbescheides angehört.

1. Mit Bescheid vom 10. Januar 2018, zugestellt am 12. Januar 2018, widerrief das ZBFS den Bewilligungsbescheid vom 16. Juli 2013 mit Wirkung für die Vergangenheit in Höhe von 35.000,00 EUR vollständig (Nr. I). Der ausgezahlte Zuwendungsbetrag in Höhe von 28.500,00 EUR wurde zurückgefordert (Nr. II). Die Verzinsung des zu erstattenden Betrags vom Tage der letzten Auszahlung an nach Maßgabe des Art. 49a Abs. 3 BayVwVfG wurde angeordnet (Nr. III). Für den Bescheid wurden Verwaltungsgebühren in Höhe von 285,00 EUR und Auslagen in Höhe von 4,11 EUR erhoben (Nr. IV).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Es liege ein Widerrufsgrund nach Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG vor, da der Zuwendungszweck nicht erfüllt worden sei. Die Förderung sehe vor, dass ein regelmäßiger, mindestens 14-tägiger Hausbesuch durch qualifizierte, bürgerschaftlich Engagierte bei den zu Beratenden erfolgen zu habe. Dieser ehrenamtliche Besuchsdienst sei wesentlicher Teil des „Sicherheitsnetz zu Hause“, wie es in der Einleitung des Förderprogrammes stehe. Dieser ehrenamtliche Besuchsdienst sei auch in den Antragsunterlagen vorgesehen gewesen. Der wesentlichste Teil des Programms, die Besuche vor Ort, sei jedoch nicht umgesetzt worden. Der Kläger habe bestätigt, dass kein Vertragsschluss über die Grundleistungen, demnach auch über den 14-tägigen Besuchsdienst, während der Laufzeit erfolgt sei und stattdessen der Weg über Veranstaltungen vor Ort gewählt worden sei. Eine reine Organisation von Veranstaltungen falle nicht unter die Förderziele. Die Mithilfe von Ehrenamtlichen bei Veranstaltungen sei ebenfalls nicht ausreichend und entspreche nicht dem Förderzweck. Unbestritten habe der Kläger zum Wohle der Seniorinnen und Senioren Maßnahmen organisiert und durchgeführt, jedoch das Hauptziel des Programms, die Betreuung der Person zu Hause, sei nicht erreicht und umgesetzt worden. Der allgemeine Geschäftsbetrieb des Klägers sei aber nicht Gegenstand des Förderprogrammes. Des Weiteren liege ein Auflagenverstoß gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG vor. Der Kläger sei seinen Mitteilungspflichten bezüglich des Einsatzes von Frau G. (Nr. 5.2 der ANBest-P) und der Zweckverfehlung der Mittelverwendung (Nr. 5.3 ANBest-P) nicht nachgekommen. Das Projekt sei auch deshalb nicht konzeptgetreu durchgeführt worden, als der Kosten- und Finanzierungsplan „außer Kontrolle“ geraten sei: Die Sachausgaben für Büromiete würden die Antragswerte um 265,11% überschreiten, die für Raummiete für Veranstaltungen liege 161,11% über den Antragswerten. In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens sei der Zuwendungsbescheid insgesamt zu widerrufen. Der öffentliche Haushalt sei den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet. Werde der mit der Gewährung von Subventionen verfolgte Zweck verfehlt und stehe der Widerruf der Bewilligung in behördlichem Ermessen, sei im Regelfall nur die Entscheidung für den Widerruf ermessensfehlerfrei. Für ein vorrangiges öffentliches Interesse an einem Widerruf des Zuwendungsbescheides sprächen weiterhin die Grundsätze der Gleichheit und Einheitlichkeit staatlicher Entscheidungen, da in vergleichbaren Fällen ebenfalls die Zuwendungsbescheide widerrufen werden würden. Demgegenüber lägen keine vorrangigen privaten Interessen des Maßnahmeträgers vor.

2. Mit Schriftsatz vom 6. Februar 2018, bei Gericht eingegangen am 8. Februar 2018 per Telefax, ließ der Kläger Klage erheben und beantragen,

Der Widerrufs- und Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 10. Januar 2018 (Az.: VI 4-33454/11/13) wird aufgehoben.

Zur Klagebegründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Falsch sei, dass die Grundintention des Programms nicht eingehalten worden und auch der wesentlichste Teil des Programms, Besuche vor Ort, nicht umgesetzt worden seien. Die fehlenden Vertragsschlüsse lägen nicht in dem Machtbereich des Klägers. Sie lägen außerhalb jedweder Einflussnahme. Gerade diese tatsächliche Gegebenheit habe den Kläger letztendlich dazu bewogen, eine organisatorische Umstellung - aber innerhalb der Konzeption - zu veranlassen. Ziel sei es gewesen, über die Veranstaltungen mit Menschen aus der Zielgruppe in Kontakt zu kommen, um damit auch die Grundintention des Programms verwirklichen zu können. Leider seien auch so keine Verträge geschlossen worden. Aus dieser Folge resultiere wiederum, dass auch keine 14-tägigen Besuche durch Ehrenamtliche vor Ort verwirklicht werden hätten können. Zudem habe Frau G. Hausbesuche durchgeführt. Beratungen hätten in der Koordinationsstelle des Klägers stattgefunden. Die Argumentation sei verfehlt, dass das Förderprogramm alleine wegen des Fehlens der regelmäßigen 14-tägigen Hausbesuche nicht eingehalten worden sei. Es liege eben gerade nicht eine reine Organisation von Veranstaltungen vor. Frau G. sei im Projekt eingesetzt worden. Alleine die krankheitsbedingt verursachte notwendige Änderung der verantwortlichen Ansprechpartnerin werde nicht als Änderung der maßgeblichen Umstände der Bewilligung angesehen. Der Aufgabenbereich sei gleich geblieben. Auch die Eingliederung von G. in die innerbetriebliche Organisation des Klägers sei identisch. Es erschließe sich nicht, alleine aus der Überschreitung der Antragswerte für Büromiete sowie Raummiete für Veranstaltungen einen eklatanten Auflagenverstoß herzuleiten. Jedenfalls sei nicht ermessensfehlerfrei gehandelt worden. Gerade weil der Maßnahmenträger selbst einräumen hätte müssen, dass der Kläger zum Wohle von Seniorinnen und Senioren Maßnahmen organisiert und durchgeführt habe und zumindest unstreitig auch Personen zu Hause betreut worden seien, sei nicht nachvollziehbar, warum nicht einmal ein teilweises Einbehalten der Zuwendung angesprochen und in die Entscheidung i.S. eines rechtmäßigen Ermessens miteingestellt worden sei. Zudem liege ein vorrangiges Interesse des Maßnahmenträgers vor. Allein vom zeitlichen Ablauf her habe der Maßnahmenträger davon ausgehen dürfen, dass zumindest ein Teil der Förderung vom Maßnahmenträger nicht mehr in Frage gestellt würde. Der Bewilligungsbescheid datiere vom 16. Juli 2013 und sei durch den Verwendungsnachweis im Jahr 2015 überprüft worden.

3. Mit Schreiben vom 14. Februar 2018 ließ der Beklagte beantragen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung der Klageerwiderung ist im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger vertrete, dass die fehlenden Vertragsschlüsse nicht in seinen Machtbereich fallen und deshalb außerhalb jeglicher Einflussnahme liegen würden. Das sei nicht zutreffend. Zum einen habe auch der Fördergeber keinen Einfluss auf die Vertragsschlüsse. Als Zuwendungsgeber könne der Beklagte aber die Erfolgsindikatoren einer Förderung selbst festlegen. Der Kläger habe sich ausweislich seines Konzepts dazu entschlossen, den Besuchsdienst dadurch sicherzustellen, dass mit den zu Beratenden eine Art „Grundleistungspaket“ (Bl. 28 der Akte) abgeschlossen werden sollte, indem diese als Ausgleich für den Besuchsdienst eine Gebühr entrichten sollten. Dies habe offensichtlich nicht funktioniert. Er habe deshalb eigenmächtig konzeptionelle Änderungen an dem Projekt vorgenommen, die so nicht bewilligt worden waren. Stelle ein Projektträger fest, dass das Projekt nicht, wie in den Eckpunkten vorgeschrieben, umgesetzt werden könne, habe er dies der zuwendenden Stelle unverzüglich mitzuteilen. Dies folge u.a. aus Nr. 5.3 der ANBest-P, die zum Gegenstand des Zuwendungsbescheides gemacht worden seien. Denn es obliege dem Fördergeber zu entscheiden, welche konzeptionellen Änderungen den intendierten Zuwendungszweck noch erreichen könnten oder ob von der Förderung ganz abgesehen werden müsse. Der Kläger könne nicht eigenmächtig das Konzept so umstellen, wie er gedenke. Genauso habe der Kläger Personaländerungen, wie bei G., nicht mitgeteilt. Diese eigenmächtigen Konzeptänderungen hätten überdies zu nicht unbeachtlichen Verschiebungen im Kosten- und Finanzierungsplan geführt, die erst im Verwendungsnachweis geltend gemacht worden seien. Eine Projektbegleitung sei hierdurch faktisch unmöglich gewesen. Der Kläger habe den Beklagten erst mit dem Verwendungsnachweis über sein Verhalten informiert und ihn vor vollendete Tatsachen gestellt.

Aufgrund der nicht unerheblichen Abweichung von der Bewilligung, der Verletzung der Mitteilungsverpflichtung und aufgrund der Tatsache, dass der wesentliche Aspekt der Förderung nicht erfüllt worden sei, habe sich der Kläger dazu entschlossen, den Zuwendungsbescheid insgesamt zu widerrufen. Hätte der Kläger das Projekt bereits ohne den Besuchsdienst beantragt, wäre das Projekt insgesamt abgelehnt worden, weil an der lediglich teilweisen Erfüllung des Projekts kein Förderinteresse bestehe. Der Projektträger - der das wirtschaftliche Risiko eines Projekts trage - könne nicht durch bewilligungswidriges Verhalten einen Vertrauenstatbestand auf eine Förderung schaffen.

In der mündlichen Verhandlung am 17. September 2018 bat der Klägerbevollmächtigte um eine Schriftsatzfrist, um sowohl mit seinem Mandanten als auch mit der Versicherung die Möglichkeit einer unstreitigen Erledigung abzuklären. Die Beteiligten verzichteten auf weitere mündliche Verhandlung. Die Verhandlung wurde vertagt. Mit Schreiben vom 14. November 2018 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass die Klage aufrecht erhalten bleibe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakte sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 17. September 2018 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO), nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 17. September 2018 übereinstimmend darauf verzichtet haben.

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom 10. Januar 2018, mit dem das ZBFS den Bewilligungsbescheid vom 16. Juli 2013 mit Wirkung für die Vergangenheit in Höhe von 35.000,00 EUR vollständig widerrufen hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bewilligungsbescheid konnte nach Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG i.V.m. Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG wegen Nichterreichung des Zwecks der bewilligten Förderung nach dem Projekt „Betreutes Wohnen zu Hause - Servicewohnen“ im Rahmen des Förderprogramms „Betreutes Wohnen zu Hause“ und wegen des Verstoßes gegen Auflagen widerrufen werden. Der bereits ausgezahlte Zuwendungsbetrag in Höhe von 28.500,00 EUR konnte daher nach Art. 49a BayVwVfG zurückgefordert werden. Die Voraussetzungen für den Widerruf und die Rückforderung der gewährten Leistungen lagen vor. Die Ermessensbetätigung der Behörde ist nicht zu beanstanden (§ 114 VwGO).

Im Einzelnen kann auf die zutreffenden Ausführungen des ZBFS im angefochtenen Bescheid vom 10. Januar 2018 Bezug genommen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden (§ 117 Abs. 5 VwGO). Das Klagevorbringen führt zu keiner anderen Beurteilung.

Der vollständige Widerruf des Zuwendungsbescheids vom 16. Juli 2013 mit Wirkung für die Vergangenheit in Höhe von 35.000,00 EUR ist materiell rechtmäßig (Nr. I des Bescheids vom 10. Januar 2018).

Nach Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird.

Der mit der Förderung des Projekts „Betreutes Wohnen zu Hause - Servicewohnen“ verfolgte Zweck wurde nicht erreicht. Der maßgebliche Teil des Programms - regelmäßige, mindestens 14-tägige Hausbesuche durch qualifizierte bürgerschaftlich Engagierte - wurde nicht durchgeführt. Dies wurde auch von der Klägerseite letztlich nicht bestritten.

Die Zweckbindung der Zuwendung ergab sich vorliegend hinreichend bestimmt und deutlich aus dem Zuwendungsbescheid vom 16. Juli 2013 in Verbindung mit den Bestimmungen des Förderprogramms „Betreutes Wohnen zu Hause - Servicewohnen“ und den Antragsunterlagen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 49 Rn. 65). Im Zuwendungsbescheid vom 16. Juli 2013 wurde ausdrücklich bestimmt, dass die Zuwendung zweckgebunden und zur teilweisen Deckung der notwendigen zuwendungsfähigen Ausgaben bestimmt ist. Bereits aus der Bezeichnung des Förderprogramms war zu entnehmen, dass die Betreuung (gerade) zu Hause maßgeblicher Bestandteil des Förderprogramms war. Zudem ergab sich aus dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, dass Voraussetzung der Förderung eine Konzeption ist, die einen regelmäßigen, mindestens 14-tägigen Hausbesuch durch qualifizierte bürgerschaftlich Engagierte als Grundleistung vorsieht (vgl. Bl. 8 der Behördenakte). Der Kläger hatte auch in seinem Antrag die 14-tägigen Hausbesuche durch qualifizierte bürgerschaftlich Engagierte bei der Beschreibung der Projektidee und der Ziele (vgl. Bl. 26 der Behördenakte) aufgenommen gehabt. Somit war auch für den Kläger dieser maßgebliche Zweck hinreichend bekannt.

Dieser Förderungszweck wurde auch verfehlt, da der Kläger anstatt die vorgesehenen regelmäßigen, mindestens 14-tägigen Hausbesuche durch qualifizierte bürgerschaftlich Engagierte durchzuführen, den Weg über Veranstaltungen vor Ort wählte. Beratungen fanden nur in der Koordinationsstelle beim Kläger statt. Entgegen der klägerischen Ansicht wurde daher gerade nicht die Grundintention des Programms eingehalten. Vielmehr erfolgte ein Aliud im Vergleich zu den als wesentlichen Kern der Förderung intendierten 14-tägigen Hausbesuchen.

Der klägerische Einwand, dass der Kläger keinen Einfluss auf den Abschluss der Verträge gehabt habe, führt hinsichtlich des Vorliegens der Zweckverfehlung zu keiner anderen Beurteilung. Denn das tatsächliche Vorliegen einer Zweckverfehlung ist nicht davon abhängig, ob der Leistungsempfänger die Zweckverfehlung zu vertreten hat oder objektive, außerhalb seiner Einwirkungssphäre bestehende oder eingetretene Umstände die Ursache dafür waren, ebenso nicht, ob er die Entwicklung vorhersehen konnte oder hätte müssen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 49 Rn. 67).

Auch soweit durch die Klägerseite ausgeführt wird, Frau G. habe Hausbesuche im Einzelfall durchgeführt, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn es wurde weder dargelegt noch gibt es sonst Anhaltspunkte, dass diese Einzelfälle eine gewisse berücksichtigungsfähige Anzahl erreicht hätten. Jedenfalls schließt sich das Gericht den zutreffenden Ausführungen der Beklagtenseite an, wonach der Förderzweck nicht die Förderung des allgemeinen Geschäftsbetriebs des Klägers gewesen ist. Zudem genügt es, wenn die Zweckverfehlung für einen Teil der Leistung gegeben ist (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 49 Rn. 100).

Des Weiteren hat der Kläger durch die Verletzung seiner Mitteilungspflichten im Rahmen der Förderung gegen Auflagen verstoßen (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG). Danach kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit auch dann widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Die Mitteilungspflichten als einzuhaltende Auflagen des Klägers ergeben sich eindeutig aus dem Bescheid selbst und zum anderen aus den Verweisungen im Bescheid auf Nr. 5.2, Nr. 5.3 und Nr. 8.3.2 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P). Der Kläger war demnach verpflichtet, unverzüglich mitzuteilen, wenn sich der Verwendungszweck oder sonstige für die Bewilligung maßgeblich Umstände ändern.

Der Kläger ist diesen Mitteilungspflichten nicht nachgekommen, da er unstreitig nicht unverzüglich mitgeteilt hat, dass die beabsichtigen Vertragsschlüsse nicht zustande kamen und damit die wesentliche Grundleistung des Förderprogramms - die regelmäßigen, mindestens 14-tägigen Hausbesuche durch bürgerschaftlich Engagierte - nicht durchgeführt werden konnten. Ebenso verhält es sich mit den weiteren unterbliebenen Mitteilungen der Personalveränderung bezüglich Frau G. und des Überschreitens des Kostenplans. Erst mit Einreichung des Verwendungsnachweises und der Ergänzungen wurde dies dem ZBFS bekannt.

Der Beklagte hat schließlich ermessensfehlerfrei von seiner Widerrufsmöglichkeit Gebrauch gemacht. Das Gericht hat insoweit nur zu prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechender Weise Gebrauch gemacht ist (§ 114 Satz 1 VwGO). Der Beklagte konnte die Ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen (§ 114 Satz 2 VwGO). Die angeführten Ermessenserwägungen sind nicht zu beanstanden. Der Widerruf wurde ermessensfehlerfrei auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und auf die Zweckverfehlung gestützt. Es ist nicht ersichtlich, dass dabei in unverhältnismäßiger Weise die Interessen des Klägers übergangen wurden. Bei der Ausübung des gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Widerrufsermessens konnte der Beklagte dem haushaltsrechtlichen Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vorrangige Bedeutung zumessen. Bei Verfehlung des mit der Gewährung von öffentlichen Zuschüssen verfolgten Zwecks ist ein Widerruf im Regelfall auch intendiert (vgl. VG Würzburg, U.v. 25.1.2012 - W 6 K 11.411 - juris Rn. 60). Insbesondere wurden auch die Bemühungen des Klägers im sozialen Bereich erkannt und anerkannt, jedoch bei der Abwägung als zurücktretend eingestuft und hierzu ausgeführt, dass der allgemeine Geschäftsbetrieb des Klägers nicht Fördergegenstand des Förderprogramms war. Zudem hat der Beklagte sich nicht allein auf einzelne Verstöße gestützt, sondern es wurde insgesamt auf das Nichterreichen des Verwendungszwecks, dem hohen Überschreiten des Kostenplans und die unterbliebenen Mitteilungen, auch hinsichtlich des Personalwechsels, abgestellt.

Auch führt der klägerische Einwand, dass die Vertragsschlüsse nicht von dem Kläger beeinflusst hätten werden können, zu keiner anderen Beurteilung. Denn für diese Fälle sind gerade auch, wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat, zum Schutz des Zuwendungsempfängers die Mitteilungspflichten vorgesehen, um ihn vor Ausgaben, die nicht durch die Bewilligung der Mittel erfasst sind, zu bewahren und der Behörde Einwirkungsmöglichkeiten zu geben. Der Kläger hätte ohne weiteres erkennen können und mitteilen müssen, dass aufgrund der fehlenden Vertragsschlüsse der maßgebliche Zweck der Förderung nicht erreicht werden konnte. Da er diesen Mitteilungspflichten nicht nachkam und dies auch zu vertreten hat, sind die Interessen des Klägers ermessensfehlerfrei hinter den öffentlichen Interessen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zurückgetreten.

Die Beklagtenseite hat zudem die Jahresfrist für den Widerruf der Bewilligung der Förderung eingehalten. Nach Art. 49 Abs. 2a Satz 2 BayVwVfG i.V.m. Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG ist der Widerruf nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Tatsachen, welche den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts rechtfertigen, zulässig. Die Kenntnis von den Tatsachen, welche den Widerruf rechtfertigen, ist dann erlangt, wenn die Tatsachen vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt sind (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 48 Rn. 211, m.w.N.).

Zwar ging vorliegend der Verwendungsnachweis bereits im März 2015 ein. Hierdurch hatte die Beklagtenseite jedoch noch nicht die vollständige, uneingeschränkte und zweifelsfreie Kenntnis der die Rücknahme begründenden Tatsachen. Denn nach Eingang des Verwendungsnachweises reichte der Kläger noch weitere Unterlagen, die auch von der Beklagtenseite aufgrund unvollständiger Informationen angefordert worden waren, nach. Die Beklagtenvertreter hatten daher erst durch die letzte Stellungnahme zur Anhörung der Klägerseite vom 2. Juni 2017 die vollständige, uneingeschränkte und zweifelsfreie Kenntnis der die Rücknahme begründenden Tatsachen. Selbst wenn man auf die letzte Ergänzung zum Verwendungsnachweis vom 3. Februar 2017 abstellt und nicht auf die Stellungnahme zur Anhörung am 2. Juni 2017, wäre der Widerruf mit Bescheid vom 10. Januar 2018 noch innerhalb der Jahresfrist erfolgt.

Keine Bedenken oder Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit bestehen hinsichtlich der Festsetzung des Erstattungsanspruchs bezüglich des ausgezahlten Geldbetrags in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids sowie dessen Verzinsung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids nach Art. 49a BayVwVfG. Ebenso wenig sind die Kosten in Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheids zu beanstanden. Insbesondere ist keine unrichtige Sachbehandlung nach Art. 16 Abs. 5 KG ersichtlich.

Demnach war die Klage mit der Kostenentscheidung nach § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Datenquelle d. amtl. Textes: Bayern.Recht

Meta

W 8 K 18.149

03.12.2018

VG Würzburg

Urteil

Sachgebiet: K

Zitier­vorschlag: VG Würzburg, Urteil vom 03.12.2018, Az. W 8 K 18.149 (REWIS RS 2018, 973)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 973

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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