Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2003, Az. 1 StR 445/03

1. Strafsenat | REWIS RS 2003, 131

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[X.]/03vom17. Dezember 2003in der [X.] u. [X.] 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 17. Dezember 2003 be-schlossen:Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 23. April 2003 wird als unbegründet verworfen, [X.] Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtferti-gung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergebenhat (§ 349 Abs. 2 StPO).Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen.Ergänzend bemerkt der Senat:Die Strafbemessung begegnet auch unter dem Gesichtspunkt der Dauerdes Strafverfahrens keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.1. Das [X.] hat die lange Zeitspanne zwischen den Taten [X.] und der nunmehrigen Aburteilung ebenso strafmildernd berück-sichtigt wie den Umstand, daß diese nicht vom Angeklagten zu vertreten ist([X.], 45).2. Soweit die Revision meint, es liege eine rechtsstaatswidrige Verfah-rensverzögerung (gemeint: im Sinne des Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 [X.]) vor, de-ren einzelne Ursachen in den Urteilsgründen näherer Feststellung und Erörte-rung bedurft hätten, und dabei die Zeiträume zwischen verschiedenen Verfah-rensereignissen anspricht, gilt folgendes:a) Die Rüge ist schon nicht in zulässiger Weise erhoben. [X.] ein Be-schwerdeführer beanstanden, durch das Verfahren sei das [X.] 3 -gebot des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] verletzt und die Verfahrensverzögerung seiim Urteil nicht berücksichtigt worden, so hat er die Tatsachen, die den be-haupteten [X.] belegen, in der Revisionsbegründung darzule-gen, um dem Revisionsgericht eine entsprechende Nachprüfung zu ermögli-chen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Entsprechendes gilt, wenn der Beschwerde-führer wie hier beanstandet, das Urteil sei zwar eher allgemein vom Vorliegeneiner Verfahrensverzögerung ausgegangen, aber Art, Ausmaß und [X.] seien nicht oder nicht genügend festgestellt (so BGHR[X.] Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 7 m.w.Rspr.[X.] wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. So heißt es dort etwa,der Zeitraum von ca. einem Jahr für das Zwischenverfahren und derjenige [X.] Monaten zwischen der ersten Revisionsentscheidung und dem Beginn dererneuten Hauptverhandlung seien erörterungsbedürftig gewesen. Hier wärevorzutragen gewesen, was die Aktenlage insoweit zur Sachbehandlung [X.] konkret ergibt. Es ist nicht Aufgabe des Senats, von Amtswegen das - hier mehr als 60 Stehordner umfassende - Aktenwerk auf Verzö-gerungen durchzusehen oder auch nur in Teilabschnitten zu sichten, um [X.] unter Hinweis auf zeitliche Eckdaten aufgestellte Behauptung einerVerzögerung zu prüfen. Beispielhaft zeigt sich gerade hinsichtlich des [X.] zwischen der ersten Revisionsentscheidung und der erneuten Haupt-verhandlung, daß insoweit die Hinweise bedeutsam sein können, die in dem indieser Sache ergangenen Senatsbeschluß vom 7. Februar 2002 - 1 [X.]/01- unter [X.]) enthalten sind. Diese können naheliegenderweise zunächst, vorder Neuverhandlung, weitere Ermittlungen veranlaßt haben. Hierzu wäre [X.] vorzutragen gewesen. Wäre dies geschehen, ergäbe sich eine andere Be-urteilung als auf der Grundlage des unvollständigen Revisionsvortrages. [X.] sich die Revision darauf bezieht, daß die [X.] im Urteil [X.] 4 -führt, nach dem 13. Oktober 1995 sei ein "vorübergehender faktischer Still-stand" in den polizeilichen Ermittlungen eingetreten, hätte die Revision dazuEinzelheiten darlegen müssen, insbesondere auch zur Frage der genauenDauer dieses [X.]) Die Rüge hat auch deshalb keinen Erfolg, weil das [X.] voneiner "überlangen Verfahrensdauer" ausgeht und diese bei der Bemessung [X.] konkret, bei der Zumessung der Einzelstrafen in [X.] kompensiert hat.Der Senat entnimmt dem Zusammenhang der Urteilsgründe, daß die[X.] unter dem Oberbegriff der "überlangen Verfahrensdauer" nebendem reinen Zeitablauf auch eine "rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung"feststellen wollte. Dafür spricht die vorgenommene Kompensation bei der Ge-samtstrafbildung. Zudem umfaßt der verwendete Oberbegriff in der älterenRechtsprechung (vgl. [X.], 181) durchaus auch die rechtsstaats-widrigen Verfahrensverzögerungen, wie sich an der [X.] von ein-schlägigen Entscheidungen und Stellungnahmen im Schrifttum unter entspre-chenden Überschriften und Leitsätzen zeigt (so schon BGHR StGB § 46 Abs. 2Verfahrensverzögerung 12 m.w.N.).Das [X.] hat auf der Grundlage dieser Bewertung das Maß [X.] bei der Straffindung hinreichend bestimmt. Bei der Bildung [X.] hat es den Strafabschlag von einem Jahr und sechs [X.] festgehalten und im Urteil als solchen ausgewiesen. Daß dies beiden Einzelstrafen - obgleich grundsätzlich erforderlich - nicht konkret in [X.] Gegenüberstellung verschiedener Strafmaße geschehen ist, vermag [X.] des Strafausspruches hier nicht zu gefährden. Die [X.] hatausdrücklich hervorgehoben, sie hätte höhere Einzelstrafen angesetzt, wenn- 5 -nicht eine Kompensation erfolgt wäre ([X.]). Deshalb steht nicht zu [X.], daß der Angeklagte etwa im Falle der späteren Notwendigkeit einer an-derweitigen nachträglichen Gesamtstrafenbildung beim Wegfall der jetzt in [X.] stehenden Gesamtstrafe benachteiligt werden könnte. Angesichts der ehermilden Einzelstrafen und des straffen Zusammenzuges bei der Gesamtstrafen-bildung vermag der Senat zudem sicher auszuschließen, daß das Verhältniszwischen den ermäßigten wie nicht ermäßigten Einzelstrafen und den [X.] unstimmig sein könnte (vgl. dazu BGHNStZ 2002, 589).c) Der Senat sieht indessen auf der Grundlage der Urteilsausführungenkeinen Grund zur Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung,weil das Verfahren von außergewöhnlicher Komplexität und auch sonst schwie-rig war. Durch die gegenteilige Wertung des [X.]s und die darauf ge-stützte, genau bemessene Milderung der Gesamtstrafe ist der Angeklagte [X.] nicht beschwert.Soweit sich aus dem Urteil des [X.]s selbst einige zeitlicheSpannen zwischen Verfahrensabschnitten ergeben ([X.] f.), erweisen sichdiese in einer Gesamtschau nicht als von solcher Qualität, daß dies die An-nahme der [X.] und der Unangemessenheit (im Sinne vonArt. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.]) begründen könnte. In Fällen solcher Art hat der [X.] zu prüfen, ob die Sache insgesamt in angemessener Frist verhandeltworden ist, wobei eine gewisse Untätigkeit innerhalb einzelner [X.] dann nicht zu einer Verletzung von Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] führt,wenn dadurch die Gesamtdauer des Verfahrens nicht unangemessen langwird. Dabei beginnt die "angemessene Frist" im Sinne der Konvention, wennder Beschuldigte von den Ermittlungen in Kenntnis gesetzt wird; sie endet mit- 6 -dem rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens. Neben der gesamten [X.] Beginn bis zum Ende der Frist kommen für die Frage der Angemessenheitdie Schwere und die Art des [X.], der Umfang und die [X.], die Art und Weise der Ermittlungen, das Verhalten des [X.] sowie das Ausmaß der mit dem andauernden Verfahren verbunde-nen Belastungen für den Beschuldigten als maßgebende Kriterien in Betracht(siehe nur BGHR [X.] Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 9; vgl. zu-sammenfassend [X.] in MünchKomm. StGB § 46 Rdn. 62 mit [X.] handelt es sich um eine umfangreiche, schwierige Wirtschaftsstraf-sache, die zunächst wegen mehrerer Tatkomplexe gegen vier Angeklagte ge-führt wurde. Die erste tatrichterliche Hauptverhandlung dauerte vom [X.] bis zum August des Jahres 2000. Das erste, vom Senat später teilweiseaufgehobene Urteil umfaßte in seiner schriftlichen Begründung 510 Seiten. [X.] des gegen den Angeklagten jetzt noch bestehenden, abgeurteilten[X.] erweist sich zumal im Blick auf die außergewöhnliche Schadens-höhe von [X.] als erheblich. Angesichts der Komplexität der [X.] es auch nicht zu beanstanden, daß die Erstellung des polizeilichen [X.], die Anklageerhebung und die Entscheidung über die Eröffnung [X.] sowie die Vorbereitung der beiden Hauptverhandlungen, [X.] das erste Revisionsverfahren mehrmonatige Zeiträume in Anspruch ge-nommen haben. Schließlich ist zu bedenken, daß die Ausschöpfung der vonder Dauer der ersten Hauptverhandlung mitbestimmten Frist zur Absetzung [X.] ebensowenig eine rechtsstaatswidrige [X.] vermag wie die auf Revision des Angeklagten hin erfolgte teil-weise Aufhebung des ersten Urteils und die Zurückverweisung der Sache zuneuer Verhandlung und Entscheidung. Dies ist Ausfluß der Gesetzeslage und- 7 -eines rechtsstaatlichen Rechtsmittelsystems (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. [X.]). Der Angeklagte war zwar ersichtlich über [X.] sieben Jahre hin (ausgehend von der im Urteil erwähnten ersten [X.]-Vernehmung) dem Verfahren ausgesetzt, befand sich aber - imJahr 1997 - nur etwa dreieinhalb Monate in Untersuchungshaft.Soweit der [X.] wegen auf die zulässige Revision hin Verfah-rensverzögerungen nach Erlaß des angefochtenen tatrichterlichen Urteils zuberücksichtigen hat (BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 8), wo-rauf die Revision zutreffend hinweist, vermag er indes in dem Zeitraum [X.] drei Monaten zwischen dem Eingang der Revisionsbegründung beim[X.] und der Übersendung des gesamten Vorganges an den [X.] nichts Beanstandungswürdiges zu sehen. Diese Dauer erklärtsich hier zwanglos aus den zu beachtenden Regularien (vgl. § 347 StPO,Nr. 163 ff. [X.]) und dem großen Umfang des Aktenwerks, das auch dreiAndere betraf.[X.]Wahl Schluckebier Kolz Elf

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1 StR 445/03

17.12.2003

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2003, Az. 1 StR 445/03 (REWIS RS 2003, 131)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 131

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