Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.08.2013, Az. 6 BN 1/13

6. Senat | REWIS RS 2013, 3667

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Gegenstand

Halten gefährlicher Hunde; hier: Rottweiler; Gleichbehandlungsgrundsatz; Normenkontrollverfahren


Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen die vom Antragsgegner, dem [X.], erlassene Ordnungsbehördliche Verordnung über das Halten und Führen von Hunden (Hundehalterverordnung - [X.] BB), soweit deren Vorschriften Hunde der Rasse [X.] betreffen.

2

Nach § 8 Abs. 3 [X.] BB ist unter anderem bei Hunden der Rasse [X.] aufgrund rassespezifischer Merkmale oder Zucht von der Eigenschaft eines gefährlichen Hundes im Sinne der Hundehalterverordnung auszugehen, solange der Hundehalter nicht im Einzelfall der örtlichen Ordnungsbehörde nachgewiesen hat, dass der Hund keine gesteigerte Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder eine andere in ihrer Wirkung vergleichbare Eigenschaft gegenüber Mensch oder Tier aufweist. Neben anderen Vorschriften über die Haltung gefährlicher Hunde wie Leinenpflicht und Maulkorbzwang bestimmt die Hundehalterverordnung in § 10 Abs. 1 [X.] BB, dass einer Erlaubnis der örtlichen Ordnungsbehörde bedarf, wer einen gefährlichen Hund im Sinne des § 8 Abs. 3 [X.] BB ausbilden, abrichten oder halten will.

3

Mit ihrem Normenkontrollantrag hat die Antragstellerin unter anderem geltend gemacht, § 8 Abs. 3 [X.] BB sei mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, soweit die Vorschrift zwar Hunde der Rasse [X.], nicht aber solche der Rasse Deutscher Schäferhund als widerleglich gefährliche Hunde erfasse. Es gebe zahlreiche neuere Erkenntnisse, nach denen der [X.] jedenfalls nicht gefährlicher sei als der [X.]. Die vom Antragsgegner geführte Landesbeißstatistik belege eine erhöhte Gefährlichkeit des [X.]s nicht.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag zurückgewiesen. In den Gründen seiner Entscheidung hat es zahlreiche Beweisanträge abschlägig beschieden, welche die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellt hat. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

II.

5

Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

6

1. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

7

a) Die Antragstellerin wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

ob es mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist, Hunde der Rasse [X.] in die Liste der widerleglich gefährlichen Hunde der Hundehalterverordnung aufzunehmen bzw. ihre Aufnahme in diese Liste beizubehalten, wenn weiterhin keine lege [X.] gewonnenen statistisch abgesicherten Beobachtungsergebnisse vorliegen und der Verordnungsgeber keine statistischen Grundsätzen entsprechende Untersuchungen durchgeführt hat und ihm solche auch anderweitig nicht für seinen Zuständigkeitsbereich zur Verfügung stehen.

8

Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre. Sie würde sich so nicht stellen, weil die Antragstellerin ihrer Frage einen Sachverhalt zugrunde legt, den das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat. Das Oberverwaltungsgericht ist von statistisch abgesicherten Beobachtungsergebnissen ausgegangen. Es hat von der insoweit namentlich herangezogenen Landesbeißstatistik nicht festgestellt, dass sie nicht lege [X.] gewonnen wurde; es hat die Landesbeißstatistik für hinreichend aussagekräftig gehalten, um gemeinsam mit weiteren ausgewerteten Erkenntnissen die Frage beantworten zu können, ob der Verordnungsgeber Hunde der Rasse [X.] im Vergleich zu Hunden der Rasse Deutscher Schäferhund als für Mensch und Tier gefährlicher einschätzen durfte. In Wirklichkeit wendet die Antragstellerin sich mit der von ihr aufgeworfenen Frage nach Art einer Berufungsbegründung gegen die Beweiswürdigung des [X.]. Auf diese Weise kann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht dargelegt werden.

9

b) Die Antragstellerin möchte ferner die Fragen geklärt wissen,

ob es für die Rechtmäßigkeit von Verordnungen, die die Listung von Hunderassen vorsehen, von Bedeutung ist, ob der Verordnungsgeber dem Beobachtungsgebot des [X.] getragen hat,

und

ob es insofern maßgeblich ist, ob und in welchem Umfang der Verordnungsgeber neue Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat und Statistiken beachtet hat, die den fachlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße statistische Erfassung und Beurteilung entsprechen.

Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Sie sind nicht mehr klärungsbedürftig. Die Antwort auf die Fragen ergibt sich bereits aus der Rechtsprechung des [X.], soweit die Fragen sich in einem Normenkontrollverfahren entscheidungserheblich stellen können und insoweit über den Einzelfall hinausweisende Aussagen möglich sind.

Nach der Rechtsprechung des [X.] ist es Sache des [X.], im Hinblick auf den jeweiligen Lebensbereich darüber zu entscheiden, ob, mit welchem Schutzniveau und auf welche Weise Situationen entgegengewirkt werden soll, die nach seiner Einschätzung zu Schäden führen können. Die Anforderungen an die Gewissheit seiner Annahmen und den Grad der geforderten Wahrscheinlichkeit richten sich nach der Art der zu ergreifenden Maßnahme ([X.], Urteil vom 16. März 2004 - 1 BvR 1778/01 - [X.]E 110, 141 <159>). Ein Anlass zum Handeln des [X.] kann auch dann gegeben sein, wenn das schädigende Ereignis das Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren voraussetzt, soweit diese mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zusammentreffen können ([X.] a.a.[X.] <160>). Der Normgeber darf deshalb zum Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit Vorkehrungen treffen, wenn genügend Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Hunde bestimmter Rassen - sei es auch erst im Zusammenwirken mit anderen Faktoren - für diese Schutzgüter in besonderer Weise gefährlich werden können. Allerdings muss der Normgeber die weitere Entwicklung beobachten. Das [X.] ist dabei in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Ursachen aggressiven Verhaltens von Hunden der verschiedenen Rassen und über das Zusammenwirken unterschiedlicher Ursachen sowie die tatsächlichen Annahmen des [X.] über die Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen beließen noch erhebliche Unsicherheit. Es sei deshalb notwendig, die Gefährdungslage, die durch das Halten von Hunden entstehen könne, und die Ursachen dafür weiter im Blick zu behalten und insbesondere das [X.] der Hunde künftig mehr noch als bisher zu überprüfen und zu bewerten. Werde dabei die prognostische Einschätzung der Gefährlichkeit dieser Hunde durch den Normgeber nicht oder nicht in vollem Umfang bestätigt, werde er seine Regelung den neuen Erkenntnissen anpassen müssen ([X.] a.a.[X.] <166>).

Hat der Normgeber die Gefährlichkeit von Hunden einer bestimmten Rasse prognostisch beanstandungsfrei eingeschätzt und deshalb die Haltung dieser Hunde eingeschränkt oder ihren [X.] Pflichten auferlegt, kann nach dieser Rechtsprechung des [X.] die Norm später rechtswidrig werden, wenn sich die zunächst beanstandungsfrei getroffene Einschätzung des [X.] im Lichte neuer Erkenntnisse als nicht mehr zutreffend erweist. Reagiert der Normgeber darauf nicht, kann die Norm in einem Normenkontrollverfahren für unwirksam erklärt werden, weil sie jedenfalls jetzt nicht mehr dem bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, nämlich in die allgemeine Handlungsfreiheit der Halter dieser Hunde aus Art. 2 Abs. 1 GG oder in die Berufsfreiheit von gewerblichen Züchtern dieser Hunde aus Art. 12 Abs. 1 GG eingreift, ohne dass dies weiterhin durch einen legitimen Zweck gedeckt wäre.

Wie ebenfalls auf der Hand liegt und deshalb nicht erst in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss, kann es im Normenkontrollverfahren nur auf dieses Ergebnis ankommen, nicht hingegen auf den Vorgang des Beobachtens. Im Normenkontrollverfahren ist nur zu prüfen, ob sich die ursprüngliche Einschätzung des [X.] im Lichte der späteren Entwicklung und des nunmehr erreichten [X.] noch innerhalb der Grenzen seines [X.] hält. Ist dies der Fall, ist unerheblich, was der Normgeber unternommen hat, um die Entwicklung im Blick zu behalten.

Nur in diesem Sinne ist es für die Rechtmäßigkeit von Verordnungen, die die Listung von Hunderassen vorsehen, von Bedeutung, ob der Verordnungsgeber dem Beobachtungsgebot des [X.] getragen hat.

Ebenso liegt auf der Hand, in welchem Umfang neue Erkenntnisquellen und Statistiken überhaupt beachtlich sein können.

Der Beklagte hat die angegriffene Verordnung auf eine landesrechtliche Ermächtigungsgrundlage (§ 25a Abs. 4 Nr. 5 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden - Ordnungsbehördengesetz - [X.]) gestützt, die nach der verbindlichen Auslegung dieser irrevisiblen Norm durch das Oberverwaltungsgericht den Verordnungsgeber nicht zu Maßnahmen der Gefahrenabwehr, sondern zu Maßnahmen der [X.] ermächtigt. Mit der hierauf gestützten Verordnung hat der Beklagte als Normgeber zulässigerweise auf einen bloßen Gefahrenverdacht oder ein Besorgnispotenzial reagiert. Ein solcher Gefahrenverdacht oder ein solches Besorgnispotenzial liegt vor, wenn der Normgeber mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zur Prognose einer Gefahr nicht im Stande ist, aber gleichwohl ein Bedürfnis besteht, die verbleibenden Risiken zu vermindern und aus Gründen der Vorsorge zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen (vgl. hierzu Urteil vom 3. Juli 2002 - BVerwG 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347 <351 ff.> = [X.] 402.41 [X.] 71 S. 26 ff.). Hiervon ausgehend liegt auf der Hand, dass spätere Erkenntnisse nur dann die ursprüngliche Annahme eines Besorgnispotenzials nicht oder nicht in vollem Umfang bestätigen, wenn der Gefahrenverdacht oder die Besorgnis durch diese Erkenntnisses ausgeräumt ist. Tragen hingegen auch spätere Erkenntnisse nicht dazu bei, die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder die maßgeblichen Kausalverläufe in die eine oder andere Richtung aufzuhellen, ändert sich nichts an dem Besorgnispotenzial. In diesem Sinne bestätigen die späteren Erkenntnisse vielmehr nur den Fortbestand eines Besorgnispotenzials und damit die Befugnis des [X.], aus Gründen der [X.] tätig zu werden und die hierzu bereits ergangene Norm aufrecht zu erhalten.

Das Oberverwaltungsgericht ist zumindest der Sache nach von diesem rechtlichen Maßstab ausgegangen. Die Würdigung des konkreten Sachverhalts ist Tatfrage, nicht Rechtsfrage. Die Angriffe der Antragstellerin gegen die Würdigung des Sachverhalts vermögen deshalb eine klärungsbedürftige Rechtsfrage nicht aufzuzeigen.

c) Im Ergebnis nichts anderes gilt für die weitere Frage,

welche Anforderungen aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG an die Umsetzung des [X.] aus dem Urteil des [X.] vom 16. März 2004 - 1 BvR 1778/01 zu stellen sind.

Auch sie ist deshalb nicht weiter klärungsbedürftig.

Soweit ein Normgeber [X.] von Hunden bestimmter Rassen mit Blick auf deren [X.] besondere Pflichten auferlegt, kann der Rechtsprechung des [X.] entnommen werden, dass der Normgeber im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz gehalten ist, die weitere Entwicklung daraufhin zu beobachten, ob die unterschiedliche Behandlung derer, deren Hunde unter die Norm fallen, und derjenigen, bei denen dies nicht der Fall ist, auch in der Zukunft gerechtfertigt ist. Sollte sich bei der Beobachtung und Überprüfung des [X.]s von Hunden ergeben, dass Hunde anderer als der in dieser Vorschrift genannten Rassen im Verhältnis zu ihrer Population bei [X.] vergleichbar häufig auffällig sind wie Hunde, auf die die Vorschrift bisher beschränkt ist, könnte die Regelung in ihrer bisherigen Fassung nicht länger aufrechterhalten werden. Sie wäre vielmehr aufzuheben oder auf bisher nicht erfasste Rassen zu erstrecken ([X.], Urteil vom 16. März 2004 a.a.[X.] <169>).

Insoweit gilt ebenfalls, dass es in einem Normenkontrollverfahren nur darauf ankommt, ob die vom Normgeber getroffene Unterscheidung zwischen Hunden unterschiedlicher Rassen auch im Lichte späterer Erkenntnis noch die unterschiedliche Behandlung ihrer Halter rechtfertigt.

Welche Erkenntnisquellen hierfür zur Verfügung stehen und herangezogen werden können, entzieht sich allgemeingültiger Festlegung. Auf der Hand liegt jedenfalls und ist deshalb ebenfalls nicht klärungsbedürftig, dass angesichts des weiten Einschätzungs- und [X.] des [X.] eine Verletzung des [X.] nur dann in Betracht kommt, wenn ihm keine oder nur offensichtlich ungeeignete Erkenntnisquellen dafür zur Verfügung stehen, die Gefährlichkeit von der Norm erfasster Hunderassen über den [X.] hinaus im Blick zu behalten, ohne dass er Schritte unternimmt, diesen Zustand zu ändern. Dass die differenzierte Beißstatistik, wie sie nach den Feststellungen des [X.] im [X.] geführt wird, die Schwelle zur offensichtlichen Ungeeignetheit überschreitet, kann schon im Ansatz nicht angenommen werden.

d) Nicht klärungsfähig sind die weiter aufgeworfenen Fragen,

ob eine Differenzierung zwischen gelisteten und nicht gelisteten Rassen, insbesondere zwischen [X.]n und Schäferhunden noch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, wenn die zu betrachtenden Rassen annähernd gleiche rassespezifische Merkmale aufweisen und die bisherige Beobachtung ergeben hat, dass sie im Verhältnis Bisse/Population annähernd gleich oft in Erscheinung getreten sind,

und

welche Anforderungen an die Vergleichbarkeit zu stellen sind, so dass davon auszugehen ist, dass Rassen "vergleichbar häufig auffällig" im Sinne der Rechtsprechung des [X.] geworden sind.

Die Antragstellerin unterstellt zunächst einen Sachverhalt, den das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat. Das Oberverwaltungsgericht ist in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass zwischen [X.]n und Schäferhunden rassespezifische Unterschiede bestehen, die mit Blick auf die Gefährlichkeit von Hunden dieser Rasse im Zusammenwirken mit anderen Faktoren von Gewicht sind. Das Oberverwaltungsgericht hat ferner im [X.] der Hunde dieser beiden Rassen bezogen auf die Population eine größere Auffälligkeit des [X.]s festgestellt. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache kann aber nicht auf der Grundlage eines Sachverhalts angenommen werden, den das [X.] nicht festgestellt hat.

Einer Klärung in einem Revisionsverfahren entzieht sich die daran anknüpfende Frage, welche Anforderungen an die Vergleichbarkeit zu stellen sind und unter welchen Voraussetzungen deshalb eine vergleichbar häufige Auffälligkeit angenommen werden kann. Dabei geht es nicht um eine weitere Entfaltung des rechtlichen Maßstabes, sondern um die Beweiswürdigung im Einzelfall, nämlich um die konkrete vergleichende Würdigung der rassespezifischen Merkmale und des [X.]s von Hunden bestimmter Rassen anhand der auf sie bezogenen tatsächlichen Umstände. Demgemäß greift die Antragstellerin in diesem Zusammenhang das Urteil des [X.] auch nach Art einer Berufungsschrift an.

e) Nicht klärungsbedürftig und nicht klärungsfähig sind die weiteren Fragen,

ob das Verhältnis von Bissen und Population gemessen an Art. 3 Abs. 1 GG für prognostische Einschätzungen im Hinblick auf das Gefahrenpotenzial, dem der Verordnungsgeber mit seiner Verordnung entgegenwirken wollte, im Rahmen des [X.] ausschließlich maßgeblich ist oder ob es der Berücksichtigung der vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsache bedarf, dass die Zahl der absoluten [X.] bei [X.] Schäferhunden ein Vielfaches derjenigen von [X.]n beträgt,

und

ob es vom normativen Ermessen des Verordnungsgebers noch gedeckt ist, wenn die weitaus überwiegende Anzahl aller leichten wie insbesondere schweren [X.] auf [X.]e zurückgeht, dieser jedoch anders als andere Hunderassen, wie zum Beispiel der [X.] nicht auf die Liste der widerleglich gefährlichen Hunde gesetzt wird.

Es ergibt sich bereits unmittelbar aus der Rechtsprechung des [X.], dass es unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht zu beanstanden ist, wenn der Normgeber unterschiedliche Pflichten für Halter von Hunden daran anknüpft, dass Hunde einer bestimmten Rasse im Verhältnis zu ihrer Population bei [X.] häufiger auffällig sind als Hunde anderer Rassen ([X.], Urteil vom 16. März 2004 - 1 BvR 1778/01 - [X.]E 110, 141 <169>). Das Oberverwaltungsgericht hat ebenfalls das [X.] von Hunden der Rassen [X.] und Deutscher Schäferhund bezogen auf die jeweilige Population verglichen und mit der insoweit festzustellenden unterschiedlichen Auffälligkeit die unterschiedliche Behandlung von Hunden dieser Rassen gerechtfertigt. Dies wirft vor dem Hintergrund der Entscheidung des [X.] weiteren Klärungsbedarf nicht auf. Unerheblich ist, ob auch andere Daten - wie die absolute Zahl von Vorfällen - für den notwendigen Vergleich des [X.]s herangezogen werden dürften. Es reicht aus, dass hier ein zulässiges Kriterium herangezogen worden ist.

Soweit die Antragstellerin weiter fragt, ob zwischen leichten und schweren [X.]n unterschieden werden muss, unterstellt sie wiederum einen Sachverhalt, den das Oberverwaltungsgericht so nicht festgestellt hat. Im Übrigen betrifft ihre Frage nicht den rechtlichen Maßstab, sondern den Aussagewert statistisch erhobener Daten und damit die Beweiswürdigung im Einzelfall.

f) Die Antragstellerin möchte die Frage geklärt wissen,

welche Anforderungen an die vom [X.] verlangte Beobachtung der weiteren Entwicklung hinsichtlich des zu betrachtenden [X.]raums zu stellen sind,

und

ob die Aufrechterhaltung der Differenzierung in den [X.] vor dem Hintergrund des Beobachtungszeitraums nach ca. acht Jahren, die seit der von prognostischer Unsicherheit geprägten Entscheidung des [X.] vergangen sind, im Hinblick auf einen effektiven Grundrechtsschutz bezüglich der Rechte aus Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG noch gerechtfertigt ist.

Die Frage bedarf keiner Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren, da sich die Antwort unmittelbar aus der bereits ergangenen Entscheidung des [X.] ergibt.

Wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt, stützt sich die angegriffene Verordnung zulässigerweise auf einen bloßen Gefahrenverdacht oder ein Besorgnispotenzial. Spätere Erkenntnisse können nur dann die ursprüngliche Annahme eines Besorgnispotenzials nicht oder nicht in vollem Umfang bestätigen, wenn der Gefahrenverdacht oder die Besorgnis nunmehr ausgeräumt ist. Tragen hingegen auch spätere Erkenntnis nicht dazu bei, die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte in die eine oder andere Richtung aufzuhellen, ändert sich an dem Besorgnispotenzial nichts und damit auch nichts an der Befugnis des [X.], aus Gründen der [X.] tätig zu werden und die hierzu bereits ergangene Norm aufrecht zu erhalten. Mit Blick auf den Gleichheitssatz gilt nichts anders. Die unterschiedliche Behandlung von Hunderassen darf beibehalten werden, wenn sich unter dem Gesichtspunkt des Besorgnispotenzials die ursprünglich angenommenen Unterschiede in ihrem [X.] nicht durch neuere Erkenntnisse erledigen. Hiervon ausgehend kommt der [X.] keine Bedeutung zu, die seit dem Erlass der Verordnung verstrichen ist. Die Antragstellerin missversteht das Gebot, die weitere Entwicklung zu beobachten. Die Verordnung ist nicht gleichsam nur vorläufig erlassen. Sie bedarf nicht noch einer Bestätigung durch Klärung des Sachverhalts. Es kommt nicht darauf an, ob die weitere Entwicklung und neue Erkenntnisse die prognostizierte Einschätzung des [X.] in Richtung einer größeren Gewissheit verschieben. Erheblich wäre nur, wenn sich die Einschätzung des [X.] als unzutreffend erweist. Ändert sich die Einschätzung eines Besorgnispotenzials nicht, bleibt die Norm von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt, gleichgültig, wie viel [X.] seit ihrem Erlass verstrichen ist.

g) Nicht auf eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung führt die Frage,

ob dem Beobachtungsgebot des [X.] vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG hinreichend Rechnung getragen wird, wenn die Erhebung belastbarer [X.] als freiwillige Maßnahme betrachtet wird, wonach es dem Verordnungsgeber unbenommen sei, seine prognostische Einschätzung durch die Führung und Auswertung von [X.] zu unterlegen.

Mit dieser Frage zeigt die Antragstellerin keinen bisher noch nicht befriedigten Klärungsbedarf bezogen auf den bundesrechtlichen Maßstab des Gleichbehandlungsgebots auf. In seiner schon mehrmals erwähnten Entscheidung hat das [X.] den Rechtssatz aufgestellt, dass der Normgeber auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz gehalten ist, die weitere Entwicklung daraufhin zu beobachten, ob Hunde anderer als der von ihm in seinen Vorschriften erfassten Rassen im Verhältnis zu ihrer Population bei [X.] vergleichbar häufig auffällig sind wie Hunde, auf die er seine Regelungen bisher beschränkt hat ([X.], Urteil vom 16. März 2004 a.a.[X.] <169>). Dass die Führung von [X.] grundsätzlich ein geeignetes Mittel ist, die weitere Entwicklung unter Beobachtung zu halten, liegt auf der Hand. Hiervon ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Ob die konkret herangezogene Beißstatistik hinreichend belastbar ist, die daraus gezogenen Schlussfolgerungen zu tragen, ist eine Frage der Würdigung des Sachverhalts im Einzelfall. Liegt eine Beißstatistik vor, die hinreichend belastbare Aussagen ermöglicht, ist - wie ohne Weiteres auf der Hand liegt - unerheblich, ob der Normgeber sie freiwillig geführt hat.

h) Aus denselben Gründen können auch die weiteren Fragen die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen,

ob bei der Umsetzung des [X.] zu Lasten bereits gelisteter Rassen berücksichtigt werden darf, dass die Beißauffälligkeit bei unterstellter Tauglichkeit der Maßnahmen bei diesen Rassen größer wäre, wenn sie nicht gelistet wären,

und

ob es zur ordnungsgemäßen Ermittlung des Verhältnisses von [X.] zur Population der jeweiligen Hunderassen erforderlich ist, nur solche Vorfälle zu berücksichtigen, die sich in Bereichen ereignen, in denen keine Maßregelungen greifen, also zum Beispiel im häuslichen Bereich.

Die Fragen betreffen die Bewertung statistisch erhobener Daten mit Blick auf ihre Tauglichkeit und damit die Würdigung des Sachverhalts im Einzelfall, nicht aber den bundesrechtlichen Maßstab für die Gültigkeit der Verordnung.

i) Die Antragstellerin wirft schließlich die Frage auf,

ob es zur Umsetzung des [X.] im Hinblick auf die Erhebung von Basisdaten erforderlich ist, Erkenntnisse aus anderen Bundesländern sowie aus dem benachbarten Ausland, zum Beispiel aus [X.] zu berücksichtigen, in denen die zu betrachtenden Hunderassen keinen Maßregelungen unterliegen, also gleiche Ausgangsbedingungen für mögliche Beißattacken bestehen.

Auch damit hat die Antragstellerin keine Frage aufgeworfen, die den bundesrechtlichen Maßstab für die Gültigkeit der angegriffenen Verordnung betrifft und die deshalb in einem Revisionsverfahren klärungsfähig wäre. Die Frage zielt wiederum nur auf die Würdigung des Sachverhalts durch das [X.]. Ob und mit welchem Ergebnis Erkenntnisse aus anderen Bundesländern oder dem Ausland herangezogen werden müssen, richtet sich nach ihrer Aussagekraft auch im Verhältnis zu sonst gewonnenen Erkenntnissen, etwa einer vom Normgeber selbst geführten Beißstatistik. Maßgeblich ist damit die tatsächliche Bedeutung dieser Erkenntnisse. So ist auch das Oberverwaltungsgericht im konkreten Fall vorgegangen. Es hat beispielsweise den von der Antragstellerin erwähnten Untersuchungen aus anderen Bundesländern und aus [X.] nicht von vornherein jede Bedeutung abgesprochen, sondern hat sie mit Blick auf ihren Erkenntnisgehalt gewürdigt.

2. Das angefochtene Urteil weicht nicht im Verständnis von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von der Entscheidung des [X.] ab, welche die Antragstellerin bezeichnet hat.

Die Antragstellerin verweist auf die schon mehrmals zitierte Aussage des [X.], der Gesetzgeber sei auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz gehalten, die weitere Entwicklung zu beobachten. Sollte sich bei der Beobachtung und Überprüfung des [X.]s von Hunden ergeben, dass Hunde anderer als der in der angegriffenen Vorschrift genannten Rassen im Verhältnis zu ihrer Population bei [X.] vergleichbar häufig auffällig seien wie Hunde, auf die die angegriffene Vorschrift bisher beschränkt sei, könnte die angegriffene Regelung in ihrer gegenwärtigen Fassung nicht länger aufrechterhalten werden.

Der Entscheidung des [X.] liegt kein hiervon abweichender abstrakter Rechtssatz zugrunde. Das Oberverwaltungsgericht ist vielmehr von demselben Rechtssatz ausgegangen. Die Antragstellerin greift wiederum nur die Beweiswürdigung des [X.] an und misst sie an Vorgaben, die sich so der Entscheidung des [X.] nicht entnehmen lassen.

3. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf den behaupteten Verfahrensfehlern im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Diese liegen vielmehr nicht vor.

a) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht seine Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären.

aa) Das Oberverwaltungsgericht war nicht verpflichtet, zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts über die ihm vorgelegten [X.] hinaus die diesen Statistiken zugrundeliegenden Verwaltungsakten (Meldebögen, Erhebungen der zuständigen Behörden) beizuziehen, um nachzuprüfen, ob die Statistik Fehler aufweist.

Der Antragsgegner hat die Landesbeißstatistik herangezogen, um seine Prognose zu überprüfen, dass Hunde der Rasse [X.] bezogen auf ihr [X.] häufiger auffällig werden als Hunde der Rasse Deutscher Schäferhund. Prognosen der Behörde können nicht durch eine eigene Prognose des Gerichts ersetzt werden. Die Behörde hat eine geeignete fachspezifische Methode zu wählen, den Sachverhalt zutreffend zu ermitteln, der ihrer Prognose zugrunde zu legen ist, und ihr Ergebnis einleuchtend zu begründen. Die gerichtliche Überprüfung einer solchen Prognose beschränkt sich auf die Kontrolle, ob die Prognose nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, ob der der Prognose zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffend ermittelt wurde und ob das Ergebnis einleuchtend begründet ist. Um die dafür notwendigen Feststellungen zu treffen, reicht es grundsätzlich aus, wenn das Gericht sich die Datenbasis und das prognostische Vorgehen erläutern lässt und die Prognose einer Plausibilitätskontrolle unterzieht (Beschluss vom 15. Januar 2008 - BVerwG 9 B 7.07 - NVwZ 2008, 675 Rn. 4).

Nach den Angaben des Antragsgegners wurden ab 2002 die [X.] durch die 201 örtlichen Ordnungsbehörden erfasst, durch die 18 Landkreise und Städte zusammengefasst und an das [X.] gemeldet, das die Landesbeißstatistik führt (Blatt 1 der Mappe [X.]). Ergänzend hat der Beklagte erläutert (Schriftsatz vom 5. September 2012): Ein Beißvorfall werde von den örtlichen Ordnungsbehörden nach Prüfung vorhandener Zuchtpapiere, gegebenenfalls unter Heranziehung eines Sachverständigen einer Hunderasse zugeordnet. Die örtliche Ordnungsbehörde kläre bei jedem Vorfall umfassend den Sachverhalt, weil sie sonst nicht in der Lage wäre, eine Entscheidung über die Folgen eines solchen Vorfalls zu treffen (Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes mit der Folge des Eintritts der Erlaubnispflicht, der erweiterten Leinenpflicht und des [X.], gegebenenfalls Untersagung der Haltung und Tötung des Tieres).

Hiernach stellt es keinen Aufklärungsmangel dar, dass das Oberverwaltungsgericht sich mit den Angaben des Antragsgegners dazu begnügt hat, auf welcher tatsächlichen Grundlage die statistischen Daten erhoben worden sind, aber davon abgesehen hat, das ausgewertete Material in seiner Gesamtheit anzufordern.

bb) Das Oberverwaltungsgericht hat seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nicht dadurch verletzt, dass es die Beweisanträge abgelehnt hat, die die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellt hat.

Wird ein Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung nur hilfsweise gestellt, entbindet dies das Gericht nur davon, über den Antrag noch in der mündlichen Verhandlung durch gesonderten und zu begründenden Beschluss zu entscheiden (§ 86 Abs. 2 VwGO). Das Gericht hat den hilfsweise gestellten Beweisantrag in den Entscheidungsgründen seines Urteils aber zu bescheiden und darf ihn nur aus Gründen ablehnen, die auch die Ablehnung eines in der mündlichen Verhandlung unbedingt gestellten Beweisantrags rechtfertigen könnten. Das Gericht verletzt die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts und zugleich den Anspruch des Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn es einen (auch nur hilfsweise gestellten) Beweisantrag aus Gründen ablehnt, die im Prozessrecht keine Stütze finden.

Die Ablehnung der Beweisanträge, die die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellt hat, findet entgegen ihrer Auffassung eine Stütze im Prozessrecht. Die Beweisanträge variierten der Sache nach die [X.], dass Hunde der Rasse [X.] nicht gefährlicher sind als Hunde anderer Rassen, die der Beklagte mit seiner Hundehalterverordnung nicht erfasst hat, und dass die vom Antragsgegner geführte Landesbeißstatistik allein nicht geeignet ist, zu belegen, dass Hunde der Rasse [X.] nach ihrem [X.] häufiger auffällig werden als Hunde anderer nicht erfasster Rassen. Sie zielten - zum Teil nach Beiziehung weiteren Materials - auf die Einholung von Sachverständigengutachten.

Es mag zwar zweifelhaft sein, ob das Oberverwaltungsgericht sämtliche Beweisanträge mit der Begründung ablehnen durfte, ihnen fehle die Entscheidungserheblichkeit, weil ihnen keine beweisfähige Tatsache, sondern eine dem Beweis nicht zugängliche Wertung, nämlich die abstrakte Gefährlichkeit der Rasse [X.] und anderer Hundesrassen, zugrunde liege. Ein Beweisantrag kann nicht stets schon mit der Begründung abgelehnt werden, die Anknüpfungstatsachen stünden fest und die hieraus im Rahmen freier richterlicher Überzeugungsbildung abgeleiteten Schlussfolgerungen seien einem [X.] nicht zugänglich. Dass ein Sachverständigengutachten die eigene Beweiswürdigung des Tatrichters nicht ersetzen, sondern hierfür nur eine Hilfestellung bieten kann, ändert nichts daran, dass es bezüglich der im Wege der Bewertung festzustellenden Tatsache durchaus als geeignetes Beweismittel zur Unterstützung der letztlich maßgeblichen richterlichen Überzeugungsbildung in Betracht kommen kann (vgl. Beschluss vom 13. März 2009 - BVerwG 1 [X.] - [X.] 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 65 Rn. 5).

Dem braucht aber nicht weiter nachgegangen zu werden. Das Oberverwaltungsgericht hat nämlich die Ablehnung der Beweisanträge in erster Linie darauf gestützt, ihm lägen zur Beurteilung der unter Beweis gestellten Behauptungen, soweit entscheidungserheblich, ausreichende Erkenntnisse vor. Diese Begründung trägt die Ablehnung der Beweisanträge.

Liegen dem [X.] aus allgemein zugänglichen fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen ausreichende Erkenntnisse vor, kann es eine Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens ablehnen, wenn der Beteiligte gegen diese allgemein zugänglichen fachwissenschaftlichen Erkenntnisse keine detaillierten und substantiierten Beanstandungen erhoben hat (Beschluss vom 25. März 2010 - BVerwG 9 [X.] - juris Rn. 35).

Mit Blick auf die hier einschlägige Ermächtigung zur [X.] war für das Oberverwaltungsgericht entscheidungserheblich, ob bezogen auf Hunde der Rasse [X.] ein Besorgnispotenzial aggressiven Verhaltens besteht, das im Einzelfall Schäden an Leib und Leben von Menschen und Tieren nach sich ziehen kann. Das Oberverwaltungsgericht ist dabei von der gesicherten Erkenntnis ausgegangen, dass die genetische Disposition nicht alleinige Ursache für Aggressionen und damit einhergehende Gefahren darstelle, sondern [X.] dafür spreche, dass mehrere Faktoren, insbesondere Umwelteinflüsse und darunter vor allem diejenigen, die dem Hundehalter zuzurechnen seien, Hunde gefährlich machen könnten. Hierfür hat das Oberverwaltungsgericht die ihm vorliegenden fachwissenschaftlichen Erkenntnisse und Untersuchungen ausgewertet. Es hat diesen nichts [X.] gegen die eine [X.] begründende Annahme entnommen, das genetische Potenzial und körperliche Merkmale von Hunderassen könnten jedenfalls bei Hinzutreten weiterer Umstände eine Gefahr ergeben. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens, wie die Antragstellerin es namentlich mit ihrem Beweisantrag zu 1 beantragt hatte, wäre danach nur veranlasst gewesen, wenn die Antragstellerin dargelegt hätte, dass andere Sachverständige über neuere Erkenntnisse oder bessere Methoden verfügten, die geeignet gewesen wären, den Kausalzusammenhang zwischen genetischer Disposition und körperlichen Merkmalen einerseits und aggressivem Verhalten andererseits aufzuhellen und auszuschließen, dass neben anderen Faktoren auch genetische Disposition und körperliche Merkmale zur Gefährlichkeit von Hunden bestimmter Rassen im Sinne eines Besorgnispotenzials beitragen können. An solchen Darlegungen fehlt es. Die Antragstellerin beanstandet im [X.] nur, dass das Oberverwaltungsgericht nicht die von ihr für richtig gehaltenen Schlüsse aus den bereits vorliegenden und ausgewerteten Untersuchungen gezogen hat. Damit kann aber eine mangelnde Aufklärung des Sachverhalts nicht dargelegt werden.

Im Ergebnis aus denselben Gründen durfte das Oberverwaltungsgericht die Beweisanträge ablehnen, die auf eine weitere Klärung des [X.]s von Hunden der Rasse [X.] im Vergleich mit Hunden anderer Rassen abzielten (Beweisanträge zu 2 bis 7). Insoweit lag dem Oberverwaltungsgericht als ausreichende Erkenntnisgrundlage die Landesbeißstatistik vor. Das Oberverwaltungsgericht brauchte weder diese Statistik noch andere ergänzend herangezogene Statistiken sowie das ihnen jeweils zugrunde liegende Datenmaterial zusätzlich durch einen Sachverständigen begutachten zu lassen. Insoweit tragen jedenfalls die weiteren Erwägungen des [X.] (Seite 21 des Urteilsabdrucks), es sei nichts dafür ersichtlich, das in den [X.] zusammengefasste Material könne nicht mit den tatsächlich gemeldeten Vorfällen übereinstimmen. Das Oberverwaltungsgericht hat ferner die Statistik im Hinblick auf ihren Zweck für hinreichend differenziert gehalten, ohne dass sich insoweit ein Mangel der Aufklärung des Sachverhalts aufdrängt. Unter diesen Umständen konnte das Oberverwaltungsgericht die Beißstatistik als ausreichende Erkenntnisquelle verwenden.

b) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht den Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.

Das Oberverwaltungsgericht war nicht aus Gründen rechtlichen Gehörs verpflichtet, die den vorgelegten [X.] zugrunde liegenden Verwaltungsakten (Meldebögen, Erhebungen der zuständigen Behörden) beizuziehen, um der Antragstellerin Einsicht in diese Akten zu gewähren und ihr eine Stellungnahme zu den darin enthaltenen Basisdaten zu ermöglichen.

Nach § 108 Abs. 2 VwGO darf ein Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Nach § 100 Abs. 1 VwGO können die Beteiligten die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Die den [X.] zugrunde liegenden Verwaltungsakten hat das Oberverwaltungsgericht nicht beigezogen und deshalb das Urteil auch nicht auf diese Akten, sondern nur auf die [X.] als solche und die hierzu gegebenen Erläuterungen des Antragsgegners gestützt. Hierzu konnte die Antragstellerin sich äußern. Der Grundsatz rechtlichen Gehörs gebietet nicht, Akten beizuziehen, deren Kenntnis ein Beteiligter für von ihm beabsichtigten Vortrag für erheblich hält, wenn das Gericht meint, für seine Entscheidung ohne diese Akten auskommen zu können. Hierin kann allenfalls ein Verstoß gegen die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts liegen, den die Antragstellerin hier auch, wenn gleich erfolglos, gerügt hat.

Meta

6 BN 1/13

02.08.2013

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 6. September 2012, Az: OVG 5 A 2.06, Urteil

§ 8 Abs 3 HuHV BB 2004, § 10 Abs 1 HuHV BB 2004, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.08.2013, Az. 6 BN 1/13 (REWIS RS 2013, 3667)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3667

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1 BvR 1778/01

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