1. Senat | REWIS RS 2012, 503
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Bestimmung des Wertaufhellungszeitraums
NV: Der Wertaufhellungszeitraum wird durch die gesetzliche Frist für die Aufstellung des Jahresabschlusses begrenzt. Der Rechtsprechung des BFH ist zu entnehmen, dass der Wertaufhellungszeitraum an dem Tag endet, an dem der Bilanzierende spätestens eine Bilanz hätte erstellen müssen (BFH-Urteile vom 8. März 1989 X R 9/86, BFHE 156, 443, 451, BStBl II 1989, 714; vom 3. Juli 1991 X R 163-164/87, BStBl II 1991, 805). Nach § 264 Abs. 1 Satz 3 HGB ist für Kapitalgesellschaften der Stichtag der 31. März des jeweiligen (Folge-)Jahres .
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, übertrug mit Vertrag vom 28. Januar 2005 ihren Geschäftsbereich … an die [X.] und erhielt hierfür eine Beteiligung in Höhe von 60 v.H. an der [X.]. In den Jahren 2005 bis 2008 erwirtschaftete die [X.] Verluste in Höhe von ca. 2,6 Mio. €. Neben einer Erhöhung des Stammkapitals im Streitjahr (2007) von 100.000 € auf 1 Mio. € gewährte die Klägerin der [X.] im Zeitraum von 2005 bis 2008 Darlehen in Höhe von ca. 5,7 Mio. €, für die teilweise ein Rangrücktritt vereinbart wurde. Die Bilanz der Klägerin auf den 31. Dezember 2007 wurde bis Ende März 2008 erstellt und vom Abschlussprüfer im April 2008 geprüft. Die Klägerin stufte die Wertminderungen ihrer Forderungen gegenüber der [X.] als vorübergehend ein. Der Abschlussprüfer erteilte am 6. Mai 2008 einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk.
Nachdem die Hausbank der Klägerin wegen der andauernden [X.] bei der [X.] die Beauftragung einer restrukturierungserfahrenen Unternehmensberatungsgesellschaft gefordert hatte, beauftragte die Klägerin die …, eine entsprechende Untersuchung durchzuführen. Diese kam in ihrem Abschlussbericht vom 24. Juli 2008 zu dem Ergebnis, dass die "Kostenstruktur suboptimal" und die [X.] ein Sanierungsfall sei. Empfohlen wurden als Maßnahmen zur Verbesserung der Eigenkapitalsituation der [X.] ein Verzicht in Höhe der Darlehenssumme, die Umwandlung der Darlehen in eine Kapitalrücklage oder die Umwandlung der Darlehen im Wege einer Sacheinlage in eine Kapitalerhöhung. Daraufhin beschlossen die Gesellschafter der Klägerin in ihrer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 5. Dezember 2008 Maßnahmen zur Sanierung der [X.]. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 erklärte die Klägerin gegenüber der [X.] bezüglich Forderungen in Höhe von 810.137 € einen "Forderungsverzicht mit Besserungsschein".
Die Klägerin änderte daraufhin den Jahresabschluss zum 31. Dezember 2007 am 20. Februar 2009 dahingehend ab, dass eine Abschreibung der Beteiligung an der [X.] von 300.000 € und eine Wertberichtigung auf die Darlehen an die [X.] in Höhe des Forderungsverzichts von 810.137 € berücksichtigt wurden. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) erkannte die Abschreibung auf die Forderungen gegenüber der [X.] in Höhe von 810.137 € auf den 31. Dezember 2007 nicht an.
Mit ihrer gegen den hiernach geänderten Körperschaftsteuerbescheid erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass die vorgenommene Teilwertabschreibung zulässig sei, da eine dauerhafte Wertminderung vorliege. Das Finanzgericht (FG) Bremen hat die Klage mit Urteil vom 19. Januar 2012 ([X.]. 1 K 35/11 (5)) abgewiesen. Zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2007 läge keine zu berücksichtigende dauernde Wertminderung hinsichtlich der der [X.] mit Rangrücktritt gewährten Darlehen vor, da im Streitfall die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung von eigenkapitalersetzenden Darlehen nicht vorgelegen hätten und es sich bei den streitigen Verlusten der [X.] zudem um [X.] handele, die einer Teilwertabschreibung der Darlehensforderungen entgegenstünden. Selbst wenn zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2007 eine voraussichtlich dauernde Wertminderung der betreffenden Forderungen vorgelegen hätte, wäre diese nicht zu berücksichtigen, da die entsprechenden Kenntnisse erst nach dem 31. März 2008, dem Ende des maßgeblichen Wertaufhellungszeitraums, erlangt worden seien.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II. [X.] ist nicht begründet. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) liegen nicht vor. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O).
1. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Klägerin den [X.] entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O dargetan hat. Denn jedenfalls liegt deshalb keine grundsätzliche Bedeutung vor, weil die zur Klärung gestellte Rechtsfrage offensichtlich so zu entscheiden ist, wie es das [X.] getan hat und es deshalb an der erforderlichen Klärungsbedürftigkeit fehlt (vgl. [X.]sbeschluss vom 20. Juni 2011 I B 108/10, [X.] 2011, 1924, m.w.N.).
a) Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) hat die Klägerin in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich u.a. aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des [X.] "Vorschriften für alle Kaufleute" der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs ([X.]). Sie werden für Kapitalgesellschaften ergänzt durch die Bestimmungen der §§ 264 ff. [X.]. Zu den handelsrechtlichen GoB gehört die Pflicht des Kaufmanns, in seiner Bilanz für den Schluss eines Geschäftsjahres seine Verbindlichkeiten (Schulden) vollständig auszuweisen (§ 240 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, § 242 Abs. 1, § 246 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 [X.] i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 sind bei der Bewertung --wie beim Ansatz von Wirtschaftsgütern (vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 28. März 2000 VIII R 77/96, [X.], 339, [X.], 227, m.w.[X.] alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind. Wertaufhellende Tatsachen können mithin noch in einem bestimmten zeitlichen Rahmen berücksichtigt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] sind als "wertaufhellend" nur die Umstände zu berücksichtigen, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen und nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzerstellung lediglich bekannt oder erkennbar wurden ([X.]surteile vom 4. April 1973 I R 130/71, [X.]E 109, 55, [X.] 1973, 485; vom 27. April 1965 I 324/62 S, [X.]E 82, 445, [X.]I 1965, 409). Der Wertermittlung zum Bilanzstichtag zugrunde zu legen ist ein Bilanzansatz damit nur, wenn er spätestens am Tag der Bilanzerstellung erkennbar geworden ist ([X.]surteile vom 30. Januar 2002 I R 68/00, [X.]E 197, 530, [X.], 688; vom 20. August 2003 I R 49/02, [X.]E 203, 319, [X.] 2003, 941; vom 15. September 2004 I R 5/04, [X.]E 208, 116, [X.] 2009, 100; [X.]-Urteil vom 19. Oktober 2005 XI R 64/04, [X.]E 211, 475, [X.] 2006, 371; [X.]surteil vom 21. September 2011 I R 89/10, [X.]E 235, 263, [X.] 2012, 306; [X.]sbeschluss vom 30. November 2011 I R 83/10, juris).
b) "Objektiv" bestand am Bilanzstichtag (dem 31. Dezember 2007) noch kein Anhaltspunkt, der auf eine mögliche dauerhafte Wertminderung der Forderung der Klägerin gegen die [X.] hätte hindeuten können. Die Bilanz der Klägerin auf den 31. Dezember 2007 wurde nach den insoweit bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) bis Ende März 2008 erstellt. Der Abschlussbericht der [X.] stammt dagegen vom 24. Juli 2008. Erst ab diesem Zeitpunkt lagen entsprechende Erkenntnisse über eine mögliche Wertminderung vor. Der [X.] wird im Streitfall durch die gesetzliche Frist für die Aufstellung des Jahresabschlusses begrenzt. Nach § 264 Abs. 1 Satz 3 [X.] ist danach für Kapitalgesellschaften wie der Klägerin der Stichtag der 31. März 2008. Der Rechtsprechung des [X.] ist dabei auch zu entnehmen, dass der [X.] an dem Tag endet, an dem der Kläger spätestens eine Bilanz hätte erstellen müssen ([X.]-Urteile vom 8. März 1989 [X.], [X.]E 156, 443, 451, [X.] 1989, 714; vom 3. Juli 1991 [X.], [X.]E 164, 556, [X.] 1991, 802; vom 22. August 2012 X R 23/10, [X.]E 238, 173, [X.] 2012, 1877). Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob --wie die Klägerin meint-- von einer wirksamen Erstellung des Jahresabschlusses nur bei Unterschrift durch das zuständige Organ ausgegangen werden kann.
Die Ausführungen der Klägerin zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses und den sich hieraus möglicherweise ergebenden Zulassungsgründen wegen eines [X.] (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O) bzw. wegen einer Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O) wären vor diesem Hintergrund in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen von daher nicht vor.
2. Soweit die Klägerin die weitere Rechtsfrage als klärungsbedürftig ansieht, ob für die Bewertung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen nicht nur im Rahmen einer Betriebsaufspaltung, sondern in allen Fällen eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen bilanzsteuerrechtlich dieselben Regeln gelten, wie für die Bewertung von Beteiligungen, ist diese Frage wiederum nicht klärungsbedürftig. Denn das [X.] hat sein Urteil kumulativ begründet, d.h. auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt. Dies hat zur Folge, dass wegen jeder der Urteilsbegründungen ein [X.] i.S. des § 115 Abs. 2 [X.]O dargelegt werden und auch vorliegen muss (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 28, m.w.N. aus der [X.]-Rechtsprechung).
Da im Streitfall eine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O im Hinblick auf die Bestimmung des [X.]s nicht vorliegt und das [X.] sein Urteil aber auf die selbständig tragende Begründung, eine dauerhafte Wertminderung der Darlehensforderung zum 31. Dezember 2007 sei auch nach den Grundsätzen der Wertaufhellungstheorie nicht zu berücksichtigen, gestützt hat, kann der [X.] es dahinstehen lassen, ob es der Klägerin im Hinblick auf die Bewertung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen gelungen ist, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzulegen. Es kommt darauf nicht mehr an.
Gleiches gilt für den Vortrag der Klägerin hinsichtlich der Unbeachtlichkeit von [X.]. Die Argumentation der Vorinstanz baut diesbezüglich, wie die Klägerin zutreffend ausführt, auf der Problematik der Bewertung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen auf.
3. Entsprechend verhält es sich mit der im Hinblick auf die Problematik der Bewertung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen vorgetragenen Verfahrensrüge nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O. Denn auch für eine Verfahrensrüge gilt, dass das Urteil nicht auf dem Verfahrensmangel beruht, wenn das [X.] sich auf zwei selbständig tragende Begründungen gestützt hat, aber nur eine davon durch einen Verfahrensfehler beeinflusst worden ist (Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 115 Rz 97). Der [X.] muss vor diesem Hintergrund nicht dazu Stellung nehmen, ob ein Verfahrensmangel tatsächlich vorliegt.
Meta
12.12.2012
Beschluss
vorgehend FG Bremen, 19. Januar 2012, Az: 1 K 35/11 (5), Urteil
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 5 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 8 Abs 1 KStG 2002, § 252 Abs 1 Nr 4 HGB, § 264 Abs 1 S 3 HGB, EStG VZ 2007, § 6 Abs 1 Nr 2 S 2 EStG 2002
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.12.2012, Az. I B 27/12 (REWIS RS 2012, 503)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 503
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Anteilsbewertung und Währungsschwankungen
Keine Teilwertabschreibung wegen Unverzinslichkeit einer Forderung
(Anwendbarkeit des Halbabzugsverbots auf Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen und auf Forderungsverzichte bei nicht mehr werthaltigen Gesellschafterdarlehen …
Keine Anwendung des Halbabzugsverbots auf Substanzverluste von Darlehensforderungen
Voraussichtlich dauernde Wertminderung als Voraussetzung einer Teilwertabschreibung - Anfechtbarkeit eines auf Null lautenden Bescheids über …
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