Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.12.2011, Az. 5 AZR 439/10

5. Senat | REWIS RS 2011, 408

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Gegenstand

Zuschuss zum Mutterschaftsgeld - erfolgsabhängige Vergütung - Auflösungsverschulden


Leitsatz

Die Höhe des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld bestimmt sich nach dem von der Arbeitnehmerin im Berechnungszeitraum verdienten Arbeitsentgelt.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 18. März 2010 - 7 [X.]/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld und einen Schadensersatzanspruch wegen Auflösungsverschuldens.

2

Die Klägerin war auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 2002 bis zum 31. Dezember 2008 bei der [X.] als [X.] im Bereich „Business Sales“ beschäftigt. Die Arbeitgeberin wurde während des Revisionsverfahrens auf die Beklagte verschmolzen.

3

Die Klägerin hatte neben einem monatlichen Grundgehalt Anspruch auf „Provisionen“ nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung über Grundregelungen der Provision im Bereich „Business Sales“. Für den Zeitraum März bis Dezember 2007 schlossen die Klägerin und ihre Arbeitgeberin mit einem sog. Sideletter eine Zielvereinbarung. Nach Ziff. 1 des Sideletters sollte die Klägerin eine „Provisionsauszahlung von Minimum 100 %“ für den Aufbau des internationalen Geschäfts im Segment des TOP Sales (ua. Akquise und Betreuung ausgewählter potentieller Großkunden im [X.]) erhalten. Gemäß Ziff. 2 sollten Aufträge von einem bestimmten, von der Klägerin weiterhin zu betreuenden Kunden mit dem Faktor 0,319 verprovisioniert werden. Hierdurch durfte jedoch eine Provisionsauszahlung von 250 % nicht überschritten werden. Im Januar 2008 rechnete die Beklagte für Dezember 2007 eine Gesamtprovision von 30.378,33 Euro brutto ab.

4

Die Klägerin wurde im [X.] 2007 schwanger. Der errechnete Geburtstermin war der 19. April 2008. Die Klägerin entband am 22. April 2008. Die Schutzfristen liefen vom 8. März bis zum 17. Juni 2008. Die Arbeitgeberin errechnete den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld unter Zugrundelegung eines Referenzzeitraums von Dezember 2007 bis Februar 2008 mit kalendertäglich 175,37 Euro. Dabei berücksichtigte sie die Provisionen nach Ziff. 2 des Sideletters und der [X.] nur zu einem Zehntel bzw. Sechstel.

5

Mit der Klage hat die Klägerin einen höheren Zuschuss zum Mutterschaftsgeld geltend gemacht, der Arbeitgeberin eine Frist zur Zahlung gesetzt und für den Fall der nicht fristgerechten Zahlung eine Kündigung in Aussicht gestellt. Nach fruchtlosem Fristablauf kündigte sie das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit Auslauffrist zum 31. Dezember 2008. Sie hat klageerweiternd Schadensersatz wegen Auflösungsverschuldens der Beklagten iHv. sechs Bruttomonatsgehältern begehrt.

6

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die für Dezember 2007 abgerechneten Provisionen seien in voller Höhe und nicht nur mit einem Sechstel bzw. einem Zehntel in die Berechnung einzustellen. Sie habe im November 2007 einen Umsatz von 747.776,10 Euro erzielt. Dieser Anspruch folge aus dem Gesetz, hilfsweise aus einer betrieblichen Übung, denn bei der Bemessung eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld im Jahre 2005 habe die Arbeitgeberin im Berechnungszeitraum gezahlte Provisionen voll einbezogen. Wegen der Zahlungsverweigerung sei die außerordentliche Kündigung berechtigt gewesen.

7

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 84.681,96 Euro netto nebst Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Ihre Rechtsvorgängerin habe den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zutreffend errechnet und keinen Grund für die Kündigung gesetzt.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Zahlungsansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das [X.] hat die [X.]erufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung eines höheren Zuschusses zum Mutterschaftsgeld.

1. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld für die [X.] vom 8. März 2008 bis einschließlich zum 17. Juni 2008 dem Grunde nach zu. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG erhalten Frauen, die Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 200 Reichsversicherungsordnung ([X.]) haben, für die [X.] der Schutzfristen des § 3 Abs. 2 MuSchG und des § 6 Abs. 1 MuSchG sowie für den [X.] von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe des [X.] zwischen 13,00 Euro und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt. Es besteht zwischen den Parteien kein Streit, dass die Arbeitgeberin mit den Monaten Dezember 2007 bis Februar 2008 den zutreffenden [X.]erechnungszeitraum für die [X.]erechnung der Durchschnittsvergütung zugrunde gelegt hat.

2. Der Klägerin steht kein höherer Zuschuss zum Mutterschaftsgeld im Hinblick auf die im Januar 2008 für Dezember 2007 geleistete Provision zu, denn sie hat diese, jedenfalls hinsichtlich des über den für Dezember 2007 von der [X.]eklagten gezahlten Anteil hinausgehenden [X.]etrags, außerhalb des [X.]erechnungszeitraums verdient. Demgegenüber ist es unerheblich, dass die volle Provision in diesem [X.]raum abgerechnet wurde. Die Erteilung einer Abrechnung ist weder Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs nach § 14 Abs. 1 MuSchG noch bestimmen allein die in der Abrechnung ausgewiesenen [X.]eträge die Höhe des Zuschusses. Die Höhe des Zuschusses ist vielmehr danach zu berechnen, was die Arbeitnehmerin durch ihre Arbeitsleistung in dem [X.]erechnungszeitraum verdient hat.

a) Die Erteilung einer Abrechnung ist keine Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs gemäß § 14 Abs. 1 MuSchG. Das folgt bereits aus dem Umstand, dass gemäß § 108 Abs. 2 [X.] die Pflicht zur Abrechnungserteilung entfällt, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben, also der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin nicht in jedem Kalendermonat eine Abrechnung erteilen muss.

b) § 14 Abs. 1 Satz 2 MuSchG ordnet nicht an, dass alle im [X.]erechnungszeitraum abgerechneten Entgeltbestandteile in die [X.]erechnung der Durchschnittsvergütung einzubeziehen sind. Das folgt schon aus § 14 Abs. 1 Satz 4 MuSchG. Danach bleibt einmalig gezahltes Arbeitsentgelt iSv. § 23a Abs. 1 SG[X.] IV außer [X.]etracht. Eine für einen Kalendermonat erteilte Abrechnung begrenzt den Anspruch auch nicht. Denn später abgerechnete Nachzahlungen für die Referenzmonate sind für die [X.]erechnung der Durchschnittsvergütung zu berücksichtigen ([X.] 6. April 1994 - 5 [X.] - zu 3 a der Gründe, [X.]E 76, 229; ausführlich auch [X.]SG 30. September 2010 - [X.] 10 EG 19/09 R - [X.]SGE 107, 18 zum insoweit vergleichbaren § 2 Abs. 7 Satz 4 [X.]EEG; [X.]/ Zipperer/[X.]/[X.]/[X.] 9. Aufl. § 14 MuSchG Rn. 38; [X.]. § 14 Rn. 14).

Eine die Höhe des Anspruchs bestimmende Wirkung der Abrechnung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Zuschuss nach § 14 Abs. 1 MuSchG in der Regel das Mutterschaftsgeld nach § 13 MuSchG iVm. § 200 [X.] ergänzt und die Krankenversicherungsträger bei [X.]eginn der Schutzfristen das Mutterschaftsgeld anhand vorzulegender Abrechnungsunterlagen berechnen. Zum einen ist angesichts der - geringen - Höhe des [X.] inzwischen eine umfangreiche [X.]erechnung zumeist nicht mehr erforderlich, zum anderen ist der Zuschuss auch nicht in der Weise mit dem Mutterschaftsgeld „verzahnt“, wie die Klägerin meint. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG in der seit 1. Januar 1982 geltenden Fassung ist als Zuschuss vom Arbeitgeber nicht mehr die Differenz zwischen dem durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt und „dem Mutterschaftsgeld“ zu gewähren, sondern die Differenz zwischen dem durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt und „13 Euro“. Durch die detaillierte [X.]eschreibung der [X.]erechnungsgrundsätze in § 14 Abs. 1 MuSchG anstatt der bloßen Verweisung auf den inhaltsgleichen § 200 Abs. 2 [X.] wird klargestellt, dass die [X.]erechnung eigenständige Pflicht des Arbeitgebers ist (vgl. [X.]/[X.]/[X.] Stand November 2011 § 14 MuSchG Rn. 28a). Zudem ist nicht einmal beim Mutterschaftsgeld die Abrechnung zwingende Anspruchsvoraussetzung. Es reicht aus, dass ein Entgelt vollständig geleistet wurde ([X.]/[X.] 12. Aufl. § 200 [X.] Rn. 11). Auch sieht § 200 Abs. 2 Satz 3 [X.] eine Herausrechnung einmalig gezahlter Arbeitsentgelte iSv. § 23a Abs. 1 SG[X.] IV trotz abweichender Abrechnung vor. Soweit der [X.] des [X.]undesarbeitsgerichts in einer früheren Entscheidung zu dem Anspruch auf § 11 MuSchG (nicht tragend) darauf hingewiesen hat, dass die [X.]erechnung des Zuschusses als ergänzende Leistung den [X.]erechnungsvorschriften für das Mutterschaftsgeld folge ([X.] 8. September 1978 - 3 [X.] - zu II 3 a der Gründe, [X.] MuSchG 1968 § 11 Nr. 8 = [X.]), hat er dabei lediglich den typischen Fall einer gleichbleibenden Vergütung berücksichtigt.

c) Nach dem Zweck der gesetzlichen Regelung ist zur [X.]erechnung der Durchschnittsvergütung auf den Verdienst abzustellen, der der Arbeitsleistung der Frau in dem [X.]erechnungszeitraum entspricht.

Das Mutterschaftsgeld und der Zuschuss des Arbeitgebers nach § 14 Abs. 1 MuSchG sollen den Verdienstausfall ausgleichen, der wegen des [X.]eschäftigungsverbots eintritt. Schwangere und Mütter eines Neugeborenen sollen vor wirtschaftlichen Nachteilen bewahrt werden, die andernfalls mit den [X.]eschäftigungsverboten verbunden wären. Die [X.]eschäftigungsverbote sollen zu keiner Verdienstminderung führen, damit jeder finanzielle Anreiz für die Arbeitnehmerin entfällt, die Arbeit zu ihrem und des Kindes Nachteil fortzusetzen([X.] 14. Oktober 1954 - 2 [X.] - [X.]E 1, 140; 11. Oktober 2000 - 5 [X.] - zu [X.] 1 b cc (3) der Gründe, [X.]E 96, 34; 25. Februar 2004 - 5 [X.]/03 - zu II 2 c der Gründe mwN, [X.]E 109, 362 ).

Die [X.]erechnung des ausgefallenen Verdienstes kann nur sachgerecht erfolgen, wenn darauf abgestellt wird, welche Arbeitsleistung im vorgeschriebenen [X.]erechnungszeitraum angefallen ist und wie sie sich in [X.] ausdrückt (ähnlich zum [X.] nach § 11 MuSchG [X.] 28. November 1984 - 5 [X.] - zu II 1 der Gründe, [X.]E 47, 261; 8. September 1978 - 3 [X.] - zu II der Gründe, [X.] MuSchG 1968 § 11 Nr. 8 = [X.]; [X.]/[X.] MuSchG/[X.]EEG 8. Aufl. § 11 MuSchG Rn. 93; [X.]/MuSchG/[X.]EEG/[X.] 2. Aufl. § 11 MuSchG Rn. 37; [X.]. § 11 Rn. 12). Vor dem Hintergrund des einheitlichen Gesetzeszwecks hat der [X.]egriff „durchschnittliches Arbeitsentgelt“ in § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG deshalb den gleichen Inhalt wie der [X.]egriff „Durchschnittsverdienst“ in § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG (vgl. [X.] 11. Oktober 2000 - 5 [X.] - zu [X.] 1 b aa der Gründe, [X.]E 96, 34; zustimmend [X.]/[X.] MuSchG/[X.]EEG 8. Aufl. § 14 MuSchG Rn. 84; [X.]/[X.]/[X.] Stand November 2011 § 14 MuSchG Rn. 29; [X.]/MuSchG/[X.]EEG/[X.] 2. Aufl. § 14 MuSchG Rn. 16; [X.]. § 14 Rn. 14). Zum im [X.]ezugszeitraum verdienten Arbeitsentgelt rechnet jede geldwerte Gegenleistung des Arbeitgebers für die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch die Arbeitnehmerin im [X.]erechnungszeitraum (vgl. [X.] 29. Januar 1971 - 3 [X.] - zu 3 a der Gründe, [X.]E 23, 178).

d) Im Regelfall wird der abgerechnete Verdienst dem im [X.]emessungszeitraum erzielten Verdienst entsprechen. Fallen Abrechungszeitraum und [X.] jedoch auseinander, ist eine Zuordnung des Entgelts zum [X.]erechnungszeitraum notwendig.

aa) Insbesondere Provisionsansprüche lassen sich oftmals nicht einer bestimmten zeitlich festliegenden Arbeitsleistung zuordnen, weil sie vom Zustandekommen der angebahnten Geschäfte abhängen. Gerade deshalb ist es jedoch sachgerecht, nicht darauf abzustellen, ob Provisionsansprüche gemäß § 87a Abs. 4, § 87c Abs. 1 HG[X.] während des [X.]erechnungszeitraums fällig geworden sind (so aber [X.] 28. November 1984 - 5 [X.] - zu II 2 b der Gründe, [X.]E 47, 261; 8. September 1978 - 3 [X.] - zu III der Gründe, [X.] MuSchG 1968 § 11 Nr. 8 = [X.]; [X.] und [X.] in [X.]/[X.]ieresborn MuSchG Stand Dezember 2011 § 11 Rn. 13, § 13 Rn. 60, 61; [X.]/Zipperer/[X.]/[X.]/[X.] 9. Aufl. § 200 [X.] Rn. 35 ). Entscheidend ist vielmehr, ob ein Provisionsanspruch in dem [X.]erechnungszeitraum dadurch nach § 87 Abs. 1 Satz 1 HG[X.] aufschiebend bedingt (vgl. § 87a Abs. 1 Satz 1 HG[X.]) entstanden ist, dass es aufgrund der Tätigkeit der Arbeitnehmerin zu einem Geschäftsabschluss gekommen ist ([X.]/[X.] MuSchG/[X.]EEG 8. Aufl. § 11 MuSchG Rn. 94). In diesem [X.]punkt ist die Provisionsforderung nach Grund und [X.]erechnungsfuß festgelegt (vgl. [X.]GH 21. Oktober 2009 - [X.]/07 - Rn. 14, NJW 2010, 298). Durch das Heranrücken des [X.]erechnungszeitraums an den [X.]eginn der Schutzfrist wird erreicht, dass der Durchschnittsverdienst eine möglichst wirklichkeitsnahe und daher den tatsächlichen Verhältnissen gerecht werdende Verdienstbetrachtung abbildet. Eine Verlagerung der für den Verdienstausfall maßgebenden Umstände soll gerade nicht erfolgen (vgl. [X.] 8. September 1978 - 3 [X.] - zu II 2 der Gründe, aaO).

Hiergegen lässt sich zum einen nicht einwenden, dass der Provisionsanspruch zwar mit dem Abschluss des Geschäfts entstehe, gemäß § 87a Abs. 2 HG[X.] jedoch wieder entfalle, wenn feststeht, dass der Dritte nicht leistet (so [X.]/MuSchG/[X.]EEG/[X.] 2. Aufl. § 11 MuSchG Rn. 37; [X.]. § 11 Rn. 12). Dabei wird unberücksichtigt gelassen, dass auch ein fälliger Provisionsanspruch wieder entfallen kann und sogar bereits empfangene [X.]eträge nach § 87a Abs. 2 HG[X.] zurück zu gewähren sind, wenn feststeht, dass der Vertragspartner des Arbeitgebers nicht leistet. Zum anderen steht der [X.]erücksichtigung im [X.]erechnungszeitraum verdienter Provisionen nicht entgegen, dass Provisionen im [X.]erechnungszeitraum durch einen Geschäftsabschluss entstanden sein können, deshalb bei der [X.]erechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld zu berücksichtigen und zugleich neben diesem zur Auszahlung zu bringen sind. Diese zusätzlich zu zahlenden Provisionen beruhen dann auf vor dem [X.]eginn der Schutzfristen geschlossenen Geschäften, während der Zuschuss als Ausgleich für während der Schutzfristen entgangene Geschäftsabschlüsse dient (vgl. [X.] 11. April 2000 - 9 [X.] - zu I 3 b der Gründe, [X.] [X.]UrlG § 11 Nr. 48 = EzA [X.]UrlG § 11 Nr. 45; Toews D[X.] 1966, 981 jeweils zur [X.]emessung des [X.]). Soweit den Urteilen des [X.]undesarbeitsgerichts vom 8. September 1978 (- 3 [X.] - [X.] MuSchG 1968 § 11 Nr. 8 = [X.]) und vom 28. November 1984 (- 5 [X.] - zu II 2 b der Gründe, [X.]E 47, 261) etwas anderes entnommen werden könnte, wird daran nicht festgehalten.

bb) Ein Entgelt, das für längerfristige Perioden als einen Kalendermonat zugesagt worden ist, wird in den einzelnen Monaten des [X.]ezugszeitraums anteilig verdient. Kennzeichnend für eine solche Regelung ist die Einbindung in das vertragliche [X.] und die Zahlung eines anteiligen [X.]etrags proratatemporis im Falle des vorzeitigen Ausscheidens und des unterjährigen Eintritts ( vgl. [X.] 7. Juni 2011 - 1 [X.] 807/09 - Rn. 42, [X.] 2011, 1234; 21. April 2010 - 10 [X.] 178/09 - Rn. 14 mwN, [X.] TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 45). [X.] sich Leistungszeitraum und [X.]erechnungszeitraum gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 MuSchG, ist das Entgelt proratatemporis in den Durchschnittsverdienst für die Ermittlung des Zuschusses einzustellen (vgl. [X.]/Zipperer/[X.]/ [X.]/[X.] 9. Aufl. § 200 [X.] Rn. 37).

e) Nach diesen Grundsätzen hat die Arbeitgeberin im Streitfall den der Klägerin zustehenden Zuschuss zum Mutterschaftsgeld mit 175,37 Euro kalendertäglich nicht zu niedrig angesetzt. Der Nettobetrag, der sich aus der im Januar 2008 für Dezember 2007 abgerechneten Provision von 30.378,33 Euro brutto ergibt, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, jedenfalls nicht vollständig, zu berücksichtigen. Es kann im Streitfall dahinstehen, ob mit dieser erfolgsabhängigen Vergütung die in einem bestimmten [X.]ezugszeitraum jeweils monatlich anteilig erbrachte Leistung entgolten werden sollte, wie die [X.]eklagte annimmt, oder ob der Anspruch wie bei echten Provisionen bereits mit Ausführung des provisionspflichtigen Geschäfts verdient war. Denn auch wenn man letzteres annimmt, war die Provision bereits im November 2007 und damit vor [X.]eginn des [X.]erechnungszeitraums verdient und deshalb nicht mehr berücksichtigungsfähig. Stellte die Provision gemäß der Entgeltabrechnung „[X.]“ lediglich ein Entgelt für einen mehrmonatigen Leistungszeitraum dar, war sie nur mit dem auf den [X.]erechnungszeitraum entfallenen Anteil anzusetzen.

aa) Das [X.] hat festgestellt, dass die für die Monate Dezember 2007 bis Februar 2008 an die Klägerin gezahlte [X.]ruttovergütung aus dem Grundgehalt, der sog. Garantieprovision gemäß Ziff. 1 des Sideletters, einer Provision nach Ziff. 2 des Sideletters sowie einer Provision gemäß der [X.]V [X.]usiness Sales bestand. Die Arbeitgeberin hat für alle drei Monate des [X.]erechnungszeitraums das Grundgehalt der Klägerin mit 3.350,00 Euro brutto (Dezember 2007) bzw. 3.417,00 Euro brutto (Januar und Februar 2008) sowie für Dezember 2007 die sog. Garantieprovision mit 2.233,33 Euro brutto (100 % des variablen Gehaltsbestandteils, der sich nach § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags seinerseits auf 40 % des [X.] von monatlich 5.583,33 Euro brutto belief) zutreffend in voller Höhe in Ansatz gebracht.

bb) Die verbleibende Schlussprovision iHv. [X.] Euro brutto (30.378,33 Euro brutto - 2.233,33 Euro brutto) bleibt zunächst nicht schon nach § 14 Abs. 1 Satz 4 MuSchG außer [X.]etracht, weil es sich bei ihr um einmalig gezahltes Entgelt iSv. § 23a Abs. 1 SG[X.] IV handelte. Unabhängig davon, ob sie in „isolierter“ Anwendung der Regelungen in Ziff. 1 und Ziff. 2 des Sideletters oder nach § 12 [X.]V [X.]usiness Sales gezahlt wurde, belohnte die Schlussprovision die Abschlusserfolge in einzelnen, nur gemeinsam „schlussabgerechneten“ Entgeltabrechnungszeiträumen (Kalendermonate). Grundlage der zehnmonatlichen oder halbjährlichen Schlussabrechnung waren die von der Klägerin in ihren Anwesenheitszeiten angebahnten Geschäfte (vgl. [X.] 11. April 2000 - 9 [X.] - zu I 3 a der Gründe, [X.] [X.]UrlG § 11 Nr. 48 = EzA [X.]UrlG § 11 Nr. 45; 24. November 1992 - 9 [X.] 564/91 - zu II 2 a der Gründe, [X.] [X.]UrlG § 11 Nr. 34 = EzA [X.]UrlG § 11 Nr. 33 jeweils zu § 11 [X.]UrlG).

cc) Die für die Tatsachen, aus denen sich der Anspruch auf einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach Grund und Höhe ergibt, darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nicht dargetan, dass die von der Arbeitgeberin für Dezember 2007 abgerechnete Provision dem [X.]erechnungszeitraum dadurch zuzurechnen war, dass der Anspruch auf sie in diesem entstand. Die Klägerin hat lediglich vorgetragen, dass sie im November 2007 im Rahmen eines gemäß Ziff. 2 des Sideletters zu verprovisionierenden „[X.]“ einen „Umsatz“ iHv. 747.776,10 Euro erzielt habe, und hieraus einen Provisionsanspruch iHv. 33.500,00 Euro errechnet. Selbst wenn man dem folgen wollte und es sich bei der vereinbarten erfolgsabhängigen Vergütung um eine Provision iSd. §§ 87 ff. HG[X.] handeln würde, hat die Klägerin damit nicht nur nicht vorgetragen, dass sie im Dezember 2007 noch Aufträge iSv. Ziff. 2 des Sideletters „hereingeholt“ habe, sondern zugleich, dass sie im Dezember 2007 überhaupt keine Provisionsansprüche mehr verdienen konnte, weil sie die Kappungsgrenze bereits im November 2007 überschritten hatte.

Entstand der Anspruch auf die erfolgsabhängige Vergütung nach Maßgabe der [X.]etriebsvereinbarung über Grundregelungen der Provision im [X.]ereich „[X.]usiness Sales“ jeweils mit Ablauf des monatlichen Leistungszeitraums, hat die [X.]eklagte die Vergütung korrekt anteilig berücksichtigt.

f) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf volle [X.]erücksichtigung aller im [X.]erechnungszeitraum gezahlten Provisionen aufgrund einer entsprechenden betrieblichen Übung. Es kann dahinstehen, ob ein Anspruch auf [X.]erücksichtigung im [X.]erechnungszeitraum gezahlter Provisionen zur [X.]erechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld überhaupt ein kollektiver Tatbestand und damit einer betrieblichen Übung zugänglich ist. Jedenfalls hat selbst die Klägerin nicht angenommen, ihre Arbeitgeberin habe seinerzeit den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nicht bloß aufgrund einer - und sei es nur vermeintlichen - Rechtspflicht erbringen, sondern einen teilweise „übergesetzlichen“ Anspruch begründen wollen. Im Gegenteil: Die Klägerin geht noch im vorliegenden Rechtsstreit davon aus, die Arbeitgeberin habe damals nur die gesetzlichen Vorgaben umgesetzt. Unter diesen Umständen war für die Entstehung einer betrieblichen Übung kein Raum.

II. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz.

1. Für einen Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 [X.]G[X.] ist erforderlich, dass die Kündigung durch ein vertragswidriges Verhalten des anderen Teils veranlasst worden ist. Dabei muss das für den Schadensersatz erforderliche „Auflösungsverschulden“ des Vertragspartners das Gewicht eines wichtigen Grundes iSv. § 626 [X.]G[X.] haben ([X.] 26. Juli 2001 - 8 [X.] 739/00 - zu [X.] II 2 der Gründe, [X.]E 98, 275; 20. November 2003 - 8 [X.] 608/02 - zu II 2 a der Gründe, EzA [X.]G[X.] 2002 § 628 Nr. 3).

2. Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung nicht bestand. Dies gölte selbst dann, wenn die [X.]eklagte den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld fehlerhaft berechnet hätte. Denn der Klägerin wäre die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist nach § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags von drei Monaten zum Ende eines Quartals zumutbar gewesen. Die [X.]eklagte hatte an die Klägerin einen kalendertäglichen Satz von 175,37 Euro netto gezahlt, also einen durchaus nennenswerten [X.]etrag, der der Sicherung lebensnotwendiger Grundbedürfnisse genügen sollte. Zudem resultierte der Streit aus einem abgeschlossenen Lebenssachverhalt, für den eine „Wiederholungsgefahr“ nicht ersichtlich und ein „klärendes“ Klageverfahren bereits eingeleitet war. Angesichts der noch nicht abschließend geklärten Rechtslage durfte sich die Arbeitgeberin vertretbar auf ihre Rechtsposition berufen. Damit handelte sie trotz der erfolgten Abmahnung weder willkürlich noch hartnäckig (vgl. [X.] 26. Juli 2001 - 8 [X.] 739/00 - zu [X.] II 3 c bb der Gründe, [X.]E 98, 275).

III. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    [X.]iebl    

        

        

        

    Hromadka    

        

    Dittrich    

                 

Meta

5 AZR 439/10

14.12.2011

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 28. Mai 2009, Az: 29 Ca 558/08, Urteil

§ 14 Abs 1 MuSchG, § 11 Abs 1 MuSchG, § 200 RVO, § 628 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.12.2011, Az. 5 AZR 439/10 (REWIS RS 2011, 408)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 408

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

11 Sa 570/22

IX ZR 298/19

IX ZR 298/19

18 Ca 3348/20

10 Sa 629/13

Zitiert

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