Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.02.2014, Az. V ZB 116/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7659

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF
BES[X.]HLUSS
V [X.]
vom

20. Februar
2014

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 745 Abs. 1; [X.] § 15 Abs. 1, § 43 Nr. 1
Steht eine Doppelstockgarage in einer Wohnungseigentumsanlage im Bruchteils-sondereigentum mehrerer Personen, können die [X.] die Nut-zung der einzelnen Stellplätze gemäß § 745 Abs. 1, §
1010 [X.] regeln; zulässig ist aber auch eine Zuweisung der Stellplätze mittels [X.] durch Vereinbarung aller Wohnungs-
und Teileigentümer gemäß §
15 Abs. 1 [X.].
Streitigkeiten zwischen Bruchteilssondereigentümern über die Benutzung der Stellplätze sind unabhängig von der Rechtsgrundlage der Benutzungsregelung stets [X.]n im Sinne von § 43 Nr. 1 [X.].

[X.], Beschluss vom 20. Februar 2014 -
V [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2 -

Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 20. Februar 2014 durch
die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
Lemke und Dr.
Roth und die Richterinnen
Dr.
Brückner
und
Weinland

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 7.
Zivilkammer des [X.] vom 4. Juli 2013 auf-gehoben.
Die Sache wird zur erneuten
Entscheidung an das Berufungsge-richt zurückverwiesen, das auch über die Kosten des [X.] zu entscheiden hat.

Gründe:
A.
Die Parteien sind Miteigentümer des Sondereigentums an einem Dop-pelparker in einer Wohnungseigentumsanlage. Die Beklagten nutzen den obe-ren Stellplatz. Die Klägerin nutzt -
wie
zuvor
ihre
Rechtsvorgängerin -
den unte-ren
Stellplatz; sie will eine monatlich wechselnde Nutzungsregelung hinsichtlich der beiden Stellplätze erreichen. Der darauf gerichteten Klage
hat
das
Amtsge-richt gestützt auf § 745 Abs.
2 [X.] stattgegeben. Das [X.] hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen.
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-
3 -

B.
Das Berufungsgericht sieht das Landgericht [X.]furt am Main als das gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 GVG zuständige Gericht an. Es handele sich um ei-ne [X.] gemäß § 43 Nr. 1 [X.]. Denn zwischen sämtli-chen Wohnungseigentümern liege eine [X.] im Sinne des §
15 [X.] vor, nach der der
Klägerin der
untere und den
Beklagten der obere
Stell-platz zugewiesen sei. Dies ergebe sich aus einer Mitteilung des Verwalters, die als Beschluss der Wohnungseigentümer gemäß § 15 [X.] anzusehen sei und die Streitigkeit in der
zwischen den Parteien bestehenden
Bruchteilsgemein-schaft überlagere.

[X.].
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
[X.] Sie ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Ein Zulassungsgrund ist gegeben, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von § 574 Abs.
2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO eine Entscheidung des [X.] erfordert. Das Berufungsgericht hat den Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilpro-zessordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt ihren Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. [X.] 77, 275, 284) und eröffnet die Rechtsbe-schwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (Senat, Beschluss vom 23.
Oktober 2003 -
V [X.], [X.], 367, 368 mwN).
I[X.] Das Rechtsmittel
ist auch in der Sache begründet.
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4 -

1.
Allerdings sieht das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht das Land-gericht [X.]furt am Main als das gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 GVG für [X.] zuständige Berufungsgericht
an.
a) Zu den [X.]n gehören gemäß § 43 Nr. 1 [X.]
unter anderem Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der [X.]
ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander; diese Bestimmung ist weit auszulegen
(Senat, Beschlüsse vom 10. Dezember 2009 -
V [X.], [X.] 2010, 187 Rn.
7 und vom 8. Juli 2010
-
V [X.], NJW 2011, 384 Rn. 7). Ausschlaggebend für die Zuständigkeit des Gerichts ist nicht die jeweilige Rechtsgrundlage, aus der die Ansprüche hergeleitet werden, sondern allein der Umstand, ob das von einem Wohnungs-eigentümer in Anspruch genommene Recht oder die ihn treffende Pflicht in ei-nem inneren Zusammenhang mit einer Angelegenheit steht, die aus dem [X.] erwachsen ist (Senat, Urteil vom 30. Juni 1995 -
V [X.], [X.], 159, 165).

b) Daran gemessen
ist der Rechtsstreit als [X.] im Sinne von §
43 Nr. 1 [X.] einzuordnen.
aa) Streitigkeiten, die
die
internen Rechtsbeziehungen von Bruchteils-sondereigentümern betreffen, sind allerdings im Grundsatz keine Wohnungsei-gentumssachen (BayObLG, NJW-RR 1995, 588, 589; [X.] in Bärmann, [X.], 12. Aufl., § 43 Rn. 65; Suilmann in [X.], [X.], 3. Aufl., §
43 Rn. 25;
[X.]/[X.], [X.] [2005], §
5 [X.] Rn. 14; [X.], in: [X.], 6. Aufl., § 43 [X.] Rn. 34; [X.]/Then, [X.], 2. Aufl., §
43 Rn. 15; [X.]/[X.]/Abramenko, [X.], 3. Aufl., § 43 Rn. 10). Denn
weder
bilden die [X.] eine Wohnungseigentümergemeinschaft noch sind deren
Binnenbeziehungen
Gegenstand des Gemeinschaftsverhältnisses der [X.]. Maßgeblich ist nicht das Wohnungseigentums-, sondern das 6
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5 -

allgemeine Zivilrecht. Daher
sind die allgemeinen Zivilgerichte zuständig, wenn Wohnungseigentum im Bruchteilseigentum mehrerer Personen steht
und deren Rechtsbeziehungen untereinander Gegenstand eines Rechtsstreits sind.
bb) Eine Ausnahme bilden
jedoch die internen Beziehungen von [X.], in deren Teileigentum eine Doppelstockgarage
(bzw. ein Mehrfachparker) steht.
(1) In dieser Fallgestaltung
kommt die Zuweisung fester Stellplätze an die Miteigentümer auf der Grundlage von Sondernutzungsrechten im Sinne von §
5 Abs. 4 Satz 2 [X.] nicht in Betracht (so aber wohl [X.]/Stöber, [X.], 15. Aufl., Rn. 2836; [X.] in Bärmann, [X.], 12. Aufl., § 13 Rn. 113; Langhein, Notar 2012, 290), weil Sondernutzungsrechte nur an gemeinschaftli-chem Eigentum bestehen können
(vgl. BT-Drucks. 16/887, S.
16). Vielmehr
bedarf es einer internen Nutzungsregelung zwischen den Bruchteilseigentü-mern
(vgl. Senat, Beschluss vom 10. Mai 2012 -
V [X.], NJW-RR 2012, 1157 Rn.
12).
(2) Eine solche auf Dauer angelegte Benutzungsregelung können Bruch-teilseigentümer
gemäß § 745 Abs. 1 [X.] treffen;
in den Grenzen des §
745 Abs. 3 [X.] können sie die Nutzung ihres
Eigentums ganz oder in Teilen einem einzelnen Teilhaber überlassen (vgl. [X.], Hinweisbeschluss vom 20.
Oktober 2008 -
II ZR 246/07, [X.], 1270, 1271
mwN). Gemäß
§
1010 [X.] bedarf eine solche Regelung
allerdings der Eintragung in das Grundbuch, wenn sie auch gegenüber Sondernachfolgern
wirken soll. Nach verbreiteter Ansicht, der das Berufungsgericht folgt,
ist
als weitere Gestaltungsmöglichkeit

eine Ge-brauchsregelung
durch Vereinbarung
aller Wohnungs-
und Teileigentümer ge-mäß
§ 15 Abs. 1 [X.] zulässig ([X.] 1994, 195 ff.; OLG [X.]furt, [X.], 527; [X.], [X.], 232 f.; [X.], [X.] 2011, 419, 420; [X.], [X.], 29.
Aufl., Anhang zu §
3 Rn. 31; [X.] in
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6 -

[X.], [X.], 3. Aufl., §
15 Rn. 64; [X.], [X.] 1994, 512, 513; [X.], Rpfleger 1998, 9, 12 f.; v. Oefele, [X.] 2000, 441 f.; [X.], [X.], 207 f.). Zuständig seien insoweit die Wohnungseigentumsgerichte (so [X.] 1994, 195, 199; OLG [X.]furt, [X.], 527). Andere halten derartige
[X.]en
für unzulässig ([X.]/[X.], [X.], 73.
Aufl., § 15 [X.] Rn.
1; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, [X.], 10. Aufl., §
15 Rn. 1; Hügel, [X.], 766 ff.; [X.], Rpfleger 1997, 416 ff.; [X.], Rpfleger 2001, 169
ff.).

(3) Der Senat sieht
die -
seit geraumer Zeit üblichen
und von den Grund-buchämtern gebilligten
-
[X.]en gemäß § 15 Abs. 1 [X.], die die Benutzung von [X.] betreffen, als
zulässig
an. Dagegen spricht allerdings, dass die Binnenbeziehung
von [X.]n
-
wie ausge-führt -
im Grundsatz keinen Gemeinschaftsbezug aufweist. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Eigentümer von [X.] -
anders als [X.] von Wohnungseigentum -
typischerweise nicht in
einer persönlichen Verbindung zueinander stehen, sondern eine zufällige Gemeinschaft bilden. Dauerhafte und klare Nutzungsregelungen, die eine Einigung der [X.] untereinander entbehrlich machen, dienen daher dem [X.]; hierin ist ein noch ausreichender
Gemeinschaftsbezug zu sehen ([X.]/[X.]/Abramenko, [X.], 3. Aufl., § 15 Rn. 8). Weil sowohl eine [X.] nach §
745 [X.] als auch eine [X.] nach §
15 Abs.
1 [X.] zulässig ist, kann dahinstehen, ob
und ggf. welche Vor-
und Nachteile diese [X.] jeweils aufweisen.
(4) Für die Einordnung des Rechtsstreits als [X.] gemäß § 43 Nr. 1 [X.] ist es unerheblich, ob die Feststellungen tatsächlich den Schluss erlauben, dass hier eine [X.] gemäß § 15 Abs. 1 [X.] besteht
oder ob vielmehr -
wie das Amtsgericht gemeint hat -
eine Benut-13
14
-
7 -

zungsregelung gemäß § 745 Abs. 2 [X.] zu treffen ist. Denn die Zuständigkeit des Zivil-
oder des Wohnungseigentumsgerichts
darf aus Gründen der [X.] nicht von der konkreten Ausgestaltung der Benutzungsregelung abhängen. Andernfalls würde
der Rechtsschutz erschwert, wenn -
wie hier -
das Gericht erster Instanz eine Benutzungsregelung gemäß § 745 Abs. 2 [X.] trifft, während das Berufungsgericht von dem Vorliegen einer [X.] gemäß § 15 [X.] ausgeht und infolgedessen die Wohnungseigentumsgerichte für zuständig hält.
2.
Obwohl nach alledem das Landgericht [X.]furt am Main zuständiges Berufungsgericht ist, hat die Verwerfung der Berufung als unzulässig den [X.] auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verletzt.
Denn
nach der Rechtsprechung des Senats kann die Berufungsfrist in [X.] auch durch Anrufung des funktionell unzuständigen Berufungsge-richts gewahrt und der Rechtsstreit entsprechend §
281 ZPO an das zuständige Gericht verwiesen werden. So verhält es sich, wenn die Frage, ob eine Streitig-keit im Sinne von § 43 Nr. 1 bis 4 und Nr. 6 [X.] vorliegt, für bestimmte Fall-gruppen noch nicht höchstrichterlich geklärt ist und man über deren Beantwor-tung -
wie hier -
mit guten Gründen unterschiedlicher Auffassung sein kann (nä-her
Senat, Beschluss vom 10. Dezember 2009 -
V [X.], [X.] 2010, 187
Rn. 9
ff.). Aus diesem Grund
hätte das Berufungsgericht gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO darauf hinwirken müssen, dass die Beklagten einen Antrag auf Verweisung an das zuständige Landgericht [X.]furt am Main in entsprechen-der Anwendung von
§
281 ZPO stellen.

15
-
8 -

D.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass nach
den bis-lang getroffenen Feststellungen keine [X.] der Wohnungseigen-tümer gemäß § 15 Abs. 1 [X.] besteht, die
die Klägerin binden
könnte.
Dass diese
an einer solchen Vereinbarung mitgewirkt hätte, ist nicht ersichtlich. Eine Vereinbarung ist auch nicht im Grundbuch eingetragen
(vgl. § 10 Abs. 3 [X.]). Dass die Wohnungseigentümer einen Mehrheitsbeschluss gemäß § 15 Abs. 2 [X.] gefasst hätten, stellt das Berufungsgericht schon nicht fest; es verweist lediglich auf eine Aufstellung des Verwalters über die Nutzung der Stellplätze, die offenkundig keinen Beschluss der Wohnungseigentümer wiedergibt.
Jeden-falls fehlte
es an der
erforderlichen
Beschlusskompetenz. Denn nach der Rechtsprechung des Senats kann ein
Sondernutzungsrecht am gemeinschaftli-chen Eigentum nur durch Vereinbarung und nicht durch Mehrheitsbeschluss eingeräumt werden
(Senat, Beschluss vom 20. September 2000 -
V [X.], [X.]Z 145, 158, 162 ff.). Nichts anderes gilt für die hier zu beurteilenden Ge-brauchsregelungen, weil auch sie -
in den Auswirkungen vergleichbar -
mit ei-nem Ausschluss vom Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Teileigentums ein-

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-
9 -

hergehen und deshalb keine Konkretisierung des Gebrauchs im Sinne von §
15
Abs. 2 [X.] betreffen (vgl. zu diesem Aspekt Senat, Beschluss vom 20. Sep-tember 2000 -
V [X.], [X.]Z 145, 158, 167).
Stresemann
Lemke
Roth

Brückner
Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.03.2013 -
92 [X.] 1007/12 (13) -

LG [X.], Entscheidung vom 04.07.2013 -
7 [X.] -

Meta

V ZB 116/13

20.02.2014

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.02.2014, Az. V ZB 116/13 (REWIS RS 2014, 7659)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7659

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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