Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2016, Az. 4 StR 134/15

4. Strafsenat | REWIS RS 2016, 15123

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:030316B4STR134.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 134/15

vom
3. März
2016
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

wegen Betruges

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung der Beschwerde-führer und des [X.] am 3.
März 2016 gemäß §
349 Abs.
2 und 4, §
354 Abs.
1 StPO analog beschlossen:

1.
Auf die Revisionen der Angeklagten O.

und L.

wird das Urteil des [X.] vom 4.
Dezember 2014 geändert, soweit es diese Angeklagten betrifft,
a)
im Schuldspruch dahin, dass diese Angeklagten jeweils des Betruges in 25 tateinheitlichen Fällen schuldig sind;
b)
im Strafausspruch dahin, dass beide Angeklagte unter Wegfall der gegen sie verhängten Einzelstrafen zu Frei-heitsstrafen verurteilt sind, der Angeklagte O.

zu
einer solchen von drei Jahren und neun Monaten, der An-geklagte L.

zu einer solchen von drei Jahren und
drei Monaten.
2.
Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten O.

und L.

sowie die Revision des Angeklagten K.

gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen.
3.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten des gemeinschaftlichen Betruges in 25
Fällen schuldig gesprochen. Die Angeklagten K.

und O.

hat es
jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren und neun Monaten verurteilt, den Angeklagten L.

zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren
und drei Monaten. Gegen ihre Verurteilungen wenden sich die Angeklagten [X.] mit der Sachrüge; die Angeklagten K.

und L.

beanstanden
zudem die Verletzung formellen Rechts.
Die Revisionen der Angeklagten O.

und L.

führen zu der
aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung der Schuld-
und [X.]; die weiter gehenden Rechtsmittel dieser Angeklagten sind

[X.] wie die Revision des Angeklagten K.

insgesamt

erfolglos (§
349
Abs.
2 StPO).
I.
Zu den Revisionen der Angeklagten O.

und L.

1.
Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht näher ausgeführt und daher unzulässig (§
344 Abs.
2 Satz
2 StPO).
2.
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der von den Angeklagten erhobenen Sachrüge hat lediglich hinsichtlich des vom Land-
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gericht
angenommenen [X.] der 25 festgestellten Taten des Betruges (§
263 Abs.
1 StGB) einen Rechtsfehler zum Nachteil der Ange-klagten ergeben.
a)
Das [X.] hat hierzu im Wesentlichen Folgendes festgestellt:
Die Angeklagten waren Geschäftsführer der O.

Verwaltungs-
gesellschaft mbH, der Angeklagte O.

zudem auch deren Alleingesell-
schafter. Die O.

Verwaltungsgesellschaft mbH war ihrerseits persönlich
haftende Gesellschafterin der S.

GmbH & Co. KG, eines Unterneh-
mens der Lebensmittelbranche, deren Kommanditist der Angeklagte O.

war. Die S.

GmbH & Co. KG hatte mit der [X.]

GmbH einen
Factoring-Vertrag geschlossen, wonach fällige Forderungen bis zu einem An-kaufslimit von dieser aufgekauft und im Übrigen treuhänderisch von ihr zum Einzug übernommen wurden. Dies wurde technisch dergestalt umgesetzt, dass Mitarbeiter der S.

GmbH & Co. KG die betreffenden Rechnungen in
ein Netzwerk einstellten, auf welches auch die [X.]

GmbH Zugriff hat-
te. Diese ermittelte werktäglich eine Gesamtforderungssumme und berechnete
unter Berücksichtigung einer Factoring-Gebühr und eines [X.] eine Auszahlungssumme, die jeweils nach Prüfung durch Mitarbeiter
der [X.]

GmbH an die S.

GmbH & Co. KG überwiesen wurde.
Nachdem aufgrund von Umsatzrückgängen die Insolvenz der [X.] drohte, beschlossen die drei Angeklagten einvernehmlich, zusätz-lich auch Scheinrechnungen einzureichen, um so Liquidität zu generieren. In der Folge wurden zwischen Juni und September 2013 insgesamt 90
Schein-rechnungen über einen Gesamtbetrag von 6.775.723,02
Euro bei der [X.]

GmbH eingereicht. Diese wurden von einer Finanzbuchhalterin dem

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5
-
gemeinsamen [X.] entsprechend jeweils auf Anweisung des Angeklagten
K.

verfasst und in das Netzwerk eingestellt. Die [X.]

GmbH kaufte
auch diese vermeintlichen Forderungen an, übernahm die jeweiligen Rech-nungssummen und schrieb sie dem Verrechnungskonto gut. Auf diese Weise wurden im Tatzeitraum an insgesamt 25
Tagen jeweils eine oder mehrere Scheinrechnungen eingereicht und von der [X.]

GmbH angekauft, die
daraufhin mindestens 6.004.878,46
Euro rechtsgrundlos an die S.

GmbH & Co. KG auszahlte. Die Angeklagten L.

und O.

wurden
durch den Angeklagten K.

durch sog. Reportings und in persönlichen Ge-
sprächen laufend über die Unternehmensentwicklung unterrichtet. Danach war den Angeklagten L.

und O.

die Höhe der eingebuchten Schein-
rechnungen

wenn auch nicht nach tagesaktuellem Stand, so jedenfalls der Größenordnung nach

bewusst.
Das [X.] ist von Mittäterschaft im Sinne des §
25 Abs.
2 StGB ausgegangen, hat die
Voraussetzungen eines sog. uneinheitlichen Organisati-onsdelikts mit der Folge einer einzigen materiell-rechtlichen Tat jedoch für alle drei Angeklagten verneint.
b)
Diese rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen zwar entge-gen der Auffassung der Beschwerdeführer die Annahme des [X.]s, die Angeklagten O.

und L.

seien als Mittäter (§
25 Abs.
2 StGB)
der Betrugstaten anzusehen. Denn es ist den Urteilsgründen jedenfalls in ihrem Gesamtzusammenhang zu entnehmen, dass alle drei Angeklagten nicht nur aufgrund des gemeinsamen Tatentschlusses und ihrer gleichberechtigten Stel-lung sämtlich Tatherrschaft innehatten und die Taten als eigene wollten, son-dern dass sie als Geschäftsführer, der Angeklagte O.

außerdem als
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Alleingesellschafter der O.

Verwaltungsgesellschaft mbH, auch ein er-
hebliches Eigeninteresse hatten.
c)
Hingegen hält bei den Angeklagten O.

und L.

die An-
nahme von Tatmehrheit (§
53 Abs.
1 StGB) in den vom [X.] festgestell-ten 25
Einzelfällen rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der [X.] ändert die Schuldsprüche entsprechend ab.
aa)
Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] be-stimmt sich die Zahl der rechtlich selbständigen Handlungen im Sinne von §
53 Abs.
1 StGB bei Zusammenarbeit mehrerer Beteiligter im Rahmen einer Tat-serie für jeden Täter regelmäßig nach der Zahl seiner eigenen Handlungen zur Verwirklichung der Einzeldelikte. Wirkt ein Täter an einzelnen Taten selbst nicht unmittelbar mit, sondern erschöpfen sich seine [X.] hierzu im Aufbau -

sind diese Tathandlungen als

uneigentliches

Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat zusammenzufassen (st. Rspr.;
vgl. [X.], Beschlüsse vom 29.
Juli 2009

2
StR
160/09, [X.], 363, vom 14.
November 2012

3
StR
403/12, [X.], 386, 387, und vom 23.
Mai 2013

2
StR
555/12, [X.], 389
f.). Ohne Bedeutung ist dabei, ob Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben ([X.], Beschluss vom 18.
Oktober 2011

4
StR
346/11, [X.], 67, 68; Urteil vom 17.
Juni 2004

3
StR
344/03, NJW 2004, 2840, 2841, jeweils mwN).
bb)
Gemessen daran liegt bei den Angeklagten L.

und O.

jeweils nur eine Tat des Betruges in 25 tateinheitlichen Fällen vor.

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-
7
-
Die Urteilsgründe belegen keine individuellen, die einzelnen Taten der Betrugsserie fördernden [X.] der Angeklagten O.

und L.

. Vielmehr beschränkten sich die [X.] dieser beiden Angeklagten
auf die Mitwirkung an der Entwicklung des gemeinsamen [X.]s, der [X.], sowie darauf, dass sie die aufgrund dieses [X.]s durch den Angeklagten K.

im Einzelnen veranlasste Einreichung von
Scheinrechnungen als gleichberechtigte Geschäftsführer mittrugen. Zusätzlich wurden sie über den Fortgang der Einreichung der Scheinrechnungen [X.] in den wesentlichen Grundzügen laufend vom Angeklagten K.

infor-
miert.
d)
Der [X.] ändert die Schuldsprüche in entsprechender Anwendung von
§
354 Abs.
1 StPO ab. Es ist auszuschließen, dass in einer neuen [X.] noch Feststellungen getroffen werden, die eine andere [X.] Beurteilung tragen könnten. §
265 StPO steht dem nicht entge-gen, da nicht anzunehmen ist, dass sich die geständigen Angeklagten wirksa-mer als geschehen verteidigt hätten.
Die Annahme von Gewerbs-
und Bandenmäßigkeit wird durch die Ände-rung des [X.] nicht berührt (vgl. [X.], Urteil vom
17.
Juni 2004

3
StR
344/03, [X.]St 49, 177, 182
ff., 187
f.). Dass der Angeklagte
K.

als Mittäter die einzelnen Taten tatmehrheitlich begangen hat, ist ohne
Bedeutung ([X.], Urteil vom 17.
Juni 2004 aaO; vgl. auch [X.], Beschluss vom 9.
Januar 2008

5
StR
572/07, [X.], 181, 182).
3.
Die Änderung der Schuldsprüche hat zwar zur Folge, dass die ver-hängten Einzelstrafen entfallen. Der [X.] lässt jedoch die bisherigen Gesamt-strafen als Einzelstrafen bestehen. Die Schuldspruchänderung berührt den
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-
Unrechts-
und Schuldgehalt der Taten nicht. Der [X.] kann angesichts der [X.] ausschließen, dass das [X.] bei zutref-fender Beurteilung des [X.] auf niedrigere Strafen erkannt hätte.
II.
Zur Revision des Angeklagten K.
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der vom Angeklagten K.

er-
hobenen Sachrüge hat keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler ergeben.
1.
Insbesondere wird die Annahme von 25 rechtlich selbständigen [X.] von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen, wo-nach der Angeklagte in jedem dieser Fälle den aktuellen Finanzbedarf der
Unternehmensgruppe ermittelte und die ihm unterstellte Finanzbuchhalterin sodann anwies, tatplangemäß eine entsprechende Scheinrechnung zu erstel-len.
2.
Wegen der weiteren sachlich-rechtlichen Beanstandungen verweist der [X.] ergänzend auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundes-anwalts in seiner Antragsschrift vom 16.
Oktober 2015.
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-
9
-
III.
Im Hinblick auf den
nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbil-lig, auch die Angeklagten L.

und O.

mit den gesamten durch
ihre Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen zu belasten (§
473 Abs.
1 und 4 StPO).
Sost-Scheible
Roggenbuck
Franke

Mutzbauer
Quentin
22

Meta

4 StR 134/15

03.03.2016

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2016, Az. 4 StR 134/15 (REWIS RS 2016, 15123)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15123

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