Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.02.2018, Az. 7 AZR 587/16

7. Senat | REWIS RS 2018, 13583

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Gegenstand

Freigestelltes Betriebsratsmitglied - Vergütungsanpassung


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. April 2016 - 11 [X.] 1249/15 - aufgehoben.

Die [X.]che wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

2

Der Kläger ist Vorsitzender des im Betrieb der Beklagten gebildeten Betriebsrats und seit dem 1. Juli 2000 nach § 38 [X.] von der Arbeitsleistung freigestellt.

3

Bis zum [X.] wurde das Gehalt von Betriebsratsmitgliedern von der Beklagten nach § 37 Abs. 4 [X.] jährlich an den Durchschnittswert der Gehaltssteigerungen von drei einvernehmlich bestimmten [X.] angepasst. Dieses Verfahren änderte die Beklagte im [X.] dergestalt, dass eine Anpassung des Gehalts des Betriebsratsmitglieds nur erfolgt, wenn die Mehrzahl der [X.] eine Gehaltssteigerung erhält. Bei einer der Höhe nach unterschiedlichen Gehaltssteigerung der Mehrheit der [X.] erfolgt nunmehr die Anpassung in Höhe des [X.] der begünstigten [X.].

4

Zur Ermittlung des Anpassungsbedarfs beim Arbeitsentgelt des Klägers wurden von den Parteien als [X.] einvernehmlich Frau H, [X.] und [X.] bestimmt. Die drei [X.] bezogen - ebenso wie der Kläger - am 1. Januar 2014 ein übertarifliches Gehalt. [X.] wurde bis 2013 tariflich nach der höchsten Tarifgruppe VIII vergütet und rückte erst dann in den außertariflichen Bereich (sog. [X.]) auf. Der Kläger und die beiden anderen [X.] wurden seit Juli 2000 durchgehend übertariflich vergütet. Den [X.] und dem Kläger wurden in der [X.] zwischen Juli 2000 und dem 1. Januar 2014 regelmäßig anlässlich von Tariferhöhungen Gehaltssteigerungen gewährt, daneben erfolgten auch unregelmäßige individuelle Gehaltserhöhungen.

5

Der Kläger hat im Berufungsverfahren zuletzt die Erhöhung seiner Vergütung ab dem 1. Januar 2014 um 70,95 Euro brutto monatlich geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die von der Beklagten zuletzt geübte Praxis entspreche nicht den Vorgaben des § 37 Abs. 4 [X.]. Da die Vergleichsgruppe nur aus drei Personen bestehe, müsse die durchschnittliche Gehaltsentwicklung aller drei Personen im gesamten [X.]raum seiner Betriebsratstätigkeit ab Juli 2000 bis zum 1. Januar 2014 an ihn weitergegeben werden. Die durchschnittliche Gehaltssteigerung der [X.] betrage nach der Auskunft der Beklagten bei Berücksichtigung allein der außerhalb von Tariferhöhungen gewährten Gehaltssteigerungen zwischen Juli 2000 und Januar 2014 739,95 Euro. Dahinter bleibe die ihm in diesem [X.]raum gewährte Erhöhung bei den außertariflichen Gehaltsrunden von 669,00 Euro um 70,95 Euro zurück.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm rückwirkend ab dem 1. Januar 2014 eine um 70,95 Euro brutto erhöhte monatliche Vergütung zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat den Standpunkt eingenommen, zur Berechnung der Anpassung der Vergütung des Klägers nach § 37 Abs. 4 [X.] sei nicht auf die durchschnittliche Vergütungserhöhung der [X.] im gesamten [X.]raum der [X.] abzustellen. Vielmehr seien die den vergleichbaren Arbeitnehmern gewährten Gehaltserhöhungen nur dann an das Betriebsratsmitglied weiterzugeben, wenn der Mehrheit der [X.] in einem Jahr eine Erhöhung gewährt worden sei. Allerdings sei in regelmäßigen Abständen eine „normative Ergebniskontrolle“ erforderlich, um zu verhindern, dass das Betriebsratsmitglied stets leer ausgehe, wenn in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren jeweils eine andere Vergleichsperson im Rotationsprinzip eine Gehaltserhöhung erhalte. Vorsorglich hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben und sich auf Verwirkung berufen.

8

Das Arbeitsgericht hat die erstinstanzlich noch auf eine Erhöhung der monatlichen Vergütung des Klägers ab dem 1. Januar 2014 um 33,33 Euro brutto gerichtete Feststellungsklage abgewiesen. Das [X.] hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und dem zuletzt gestellten Antrag stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der [X.]n ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Die Annahme des [X.]s, der Kläger habe Anspruch auf eine [X.] in Höhe von 70,95 [X.] brutto monatlich ab dem 1. Januar 2014, hält mit der gegebenen Begründung einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kann der [X.] nicht abschließend entscheiden, ob die Klage begründet ist.

I. Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass die auf Feststellung der Verpflichtung der [X.]n zur Erhöhung der Vergütung ab dem 1. Januar 2014 gerichtete Klage zulässig ist.

1. Der Klageantrag ist dahin zu verstehen, dass der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der [X.]n begehrt, das am 1. Januar 2014 von ihr gewährte Monatsgehalt zu diesem [X.]punkt um 70,95 [X.] brutto zu erhöhen. Dem Kläger geht es in dem vorliegenden Rechtsstreit nur um den Umfang des Erhöhungsanspruchs zum 1. Januar 2014, nicht aber um spätere etwaige weitere Erhöhungsverpflichtungen aufgrund der weiteren Gehaltsentwicklung der [X.].

2. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Antrag ist auch auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Vorschrift nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. [X.] 17. April 2012 - 3 [X.] - Rn. 16). Vorliegend geht es um die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe der Kläger einen Anspruch auf Anhebung seiner Vergütung zum 1. Januar 2014 aufgrund einer zum 1. Januar 2014 nach § 37 Abs. 4 [X.] bestehenden [X.] hatte und damit um die Klärung des Umfangs der Leistungspflicht der [X.]n. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Die [X.] stellt eine Verpflichtung zur [X.] in Abrede. Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht, da die begehrte Feststellung geeignet ist, den Streit der Parteien über die Durchführung und Berechnung der Gehaltsanpassung nach § 37 Abs. 4 [X.] endgültig beizulegen (vgl. zum Feststellungsinteresse: [X.] 12. Februar 2013 - 3 [X.] - Rn. 13, [X.]E 144, 231; 17. April 2012 - 3 [X.] - Rn. 17; 15. November 2011 - 3 [X.] - Rn. 18).

II. Die Annahme des [X.]s, die [X.] sei nach § 37 Abs. 4 [X.] verpflichtet, die Vergütung des [X.] ab dem 1. Januar 2014 um 70,95 [X.] brutto zu erhöhen, hält mit der gegebenen Begründung einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Nach § 37 Abs. 4 Satz 1 [X.] darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats einschließlich eines [X.]raums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit [X.] beruflicher Entwicklung.

a) § 37 Abs. 4 Satz 1 [X.] soll sicherstellen, dass Mitglieder des Betriebsrats weder in wirtschaftlicher noch in beruflicher Hinsicht gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern mit [X.] beruflicher Entwicklung Nachteile erleiden ([X.] 18. Januar 2017 - 7 [X.] - Rn. 15; 14. Juli 2010 - 7 [X.] - Rn. 30; 16. Januar 2008 - 7 [X.] 887/06 - Rn. 15; 19. Januar 2005 - 7 [X.] 208/04 - zu I 2 a der Gründe). § 37 Abs. 4 [X.] garantiert dem Betriebsratsmitglied allerdings nicht die der Höhe nach absolut gleiche Vergütung, die vergleichbare Arbeitnehmer erhalten. Nach dem Zweck der Vorschrift, das Betriebsratsmitglied vor finanziellen Nachteilen wegen der Ausübung der Betriebsratstätigkeit zu schützen, kommt es vielmehr darauf an, ob die Gehaltsentwicklung des Betriebsratsmitglieds während der Dauer seiner Amtszeit in Relation zu derjenigen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückgeblieben ist ([X.] 18. Januar 2017 - 7 [X.] - aaO; 19. Januar 2005 - 7 [X.] 208/04 - aaO).

b)  Vergleichbar iSv. § 37 Abs. 4 Satz 1 [X.] sind Arbeitnehmer, die im [X.]punkt der Amtsübernahme ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie der Amtsträger und dafür in gleicher Weise wie dieser fachlich und persönlich qualifiziert waren (vgl. [X.] 18. Januar 2017 - 7 [X.] - Rn. 16; 19. Januar 2005 - 7 [X.] 208/04 - zu II 1 der Gründe; 15. Januar 1992 - 7 [X.] 194/91 - zu II 1 a der Gründe; 11. Dezember 1991 - 7 [X.] 75/91 - zu II der Gründe). Üblich ist eine Entwicklung, die vergleichbare Arbeitnehmer bei Berücksichtigung der normalen betrieblichen und personellen Entwicklung in beruflicher Hinsicht genommen haben ([X.] 18. Januar 2017 - 7 [X.] - aaO).

c)  Das Betriebsratsmitglied hat während der Dauer seiner Amtszeit Anspruch auf Gehaltserhöhungen in dem Umfang, in dem die Gehälter vergleichbarer Arbeitnehmer mit [X.] beruflicher Entwicklung erhöht werden. Werden die Vergütungen innerhalb der Vergleichsgruppe um einen bestimmten Prozentsatz angehoben, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf dieselbe prozentuale Erhöhung seines Gehalts ([X.] 18. Januar 2017 - 7 [X.] - Rn. 17). Fallen die Gehaltserhöhungen innerhalb der Vergleichsgruppe unterschiedlich aus, kommt es darauf an, in welchem Umfang die Gehälter der Mehrzahl der der Vergleichsgruppe angehörenden Arbeitnehmer angehoben werden. Handelt es sich um eine sehr kleine Vergleichsgruppe und lässt sich deshalb nicht feststellen, dass die Gehälter der Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer in gleichem Umfang erhöht wurden, kann für den [X.] der Durchschnitt der den Angehörigen der Vergleichsgruppe gewährten Gehaltserhöhungen maßgebend sein, wenn nur auf diese Weise eine nach § 78 Satz 2 [X.] unzulässige Begünstigung oder Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds vermieden werden kann ([X.] 18. Januar 2017 - 7 [X.] - aaO; 19. Januar 2005 - 7 [X.] 208/04 - zu I 2 a der Gründe). [X.]en, auf die das Betriebsratsmitglied vor seiner Amtsübernahme keinen Anspruch hatte oder, wenn es arbeitete, nicht hätte, haben bei der Bemessung seines Arbeitsentgelts nach der Wahl zum Betriebsratsmitglied außer Betracht zu bleiben. Anderenfalls erhielte das freigestellte Betriebsratsmitglied unter Umständen einen mit § 78 Satz 2 [X.] nicht zu vereinbarenden Vorteil gegenüber anderen Arbeitnehmern (vgl. [X.] 18. Januar 2017 - 7 [X.] - Rn. 25; 17. Mai 1977 - 1 [X.] 458/74 - zu 2 der Gründe).

2. Danach hat das [X.] mit einer rechtsfehlerhaften Begründung angenommen, die monatliche Vergütung des [X.] sei ab dem 1. Januar 2014 um 70,95 [X.] brutto anzuheben.

a) Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, die Gehaltsentwicklung des [X.] habe sich an der Gehaltsentwicklung der einvernehmlich als [X.] bestimmten Frau H, [X.] und [X.] zu orientieren. Die Parteien haben diese Arbeitnehmer nach den Feststellungen des [X.]s einvernehmlich als [X.] iSv. § 37 Abs. 4 [X.] bestimmt. Zwar hat das [X.] keine konkreten Feststellungen dazu getroffen, ob die genannten Arbeitnehmer im [X.]punkt der Übernahme des [X.] durch den Kläger ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten wie der Kläger ausgeübt haben, dafür in gleicher Weise wie der Kläger fachlich und persönlich qualifiziert waren und ob diese Arbeitnehmer bei objektiv vergleichbarer Tätigkeit mit vergleichbarer fachlicher und persönlicher Qualifikation bei Berücksichtigung der normalen betrieblichen und personellen Entwicklung in beruflicher Hinsicht eine [X.] Entwicklung genommen haben. Allerdings behauptet der Kläger mit seinem Vorbringen, die genannten Arbeitnehmer seien zwischen den Parteien einvernehmlich festgelegt worden, der Sache nach, die Grundlagen der Vergleichbarkeit nach § 37 Abs. 4 [X.] lägen vor. Dem ist die [X.] mit ihrem pauschalen Vorbringen, die Festlegung sei „wohlwollend erfolgt“, nicht hinreichend konkret entgegengetreten. Die Behauptung des [X.] gilt daher nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.

b) Das [X.] hat allerdings die nach § 37 Abs. 4 [X.] erforderliche Vergleichsberechnung nicht zutreffend vorgenommen und ist daher mit einer rechtsfehlerhaften Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dem Kläger stehe ab 1. Januar 2014 eine um 70,95 [X.] brutto erhöhte Vergütung zu.

aa) Das [X.] hat angenommen, nach § 37 Abs. 4 [X.] sei maßgeblich, ob die Gehaltsentwicklung des [X.] während des gesamten [X.]raums seiner Amtszeit in Relation zu derjenigen der [X.] zurückgeblieben sei. Es hat ermittelt, in welchem prozentualen Verhältnis die Vergütung des [X.] im Juli 2000 zur Durchschnittsvergütung der drei [X.] stand und angenommen, der Kläger habe zum geltend gemachten Anpassungszeitpunkt 1. Januar 2014 Anspruch auf eine Vergütung in Höhe des für Juli 2000 errechneten Prozentsatzes der Durchschnittsvergütung der [X.] am 1. Januar 2014. Der Kläger habe zu Beginn des [X.] im Juli 2000 eine Vergütung iHv. 3.773,33 [X.] erhalten. Die Durchschnittsvergütung der drei [X.] habe zu diesem [X.]punkt 3.628,12 [X.] betragen. Die Vergütung des [X.] habe sich daher auf 104 % der Durchschnittsvergütung der [X.] belaufen. Dementsprechend habe der Kläger im Januar 2014 Anspruch auf Vergütung iHv. 104 % der Durchschnittsvergütung der [X.] im Januar 2014, die zu diesem [X.]punkt 5.531,19 [X.] betragen habe. Danach habe der Kläger im Januar 2014 Anspruch auf Vergütung in Höhe von 5.752,36 [X.] brutto. Erhalten habe der Kläger im Januar 2014 5.625,70 [X.], woraus sich ein Differenzbetrag von 126,66 [X.] ergebe. Deshalb sei die Vergütung des [X.] zum 1. Januar 2014 zumindest um den vom Kläger geltend gemachten Betrag von 70,95 [X.] brutto monatlich zu erhöhen.

bb) Diese vom [X.] gewählte Vorgehensweise ist nicht frei von [X.].

(1) Das [X.] hat auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen für die Berechnung des Anpassungsanspruchs des [X.] zu Unrecht auf die Vergütungsentwicklung der [X.] seit Juli 2000 abgestellt.

(a) Der Schutz vor finanziellen Nachteilen wegen der Ausübung der Betriebsratstätigkeit nach § 37 Abs. 4 [X.] steht einem Betriebsratsmitglied für die Dauer seiner Mitgliedschaft im Betriebsrat und einen [X.]raum von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit zu. Deshalb kommt es darauf an, ob die Gehaltsentwicklung des Betriebsratsmitglieds während der gesamten Dauer seiner Amtsausübung in Relation zu derjenigen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückgeblieben ist (vgl. [X.] 18. Januar 2017 - 7 [X.] - Rn. 15; 19. Januar 2005 - 7 [X.] 208/04 - zu I 2 a der Gründe; 17. Mai 1977 - 1 [X.] 458/74 - zu 3 der Gründe).

(b) Danach hat das [X.] zwar im Ausgangspunkt zutreffend erkannt, dass nach § 37 Abs. 4 [X.] maßgeblich ist, ob die Gehaltsentwicklung des [X.] während des gesamten [X.]raums seiner Amtszeit in Relation zu derjenigen der [X.] zurückgeblieben ist. Seine Annahme, dieser [X.]raum habe im Juli 2000 begonnen, wird allerdings nicht von den bislang getroffenen Tatsachenfeststellungen getragen. Das [X.] hat zwar festgestellt, dass der Kläger mit Wirkung zum 1. Juli 2000 als Betriebsratsmitglied von der Arbeitsleistung freigestellt wurde. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien wurde der Kläger jedoch bereits zu einem früheren [X.]punkt zum Betriebsratsmitglied gewählt. Feststellungen zum Beginn der Amtszeit des [X.] hat das [X.] nicht getroffen, ebenso wenig zu den Gehältern des [X.] und der [X.] zum [X.]punkt seiner Amtsübernahme. Diese Feststellungen werden vom [X.] nachzuholen sein.

(2) Das [X.] hat bei der von ihm vorgenommenen Durchschnittsberechnung der Gehaltssteigerung der [X.] zudem nicht berücksichtigt, dass der Kläger - soweit es um die anlässlich von regelmäßigen Tariferhöhungen erfolgten Vergütungssteigerungen geht - nicht ungünstiger behandelt wurde als die drei [X.]. Da die [X.] die Tarifsteigerungen an übertariflich vergütete (sog. OT-)Angestellte in der [X.] von Juli 2000 bis 1. Januar 2014 nicht durchgängig prozentual auf ihr jeweiliges Festgehalt weitergab und zur Vergleichsgruppe zwei Personen (Frau H und [X.]) zählen, die bereits im Juli 2000 übertariflich vergütet wurden, die dritte Vergleichsperson ([X.]) hingegen seinerzeit noch tariflich vergütet wurde und während des [X.] in den [X.] aufrückte, führt die vom [X.] vorgenommene Durchschnittsberechnung zu einer ohne Mandat in der konkret ermittelten Höhe nicht erreichbaren Vergütungsanpassung. Die [X.] gewährt Betriebsratsmitgliedern, die [X.] sind, die Tariferhöhungen ebenso wie anderen [X.]n. Bis zum [X.] erfolgte auch bei übertariflich vergüteten Angestellten ([X.]) eine Weitergabe der prozentualen Tariferhöhung auf ihr übertarifliches Gehalt. Seit dem [X.] gewährt die [X.] den [X.] allerdings nicht mehr den Prozentsatz der Tariferhöhung auf ihr übertarifliches Festgehalt, sondern sie erhöht deren Gehalt seither um den nominellen Erhöhungsbetrag der höchsten Tarifgruppe VIII zuzüglich der Verantwortungszulage (sog. „TG VIII max.“). Das bedeutet, dass die aus Anlass von Tariferhöhungen vorgenommenen Gehaltsanhebungen innerhalb der Gruppe der [X.] einerseits und der [X.]n andererseits seit dem [X.] prozentual unterschiedlich ausfielen. Dies hat das [X.] nicht berücksichtigt. Durch die vom [X.] vorgenommene Durchschnittsberechnung ergibt sich folglich insgesamt ein Betrag, den weder ein [X.]r noch ein [X.] erhalten hätte und der ohne Mandat auch vom Kläger nicht hätte beansprucht werden können. Sowohl der Kläger als auch die [X.] haben - je nach Status als [X.]r oder [X.] - anlässlich der Tariferhöhungen die im Betrieb übliche Gehaltsanhebung erhalten. Insoweit ist daher die Gehaltsentwicklung des [X.] nicht hinter derjenigen der vergleichbaren Arbeitnehmer zurückgeblieben. Aus den anlässlich der Tariferhöhungen gewährten Vergütungssteigerungen kann der Kläger daher keine Anpassungsansprüche nach § 37 Abs. 4 [X.] herleiten. Er macht solche im Rahmen der von ihm gewählten Berechnung auch nicht geltend.

(3) Da die tarifgehaltsunabhängig gewährten Gehaltserhöhungen bei den [X.] im Betrachtungszeitraum unregelmäßig und nicht nach einem bestimmten System erfolgten und die Vergleichsgruppe nur aus drei Personen besteht, muss insoweit das Gehalt des [X.] in dem durchschnittlichen prozentualen Umfang der bei den [X.] in der [X.] seit seiner Amtsübernahme bis zum 1. Januar 2014 vorgenommenen individuellen Erhöhungen angepasst werden. Nur auf diese Weise kann eine Benachteiligung des [X.] aufgrund seiner Amtsausübung ausgeschlossen werden. Entgegen der Auffassung der [X.]n sind Gehaltserhöhungen der [X.] nicht nur dann berücksichtigungsfähig, wenn die Mehrheit der [X.] in einem bestimmten [X.]raum - etwa in einem Kalenderjahr - eine Gehaltserhöhung erhalten hat. Zwar hat der [X.] für große Vergleichsgruppen mit gleichförmigen Gehaltserhöhungen angenommen, es komme darauf an, in welchem Umfang die Gehälter der Mehrzahl der der Vergleichsgruppe angehörenden Arbeitnehmer angehoben werden ([X.] 19. Januar 2005 - 7 [X.] 208/04 - zu I 2 a der Gründe). Der [X.] hat aber auch für größere Vergleichsgruppen nicht verlangt, die Mehrheit der [X.] müsse Gehaltserhöhungen in einem bestimmten [X.]raum erfahren haben. Eine solche Vorgabe würde es - wie die [X.] letztlich selbst einräumt - ermöglichen, durch innerhalb der Vergleichsgruppe zeitlich verschobene Gehaltsanhebungen eine [X.] nach § 37 Abs. 4 [X.] zu umgehen. Zudem hat der [X.] eine Durchschnittsberechnung für zulässig gehalten, wenn es sich - wie im Streitfall - um eine kleine Vergleichsgruppe handelt und die Gehaltserhöhungen der [X.] unterschiedlich ausgefallen sind (vgl. [X.] 19. Januar 2005 - 7 [X.] 208/04 - aaO).

cc) Für die Ermittlung des Anpassungsanspruchs des [X.] muss somit für jede Vergleichsperson errechnet werden, in welchem prozentualen Umfang ihr Gehalt - ausgehend von dem Gehalt im [X.]punkt der Amtsübernahme des [X.] - außerhalb der regelmäßigen Tarifsteigerungen bis zum 1. Januar 2014 angehoben wurde. Das Ausgangsgehalt des [X.] zum [X.]punkt seiner Amtsübernahme ist sodann um den durchschnittlichen Prozentsatz der den [X.] außerhalb von Tariferhöhungen gewährten Gehaltssteigerungen anzuheben.

III. Der Rechtsfehler des [X.]s führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Der [X.] kann nicht beurteilen, ob die Gehaltsentwicklung des [X.] den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Dazu fehlt es an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen. Diese wird das [X.] nachzuholen haben.

IV. Die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das [X.] erübrigt sich nicht deshalb, weil ein etwaiger Anspruch des [X.] nach § 37 Abs. 4 [X.] auf Erhöhung seiner Vergütung ab 1. Januar 2014 verjährt oder verwirkt wäre. Das ist - wie das [X.] zutreffend erkannt hat - nicht der Fall.

1. Der etwaige Anspruch des [X.] ist nicht verjährt.

a) Aus § 37 Abs. 4 [X.] resultierende Ansprüche auf Gehaltsanpassung beruhen auf § 611 BGB (seit dem 1. April 2017 § 611a Abs. 2 BGB) und dem Arbeitsvertrag ([X.] 19. Januar 2005 - 7 [X.] 208/04 - zu IV 1 a der Gründe). Es handelt sich daher um Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Mangels Eingreifens der besonderen Tatbestände der §§ 196, 197 BGB unterliegen diese der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB. Die Verjährungsfrist beginnt in Bezug auf die für den [X.]raum ab dem 1. Januar 2014 geltend gemachten Vergütungsansprüche nach § 199 Abs. 1 BGB frühestens mit dem Schluss des Jahres 2014. Diese Frist war weder im [X.]punkt des Eingangs der Klageschrift beim Arbeitsgericht am 12. Februar 2015 oder der Zustellung der Klage an die [X.] am 20. Februar 2015 noch bei der am 3. Dezember 2015 beim [X.] im Rahmen des Berufungsverfahrens eingegangenen Klageerweiterung abgelaufen.

b) Entgegen der Auffassung der [X.]n spielt es für die Frage der Verjährung von [X.]sansprüchen des [X.] ab dem 1. Januar 2014 keine Rolle, dass deren Grundlagen durch eine ggf. bereits in verjährter [X.] erfolgte Erhöhung der Vergütung der [X.] gelegt wurden, ohne dass der Kläger für vergangene [X.]räume entsprechende Anpassungsansprüche geltend gemacht hat. [X.] sind vorliegend arbeitsvertragliche Vergütungsansprüche ab dem 1. Januar 2014. Diese entstehen jeweils monatlich. Deshalb ist der von der [X.]n angestellte Vergleich mit der Verjährung von Schadensersatzansprüchen aus [X.] aus verjährter [X.] nicht tragfähig.

2. Das [X.] hat auch zutreffend erkannt, dass der Anspruch des [X.] auf Erhöhung seiner Vergütung zum 1. Januar 2014 nicht verwirkt ist.

a) Verwirkung (§ 242 BGB) setzt voraus, dass der Gläubiger mit der Geltendmachung seines Rechts längere [X.] zugewartet hat ([X.]moment) und er unter Umständen untätig geblieben ist, die bei dem Schuldner den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Schuldner sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Es müssen Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. etwa [X.] 13. August 2008 - 7 [X.] 269/07 - Rn. 37 mwN).

b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Das [X.] hat zu Recht bereits das Vorliegen des [X.]moments verneint und angenommen, der Kläger mache entgegen der Auffassung der [X.]n nicht nach Ablauf von mehr als zehn Jahren eine Benachteiligung bei der Bemessung seiner Vergütung geltend, sondern eine aktuell bestehende Benachteiligung am 1. Januar 2014. Es fehlt zudem an Anhaltspunkten für das Umstandsmoment. Allein daraus, dass der Kläger in der Vergangenheit keine Anpassung seiner Vergütung an die Gehaltsentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer verlangt hat, durfte die [X.] nicht schließen, dass der Kläger auch künftig derartige Ansprüche nicht geltend machen würde, zumal dem Kläger erst während des vorliegenden Verfahrens Auskunft über die Zusammensetzung und Höhe der Vergütung der [X.] erteilt wurde. Da für die Ermittlung des Anpassungsanspruchs die Gehaltsentwicklung des [X.] und der [X.] seit der Übernahme des [X.] durch den Kläger maßgeblich ist, musste sich die [X.] auch darauf einstellen, diese Gehaltsentwicklung ggf. darlegen zu können.

        

    Gräfl    

        

    [X.]    

        

    Waskow    

        

        

        

    Deinert    

        

    Meißner    

                 

Meta

7 AZR 587/16

21.02.2018

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 5. Oktober 2015, Az: 4 Ca 814/15, Urteil

§ 37 Abs 4 S 1 BetrVG, § 78 S 2 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.02.2018, Az. 7 AZR 587/16 (REWIS RS 2018, 13583)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13583

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