Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.02.2016, Az. X ZR 97/14

X. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 16260

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:160216UXZR97.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S [X.]LKES
URTEIL
X ZR
97/14
Verkündet am:
16. Februar 2016
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 ([X.]), § 320 Abs. 1, § 631 Abs. 1, § 641 Abs. 1, § 646
a)
Die Vereinbarung einer Verpflichtung des Fahr-
oder Fluggastes, das Beför-derungsentgelt bei Vertragsschluss zu entrichten, widerspricht nicht wesent-lichen Grundgedanken des Rechts des [X.].
b)
Eine Bestimmung in [X.] Geschäftsbedingungen eines Luftverkehrs-unternehmens, nach der der Flugpreis unabhängig vom Zeitpunkt der Bu-chung bei Vertragsschluss zur Zahlung fällig ist, stellt keine unangemessene Benachteiligung des Fluggastes dar.
[X.], Urteil vom 16. Februar 2016 -
X [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Februar 2016 durch [X.], [X.] Grabinski
und
Hoffmann, die Richterin Schuster
und [X.]
Deichfuß
für
Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 5. September 2014 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die beklagte

L.

AG
ermöglicht
Flugbuchungen
u.a.
über das [X.] und verwendet dabei eine Buchungsmaske mit folgendem Inhalt:
"Ihre Zahlweise
Entscheiden Sie sich hier, ob Sie die Buchung sofort bezahlen möchten oder ob Sie sich die Flüge und Preise bis zu 48 Stunden reserviert halten möchten.
o
Jetzt bezahlen
o
Reservierung mit Preisgarantie
Bitte beachten Sie: Die Buchung muss innerhalb der 48 Stunden aktiv bestätigt "
1
-
3
-
Der Kläger, ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 [X.] eingetragener Verbraucherverband, sieht hierin eine
Beförderungsbedingung im Luftverkehr, welche unabhängig von der Höhe des Ticketpreises oder dem [X.] Abstand zwischen Buchung und [X.] die Verpflichtung zur voll-ständigen
Bezahlung des Flugpreises bereits unmittelbar nach Abschluss des [X.] begründet.
Die auf Unterlassung der Verwendung dieser Vorauszahlungsregelung
gegenüber Verbrauchern
und Erstattung der Abmahnkosten nebst Rechtshän-gigkeitszinsen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Be-gehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Ob der angegriffene Inhalt der von der [X.] verwendeten [X.] als beanstandungsfähige Allgemeine Geschäftsbedingung oder als Ausdruck einer
faktischen
Vertragsabwicklungspraxis anzusehen sei, könne dahinstehen. Jedenfalls sei eine die Vorleistungspflicht des Verbrauchers im [X.] begründende
Allgemeine Geschäftsbedingung nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 [X.] unwirksam. Zwar werde von den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen der §§ 641, 646
[X.] sowie des § 320 [X.] abgewichen. Darin liege bei der gebotenen [X.] aber keine unangemessene Benachteiligung des Verbrau-chers.
2
3
4
5
6
-
4
-
Für eine Vorleistung des Fluggasts in Abkehr von der gesetzlichen
[X.] spreche im Massengeschäft der Flug-gastbeförderung ein nahezu zwingendes praktisches und wirtschaftliches Be-dürfnis. Ein Luftfahrtunternehmen, welches im Linienverkehr dem [X.] nach § 21 Abs.
2 Satz 3 [X.] unterliege, wäre bei einer Voraus-leistungspflicht nach der gesetzlichen Regelung
in Ansehung seines Anspruchs auf Zahlung des Flugpreises einem untragbaren Insolvenz-
sowie Durchset-zungsrisiko ausgesetzt. Sicherungsrechte wie das [X.],
die diese Risiken für den Unternehmer minimieren könnten, schieden aufgrund der Natur des [X.] aus.
Der mit der Zahlung des Flugpreises unmittelbar nach Vertragsschluss
einhergehende
Verlust des rechtlichen Druck-
und Sicherungsmittels aus der Einrede des [X.] verursache kein entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers erhebliches und ungerecht-fertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten. Das Zurückbe-haltungsrecht des einzelnen Passagiers sei schon im Ansatz kein effektives Druckmittel gegenüber einem Luftfahrtunternehmen. Einen starken wirtschaftli-chen Druck auf Luftfahrtunternehmen, die aufgestellten Flugpläne einzuhalten, bewirke bereits die Verordnung ([X.])
Nr. 261/2004 des [X.] und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs-
und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbe-förderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung ([X.]) Nr. 295/91 ([X.]. [X.] 46 S. 1 vom 17. [X.] 2004,
nachfolgend: Fluggastrechteverordnung
oder [X.]). Das bei Luftfahrtunternehmen generell bestehende Insolvenzrisiko werde durch die staatliche Aufsicht, die die
Finanzlage und die Liquidität der Unternehmen aufgrund der Verordnung ([X.]) Nr. 1008/2008 des [X.] und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die 7
8
-
5
-
Durchführung von [X.] in der
Gemeinschaft ([X.]. [X.]
L
293 S.
3 vom 31. Oktober 2008)
überwache, erheblich gemindert.
Auch das
vom Kläger vorgeschlagene [X.] mit einer Anzah-lung bei Buchung und einer Restzahlung zu einem Zeitpunkt relativ kurz vor Flugbeginn verschaffe dem Fluggast im Ergebnis
keinen wirtschaftlich messba-ren oder rechtlich relevanten Vorteil gegenüber der international üblichen [X.]spraxis. Vielmehr wäre eine Abkehr davon mit zusätzlichen Kosten -
eben-so für den Fluggast -
und auf Seiten der Luftfahrtunternehmen mit unzumutba-ren Risiken infolge der internationalen Wettbewerbsverzerrung zulasten des [X.] [X.] verbunden.
II.
Dies hält der
revisionsrechtlichen
Nachprüfung stand.
1.
Vorauszahlungsbestimmungen in [X.] eines [X.] unterliegen nach §
307 Abs.
3 Satz 1 [X.] der Inhaltskontrolle, da durch sie von Rechtsvorschriften abwei-chende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Ob die
im Streitfall beanstandete Handhabung der [X.]buchungspraxis sich als eine solche
Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 [X.]) darstellt oder ob es sich, wie die Beklagte meint, hierbei
um ein nicht beanstandungsfähiges tat-sächliches Marktverhalten handelt,
bedarf keiner Erörterung,
da das
Beru-fungsgericht eine Klausel, die
den Fluggast
zur Zahlung des Flugpreises bei
der Flugbuchung verpflichtet, zu Recht nicht als eine den Fluggast entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligende Regelung und damit
als wirksam angesehen
hat
(§ 307 Abs.
1 Satz
1 [X.]).
2.
§ 309 Nr. 2 Buchst.
a
[X.], wonach in [X.] Geschäftsbe-dingungen eine Bestimmung unwirksam ist, durch die das Leistungsverweige-rungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach §
320 [X.] zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, findet keine Anwendung (vgl. zu §
11 9
10
11
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-
6
-
Nr.
2a [X.]: [X.], Urteil vom 12. März 1987 -
VII ZR 37/86, [X.]Z 100, 157, 161).
3.
Eine Vorauszahlungsklausel ist nicht mit wesentlichen Grundge-danken des Personen(luft)beförderungsrechts unvereinbar (§
307 Abs. 2 Nr.
1 [X.]).
a)
Ein auf die
entgeltliche (Luft-)Beförderung von Personen gerichte-ter
Vertrag ist allerdings
nach allgemeiner Auffassung als Werkvertrag zu [X.]
(vgl. [X.], Urteil vom 21. Dezember 1973 -
IV ZR 158/72, [X.]Z 62, 71, 75 ff.; Urteil vom 24. Juni 1969 -
VI [X.], NJW 1969, 2014, 2015; [X.]/[X.], [X.], 75. Aufl., Einf.
v.
§ 631 Rn. 17a; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2014, [X.]. zu §§ 631 ff. Rn. 76; MünchKomm[X.]/Tonner, 6.
Aufl., Nach § 651 Rn. 1; [X.],
Handelsrecht, 6. Aufl., S.
1102; Schwenk/Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts, 4. Aufl., [X.]; [X.], Der [X.], 3. Aufl., [X.] f.). Das
Werkvertragsrecht sieht
keine Vorleistungspflicht des Bestellers, welche das Gebot, gegenseitige Verträge Zug
um Zug abzuwickeln (§§ 320, 322
[X.]), verdrängte, sondern vielmehr ei-ne Vorleistungspflicht des Werkunternehmers
vor.
Gemäß §
641 Abs. 1 Satz 1 und §
646 [X.] ist
der Werklohn
erst bei Abnahme oder Vollendung der Leis-tung des Werkunternehmers zu entrichten.
b)
Diese gesetzliche Regelung kann jedoch das Leitbild des [X.], an dem sich eine allgemeine Geschäftsbedingung messen lassen müsste, allenfalls mit erheblichen Einschränkungen bestimmen. Der Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat zwar im Besonderen Schuldrecht in Titel 9 (Werkvertrag und ähnliche Verträge) nur für den Reise-vertrag ein eigenständiges Regelungswerk geschaffen. Gleichwohl
weist (aber)
auch der Personenbeförderungsvertrag Besonderheiten
auf, denen bei der Be-stimmung des gesetzlichen Leitbilds Rechnung getragen werden muss.
13
14
15
-
7
-
aa)
Das Berufungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass mit der [X.] in der vom Gesetzgeber zugrunde ge-legten typischen Situation das Recht des Werkunternehmers korrespondiert, das Werkstück nur gegen Zahlung des [X.] herauszugeben. Ihm steht unter den Voraussetzungen des §
647 [X.] ein [X.] zu, er kann unter den Voraussetzungen des §
648 [X.] die Einräumung einer Siche-rungshypothek verlangen,
und er kann unter den Voraussetzungen des §
648a [X.] Sicherheit für die von ihm zu erbringenden Bauleistungen beanspruchen. Auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender be-weglicher Sachen zum Gegenstand hat, finden nach §
651 [X.] in erster Linie und bei vertretbaren Sachen ausschließlich die Vorschriften über den Kauf und die §§ 640, 646 [X.] mithin keine Anwendung. Schließlich hat der [X.] unter den Voraussetzungen des §
632a [X.] einen
Anspruch auf Ab-schlagszahlungen gegen den Besteller.
Ähnlich wie dem Werkunternehmer steht auch dem Frachtführer nach §
440 Abs.1 HGB für alle Forderungen aus dem [X.] ein Pfandrecht an dem ihm zur Beförderung übergebenen Gut zu.
bb)
Bei der Personenbeförderung besteht demgegenüber kein Siche-rungsrecht für den Vergütungsanspruch des Unternehmers. Dementsprechend wäre der Unternehmer ungesichert mit der Gefahr von Zahlungsausfällen in erheblicher Größenordnung belastet, sähe man ihn grundsätzlich als [X.] an, was umso schwerer wöge, als denjenigen, der [X.] öffentlich anbietet, in der Regel eine Beförderungspflicht trifft, wie sie in §
10 A[X.] und ebenso -
darauf weist das Berufungsgericht zu Recht hin -
in §
21 Abs. 2 Satz 3 [X.] vorgesehen ist.
Zudem kann
bei der Personenbeförderung eine Parallelität
der
vertraglichen Leistungen im Sinne
des
§
320 [X.] nicht
erreicht werden. Um eine zeitnahe und zügige Erfüllung des [X.] zu ermöglichen,
ist es erforderlich, dass
eine der Vertragsparteien in Vorleistung tritt. Diese Verpflichtung trifft in der Regel den
16
17
18
-
8
-
Fahr-
oder Fluggast, denn eine Abwicklung des [X.] dergestalt, dass das Beförderungsentgelt erst nach Vollendung des Werks, mit-hin bei Ankunft am Zielort gezahlt wird, wäre, wie auch die Revision nicht ver-kennt, beim Massengeschäft der Fahr-
oder Fluggastbeförderung im [X.] kaum praktikabel.
c)
Dieser vom allgemeinen Werkvertragsrecht abweichenden Be-sonderheit des [X.] hat auch der Gesetzgeber ver-schiedentlich Rechnung getragen. So ist die Vorauszahlung des [X.] im Recht der Eisenbahnbeförderung ausdrücklich vorgesehen (vgl. Art.
4 der Verordnung ([X.]) Nr. 1371/2007
des [X.] und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr ([X.]. [X.] 315 S. 14 vom 3. Dezember 2007) i.[X.]. [X.], [X.], Art. 8 Abs. 1 [X.]). Auch bei der Luftbeförderung zeigen die Regelungen zur Erstattung des Flugpreises nach Art. 8
[X.] ins-besondere in den Fällen der Nichtbeförderung oder Annullierung eines Fluges, dass das Unionsrecht
davon ausgeht, dass der Flugpreis vor [X.] gezahlt wird. Nichts anderes gilt für das nationale Recht. In der Begründung des [X.] zu §
9 Nr. 2 [X.] wird der Verzicht auf ein gesetzliches Verbot der formularmäßigen Vereinbarung einer Vorleistungs-pflicht damit begründet, dass derartiges zu weit gehe, "zumal in vielen Berei-chen die technische Abwicklung des Vertrags ohne Vorleistungen kaum vor-stellbar wäre (Eintrittskarten, Fahrkarten)"
(BT-Drucks. 7/3919, [X.]). Die gän-gige Redeweise vom "Kauf"
einer Fahrkarte spiegelt den Umstand wieder, dass bei der
Personenbeförderung der Erwerb der in der Fahrkarte "verkörperten"
Berechtigung zur Inanspruchnahme der Beförderungsleistung regelmäßig Zug um Zug gegen Zahlung des Fahrpreises erfolgt und damit die Vorleistung nicht vom Unternehmer, sondern vom Fahrgast erbracht wird.
Schließlich werden die Besonderheiten des Personen(luft)[X.], die vom werkvertraglichen Leitbild abweichen, auch in der etablierten 19
20
-
9
-
internationalen Buchungs-
und Abrechnungspraxis abgebildet. Das [X.] hat unangegriffen festgestellt, dass
die [X.] ([X.]) Standards für etwa 94 % der weltweiten Flüge festlegt, zu denen auch die Praxis der Vorauskasse für Flüge im globalen Buchungs-
und Reservierungssystem gehört.
d)
Auch die Revision stellt eine Vorleistungspflicht des Fahr-
oder Fluggastes nicht grundsätzlich in Frage, wenn sie es für möglich hält, eine Ver-pflichtung des Fluggastes zur vollständigen Zahlung 30
Tage vor [X.] zu vereinbaren. Ihre Annahme, weiter dürfe
die Abweichung vom gesetzli-chen
Leitbild mangels
Erforderlichkeit einer solchen Regelung nicht gehen, setzt jedoch voraus, dass dem gesetzlichen Leitbild des [X.] die Zahlung des Flugpreises nach Ankunft des Flugzeugs am Bestimmungsort und damit nach Fertigstellung des "[X.]"
ent-spräche. Dies trüge, wie ausgeführt, der Eigenart des Personenbeförderungs-vertrages nicht Rechnung.
4.
Vor diesem Hintergrund hält eine Vorauszahlungsklausel in einem [X.], die die sofortige Fälligkeit des Flugpreises unabhängig von dessen Höhe auch bei erst Monate später anstehenden Flügen vorsieht,
der [X.] bei Abwägung der Interessen der Vertragspartner
stand. Denn die von
der gesetzlichen Regelung abweichende Vorleistungs-pflicht des Kunden kann sich auf sachliche Gründe stützen.
a)
Eine Vorleistungspflicht
in [X.] Geschäftsbedingungen kann wirksam vereinbart werden,
wenn sie durch einen sachlichen
Grund ge-rechtfertigt ist, der
bei Abwägung mit den hierdurch für den Vertragspartner ent-stehenden Nachteilen Bestand hat (st.
Rspr.;
[X.], Urteil vom 9. Dezember 2014

X
ZR
85/12, [X.]Z 203, 335 Rn. 23;
Urteil vom 4.
März 2010
-
III
ZR
79/09, [X.]Z 184, 345
Rn.
12;
Urteil vom 24. September 2002
21
22
23
-
10
-
-
KZR 38/99, GRUR
2003, 542, 543;
Urteil vom 10. März 1999 -
VIII ZR 204/98, [X.]Z 141, 108, 114).

b)

Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des [X.] und vor dem Hintergrund des Unionsrechts, dem

wie die [X.]

die Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft (Art. 2 Buchst. [X.], Art. 2 Nr. 11 [X.] ([X.]) Nr. 1008/2008) unterworfen sind, widerspricht die beanstandete Regelung nicht einem angemessenen Interessenausgleich. Die gebotene Interessenabwägung erfordert es entgegen
der Auffassung des [X.] und von Teilen des Schrifttums ([X.], [X.] 2014, 58-63; [X.], [X.] 2015, 109, 112) insbesondere nicht, die Vorauszahlungsmodalitäten in [X.] Geschäftsbedingungen auf eine Anzahlung bei Vertragsschluss (in Höhe von regelmäßig 20 % des Flugpreises) und eine Restzahlung (höchstens 30
Tage) vor [X.] zu beschränken, wie dies der Rechtsprechung des [X.] zum [X.] entspräche ([X.]Z 203, 335).
aa)
In der Rechtsprechung des [X.]
ist anerkannt, dass der Reiseveranstalter in seinen [X.] Geschäftsbedingungen die Vorauszahlung des Reisepreises vorsehen kann ([X.]Z 203, 335 Rn. 24; [X.], Urteil vom 20. Juni 2006

[X.], [X.] 2006, 256 Rn. 10; [X.]Z 100, 157, 164
f.). Beschränkungen bei der Vereinbarung einer Vorauszahlungspflicht des Reisenden unterliegt er nur insoweit, als er den vollen Reisepreis grundsätzlich erst 30
Tage vor Reiseantritt verlangen und bei einer bei Vertragsschluss fälli-gen Anzahlung grundsätzlich keinen Betrag beanspruchen darf, der 20 % des Reisepreises übersteigt. Auch insoweit hat der [X.] jedoch aner-kannt, dass vom Reiseveranstalter zu erbringende höhere Vorleistungen, ins-besondere in Gestalt der Erfüllung von Forderungen der Leistungsträger, deren sich der Reiseveranstalter für die Erbringung der Reiseleistungen bedient, auch eine höhere Anzahlungsquote rechtfertigen können ([X.]Z 203, 335 Rn. 28); als solche Vorleistungen sind insbesondere die Kosten einer Luftbeförderung in Betracht gezogen worden ([X.]Z 203, 335 Rn. 33).
24
25
-
11
-
bb)
Bei sofortiger Zahlung des Flugpreises verliert der
Fluggast die
Einrede des nicht erfüllten Vertrags, d.h. das Recht, die ihm obliegende [X.] bis zur Bewirkung der Gegenleistung zu verweigern (§
320
Abs. 1
[X.]).
Wie beim Reisevertrag wäre aber ein solches
Leistungsverweigerungsrecht faktisch regelmäßig ohne Bedeutung.
Auch der Fluggast könnte das Leistungs-verweigerungsrecht nicht ausüben, weil er typischerweise keinen Einblick in die Flugvorbereitungen des Luftfahrtunternehmens hat (vgl. zum Reisevertrag
[X.]Z 203, 335 Rn. 28; [X.]Z 100, 157, 167). Anders als im Reisevertrags-recht besteht jedoch
bei Luftbeförderungsverträgen
im Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung aufgrund der darin
gewährten unabdingbaren
Min-destrechte der Fluggäste im Falle der Nichtbeförderung, Annullierung oder gro-ßen Verspätung, namentlich des pauschalen Ausgleichsanspruchs nach Art. 7, ein unionsrechtlicher Mechanismus, der unabhängig von einem individuellen Leistungsverweigerungsrecht präventiv auf die Luftfahrtunternehmen einwirkt und diese zur Einhaltung der Flugplanung und Erbringung der vertraglichen Be-förderungsleistung anhält.
cc)

Es verbleibt der Umstand, dass der Fluggast bei einer
vollständi-gen und sofortigen
Vorauszahlung des Flugpreises -
worauf der Kläger zutref-fend hinweist

einen Liquiditätsnachteil erleidet und das volle Risiko der Leis-tungsunfähigkeit seines Vertragspartners
zu tragen hat,
das
nicht,
wie im [X.] gemäß §
651k
[X.],
durch eine obligatorische Sicherstellung der Flugpreisrückerstattung im Insolvenzfall
kompensiert
wird. Beide Gesichts-punkte sind nicht ohne Gewicht, vermögen jedoch im Ergebnis keine Unbillig-keit der angegriffenen Klausel zu begründen.
(1)
Zunächst ist zu berücksichtigen,
dass die Berechtigung des [X.] nicht in Frage steht, den vollen Flugpreis 30
Tage vor Abflug fällig zu stellen. Insoweit ist die Überwälzung des Liquiditätsverlustes wie des [X.] ohnedies unvermeidlich. Hinzu kommt, dass [X.] im Land-
wie im Luftverkehr ohnehin häufig relativ kurzfristig geschlossen 26
27
28
-
12
-
werden. Die verbleibenden Risiken rechtfertigen es nicht, je nach Buchungs-zeitpunkt eine Abweichung von der Regel für geboten
zu halten, dass der Preis für den Flugschein wie für die Fahrkarte "beim Kauf"
verlangt werden darf.
(2)
Das Insolvenzrisiko ist bei einem Luftfahrtunternehmen der [X.] durch die unionsrechtlichen Zulassungs-
und Aufsichtsbestimmun-gen im Vergleich zu einem
Unternehmen, das
keiner staatlichen Aufsicht unter-liegt,
deutlich verringert. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines in der [X.] niedergelassenen Luftfahrtunternehmens gehört gemäß Art.
4, 5 [X.] ([X.]) Nr. 1008/2008
zu den Schwerpunkten des Verfahrens bei der Erteilung einer Betriebsgenehmigung. Um die Gültigkeit der Genehmigung [X.], unterliegt das Luftfahrtunternehmen der staatlichen Überwa-chung und ist jederzeit
verpflichtet, seine finanzielle Leistungsfähigkeit [X.] (Art. 8, 9 [X.] ([X.]) Nr. 1008/2008). Erscheinen die finanziellen Bedin-gungen für eine Aufrechterhaltung des Betriebs nicht gesichert, hat die [X.] -
nicht zuletzt zur Verringerung des Risikos für Fluggäste ([X.] 6 der [X.] ([X.]) Nr. 1008/2008) -
die Betriebsgenehmigung aus-zusetzen oder zu widerrufen.
(3)
Sowohl der
Unions-
als auch
der
nationale Gesetzgeber
halten
im Bereich des Personenbeförderungsrechts
durch spezielle [X.], namentlich die Fluggastrechteverordnung und
die Verordnung ([X.]) Nr.
1008/2008, einen ausreichenden Verbraucherschutz für gewährleistet. Dies
folgt aus
Erwägungsgrund
27 der Verbraucherrechterichtlinie
(Richtlinie 2011/83/[X.] des [X.] und des Rates vom 25.
Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/[X.] des Rates und der Richtlinie 1999/44/[X.] des [X.] und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/[X.] des Ra-tes und der Richtlinie 97/7/[X.] des [X.] und des Rates; [X.]. [X.] 304
S. 64 vom 22. November 2011), wonach
die Beförderung von Personen vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen sein
solle, weil sie 29
30
-
13
-
bereits im Rahmen anderer [X.] geregelt werde, [X.], was den öffentlichen Verkehr und Taxis betrifft,
auf [X.] gere-gelt sei. Infolge der Umsetzung der Richtlinie fällt im
nationalen Recht die Be-förderung von Personen nicht unter den Anwendungsbereich
des Untertitels über besondere Vertriebsformen, "da hier europarechtliche Vorgaben, etwa bei [X.] und öffentlich-rechtliche Regelungen einen ausreichenden Schutz bieten"
(Gesetzentwurf der Bundesregierung
zur Umsetzung der [X.] und zur Änderung des [X.]; BT-Drucks.
17/12637, S. 47
zu §
312 Abs. 2 Nr. 5 [X.]).
(4)
Der Liquiditätsnachteil des Kunden geht mit einem Liquiditätsvor-teil des Luftfahrtunternehmens einher, der Teil der [X.] und damit Gegenstand der Preisfestsetzung ist. Nach Art.
22 Abs.
1 [X.]
([X.]) Nr.
1008/2008 legen die Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ihre Flugprei-se und Frachtraten für innergemeinschaftliche Flugdienste (unbeschadet des Art. 16 Abs. 1, der den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gibt, dem [X.] in wirtschaftlich schwachen Regionen gemeinwirtschaftliche Verpflichtun-gen aufzuerlegen)
frei fest. Unter dem Begriff "Flugpreise"
sind nach Art.
2 Nr.
18 die [X.] zu verstehen sowie etwaige Bedingungen, unter denen diese Preise gelten. Dies bedeutet, dass für das Luftfahrtunternehmen ein Spielraum für die Festsetzung der Flugpreise
einschließlich der [X.], unter denen diese gelten, besteht. In diese Festsetzung kann
deshalb grundsätzlich auch ein Liquiditätsvorteil einfließen, der, auch wenn nicht bei jeder frühzeitigen Flugbuchung ein Preisvorteil erzielbar sein mag,
in der Regel
nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden
führen
wird.
Der Liquiditäts-
und gegebenenfalls Zinsnachteil wird bei frühzeitiger Flugbuchung jedenfalls tendenziell wirtschaftlich durch einen Preisvorteil des Kunden gegen-über einer späteren Buchung ausgeglichen.
(5)
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass eine andere Beurteilung das
Luftfahrtunternehmen zwänge, die bereits erwähnte, auf einer Empfehlung 31
32
-
14
-
der [X.] beruhende
Buchungs-
und Abrechnungspraxis
auf
ein
Vorauszah-lungsmodell mit einer Anzahlung bei Vertragsschluss und Restzahlung mög-lichst kurz vor [X.] umzustellen.

Eine solche Umstellung verursachte für das Luftfahrtunternehmen einen erheblichen verwaltungsmäßigen und abrechnungstechnischen Zusatzaufwand, dem

je nach Buchungszeitpunkt

kein wesentlicher Ausgleich der Nachteile gegenüberstünde, die
für den Fluggast mit einer
Vorauszahlung ohnehin ver-bunden
sind.
Zudem
darf bei der gebotenen Interessenabwägung eine mögliche wirt-schaftliche Beeinträchtigung der Luftfahrtunternehmen, auch mit Blick auf einen bei einer Abkehr von der international angewandten Abrechnungspraxis mög-licherweise auftretenden Wettbewerbsnachteil, nicht unberücksichtigt
bleiben. Eine Umstellung der etablierten Zahlungsabwicklung
griffe
in das Geschäfts-modell der Unternehmen ein. Zur Sicherstellung des für die Sommer-
und [X.] eines jeden Jahres aufzustellenden [X.] im Fluglinienver-kehr sind die Luftfahrtunternehmen in besonderem Maße auf Planungssicher-heit bei der
Refinanzierung der Vorlaufkosten
angewiesen. Das [X.] kann auch einzelne Plätze eines Fluges nur in begrenztem Umfang vorsorglich mehrfach vergeben, da eine Überbuchung der Kapazitäten zu einer Nichtbeförderung von Fluggästen und damit zu Ausgleichszahlungen nach Art.
7
i.[X.]. Art. 4
[X.] führen kann. Es ist
zwar
richtig, dass das Risiko, kostendeckend zu wirtschaften, vom Unternehmen zu tragen ist. Da hö-here Risiken aber regelmäßig höhere Kosten bedeuten und daher auch das [X.] an niedrigen Preisen berühren, sind die Auswirkungen von
Risikoerhöhungen gleichwohl
in
die
Interessenabwägung einzubeziehen, zumal, wie dargelegt,
Luftfahrtunternehmen im Linienverkehr dem Kontrahie-rungs-
und Beförderungszwang im Rahmen des veröffentlichten [X.] (§
21 Abs. 2 Satz
3
[X.]) unterworfen
sind und ihre wirtschaftliche Tätigkeit deshalb auch
im Allgemeininteresse
liegt.
33
34
-
15
-
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck
Grabinski
Hoffmann

Schuster
Deichfuß
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.01.2014 -
31 [X.]/13 -

O[X.], Entscheidung vom 05.09.2014 -
6 U 23/14 -

35

Meta

X ZR 97/14

16.02.2016

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.02.2016, Az. X ZR 97/14 (REWIS RS 2016, 16260)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16260

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 183/09

X ZR 97/14

6 U 23/14

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