Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.05.2020, Az. 5 P 9/19

5. Senat | REWIS RS 2020, 3933

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Gegenstand

Wirksamkeit einer Zustimmungsverweigerung per E-Mail; Schriftform


Leitsatz

Es genügt dem Schriftformerfordernis des § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG, wenn der Vorsitzende des Personalrats in einer namentlich gekennzeichneten E-Mail dem Dienststellenleiter die Tatsache der Zustimmungsverweigerung mitteilt und die Gründe für die Zustimmungsverweigerung in einer dieser E-Mail als Anhang beigefügten Datei im Format MS Word übermittelt, die lediglich die textliche Wiedergabe der Gründe beinhaltet.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] für das [X.] - vom 1. Februar 2019 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Beschlusses des [X.] - [X.] nach dem [X.] - vom 24. November 2017 wie folgt gefasst wird:

"Es wird festgestellt, dass es dem Schriftformerfordernis des § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG genügt, wenn der Vorsitzende des Personalrats in einer namentlich gekennzeichneten E-Mail dem Dienststellenleiter die Tatsache der Zustimmungsverweigerung mitteilt und die Gründe für die Zustimmungsverweigerung in einer dieser E-Mail als Anhang beigefügten Datei im Format [X.] übermittelt, die lediglich die textliche Wiedergabe der Gründe beinhaltet."

Gründe

I

1

Der Antragsteller fasste den Beschluss, seine Zustimmung zu einer von der Beteiligten beabsichtigten mitbestimmungspflichtigen Aktualisierung einer Geschäftsanweisung zu verweigern. Der Vorsitzende des Antragstellers informierte die Beteiligte mit einer von seinem dienstlichen E-Mail-Account versandten E-Mail darüber, dass der Antragsteller der Maßnahme nicht zugestimmt habe. Die E-Mail schloss mit einer Grußformel, der Namenswiedergabe des Vorsitzenden und der Bezeichnung "[X.]" ab. Als Anhang war der E-Mail eine Datei im Format [X.] beigefügt, die die Gründe für die Zustimmungsverweigerung, jedoch keine Unterschrift oder Namenswiedergabe des Vorsitzenden des Personalrats beinhaltete. Die Beteiligte informierte die Beschäftigten, dass die geänderte Geschäftsanweisung in [X.] getreten sei.

2

Das daraufhin eingeleitete und nach erfolgter Zustimmung zu einer weiteren Änderung der Geschäftsanweisung mit dem Ziel der Feststellung der Wirksamkeit einer durch E-Mail erklärten Zustimmungsverweigerung [X.] personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren hatte in beiden Instanzen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss festgestellt, dass es dem Schriftformerfordernis aus § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG genüge, wenn der Vorsitzende des Antragstellers der Beteiligten per E-Mail die Tatsache der Zustimmungsverweigerung mitteile und die Gründe für die Zustimmungsverweigerung in einer der E-Mail als Anhang beigefügten Datei im Format [X.] übermittele, die lediglich die textliche Wiedergabe der Gründe beinhalte. Zur Begründung hat es sich auf den Beschluss des [X.] vom 15. Dezember 2016 - 5 P 9.15 - gestützt und darüber hinausgehend u.a. ausgeführt, dass auch die mit dem Schriftformerfordernis verbundenen Identitäts- sowie Abschluss- und Vollständigkeitsfunktionen in einer dem anlassgebenden Fall entsprechenden Situation deshalb gewahrt seien, weil die E-Mail und die ihr beigefügte Datei als eine Einheit anzusehen seien.

3

Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten. Sie macht geltend, dass in dem vorzitierten Beschluss des [X.] das Vorhandensein zumindest einer eingescannten Unterschrift verlangt werde. Außerdem trage der angefochtene Beschluss der bei [X.] nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BPersVG bestehenden Mitzeichnungspflicht eines gruppenangehörigen Vorstandsmitgliedes gemäß § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG nicht Rechnung. Es könnten aber nicht unterschiedliche Anforderungen an das Schriftformerfordernis gestellt werden, je nachdem, ob eine Gruppenangelegenheit in Rede stehe oder nicht. Schließlich rügt die Beteiligte, dass der Tenor der angegriffenen Entscheidung nicht zum Ausdruck bringe, dass jedenfalls die E-Mail eine Namenswiedergabe aufweisen müsse.

4

Der Antragsteller verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II

5

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Der Beschluss des [X.] beruht nicht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde zu Recht zurückgewiesen.

6

Der in der Beschwerdeinstanz formulierte abstrakte Feststellungsantrag ist zulässig (vgl. [X.], Beschluss vom 6. November 2018 - 5 P 8.16 - juris Rn. 9) und begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass es unter den Gegebenheiten des anlassgebenden Falles dem Schriftformerfordernis des § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG genügt, wenn der Vorsitzende des Personalrats dem Dienststellenleiter in einer namentlich gekennzeichneten E-Mail die Tatsache der Zustimmungsverweigerung mitteilt und die Gründe hierfür in einer dieser E-Mail als Anhang beigefügten Datei im Format [X.] übermittelt, die lediglich die textliche Wiedergabe der Gründe, aber keine Namenswiedergabe oder eine andere abschließende Erklärung beinhaltet.

7

Gemäß § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG gilt eine Maßnahme, zu der der Dienststellenleiter die Zustimmung des Personalrats beantragt hat, als gebilligt, wenn nicht der Personalrat innerhalb der genannten Frist die Zustimmung unter Angabe der Gründe schriftlich verweigert. Der [X.] hat bereits entschieden und eingehend begründet, dass das Schriftformerfordernis weder die direkte noch analoge Anwendung von § 126 oder § 126b BGB beinhaltet, sondern vielmehr die Schriftlichkeit im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs gemeint ist. Danach erfüllt jede Verstetigung einer Gedankenerklärung durch Schriftzeichen das Erfordernis der Schriftlichkeit. Die Zustimmung des Personalrats zu einer beabsichtigten Maßnahme des Leiters der Dienststelle wird daher auch dann "schriftlich" verweigert im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG, wenn das die Zustimmung verweigernde Schreiben eingescannt und in Form einer [X.], die die eigenhändige Unterschrift des Vorsitzenden des Personalrats bildlich wiedergibt, als Anhang zu einer E-Mail dem Leiter der Dienststelle übersandt wird. Der [X.] hat ferner ausgeführt, dass die mit der Schriftform verbundene Identitätsfunktion und die Abschluss- und Vollständigkeitsfunktion durch Grußformel und maschinenschriftliche Namenswiedergabe erfüllt werden und es der bildlichen Wiedergabe der Originalunterschrift nicht bedarf ([X.], Beschluss vom 15. Dezember 2016 - 5 P 9.15 - [X.]E 157, 117 Rn. 21 ff.). Hieran ist festzuhalten.

8

Es macht darüber hinaus für die Wahrung des Schriftformerfordernisses des § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG keinen Unterschied, ob die Zustimmungsverweigerung und die hierfür maßgeblichen Gründe in einer an eine E-Mail angehängten Datei oder in der E-Mail selbst enthalten sind. Danach wahrt eine entsprechende, mit Namenswiedergabe des Vorsitzenden des Personalrats versehene E-Mail die Identitäts- sowie Abschluss- und Vollständigkeitsfunktion und genügt insgesamt dem Schriftformerfordernis.

9

Das Schriftformerfordernis wird ferner auch gewahrt, wenn nur die E-Mail, mit der der Vorsitzende des Personalrats für diesen die Zustimmungsverweigerung erklärt, die maschinenschriftliche Namenswiedergabe enthält, nicht aber die mit ihr als Anhang übersandte, die Begründung enthaltende Datei (ebenso [X.], [X.] 2020, 19 <23>; Ricken, in: [X.] BPersVG, Stand: 1. Mai 2020, § 69 Rn. 116; vgl. auch Berg, in: [X.] u.a., BPersVG, 10. Aufl. 2019, § 69 Rn. 27a; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], BPersVG, 14. Aufl. 2018, § 69 Rn. 14b). Insbesondere erstrecken sich in einem solchen Fall die Wahrung der Identitäts- sowie der Abschluss- und Vollständigkeitsfunktion einer mit Namenswiedergabe versehenen E-Mail auf die ihr beigefügte Datei. Das Schriftformerfordernis des § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG bezieht sich nicht nur auf die Erklärung der Zustimmungsverweigerung als solche, sondern auch auf die Angabe der Gründe für die Zustimmungsverweigerung [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], Personalvertretungsrecht, 5. Aufl. 2020, § 69 Rn. 48; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], BPersVG, 14. Aufl. 2018, § 69 Rn. 14; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.] u.a., Bundespersonalvertretungsgesetz, 78. Update 05/2020, § 69 Rn. 57; für [X.] vgl. [X.], Beschluss vom 15. Mai 2020 - 5 P 6.19 -). Auch für die Gründe der Zustimmungsverweigerung muss daher deutlich sein, wer sie verantwortet und dass sie abschließend und vollständig aufgeführt sind. Dies ergibt sich in einer Situation wie der anlassgebenden daraus, dass - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben - die E-Mail zusammen mit der angehängten Begründung - auch wenn sie nicht in einem wörtlichen Sinn untrennbar miteinander verbunden sind - eine Einheit bildet (vgl. dazu, dass nach der bereits vom Oberverwaltungsgericht benannten sog. Auflockerungsrechtsprechung auch für die Annahme einer Gesamturkunde eine feste körperliche Verbindung mehrerer Schriftstücke nicht erforderlich ist, sofern ihre Zusammengehörigkeit in sonst geeigneter Weise erkennbar ist ([X.], Urteil vom 21. Januar 2004 - [X.]/03 - NJW-RR 2004, 586 Rn. 15; [X.], Urteil vom 14. Juli 2010 - 10 [X.] - [X.]E 135, 116 Rn. 34). Indem er der E-Mail, welche die Zustimmungsverweigerung enthält, eine diese begründende (Text-)Datei beifügt, bringt der Vorsitzende des Personalrats unmissverständlich und für den Empfänger erkennbar zum Ausdruck, dass der Inhalt dieser Datei Gegenstand seiner Erklärung sein soll. Der Dienststellenleiter kann dies als Erklärungsempfänger vor dem Hintergrund, dass der Personalrat innerhalb der Frist des § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG alle die Zustimmungsverweigerung tragenden Gründe darlegen muss und er daher das Risiko einer vollständigen Erklärung trägt, nur dahin verstehen, dass der Personalrat sein Votum auf die in der angehängten Datei niedergelegten Gründe stützen will.

Das geringfügig höhere Fälschungsrisiko, das etwa infolge des für den Anhang gewählten Dateiformats bestehen mag, kann vernachlässigt werden angesichts der rechtlichen Unschädlichkeit einer falschen Mitteilung sowie des Umstandes, dass die Unrichtigkeit einer Zustimmungsverweigerung regelmäßig nicht verborgen bleiben würde, sondern sich zwischen Dienststellenleiter und Personalrat leicht aufklären ließe und außerdem nur schwer vorstellbar ist, dass ein Unbefugter Interesse an einer Fälschung haben sollte ([X.], Beschluss vom 15. Dezember 2016 - 5 P 9.15 - [X.]E 157, 117 Rn. 24).

Die gegen die Beschwerdeentscheidung gerichteten Einwände der Beteiligten greifen nicht durch. Fehl geht ihr Hinweis auf Erfordernisse der Zustimmungsverweigerung in [X.] im Sinne des § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 15. Mai 2020 - 5 P 6.19 -). Hier lag eine solche Gruppenangelegenheit nicht vor, weshalb diese Fallgestaltung weder im Tenor noch den Gründen der Beschwerdeentscheidung berücksichtigt zu werden brauchte. Allerdings trifft es zu, dass der Tenor der Beschwerdeentscheidung sich nicht dazu verhält, dass jedenfalls die E-Mail eine Namenswiedergabe enthalten und daraus ersichtlich sein muss, dass sich diese auch auf die als Dateianhang beigefügte Begründung der Zustimmungsverweigerung bezieht. Das macht die Entscheidung aber nicht fehlerhaft, zumal ihren Gründen eindeutig zu entnehmen ist, dass sie sich auf eine Fallkonstellation bezieht, in der ausschließlich die E-Mail eine Namenswiedergabe enthält. Aus [X.] ist der [X.] aber entsprechend neu zu fassen.

Meta

5 P 9/19

15.05.2020

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: P

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 1. Februar 2019, Az: 20 A 3100/17.PVB, Beschluss

§ 69 Abs 2 S 5 BPersVG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.05.2020, Az. 5 P 9/19 (REWIS RS 2020, 3933)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3933

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10 AZR 291/09

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