Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2004, Az. V ZR 187/03

V. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4907

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[X.] ZR 187/03vom22. Januar 2004in dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: [X.] (2002) § 531 Abs. 2Im Revisionsverfahren ist nicht zu überprüfen, ob das Berufungsgericht bei der Zu-lassung neuen [X.] die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO be-achtet hat.[X.], [X.]. v. 22. Januar 2004 - [X.]/03 - [X.] LG Koblenz- 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 22. Januar 2004 durch [X.] Tropf, Prof. Dr. [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]:Der Antrag des [X.] auf Bewilligung von [X.] abgelehnt.Gründe:[X.] Beklagte, damals Gesellschafter der späteren Gemeinschuldnerin,kaufte von dieser mit notarieller Urkunde vom 29. April 1993 einen 738/1.000Miterbbaurechtsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an gewerblichenRäumen. Als Kaufpreis wurden 300.000 DM vereinbart, wobei der Beklagte [X.] auf den Kaufpreis mehrere auf dem Objekt lastende Grundschuldenübernahm. Der Beklagte zahlte 300.000 DM an die Verkäuferin bzw. löste [X.] Geld die Belastungen ab.Zu seinen Gunsten wurde am 17. März 1993 eine Auflassungsvormerkungzur Sicherung seines Anspruchs auf Übertragung des [X.] in [X.] eingetragen. Im April 1993 ist über das Vermögen der [X.] -schuldnerin das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum [X.] worden.Der Kläger verlangt von dem [X.], die Löschung der Auflassungs-vormerkung zu bewilligen. Hierzu hat der Kläger in erster Instanz nur vorge-bracht, die Gemeinschuldnerin sei schon bei Abschluß des Kaufvertrages "er-heblich überschuldet" gewesen. Mit den 300.000 DM sei deshalb nicht der [X.] beglichen, sondern der [X.] zugeführt worden. [X.] hat das [X.] für unschlüssig gehalten und die [X.]. In der Berufungsinstanz hat der Kläger zudem vorgetragen, es [X.] nach der Teilungserklärung notwendigen Zustimmung der Eltern [X.] zur Veräußerung des [X.]. Auf der Grundlage [X.] unstreitig gebliebenen - Vorbringens hat das [X.] der Klagestattgegeben.Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil hat [X.] Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe fürdas Beschwerdeverfahren beantragt.I[X.] Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ist nicht begründet, weildie Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) des [X.] keinehinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Die Voraussetzungen füreine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht [X.] 4 -1. Wie auch die Beschwerdebegründung nicht verkennt, kann sich hier [X.] allein wegen der Klärungsbedürftigkeit der Frage ergeben, obund ggf. unter welchen Voraussetzungen neuer Tatsachenvortrag in der [X.] bei [X.] über die in § 531 Abs. 2 ZPO geregelten [X.] zuzulassen ist. Der mithin in Betracht kommende Zulassungsgrund einergrundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) setzt allerdingsvoraus, daß die Rechtssache nicht nur eine klärungsbedürftige und entschei-dungserhebliche, sondern auch eine klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft (Senat,[X.]. v. 27. März 2003, [X.], NJW 2003, 1943, 1944, zur Veröffentli-chung in [X.]Z vorgesehen). Zumindest an dem Erfordernis der [X.] fehlt es im vorliegenden Fall.2. Die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage kann zugunsten [X.] unterstellt werden.a) Insbesondere kann davon ausgegangen werden, daß der Rechtsstreitauf der Grundlage allein des erstinstanzlichen Vorbringens des [X.] ohneweitere Feststellungen nicht entscheidungsreif ist. Nach seinem neuen, aberunstreitigen Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz steht dem Kläger hinge-gen ein Grundbuchberichtigungsanspruch zu. Die Eltern des [X.] [X.] der Teilung ihres Erbbaurechts in ein Wohnungs- und ein Teilerbbaurecht dieVeräußerung des [X.] nach §§ 30, 12 [X.] von der Zustimmungdes jeweils anderen Berechtigten abhängig gemacht. Diese Verfügungsbe-schränkung ist auch als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetra-gen. Nach § 12 Abs. 3 [X.] wäre mithin die Zustimmung der Eltern des [X.], die Berechtigte des Wohnungserbbaurechts sind, erforderlich gewesen. [X.] ebenfalls unstreitige - Verweigerung der Zustimmung führte zur [X.] 5 -auch des Kaufvertrages als Verpflichtungsgeschäft (vgl. [X.]/[X.]/Hügel,BGB, § 12 [X.] Rdn. 12). Da das Erlöschen des gesicherten Anspruchs zumErlöschen der Vormerkung führt, ist mithin das Grundbuch, das die [X.] immer ausweist, unrichtig geworden.b) Zugunsten des [X.] kann weiter davon ausgegangen werden, daßdas neue, nämlich erstmals in der zweiten Instanz erfolgte Vorbringen wegenNachlässigkeit des [X.] nicht bereits gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] gewesen [X.] Zudem ist die geschilderte Rechtsfrage klärungsbedürftig. Während inder Literatur ([X.]/[X.], [X.] 2002, § 531 Rdn. 8; [X.]/[X.], [X.], § 531 Rdn. 33) und von [X.] der obergerichtlichen Rechtsprechung ([X.], [X.] 2003, 1133) [X.] vertreten wird, unstreitiger neuer Tatsachenvortrag sei stets zuzulassen,lehnen andere [X.]e eine Berücksichtigung solcher Behauptungenab, wenn nicht die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO vorliegen ([X.], NJW 2002, 3556 f.; [X.], [X.], 303, 307). Nach einervermittelnden Auffassung soll unstreitiges neues Vorbringen jedenfalls dannzuzulassen sein, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts andernfallsevident unrichtig wäre ([X.], NJW 2003, 2325 f; in Erwägung gezogenauch von [X.], [X.]. v. 14. Oktober 2003, 23 [X.]). Diese Proble-matik ist Folge der Umgestaltung des Berufungsverfahrens durch das [X.] Januar 2002 in [X.] getretene [X.]. Dem zuvor [X.] war sie in dieser Form nicht bekannt, weil die Mehrzahl der damals [X.] - insbesondere § 528 Abs. 1 und Abs. 2, § 527 [X.].[X.] - eine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits zur [X.] -machten, die bei unstreitigem Vorbringen nicht eintreten konnte (vgl. z.B. [X.]/[X.], ZPO, 2. Aufl., § 296 Rdn. 5). Das reformierte Verfahrensrecht schließthingegen durch § 531 Abs. 2 ZPO neuen Tatsachenvortrag weitgehend aus,ohne für diese Präklusion eine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits zurVoraussetzung zu machen ([X.], NJW 2002, 781, 787; [X.],NJW 2002, 1897, 1903). Allerdings galt mit § 528 Abs. 3 ZPO a.[X.] auch im [X.] eine Präklusionsbestimmung, die auf das Erfordernis einerVerzögerung verzichtete und für die gleichwohl anerkannt war, daß in der [X.] unstreitig gewordener Tatsachenvortrag Berücksichtigung findenmußte ([X.]Z 76, 133, 141).4. Bei der gegebenen Fallgestaltung ist die geschilderte Rechtsfrage imRevisionsverfahren allerdings nicht klärungsfähig. Selbst wenn dem Berufungs-gericht nämlich mit der Zulassung des neuen [X.] ein Verfahrens-fehler unterlaufen sein sollte, könnte dies in der Revision nicht mehr berücksich-tigt werden (so auch [X.]/[X.], aaO, § 531 Rdn. 35;Zöller/[X.]/[X.], aaO, § 531 Rdn. 39; [X.]/[X.]/Al-bers/[X.], ZPO, 62. Aufl., § 531 Rdn. 18). Damit müßte die Frage unbeant-wortet bleiben, ob in der Berufungsinstanz neuer, jedoch unstreitiger [X.] auch dann zulässig ist, wenn die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 [X.] vorliegen. [X.] ist die Rechtsfrage allerdings dann, wenn [X.] solches Vorbringen nicht zugelassen hat (so im Fall [X.],[X.], 303).a) Zu der Vorgängerregelung über die Präklusion neuen Vorbringens inder Berufungsinstanz gemäß § 528 ZPO a.[X.] entsprach es der Rechtsprechung([X.], [X.]. v. 26. Februar 1991, [X.], NJW 1991, 1896, 1897- 7 -m.w.[X.]; vgl. auch Senat, [X.]. v. 21. Mai 1954, [X.], [X.] § 4 [X.]. 3; [X.], [X.]. v. 21. Januar 1981, [X.], NJW 1981, 928; [X.]. v.26. Oktober 1983, [X.], NJW 1984, 305; [X.]. v. 28. Februar 1984, VI ZR70/82, NJW 1984, 1807, 1808; anders aber [X.], [X.]. v. 29. März 1984, [X.]/81, NJW 1985, 743 für verzichtbare neue [X.] zur Zulässigkeit der Klage;[X.]Z 134, 127, 131 für die Rüge der internationalen Unzuständigkeit) und derherrschenden Meinung in der Literatur (vgl. etwa [X.], [X.]., § 528 Rdn. 18; Musielak/Ball, ZPO, 2. Aufl., § 528 Rdn. 27), daß einefehlerhafte Berücksichtigung von neuem Tatsachenvortrag, der bei [X.] Vorgehen des Berufungsgerichts hätte zurückgewiesen [X.], mit der Revision nicht mehr geltend gemacht werden konnte. Dies galtsowohl für neues Vorbringen in der Berufungsinstanz, das nach § 528 Abs. 1 [X.]. 2 ZPO a.[X.] nicht zugelassen werden durfte, als auch für Vorbringen, das inerster Instanz zu Recht zurückgewiesen worden und deshalb nach § 528 Abs. 3ZPO a.[X.] auch im zweiten Rechtszug ausgeschlossen war ([X.], [X.]. v.26. Februar 1991, [X.], aaO). Es war mithin nicht entscheidend, ob [X.] zum Ziel hatten, Verzögerungen in zweiter Instanz zuvermeiden (a.A. wohl Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 531 Rdn. 24 f). [X.] Rechtsprechung war zum einen die Überlegung, daß die [X.]euni-gungswirkungen, welche die genannten Verfahrensvorschriften für den [X.] insgesamt sichern sollten, nicht mehr herzustellen waren, nachdem [X.] das Vorbringen berücksichtigt hatte. Zum anderen lag ihr [X.] zugrunde, daß bei einer Berücksichtigung des Verfahrensfehlers [X.] des wahren Sachverhalts ohne zwingenden Grund eingeschränktund möglicherweise auch die Erledigung eines Rechtsstreits, der sonst sein Endegefunden hätte, weiter verzögert wird ([X.], [X.]. v. 26. Februar 1991, [X.], aaO).- 8 -b) Diese Überlegungen lassen sich auch für § 531 Abs. 2 ZPO heranzie-hen. Zwar ist jetzt die Verfahrensbeschleunigung nicht mehr unmittelbares Zielder [X.], es soll aber unverändert eine ökonomische Verfahrensge-staltung erreicht und der zu diesem Zweck neudefinierten [X.] getragen werden. Das Berufungsgericht soll das erstinstanzliche [X.]eilin erster Linie mit dem Ziel der Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung überprüfenund deshalb neuen Tatsachenvortrag nur in besonderen Ausnahmefällen berück-sichtigen (Begründung zu § 531 Abs. 2 Satz 1 [X.], BT-Drucks. 14/4722,S. 101). Dieses Ziel läßt sich indessen nicht mehr erreichen, wenn das [X.] neues Vorbringen weitergehend als im Gesetz vorgesehen berück-sichtigt und insbesondere im Wege der Beweisaufnahme entsprechende Fest-stellung getroffen hat. Somit hätte auch eine Aufhebung des Berufungsurteilswegen dieses Verfahrensfehlers zur Folge, daß ohne zwingenden Grund eineEntscheidung ergehen müßte, die dem wahren Sachverhalt nicht in jeder Hinsichtentspricht. [X.] wie § 531 Abs. 2 ZPO sind zwangsläufig nachteiligfür das Bemühen um eine materiell richtige Entscheidung (vgl. [X.] 55, 72,95). Für solche Defizite in gerichtlichen Erkenntnissen gibt es aber keine Recht-fertigung, wenn das durch die Nichtberücksichtigung von Vorbringen verfolgteprozeßökonomische Ziel nicht mehr zu erreichen ist. Zudem sind Ergebnissemöglich, die den Regelungszweck einer wirtschaftlichen Verfahrensgestaltungnicht nur verfehlen, sondern ihm zuwiderlaufen. Ist es nämlich [X.], [X.] Berufungsgericht unter Mißachtung des § 531 Abs. 2 ZPO neuen [X.] zuläßt, so kann sich in der Folge des aufhebenden [X.] denkbar auch im vorliegenden Fall - die Notwendigkeit weiterer [X.] 9 -c) Diesem Ergebnis steht der Zweck des neu gestalteten Berufungsverfah-rens nicht entgegen. Zwar ist die Berufung nun als Instrument primär der Fehler-kontrolle und Fehlerbeseitigung keine vollwertige Tatsacheninstanz ([X.],[X.]. v. 28. Mai 2003, [X.], NJW 2003, 2531, 2532). Die damit ver-bundene Stärkung der ersten Rechtszugs bedeutet aber nicht, daß eine Berück-sichtigung unzulässigen neuen Vorbringens deshalb zu einer Verfälschung [X.] führt, weil die in der [X.] geschaffene [X.] auch für alle die Rechtsmittelzüge festgeschrieben werden sollte (a.[X.]/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 531 Rdn. 24 f). Anders als in der Revision (vgl.§§ 545, 546, 559 ZPO) findet in der Berufungsinstanz nicht nur eine Rechtskon-trolle unter Ausschluß neuen [X.] statt. Vielmehr sind neue [X.] und Verteidigungsmittel nicht schlechthin unzulässig, sondern nach § 531Abs. 2 ZPO nur von besonderen Voraussetzungen - insbesondere von fehlenderNachlässigkeit - abhängig gemacht. Folgerichtig zählt § 513 Abs. 1 ZPO zu [X.] auch den Umstand, daß Tatsachen, die nach § 529 [X.] zu legen sind, eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dies ist nach§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO bei neuem Vorbringen der Fall, das nach § 531 Abs. [X.] zuzulassen ist.Tropf [X.] [X.] [X.]

Meta

V ZR 187/03

22.01.2004

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2004, Az. V ZR 187/03 (REWIS RS 2004, 4907)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4907

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