Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.11.2010, Az. 1 C 17/09

1. Senat | REWIS RS 2010, 1373

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Gegenstand

Aufenthaltserlaubnis zwecks Ehegattennachzugs zu Deutschen; unionsrechtliches Freizügigkeitsrecht; Visumerfordernis; Aufenthaltszweck; Falschangaben im Visumverfahren; Ausweisungsgrund


Leitsatz

1. Dem drittstaatsangehörigen Ehegatten eines deutschen Staatsangehörigen steht ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anwendung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in den sog. Rückkehrerfällen nur dann zu, wenn der deutsche Staatsangehörige von seinem unionsrechtlichen Freizügigkeitsrecht nachhaltig Gebrauch gemacht hat. Dafür reicht ein Kurzaufenthalt zum Zweck der Eheschließung in einem anderen Mitgliedstaat (hier: Dänemark) nicht aus.

2. Welches Visum als das erforderliche Visum im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG (juris: AufenthG 2004) anzusehen ist, bestimmt sich nach dem Aufenthaltszweck, der mit der im Bundesgebiet beantragten Aufenthaltserlaubnis verfolgt wird.

3. Die Voraussetzungen eines Anspruchs des Ehegatten eines Deutschen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 39 Nr. 3 AufenthV liegen nicht vor, wenn er durch falsche Angaben im Schengen-Visum-Verfahren den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG verwirklicht hat.

Tatbestand

1

Die Klägerin erstrebt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen.

2

Die 1973 geborene Klägerin ist Staatsangehörige der [X.]. Sie reiste am 1. August 2007 mit einem zunächst bis zum 29. August 2007 gültigen Schengen-Visum nach [X.] ein. Das Visum wurde später bis zum 30. September 2007 verlängert. Im [X.] hatte die Klägerin gegenüber der [X.] Auslandsvertretung in [X.] angegeben, sie wolle in [X.] eine Freundin besuchen. Am 6. September 2007 heiratete sie während einer Kurzreise nach [X.] einen [X.] Staatsangehörigen, kehrte anschließend mit diesem nach [X.] zurück und beantragte am 18. September 2007 bei der Ausländerbehörde des Beklagten die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des [X.]. Diese lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10. Oktober 2007 ab und drohte der Klägerin zugleich die Abschiebung an. Die Klägerin sei ohne das erforderliche nationale Visum eingereist, das man für auf Dauer gerichtete [X.] benötige. Der Aufenthaltstitel könne auch nicht nach § 39 Nr. 3 Aufenthaltsverordnung - [X.] - im [X.] beantragt werden. Diese Bestimmung verlange, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden seien. Das sei bei der Klägerin nicht der Fall, da der Anspruch mit der Heirat in [X.] und damit vor der Einreise nach [X.] entstanden sei. Von dem Erfordernis der Einholung eines nationalen Visums vom Ausland aus könne auch nicht im Rahmen des Ermessens nach § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] abgesehen werden.

3

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten verpflichtet, der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Einreise mit dem erforderlichen Visum stehe dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegen. Denn die Klägerin könne die Aufenthaltserlaubnis nach § 39 Nr. 3 [X.] auch vom [X.] aus einholen, da der Anspruch nach der Einreise entstanden sei. Unter "Einreise" im Sinne der Vorschrift sei nämlich die erste Einreise in den [X.] zu verstehen. Da die Klägerin bereits am 1. August 2007 in den [X.] eingereist sei, sei die Ehe nach der Einreise geschlossen worden.

4

Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] mit Urteil vom 16. Juli 2009 die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen. In der Begründung heißt es: Zwar lägen die besonderen Voraussetzungen für einen Ehegattennachzug nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 [X.] vor. Die Klägerin erfülle jedoch nicht die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.], weil sie nicht mit dem für den beabsichtigten Daueraufenthalt erforderlichen Visum eingereist sei und die für die Erteilung maßgeblichen Angaben nicht bereits im Visumantrag gemacht habe. Sie sei entgegen der Ansicht des [X.] auch nicht nach § 39 Nr. 3 [X.] von diesem Erfordernis befreit. Denn ihr Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei nicht nach der Einreise entstanden. Es komme nach dieser Vorschrift auf die letzte vor der Antragstellung erfolgte Einreise in das [X.] an und nicht auf die Einreise in den [X.]. Dies ergebe sich u.a. aus dem Zweck der Neufassung der Vorschrift durch das Richtlinienumsetzungsgesetz. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs solle mit der Begrenzung der Privilegierung auf nach der Einreise entstandene Anspruchsfälle der missbräuchlichen Verwendung eines Schengen-Visums für einen von vornherein beabsichtigten langfristigen Aufenthalt entgegengewirkt werden. Dabei habe der Verordnungsgeber ausdrücklich die Heirat [X.] Staatsangehöriger in [X.] vor Augen gehabt. Die Regelung begegne weder mit Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz noch mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie Bedenken. Eine andere Auslegung der Vorschrift sei schließlich auch unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten nicht geboten. Die von der Klägerin herangezogene Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] sei nicht einschlägig, weil der Ehemann der Klägerin nicht von seinem unionsrechtlichen Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht habe. Die Ermessensentscheidung des Beklagten, von dem [X.] nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] zugunsten der Klägerin abzusehen, obwohl ihr ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug zustehe, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Bei der Ermessensausübung sei es erforderlich, die legitimen Interessen des Ausländers gegen das öffentliche Interesse an der Einhaltung des [X.]s unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit abzuwägen. Dem sei der Beklagte rechtsfehlerfrei nachgekommen. Er sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin das nationale [X.] in offensichtlich missbräuchlicher Absicht umgangen habe und besondere Umstände, die eine vorübergehende Trennung von ihrem Ehemann mit Blick auf Art. 6 [X.] oder Art. 8 [X.] als unzumutbar erscheinen ließen, weder dargetan noch ersichtlich seien.

5

Zur Begründung ihrer Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, das Berufungsgericht habe den Begriff der Einreise in § 39 Nr. 3 [X.] fehlerhaft ausgelegt und dessen europarechtliche Prägung außer Acht gelassen. Die Auslegung des Berufungsgerichts führe zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Eheschließungen in [X.] im Vergleich zu Eheschließungen in anderen [X.]. Sie werde auch dem durch Art. 6 [X.] gewährleisteten Schutz der Ehe einschließlich der Eheschließungsfreiheit nicht gerecht. Außerdem sei vorliegend das Ermessen der Ausländerbehörde, von der Durchführung eines [X.]s abzusehen, im Rahmen von § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] auf Null reduziert. Das [X.] habe bereits 1986 festgestellt, dass die Verweisung auf das Sichtvermerksverfahren unsinnig sei, wenn der weitere Aufenthalt des legal eingereisten Ausländers unbedenklich erlaubt werden könne.

6

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

7

Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 10. November 2010 darauf hingewiesen, dass die Klägerin ausweislich des in Ablichtung bei den Gerichtsakten befindlichen Visumvorgangs im [X.] auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden ist. Die sich aus dem Visumvorgang ergebenden Umstände sind mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert und von diesen nicht in Frage gestellt worden.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug ohne vorherige Durchführung eines nationalen [X.] verneint und den angefochtenen Bescheid als rechtmäßig bestätigt (§ 144 Abs. 4 VwGO). Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin den Bestimmungen des [X.]es unterliegt (1.), dass sie die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] - [X.] - nicht erfüllt (2.a) und weder nach § 39 Aufenthaltsverordnung - [X.] - hiervon befreit ist (2.b) noch verlangen kann, dass der [X.] im Rahmen seines Ermessens nach § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] von dieser Erteilungsvoraussetzung absieht (2.c).

9

1. Zunächst ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass das Klagebegehren nach den Vorschriften des [X.]es zu beurteilen ist. Die Anwendung des [X.]es ist nicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ausgeschlossen, da die Rechtsstellung der Klägerin nicht von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/[X.] - [X.]/[X.]) erfasst wird. Denn nach § 1 [X.]/[X.] regelt dieses Gesetz nur die Einreise und den Aufenthalt von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der [X.] und ihrer Familienangehörigen, nicht aber die Einreise und den Aufenthalt von Familienangehörigen [X.] Staatsangehöriger.

Allerdings unterfallen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) ausnahmsweise auch Familienangehörige von [X.] den unionsrechtlichen Nachzugsregelungen, nämlich dann, wenn es sich um sog. [X.] handelt ([X.], Urteile vom 7. Juli 1992 - [X.]. [X.]/90, Singh - [X.] 1992, 341 und vom 11. Dezember 2007 - [X.]. [X.]/05, [X.] - [X.] 2008, 114). Nach dieser Rechtsprechung kann sich der einem Drittstaat angehörende Ehegatte eines [X.] auch gegenüber dem Staat der Staatsangehörigkeit des [X.] auf ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht berufen, wenn der Unionsbürger von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht und sich in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen hat, der Ehegatte ihn in den anderen Mitgliedstaat begleitet hat oder ihm nachgezogen ist und sich mit ihm dort aufgehalten hat. Dies gilt auch, wenn die Ehe erst in dem anderen Mitgliedstaat geschlossen wurde, und ist unabhängig von dem Zeitpunkt der Einreise und der Rechtmäßigkeit des bisherigen Aufenthalts des Ehegatten in dem Staat der Staatsangehörigkeit des [X.] ([X.], Urteil vom 11. Dezember 2007 a.a.[X.] Rn. 27 ff., 45) oder dem anderen Mitgliedstaat ([X.], Urteil vom 25. Juli 2008 - [X.]. [X.]/08, [X.] - NVwZ 2008, 1097 Rn. 48 ff.). Nach der Rechtsprechung des [X.] erfordert es die praktische Wirksamkeit des Freizügigkeitsrechts des [X.], dass in diesen Fällen der drittstaatsangehörige Ehegatte bei einer gemeinsamen Rückkehr in den Herkunftsstaat des [X.] auch dort ein unionsrechtlich begründetes Aufenthaltsrecht hat.

Dieses Recht darf von den Mitgliedstaaten grundsätzlich keinen weiteren Voraussetzungen als dem Nachweis der Identität und der Ehe unterworfen werden. Insbesondere darf nicht ein "Aufenthaltsvisum zum Zweck der Familienzusammenführung" verlangt werden ([X.], Urteil vom 14. April 2005 - [X.]. [X.]/03, [X.]/[X.] - Slg. 2005, [X.] Rn. 28). Selbst die Einreise ohne ein zulässigerweise gefordertes Einreisevisum in Gestalt eines [X.] darf allenfalls zur Belegung mit Verwaltungssanktionen, nicht aber zur Versagung des Aufenthaltsrechts und erst recht nicht zur Entfernung aus dem Hoheitsgebiet führen ([X.], Urteil vom 25. Juli 2002 - [X.]. [X.]/99, [X.] - [X.] 2002, 417 Rn. 56 und 59). Ob bei Bestehen eines solchen unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts des drittstaatsangehörigen Ehegatten eines [X.] die Regelungen des Freizügigkeitsgesetzes/[X.] in unionsrechtskonformer Auslegung entsprechend anzuwenden sind (vgl. [X.], [X.], § 1 [X.]/[X.] Rn. 2 und 14; VG Darmstadt, Beschluss vom 6. Oktober 2010 - 5 L 492/10.DA - S. 4 f.; wohl auch [X.], Beschluss vom 17. August 2010 - 1 [X.]/10 - [X.] 2011, 1) oder ob eine unionsrechtskonforme Handhabung durch unmittelbaren Rückgriff auf das Unionsrecht sicherzustellen ist (vgl. [X.], in: GK-[X.], § 1 [X.]/[X.] Rn. 26), braucht hier nicht abschließend geklärt zu werden. Aus Sicht des Senats sprechen durchaus gute Gründe für eine analoge Anwendung der Regelungen des Freizügigkeitsgesetzes/[X.] mit der Folge, dass bei Vorliegen eines sog. Rückkehrerfalles nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 [X.] auch die Anwendung des [X.]es ausgeschlossen ist. Das würde allerdings nicht bedeuten, dass in allen Fällen des Nachzugsbegehrens von Drittstaatsangehörigen zu ihrem [X.] Ehegatten vor einer Anwendung des [X.]es auch stets eine Feststellung über das Nichtbestehen eines Rechts nach § 2 Abs. 1 [X.]/[X.] gemäß § 11 Abs. 2 [X.]/[X.] erforderlich wäre. Denn diese Regelung beruht auf der Vermutung eines Freizügigkeitsrechts zugunsten der in § 1 [X.]/[X.] genannten Personen, die bei Familienangehörigen [X.] Staatsangehöriger gerade nicht besteht, und dürfte daher von einer entsprechenden Anwendung der Regelungen des Freizügigkeitsgesetzes/[X.] in [X.]n ausgenommen sein.

Die vorstehend aufgeworfene Rechtsfrage bedarf hier keiner abschließenden Klärung, weil bei der Klägerin die Voraussetzungen eines sog. Rückkehrerfalles im Sinne der Rechtsprechung des [X.] nicht vorliegen. Denn ihr [X.] Ehemann hat durch die Kurzreise nach [X.] und die dortige Heirat nicht in so nachhaltiger Weise von seiner Freizügigkeit Gebrauch gemacht, dass es die praktische Wirksamkeit des Freizügigkeitsrechts erforderte, der Klägerin einen unionsrechtlichen Nachzugsanspruch zuzubilligen. Dabei kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang der Ehemann der Klägerin bei seiner Kurzreise nach [X.] durch Inanspruchnahme von Dienstleistungen von seinem wirtschaftlichen Freizügigkeitsrecht in Gestalt der passiven Dienstleistungsfreiheit Gebrauch gemacht hat. Denn nach der Rechtsprechung des [X.] setzt die Anwendung der in den sog. [X.]n entwickelten Grundsätze nicht mehr notwendig ein Gebrauchmachen des [X.] von den wirtschaftlichen Grundfreiheiten voraus (zum wirtschaftlichen Freizügigkeitsrecht durch Erbringung von Dienstleistungen vgl. [X.], Urteil vom 11. Juli 2002 - [X.]. [X.]/00, [X.] - Slg. 2002, [X.]). Vielmehr kann auch ein Gebrauchmachen von dem allgemeinen mit der [X.]chaft verbundenen Freizügigkeitsrecht nach Art. 21 Abs. 1 A[X.]V geeignet sein, die Anwendbarkeit der unionsrechtlichen Familiennachzugsregeln zu begründen (vgl. [X.], Urteil vom 19. Oktober 2004 - [X.]. [X.]/02, [X.] - [X.] 2004, 413 Rn. 34 ff.). Dennoch genügt, wie die vom [X.] entschiedenen Fälle zeigen, nicht jede auch noch so geringfügige Ausübung des Freizügigkeitsrechts durch den Unionsbürger. Vielmehr ist für eine "Mitnahme" des Freizügigkeitsstatus in den Heimatstaat und eine entsprechende Begünstigung des drittstaatsangehörigen Ehegatten erforderlich, dass der Unionsbürger mit einer gewissen Nachhaltigkeit von seiner Freizügigkeit Gebrauch macht (so auch die ganz überwiegende verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung: [X.], Beschluss vom 25. Januar 2010 - 11 S 2181/09 - [X.] 2010, 143; [X.], Beschluss vom 29. September 2009 - 19 CS 09.1405 - juris Rn. 8; VG Darmstadt, Beschluss vom 23. Oktober 2009 - 5 L 557/09.DA(2) - [X.] 2010, 67; nachgehend [X.], Beschluss vom 22. Januar 2010 - 3 [X.]/09 - juris Rn. 16 ff.). Würde bereits jeder kurzfristige, von vornherein nicht auf eine gewisse Dauer angelegte Aufenthalt eines [X.] in einem anderen Mitgliedstaat - etwa zu touristischen Zwecken - für einen unionsrechtlich begründeten Nachzugsanspruch des mitreisenden drittstaatsangehörigen Ehegatten bei Rückkehr in den Heimatstaat ausreichen, liefe das Recht der Mitgliedstaaten zur Regelung von Einreise und Aufenthalt für den einem Drittstaat angehörenden Ehegatten oder sonstige Familienangehörige ihrer eigenen Staatsbürger weitgehend leer. Dieses Recht der Mitgliedstaaten hat der [X.] in seinen Entscheidungen aber immer wieder ausdrücklich anerkannt und betont, dass die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit nicht auf Tätigkeiten anwendbar sind, die mit keinem relevanten Element über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausweisen ([X.], Urteile vom 25. Juli 2008 a.a.[X.] Rn. 77 und vom 1. April 2008 - [X.]. [X.]/06, [X.] etc. - Slg. 2008, [X.] Rn. 39 m.w.N.). Insofern kann der Rechtsprechung des [X.] zu den [X.]n eine Art Bagatellvorbehalt entnommen werden, nach dem - angesichts der erheblichen Rechtsfolgen des Gebrauchmachens von der Freizügigkeit im Rückkehrfall - auch dieses Gebrauchmachen selbst von einer gewissen Erheblichkeit bzw. Nachhaltigkeit sein muss. In die gleiche Richtung gehen auch die Überlegungen der [X.] zu einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Unionsrechts in diesem Zusammenhang, die die Begründung eines tatsächlichen und effektiven Aufenthalts in dem anderen Mitgliedstaat, d.h. der Sache nach in der Regel einen Umzug des [X.], für erforderlich hält (Mitteilung der [X.] an das [X.] und den Rat vom 2. Juli 2009, [X.]) 313 endgültig, S. 19 f.).

Wo im Einzelnen die Grenze zu ziehen ist, von der an das Gebrauchmachen von den unionsrechtlichen Freizügigkeits- und [X.] in einem anderen Mitgliedstaat als ausreichend nachhaltig angesehen werden kann, um bei Rückkehr in den Heimatstaat ein unionsrechtlich begründetes Aufenthaltsrecht des drittstaatsangehörigen Ehegatten zu rechtfertigen, und ob eine verallgemeinerungsfähige Konkretisierung insoweit überhaupt möglich ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn jedenfalls im vorliegenden Fall ist durch den kurzfristigen, nur wenige Tage dauernden gemeinsamen Aufenthalt der Klägerin und ihres Ehemannes in [X.] diese Grenze zweifellos nicht erreicht. Deshalb erübrigt sich auch eine Vorlage an den [X.].

Die Notwendigkeit einer solchen Vorlage ergibt sich auch nicht aus den Schlussanträgen der Generalanwältin [X.] in der der [X.] des [X.] zugewiesenen Rechtssache [X.]/09 - [X.] - vom 30. September 2010. Die Generalanwältin hat darin grundsätzlich die Frage aufgeworfen, ob ein Unionsbürger sich gegenüber dem Staat seiner Staatsangehörigkeit auch ohne vorheriges Gebrauchmachen von der Freizügigkeit auf seine Rechte als Unionsbürger - einschließlich des damit verbundenen Anspruchs auf Familiennachzug nach unionsrechtlichen Regeln - berufen kann. Nach ihrer Auffassung ist eine solche Inländerdiskriminierung unionsrechtlich unzulässig. Dies widerspricht allerdings der bisherigen gefestigten Rechtsprechung des [X.], nach der Unionsrecht auf rein innerstaatliche Sachverhalte keine Anwendung findet und über etwaige Benachteiligungen, denen Staatsangehörige eines Mitgliedstaates nach dem Recht dieses Staates ausgesetzt sein können, allein im Rahmen des internen Rechtssystems dieses Staates zu entscheiden ist (neben den oben zitierten Urteilen vom 25. Juli 2008 und 1. April 2008 auch Urteil vom 5. Juni 1997 - [X.]. [X.]/96 und [X.], [X.] und [X.] - Slg. 1997, [X.] Rn. 23). Dies hat der [X.] auf einen ähnlichen Vorstoß der Generalanwältin [X.] in ihren Schlussanträgen vom 28. Juni 2007, Rn. 121 in der Rechtssache [X.]/06 durch Urteil vom 1. April 2008 a.a.[X.], Rn. 37 bis 39 ausdrücklich bestätigt. Aus Sicht des Senats stellt sich angesichts dieser eindeutigen Rechtsprechung derzeit insoweit keine europarechtliche Zweifelsfrage.

Die Anwendung des [X.]es auf inländische Unionsbürger, die von ihrem Freizügigkeitsrecht keinen Gebrauch gemacht haben, verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dabei kann dahinstehen, ob angesichts der Verpflichtung zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und der dadurch bedingten Betroffenheit unterschiedlicher Rechtskreise überhaupt gleiche oder vergleichbare Sachverhalte im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG vorliegen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. November 1989 - 1 BvR 986/89 - NJW 1990, 1033 und vom 13. Juni 2006 - 1 BvR 1160/03 - [X.]E 116, 135 <159>). Denn die aus dem Nebeneinander von Unionsrecht und nationalem Recht entstehende Ungleichbehandlung ist jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Ist eine Übertragung des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts auf Familienangehörige von inländischen Unionsbürgern, die von ihrem Freizügigkeitsrecht keinen Gebrauch gemacht haben, unionsrechtlich nicht geboten, liegen hinreichend gewichtige Gründe vor, dass in diesen Fällen die für alle nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländer geltenden Bestimmungen des nationalen Aufenthaltsrechts zur Anwendung kommen (vgl. Urteil vom 4. September 2007 - BVerwG 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 Rn. 40).

2. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens sind daher die Bestimmungen des [X.]es in der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 ([X.]), die - soweit hier einschlägig - auch derzeit noch unverändert gelten.

Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug zu einem [X.] gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 [X.] erfordert neben dem Vorliegen der dort genannten Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich auch, dass die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] erfüllt ist, d.h. dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist (Nr. 1) und die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat (Nr. 2). Etwas anderes gilt nur, wenn der Ausländer nach § 39 [X.] berechtigt ist, die Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise einzuholen, oder ein Absehen von dieser Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] in Betracht kommt.

a) Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin die Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht erfüllt. Sie ist nicht mit einem zum Zweck des [X.] erteilten nationalen Visum gemäß § 6 Abs. 4 [X.] eingereist und hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die für dessen Erteilung erforderlichen Angaben nicht bereits im Visumantrag gemacht.

Die Klägerin ist mit einem Schengen-Visum für einen Kurzaufenthalt von bis zu drei Monaten im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] und damit nicht unerlaubt im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 2 [X.] in das [X.] eingereist (vgl. zur Auslegung dieser Vorschrift: BTDrucks 15/420 S. 73 und [X.], Urteil vom 27. April 2005 - 2 [X.] - NJW 2005, 2095). Für einen längerfristigen Aufenthalt ist aber gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 [X.] - vorbehaltlich der oben genannten Ausnahmen - ein Visum für das [X.] (nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird und der Zustimmung der zuständigen Ausländerbehörde bedarf (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]). Welches Visum im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] als das erforderliche Visum anzusehen ist, bestimmt sich nach dem Aufenthaltszweck, der mit der im [X.] beantragten Aufenthaltserlaubnis verfolgt wird (so auch die ganz überwiegende Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte: neben dem Berufungsurteil etwa [X.], Beschluss vom 16. März 2005 - 12 TG 298/05 - NVwZ 2006, 111; [X.], Beschluss vom 14. März 2006 - 11 S 1797/05 - juris Rn. 12 ff.; [X.], Beschluss vom 28. August 2008 - 13 [X.]/08 - juris Rn. 3; [X.], Beschluss vom 26. Juni 2009 - 1 [X.]/08 - juris Rn. 30; zur alten Rechtslage noch offenlassend, Urteil vom 18. Juni 1996 - BVerwG 1 C 17.95 - BVerwGE 101, 265 <267>). Für dieses Verständnis der Vorschrift spricht neben ihrer systematischen Stellung bei den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln auch der Sinn und Zweck der Regelung. Sie dient anders als § 14 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nicht primär der Verhinderung oder Sanktion einer unerlaubten Einreise, sondern soll die Einhaltung des [X.] als wichtiges Steuerungsinstrument der Zuwanderung gewährleisten (BTDrucks 15/420 S. 70). Diesem Zweck der Vorschrift wird eine weite, auch nachträgliche Änderungen des [X.] erfassende Auslegung der Vorschrift am ehesten gerecht. Nur bei einem solchen Verständnis der Vorschrift erlangen im Übrigen die in § 39 Nr. 2, 3 und 6 [X.] vorgesehenen Ausnahmen eine eigenständige Bedeutung. In den dort geregelten Fällen einer nachträglichen Änderung des [X.] würde andernfalls schon nach § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] die Beantragung eines Aufenthaltstitels im [X.] zulässig sein.

Da die Klägerin "nur" mit einem Schengen-Visum und nicht mit dem nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] erforderlichen nationalen Visum eingereist ist, fehlt es - ungeachtet des Umstandes, dass sie auch nicht die für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Eheschließung und Eheführung erforderlichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat - an der Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.].

b) Die Klägerin ist auch nicht nach den auf § 99 Abs. 1 Nr. 2 [X.] beruhenden Regelungen der §§ 39 ff. [X.] ausnahmsweise berechtigt, den Aufenthaltstitel im [X.] einzuholen, und damit von dem Visumerfordernis befreit.

Die im Fall der Klägerin allein in Betracht kommende Regelung in § 39 Nr. 3 [X.] ist in der seit dem 28. August 2007 geltenden Fassung des [X.] (vgl. Art. 7 Abs. 4 Nr. 13 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der [X.] vom 19. August 2007, [X.]) anzuwenden. Umstände, die es aus Gründen des Vertrauensschutzes gebieten würden, abweichend von dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der aktuellen Rechtslage ausnahmsweise auf die zuvor geltende Rechtslage abzustellen (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Dezember 2007 - 18 B 1535/07 - [X.] 2008, 129), liegen im Fall der Klägerin nicht vor. Denn die für die Anwendung der Vorschrift maßgebliche Eheschließung fand ebenso wie die Beantragung der Aufenthaltserlaubnis erst nach Inkrafttreten der Rechtsänderung statt, so dass es schon deshalb an einem unter Geltung der alten Rechtslage ins Werk gesetzten Vertrauen fehlt. Abgesehen davon kommt es, wie die folgenden Ausführungen zeigen, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bei der Klägerin auch nicht entscheidend auf diese Rechtsänderung an.

Nach § 39 Nr. 3 [X.] in der hier anzuwendenden neuen Fassung kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im [X.] einholen, wenn er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung ([X.]) Nr. 539/2001 aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im [X.] aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind. In der alten Fassung lautete der letzte Halbsatz: "..., sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind." Die Klägerin, für die allein die zweite Alternative der Vorschrift in Betracht kommt, war zwar bei der Stellung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug im Besitz eines gültigen [X.] für kurzfristige Aufenthalte, bei ihr liegen aber trotz der Heirat eines [X.] nicht die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 39 Nr. 3 [X.] vor, weil sie den [X.] des § 55 Abs. 2 Nr. 1 [X.] verwirklicht hat und deshalb die Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.], von der beim Familiennachzug gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 [X.] im Rahmen des behördlichen Ermessens abgesehen werden kann, nicht erfüllt.

Unter einem "Anspruch" im Sinne von § 39 Nr. 3 [X.] ist ebenso wie bei vergleichbaren Formulierungen im [X.] - etwa in § 10 Abs. 3 Satz 3 [X.] - grundsätzlich nur ein strikter Rechtsanspruch zu verstehen (Urteil vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 C 37.07 - BVerwGE 132, 382 Rn. 24 m.w.N.). Ein solcher Rechtsanspruch liegt nur dann vor, wenn alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind und die Behörde kein Ermessen mehr auszuüben hat (a.a.[X.] Rn. 21 ff.). Das ist bei der Klägerin nicht der Fall. Sie hat bei der Beantragung des [X.] bei der [X.] Auslandsvertretung in [X.] im Juli 2007 falsche Angaben zum Zweck der Erlangung dieses Visums gemacht. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat sie seinerzeit angegeben, nur zu Besuchszwecken einreisen zu wollen, obwohl sie, wie die Reisechronologie belegt, von vornherein dauerhaft in [X.] bleiben wollte ([X.] f.). Von diesen nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist im Revisionsverfahren auszugehen (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die Klägerin ist ferner ausweislich des bei den Gerichtsakten befindlichen Visumvorgangs ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher und unvollständiger Angaben hingewiesen worden. Dies ist nach der Erörterung dieses Umstandes in der [X.] zwischen den Beteiligten unstreitig. Damit hat die Klägerin den [X.] des § 55 Abs. 2 Nr. 1 [X.] sowohl in der zum Zeitpunkt der Beantragung des Visums geltenden Fassung des [X.]es vom 30. Juli 2004 ([X.]) als auch in der jetzigen, seit Inkrafttreten des [X.] geltenden Fassung (§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a [X.]) erfüllt.

Dieser [X.] ist auch im Rahmen von § 39 Nr. 3 [X.] zu berücksichtigen und steht der Annahme eines strikten Rechtsanspruchs im Sinne dieser Vorschrift entgegen. Soweit in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung teilweise angenommen wird, dass § 39 Nr. 3 [X.] gerade bei einer Eheschließung nach der Einreise auch den Fall eines von vornherein beabsichtigten [X.] erfassen solle und deshalb der [X.], der auf dem entsprechenden Verstoß gegen die [X.] beruhe, bei Anwendung dieser Vorschrift außer Betracht bleiben müsse (so [X.], Beschluss vom 16. September 2008 - 19 B 871/08 - im [X.] an VG Aachen, Beschluss vom 16. Mai 2008 - 8 L 445/07 - zu § 39 Nr. 5 [X.], juris), folgt der Senat dem nicht (ebenso die überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung: vgl. nur [X.], Beschluss vom 10. Juni 2010 - 18 [X.]/10 - juris Rn. 8 ff.; [X.], Beschluss vom 8. Juli 2008 - 11 S 1041/08 - [X.] 2008, 444; [X.], Beschluss vom 18. Mai 2009 - 10 CS 09.853 - [X.] 2009, 291). Die Vorschrift des § 39 Nr. 3 [X.] befreit nur von der Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 [X.]; die selbständige Regelerteilungsvoraussetzung des [X.] eines [X.]es nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.] bleibt aber weiterhin zu beachten. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 39 Nr. 3 [X.]. Diese Vorschrift soll nur diejenigen Ausländer begünstigen, die im Schengen-Visumverfahren zutreffende Angaben gemacht haben und bei denen sich aufgrund nach der Einreise eingetretener neuer Umstände der Aufenthaltszweck geändert hat. Sie soll aber nicht den Versuch privilegieren, einen von Anfang an beabsichtigten Daueraufenthalt in [X.] unter Umgehung der nationalen [X.] durchzusetzen. Andernfalls würde die bewusste Umgehung des [X.] folgenlos bleiben und dieses Verfahren als wichtiges Steuerungsinstrument der Zuwanderung entwertet. Dieser schon mit der ursprünglichen Fassung der Vorschrift verfolgte Regelungszweck (vgl. [X.] 731/04 S. 182 f.) wird in der Begründung der Neufassung der Vorschrift durch das Richtlinienumsetzungsgesetz noch stärker zum Ausdruck gebracht (BTDrucks 15/5065 S. 240).

Da § 39 Nr. 3 [X.] schon mangels eines strikten Rechtsanspruchs der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht eingreift, kommt es auf die vom Berufungsgericht erörterte Auslegung des Begriffs der Einreise im Sinne von § 39 Nr. 3 [X.] nicht mehr an.

c) Ein Absehen von der Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] kommt auch nicht nach Satz 2 der Vorschrift in Betracht, da die Klägerin schon die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine solche Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde nicht erfüllt. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] kann von dem Erfordernis eines [X.] nach Satz 1 abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Ebenso wie im Rahmen von § 39 Nr. 3 [X.] setzt die erste Alternative der Vorschrift einen strikten Rechtsanspruch voraus, der wegen des Vorliegens des [X.]es des § 55 Abs. 2 Nr. 1 [X.] im Fall der Klägerin nicht besteht. Die Klägerin erfüllt auch nicht die Voraussetzungen der zweiten Alternative der Vorschrift. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts liegen besondere Umstände, die es der Klägerin unzumutbar machen, das [X.] vorübergehend zur Nachholung des [X.] zu verlassen, nicht vor ([X.]). Allein der Umstand, dass die Eheleute möglicherweise eine vorübergehende Trennung für die übliche Dauer des [X.] hinnehmen müssen, reicht hierfür auch unter Berücksichtigung des Schutzes der Ehe durch Art. 6 GG und Art. 8 [X.] nicht aus.

Um Missverständnisse zu vermeiden, weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass der [X.] des § 55 Abs. 2 Nr. 1 [X.] der Klägerin im Fall einer Ausreise zur Nachholung des nationalen [X.] nicht mehr entgegengehalten werden kann.

Die Abschiebungsandrohung in dem angefochtenen Bescheid ist nach alledem ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Meta

1 C 17/09

16.11.2010

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 16. Juli 2009, Az: OVG 2 B 19.08, Urteil

§ 1 Abs 2 Nr 1 AufenthG 2004, § 5 Abs 1 Nr 2 AufenthG 2004, § 5 Abs 2 S 1 AufenthG 2004, § 5 Abs 2 S 2 AufenthG 2004, § 6 Abs 4 AufenthG 2004, § 14 Abs 1 Nr 2 AufenthG 2004, § 27 Abs 1 AufenthG 2004, § 27 Abs 3 S 2 AufenthG 2004, § 28 Abs 1 S 1 Nr 1 AufenthG 2004, § 55 Abs 2 Nr 1 AufenthG 2004, § 99 Abs 1 Nr 2 AufenthG 2004, § 1 FreizügG/EU 2004, § 2 Abs 1 FreizügG/EU 2004, § 11 Abs 2 FreizügG/EU 2004, Art 8 MRK, Art 6 GG, § 39 Nr 3 AufenthV, Art 21 Abs 1 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.11.2010, Az. 1 C 17/09 (REWIS RS 2010, 1373)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1373


Verfahrensgang

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Az. 4 CN 2/12

Bundesverwaltungsgericht, 4 CN 2/12, 11.04.2013.


Az. 4 BN 12/12, 4 BN 12/12 (4 CN 2/12)

Bundesverwaltungsgericht, 4 BN 12/12, 4 BN 12/12 (4 CN 2/12), 19.06.2012.


Az. 1 C 17/09

Bundesverwaltungsgericht, 1 C 17/09, 16.11.2010.


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