Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.05.2013, Az. IV AR (VZ) 3/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5432

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV AR(VZ)
3/12
vom

29. Mai 2013

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], die Richterin [X.], [X.]
[X.] und die Richterin [X.]

am 29. Mai 2013

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1.
Zivil-senats des [X.] vom 17.
April 2012 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

[X.]: 10.000


30 Abs.
1 [X.].
§
30 Abs.
3 Satz
1 [X.])

Gründe:

[X.] Die Antragstellerin begehrt die Anerkennung als Gütestelle i.S. der §§
794 Abs.
1 Nr.
1 ZPO, 15a EGZPO.

Sie ist eine in [X.] ansässige Rechtsanwaltsgesellschaft, die auch Mediations-
und sonstige Konfliktlösungsdienstleistungen erbringt. Ihren Antrag auf Anerkennung als Gütestelle lehnte der Antragsgegner

das Land [X.]

mit der Begründung ab, dass in [X.] eine gesetzli-che Regelung über die Anerkennung
von Gütestellen nicht bestehe. Ob eine Anerkennung aufgrund bloßer Verwaltungsübung verfassungsrecht-lich zulässig wäre, sei zweifelhaft. Jedenfalls habe er entsprechend [X.] ständigen Verwaltungspraxis sein pflichtgemäßes Ermessen zu Las-1
2
-
3
-

ten der Antragstellerin ausgeübt, weil der mit einer Anerkennung von [X.] einhergehende Verwaltungsaufwand erheblich wäre.

Den
hiergegen gestellten
Antrag
auf gerichtliche Entscheidung hat das [X.] durch den angefochtenen Beschluss zurückgewie-sen. Die
Antragstellerin habe keinen Anspruch darauf, als Gütestelle an-erkannt zu werden. Eine einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage beste-he nicht. Auch das Grundgesetz, die Verfassung von [X.] und die [X.] gewährten der Antrag-stellerin den geltend gemachten Anspruch nicht. Der Antragsgegner sei nicht gehalten, die Antragstellerin ohne gesetzliche Grundlage als Güte-stelle anzuerkennen. Eine solche Anerkennung regelte die Berufsaus-übung zu Lasten derjenigen Mitbewerber, die
nicht ebenfalls als Güte-stelle anerkannt würden. Für eine Berufsausübungsregelung sei ein [X.] erforderlich.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde.

I[X.] Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, insbesondere aufgrund der
für das Rechtsbeschwerdegericht binden-den

Zulassung gemäß §
29 Abs.
1 und 2 [X.] statthaft, jedoch un-begründet.

Das [X.] hat den
als [X.] gemäß §
23 Abs.
2 [X.] zulässigen

Antrag auf gerichtliche Entscheidung rechts-fehlerfrei zurückgewiesen. Die Ablehnung der Anerkennung als [X.] verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.

3
4
5
6
-
4
-

1. Eine einfachgesetzliche Grundlage für die Anerkennung als Gü-testelle
besteht nicht. Der Antragsgegner hat von der durch §
15a Abs.
6 Satz
1 EGZPO eröffneten Möglichkeit, Gütestellen im Sinne dieser Vor-schrift
und damit auch i.S. des §
794 Abs.
1 Nr.
1 ZPO

durch Landes-recht anzuerkennen, keinen Gebrauch gemacht.

2.
Ein Anspruch der Antragstellerin auf Anerkennung als Gütestelle ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit ge-mäß Art.
12 Abs.
1 Satz
1 GG, auf das
sie sich zur Begründung ihrer Rechtsbeschwerde beruft.

a) Art.
12 Abs.
1 Satz
1
GG
gewährt allen Deutschen das Recht, den Beruf frei zu wählen und frei auszuüben. Die Berufsfreiheit umfasst jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und [X.] einer Lebensgrundlage dient. Dieses Grundrecht ist nach Art.
19 Abs.
3 GG auch auf juristische Personen
wie die Antragstelle-rin

anwendbar, soweit sie eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben, die ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise einer na-türlichen wie einer juristischen Person offensteht ([X.] NVwZ 2012, 1535, 1536
m.w.N.).

b) Dass ihr Recht auf freie Berufswahl nicht berührt ist, sieht die Rechtsbeschwerdeführerin selbst so. Auch ihr Recht auf freie Berufsaus-übung wird nicht eingeschränkt, selbst wenn die erstrebte Tätigkeit als Gütestelle i.S. von §
794 Abs.
1 Nr.
1 ZPO ein wichtiger Bestandteil ihrer anwaltlichen Tätigkeit sein mag. Die Rechtsbeschwerdeführerin über-sieht, dass die Berufsfreiheit grundsätzlich nur ein Freiheits-
oder Ab-wehrrecht ist ([X.] in [X.]/[X.], Grundgesetz 67.
Ergänzungsliefe-rung 2013 Art.
12 Rn.
47) und somit in erster Linie auf die Abwehr staat-licher Eingriffe zielt ([X.] in [X.]/[X.], GG 12.
Aufl. vor Art.
1 7
8
9
10
-
5
-

Rn.
5).
An einem solchen Eingriff in die Berufsausübung der Antragstel-lerin fehlt es. Er liegt nicht in dem Unterlassen der von der Antragstelle-rin begehrten Anerkennung als Gütestelle. Die freie Berufsausübung wird nicht beeinträchtigt, wenn die gesetzliche Grundlage für eine Erweite-rung der Berufstätigkeit, die zusätzliche rechtliche Möglichkeiten eröff-net, nicht geschaffen wird.

Eine Einschränkung der freien Berufsausübung ergibt sich nicht daraus, dass es durch die den Ländern überlassene Entscheidung, ob sie die Anerkennung von Gütestellen durch Landesrecht regeln wollen, zu unterschiedlichen Ausformungen der außergerichtlichen Streitbeile-gung kommt. In den Ländern, in denen qualifizierte Institutionen und Personen als Gütestellen
anerkannt sind, mag die Bedeutung der außer-gerichtlichen Streitbeilegung höher sein, weil die Anrufung anerkannter Gütestellen mit rechtlichen Vorteilen
wie der Verjährungshemmung durch Bekanntgabe des [X.] (§
204 Abs.
1 Nr.
4 BGB) und der Wirkung eines Vergleichs als Vollstreckungstitel
(§§
794 Abs.
1 Nr.
1 ZPO, 15a Abs.
6 Satz
2 EGZPO)

verbunden ist. Diese Auswirkung des Föderalismus ist aber hinzunehmen. Anders als die
vom Bundesverfas-sungsgericht für unvereinbar mit Art.
12 Abs.
1 GG erklärte
-
Regelung über die Singularzulassung von Rechtsanwälten bei den [X.] in §
25 [X.] a.F. ([X.] NJW 2001, 353) hat der Bundesge-setzgeber die Anerkennung von Gütestellen nicht für die einzelnen Län-der unterschiedlich geregelt. Vielmehr hat er es den Ländern freigestellt, landesrechtliche Regelungen zur Anerkennung von Gütestellen zu tref-fen.

c)
Aus Art.
12 Abs.
1 GG folgt auch nicht
[X.]. den Art.
2
Abs.
1, 3 Abs.
1 und 14 Abs.
1 Satz
1 GG

ein Anspruch der Antragstellerin auf Neubescheidung ihres Antrags aus sachlichen Gründen. Wie das Kam-11
12
-
6
-

mergericht zutreffend ausgeführt hat, durfte der Antragsgegner die [X.] nicht ohne gesetzliche Grundlage als Gütestelle anerken-nen. Eine solche Anerkennung regelte die Berufsausübung zu Lasten der Mitbewerber. Für eine solche Berufsausübungsregelung fordert Art.
12 Abs.
1 Satz
2 GG ein Gesetz, das hinreichend klare Bestimmungen über die zu erfüllenden Voraussetzungen und das einzuhaltende Verfahren enthält (vgl. [X.], 1478
Rn.
35-37; so im Ergebnis auch [X.],
NJW 2011, 1478, 1481). Ohne gesetzliche Grundlage wäre die in der Anerkennung eines einzelnen Bewerbers liegende Berufsaus-übungsregelung im Verhältnis zu den Mitbewerbern der Antragstellerin rechtswidrig.

[X.] [X.] [X.]

Dr.
[X.]

[X.]

Vorinstanz:
KG [X.], Entscheidung vom 17.04.2012 -
1 VA 2/12 -

Meta

IV AR (VZ) 3/12

29.05.2013

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.05.2013, Az. IV AR (VZ) 3/12 (REWIS RS 2013, 5432)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5432

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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