Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.09.2015, Az. 2 StR 434/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 4999

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Gegenstand

Richterablehnung im Strafverfahren: Befangenheitsbesorgnis bei Widerruf der Pflichtverteidigerbestellung; Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe bei Betrugstaten; Urkundenfälschung durch Gebrauchmachen


Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. April 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

2. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen.

Die Staatskasse hat die Kosten dieses Rechtsmittels und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagte [X.]wegen Betrugs in 17 Fällen unter Einbeziehung von zwei Einzelstrafen aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und erbrachte Bewährungsauflagen angerechnet. Den Angeklagten S.      hat die [X.] wegen Betrugs in sechs Fällen unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, die in der Vorverurteilung ausgesprochene Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis aufrechterhalten und erbrachte Bewährungsauflagen angerechnet.

2

Die Angeklagte [X.]beanstandet mit ihrer Revision das Verfahren und erhebt die Sachrüge, während der Angeklagte S.      mit seiner Revision nur die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer zu Ungunsten der beiden Angeklagten auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision, dass das [X.] die Angeklagten nicht auch - jeweils tateinheitlich - wegen (gewerbsmäßiger) Urkundenfälschung und damit nicht zu höheren Einzel- und Gesamtstrafen verurteilt hat. Die Revisionen der Angeklagten führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, das [X.] der Staatsanwaltschaft hat hingegen keinen Erfolg.

I.

3

Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

4

1. Die Angeklagte [X.]war als Bankberaterin bei einer Bank unter anderem damit betraut, Kunden über [X.] zu beraten und entsprechende [X.] vorzubereiten. Um die finanziellen Verhältnisse der potentiellen Kreditnehmer prüfen zu können, mussten die Kunden - neben einem gültigen Ausweis und gegebenenfalls einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis - nach den internen [X.] unter anderem aktuelle Gehaltsbescheinigungen und gegebenenfalls Kontoauszüge eines Girokontos vorlegen. Die Angeklagte hatte diese Unterlagen zu prüfen, Kopien der Originale zu fertigen und zu bestätigen, dass die Kopien mit den jeweiligen Originalen übereinstimmten. Anhand bankinterner Kriterien bestimmte sie sodann den Kreditrahmen, bereitete den Kreditvertrag vor und legte diesen zur weiteren Unterschrift einem ihrer unmittelbaren Vorgesetzten oder einer zeichnungsberechtigten Kollegin vor. Neben ihrer eigenen Unterschrift war eine zweite Unterschrift einer zeichnungsberechtigten Person jedenfalls dann erforderlich, wenn - wie in den vorliegenden Fällen - der Kreditbetrag mehr als 20.000 € betrug.

5

Im [X.]raum vom 12. November 2007 bis zum 7. Mai 2008 kamen auf diese Weise „mindestens“ 17 Privatkredite zustande, davon in sechs Fällen auf entsprechende Vermittlung und Empfehlung des Angeklagten S.     . Die - teilweise gutgläubigen - Kunden bzw. angeblichen Kreditnehmer waren überwiegend ausländischer Herkunft, zum Teil stammten sie aus dem Familien- bzw. Bekanntenkreis des Angeklagten S.      .

6

Der Angeklagten [X.]wurden u.a. Kopien oder Originale gefälschter Gehaltsbescheinigungen, zum Teil auch fingierte Meldebescheinigungen oder Mietzahlungsquittungen vorgelegt. Von diesen fertigte sie Kopien und vermerkte darauf „Original lag vor“, um die Mitarbeiter der Bank, die die zweite Unterschrift unter dem Kreditvertrag zu leisten hatten, über die Voraussetzungen der Kreditgewährung zu täuschen.

7

Den Angeklagten war bekannt, dass die vorgelegten Unterlagen gefälscht und die bankinternen Kriterien für eine Kreditvergabe ohne weitere Sicherheiten nicht erfüllt waren. Die zeichnungsberechtigten Vorgesetzten bzw. Kollegen nahmen in Unkenntnis der Fälschungen irrig an, dass wahrheitsgemäße Angaben gemacht worden und die Voraussetzungen für einen Vertragsschluss erfüllt seien; sie „genehmigten“ die Vertragsabschlüsse und unterschrieben für die Bank die Vertragsdokumente. „In keinem Fall hätte die Bank in Kenntnis des wahren Sachverhaltes die Kreditverträge abgeschlossen.“

8

Dem Angeklagten S.     , der ebenfalls wusste, dass die Gehaltsabrechnungen gefälscht waren und eine Kreditwürdigkeit der einzelnen Kunden nicht gegeben war, oblag es, „Personen, die als Kreditnehmer in Erscheinung treten konnten, zu beschaffen und diese an die Angeklagte [X.]zu verweisen bzw. sie dorthin zu bringen“. Nachdem die Angeklagte [X.]das Geschäftsmodell ab März/April 2008 in der Weise modifizierte, dass sie mit Hilfe gefälschter Unterlagen den Anschein erweckte, als existierten Kreditnehmer, verzichtete sie auf die Mitwirkung des Angeklagten S.     .

9

In den sechs Fällen, in denen beide Angeklagte beteiligt waren, erhielten „beide Teile der Kreditsumme“; im Übrigen erhielt die Angeklagte [X.]    zum Teil oder vollständig die Kreditsumme. Angesichts der fehlenden oder - vereinzelt - erheblich eingeschränkten finanziellen Leistungsfähigkeit der Kreditnehmer und dem Fehlen jeglicher Sicherheiten hat die [X.] jeweils die Höhe der ausgezahlten [X.] als Vermögensschaden zugrunde gelegt.

2. Das [X.] hat die Taten jeweils als (gewerbsmäßigen) Betrug gemäß § 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB gewertet. Die Angeklagten hätten die Taten arbeitsteilig begangen (§ 25 Abs. 1, [X.]. 1., Abs. 2 StGB); insbesondere hätte der Angeklagte S.      (zunächst) eine wichtige Stellung innegehabt, da er die „angeblichen Kreditnehmer beigebracht“ habe.

Von einer jeweils tateinheitlich begangenen Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 StGB (hinsichtlich der Angeklagten [X.]   ) bzw. von einer hierzu geleisteten Beihilfe (hinsichtlich des Angeklagten S.     ) sei nicht auszugehen, weil es sich u.a. bei den von der Angeklagten [X.]vorgelegten - als solche erkennbaren - Kopien der gefälschten Gehaltsnachweise und Mietzahlungsquittungen um keine Urkunden im Sinne von § 267 Abs. 1 StGB gehandelt habe; überdies könnten ausdrücklich keine Feststellungen dahin getroffen werden, ob überhaupt jemals eine (echte oder verfälschte) Urkunde vorgelegen habe. Bei dem von der Angeklagten [X.]jeweils angebrachten Vermerk „Original lag vor“ handele es sich lediglich um eine straflose schriftliche Lüge.

II.

Revisionen der Angeklagten

1. Die Revision der Angeklagten [X.]    hat mit der Verfahrensrüge Erfolg, bei dem Urteil habe ein [X.] mitgewirkt, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden und das Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden sei (§ 24 Abs. 1 und 2, § 338 Nr. 3 StPO).

a) Der Rüge liegt das folgende Prozessgeschehen zugrunde:

Die Angeklagte hatte den Vorsitzenden [X.] zu Beginn der (zweiten) Hauptverhandlung wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, da dieser ihren als Pflichtverteidiger beigeordneten Verteidiger mit Verfügung vom 16. September 2013, am ersten Tag der (ersten) Hauptverhandlung, wegen mangelnder Zuverlässigkeit entbunden und ihm die durch die gleichzeitig verfügte Aussetzung der (ersten) Hauptverhandlung entstandenen Kosten auferlegt habe. Dem lag zugrunde, dass der Verteidiger am 10. September 2013, wenige Tage vor Beginn der (ersten) Hauptverhandlung (16. September 2013), einen Antrag auf ergänzende Akteneinsicht gestellt und, nachdem ihm die Akten in der Folgezeit nicht zugesandt worden waren, die Aussetzung des Verfahrens beantragt hatte. Die mangelnde Zuverlässigkeit begründete der Vorsitzende in seiner Verfügung vom 16. September 2013 damit, dass der Verteidiger schuldhaft „nicht zeitig nach Anklageerhebung … sondern erst wenige Tage vor dem Termin“ sein ergänzendes Akteneinsichtsgesuch gestellt habe.

Auf die Beschwerde des Verteidigers hat das [X.] mit Beschluss vom 28. Oktober 2013 die angefochtene Kostenentscheidung und die Verfügung des Vorsitzenden vom 16. September 2013 aufgehoben.

In der dienstlichen Erklärung zum Ablehnungsantrag hat der Vorsitzende [X.] ausgeführt, „an den Entscheidungen mitgewirkt bzw. die Entscheidung getroffen“ zu haben und sich im Übrigen „nicht für befangen“ zu halten.

Mit Beschluss vom 25. März 2014 hat das [X.] den Befangenheitsantrag - ohne Mitwirkung des abgelehnten [X.]s - als unbegründet zurückgewiesen. Es sei nicht ersichtlich, dass die [X.] oder die Kostenentscheidung des Vorsitzenden willkürlich oder von sachfremden Erwägungen beeinflusst gewesen seien.

b) Das Ablehnungsgesuch gegenüber dem Vorsitzenden [X.] ist zu Unrecht zurückgewiesen worden. Durch die Erwägung, auf welche er den Widerruf der [X.] stützte, gab er der Angeklagten berechtigten Grund zu der Annahme mangelnder Unvoreingenommenheit.

Das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes im Sinne von § 24 Abs. 2 StPO ist grundsätzlich vom Standpunkt der Angeklagten zu beurteilen ([X.], Beschluss vom 27. April 1972 - 4 StR 149/72, [X.]St 24, 336, 338). Misstrauen im Hinblick auf die Unparteilichkeit eines [X.]s ist dann gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der [X.] nehme ihm gegenüber eine Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. [X.], Urteil vom 2. März 2004 - 1 StR 574/03, [X.]R StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 14; [X.], Beschluss vom 8. Mai 2014 - 1 StR 726/13, NJW 2014, 2372, 2373; Senat, Urteil vom 17. Juni 2015 - 2 [X.], NJW 2015, 2986, jeweils mwN).

Zwar lässt sich diese Besorgnis grundsätzlich nicht schon allein mit einer fehlerhaften Sachbehandlung begründen. [X.], die auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruhen, stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 20. Juni 2007 - 2 StR 84/07, [X.]R StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 19 mwN), sondern nur dann, wenn die Entscheidungen unvertretbar sind oder den Anschein der Willkür erwecken. So liegt der Fall hier.

Die Verfügung des Vorsitzenden [X.]s vom 16. September 2013, mit der der Pflichtverteidiger der Beschwerdeführerin entpflichtet worden ist, und der Beschluss, dem Verteidiger die durch die Aussetzung der (ersten) Hauptverhandlung entstandenen Kosten aufzuerlegen, sind, wie auch der [X.] in seiner Antragsschrift vom 11. Dezember 2014 und das [X.] - ohne Bindungswirkung für den Senat - im Rahmen des Beschwerdeverfahrens für diesen Sachverhalt mit Beschluss vom 28. Oktober 2013 ausgeführt haben, rechtsfehlerhaft.

Der Widerruf der Bestellung eines Pflichtverteidigers, der das Vertrauen der Angeklagten besitzt, berührt die Verteidigungsbelange auf das stärkste. Er setzt daher einen wichtigen Grund voraus. Es müssen Umstände vorliegen, die den Zweck der Pflichtverteidigung ernsthaft gefährden. Dieser besteht darin, dem Beschuldigten einen geeigneten Beistand zu sichern und einen geordneten Verfahrensablauf zu gewährleisten ([X.] 39, 238, 245; vgl. auch Senat, Urteil vom 31. Januar 1990 - 2 StR 449/89, [X.]R StPO § 24 Abs. 2 Vorsitzender 3).

Die - angeblich - verspätete Stellung eines ergänzenden Akteneinsichtsgesuchs durch den Verteidiger der Angeklagten, rechtfertigte es hier nicht,
einen geordneten Verfahrensablauf für gefährdet zu halten. Vielmehr konnte diese Begründung den Eindruck erwecken, es handele sich um einen nur vorgeschobenen Grund, mit dem das Ziel verfolgt wurde, einen missliebigen, weil unbequemen Verteidiger aus dem Verfahren zu entfernen.

Eine solche bloße Demonstration von Macht richtete sich dann aber nicht nur gegen den Verteidiger, der es - wie auch das [X.] im Beschluss vom 28. Oktober 2013 ausgeführt hat - lediglich versehentlich, keineswegs grob pflichtwidrig unterlassen hatte, zeitnah ein ergänzendes Akteneinsichtsgesuch zu stellen. Er traf vielmehr unmittelbar auch die [X.]. Diese konnte zu Recht befürchten, der Vorsitzende werde ihre Interessen auch sonst nicht ausreichend berücksichtigen und geneigt sein, auf nicht [X.] Verhalten ihrer selbst oder ihres Verteidigers in einer für sie nachteiligen Weise sachfremd zu reagieren (vgl. [X.], Urteil vom 9. März 1988 - 3 StR 567/87, [X.]R StPO § 24 Abs. 2 Vorsitzender 1; Beschluss vom 9. August 1988 - 4 [X.], [X.]R StPO § 24 Abs. 2 Vorsitzender 2).

c) Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO führt dazu, dass das angefochtene Urteil - soweit es die Angeklagte [X.]    betrifft - mit den Feststellungen aufzuheben ist.

2. Die Verurteilung des Angeklagten S.      wegen (mittäterschaftlichen) Betrugs in sechs Fällen hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Der Annahme von Mittäterschaft bei den Betrugstaten stünde zwar nicht entgegen, dass der Angeklagte S.      keine eigenen Täuschungshandlungen vor-genommen, sondern jeweils (lediglich) Kreditnehmer beschafft und diese an die Angeklagte [X.]    verwiesen bzw. sie dorthin gebracht hat; auch die Beteiligung an Vorbereitungshandlungen kann Mittäterschaft begründen (vgl. nur [X.], Urteile vom 25. Oktober 1994 - 4 [X.], [X.]St 40, 299, 301; vom 7. Mai 1996 - 1 [X.], [X.]R StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 26).

Eine Verurteilung wegen mittäterschaftlich begangenen Betrugs ist jedoch nach den von der Rechtsprechung zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe aufgestellten Maßstäben (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Dezember 2012 - 2 StR 395/12, [X.]R StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 36, jeweils mwN) nicht ausreichend belegt. Ob ein Beteiligter eine Tat als Täter oder Gehilfe begeht, ist in wertender Betrachtung nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, zu beurteilen (vgl. etwa [X.], Urteil vom 15. Januar 1991 - 5 [X.], [X.]St 37, 289, 291; Senat, Beschluss vom 4. Dezember 2012 - 2 StR 395/12, [X.]R StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 36). Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zu ihr sein. Eine solche wertende Gesamtbetrachtung ist vom Tatrichter in einer vom Revisionsgericht nachprüfbaren Weise vorzunehmen. Daran fehlt es hier.

Der „des [X.] und Schreibens nur sehr eingeschränkt mächtige“ Angeklagte S.       spielte bei den Betrugstaten nur eine untergeordnete Rolle, nämlich beim Vorbereitungsakt der „Beschaffung“ von - aus seinem Verwandten- und Bekanntenkreis stammenden - Kreditnehmern, während sich das weitere Geschehen ersichtlich seinem Einfluss entzog. Tatherrschaft hatte er nicht, denn die Durchführung und der Erfolg der Taten hingen maßgeblich vom Willen der Mitangeklagten [X.]    ab, was sich - wie das [X.] selbst hervorhebt - auch darin zeigt, dass die Angeklagte [X.]    das Geschäftsmodell ab März/April 2008 modifizierte und eine Mitwirkung des Angeklagten S.       dann nicht mehr erforderlich war. Schon angesichts dessen versteht sich die Annahme seiner Mittäterschaft nicht von selbst. Zwar begründet die - freilich nicht für alle Taten einheitliche - Beteiligung am Gewinn ein eigenes Tatinteresse des Angeklagten; inwieweit dieses und weitere möglicherweise noch feststellbare gegenläufige Anhaltspunkte das gegen die Annahme von Mittäterschaft sprechende Gewicht der genannten Indizien aufzuwiegen vermögen, wird der neue Tatrichter zu entscheiden haben.

Der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter wird sich auch eingehend damit zu befassen haben, inwieweit der Angeklagte S.       insbesondere in den Fällen [X.] und II. 2. der Urteilsgründe, in denen die Kreditnehmer die Kredite eine [X.] lang ordnungsgemäß bedienten, zum jeweiligen Tatzeitpunkt mit [X.] gehandelt hat.

Zudem lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, wann das Urteil des [X.] - Außenstelle [X.] - vom 3. Februar 2012 - 904 Ds - 241 Js 42288/11, mit dem die (aufrecht erhaltene) isolierte Sperrfrist angeordnet worden ist, rechtskräftig wurde. Möglicherweise wäre die [X.] bereits zum [X.]punkt der Urteilsverkündung gegenstandslos im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB gewesen (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Juli 2009 - 2 [X.]; [X.] in [X.] Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 69a Rn. 35 mwN).

III.

Revision der Staatsanwaltschaft

Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.

1. Die Aufklärungsrüge ist aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des [X.]s vom 16. Dezember 2014 unzulässig.

2. Die auf die Sachrüge vorzunehmende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zugunsten der Angeklagten ergeben.

Das [X.] hat zutreffend ausgeführt, dass einer bloßen Fotokopie, die nach außen als Reproduktion erscheint, mangels Beweiseignung kein Urkundencharakter beizumessen ist (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschluss vom 9. März 2011 - 2 [X.], NStZ-RR 2011, 213, 214 mwN). Daran ändert auch der darauf angebrachte handschriftliche Vermerk durch die Angeklagte [X.]    nichts (vgl. [X.], Beschluss vom 23. März 2010 - 5 StR 7/10, [X.]R StGB § 267 Abs. 1 Urkunde, unechte 3).

Anders als die Beschwerdeführerin meint, hat die [X.] zudem erkennbar bedacht, dass der Tatbestand der Urkundenfälschung auch in der [X.]iante des Gebrauchmachens gemäß § 267 Abs. 1, [X.]. 3 StGB verwirklicht werden kann, sofern die Kopie einer unechten oder verfälschten Urkunde zur Täuschung über beweiserhebliche Umstände im Rechtsverkehr verwendet, mithin von der Urschrift Gebrauch gemacht wird (vgl. [X.], Urteile vom 30. November 1953 - 1 [X.], [X.]St 5, 291, 292; vom 12. Januar 1965 - 1 [X.], NJW 1965, 642, 643; vom 9. Mai 1978 - 1 [X.], NJW 1978, 2042, 2043; vgl. auch Senat, Beschluss vom 2. Mai 2001 - 2 StR 149/01, [X.]R StGB § 267 Abs. 1 Gebrauchmachen 4, jeweils mwN). Die [X.] hat indes ausdrücklich keine Feststellungen dahin treffen können, ob überhaupt jemals eine (echte oder verfälschte) Urkunde vorgelegen hat ([X.] f.; vgl. auch [X.], Beschluss vom 23. März 2010 - 5 StR 7/10, [X.]R StGB § 267 Abs. 1 Urkunde, unechte 3; Senat, Beschluss vom 9. März 2011 - 2 [X.], NStZ-RR 2011, 213, 214).

Da auch im Übrigen die Feststellungen und Erwägungen der [X.] keine Rechtsfehler zugunsten der Angeklagten erkennen lassen, bleibt die zuungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ohne Erfolg.

3. Einer (etwaigen) Aufhebung des Urteils auf die Revision der Staatsanwaltschaft zu Gunsten der Angeklagten (§ 301 StPO) bedarf es nicht, da das Urteil insoweit bereits auf die Revisionen der Angeklagten aufzuheben war (vgl. auch [X.], Urteil vom 11. März 2003 - 1 [X.], [X.], 186, 189 mwN).

Fischer     

Ri[X.] Prof. Dr. [X.] ist wegen
Urlaubs an der Unterschriftsleistung
gehindert.

Eschelbach

Fischer

Ott     

     Zeng     

Meta

2 StR 434/14

23.09.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Frankfurt, 4. April 2014, Az: 5/4 KLs 7360 Js 233455/10 - 18/13

§ 25 Abs 2 StGB, § 263 StGB, § 267 Abs 1 Alt 3 StGB, § 24 Abs 1 StPO, § 24 Abs 2 StPO, § 338 Nr 3 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.09.2015, Az. 2 StR 434/14 (REWIS RS 2015, 4999)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 884 REWIS RS 2015, 4999

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