Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2016, Az. V ZB 178/15

V. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4097

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:121016BVZB178.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 178/15
vom

12. Oktober 2016

in dem Notarbeschwerdeverfahren

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 12. Oktober 2016
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
[X.], die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richter Dr.
Kazele, [X.] und Dr. Hamdorf

beschlossen:

Der Antrag des Beteiligten zu 1 auf Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des [X.] -
Zivilkammer 4 -
vom 23. März 2015 wird als unzulässig verworfen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Ausla-gen werden nicht erstattet.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 2 wurde durch ein Vorbehaltsurteil verurteilt, an den [X.]
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nachgelassen wurde, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterle-gung abzuwenden. Auf der Grundlage einer zwischen den Beteiligten zustande gekommenen Vereinbarung vom 11. November 2013 hinterlegte die Beteiligte zu 2 auf einem Anderkonto des Notars einen Betrag von 600.000

Nach Eintritt der formellen Rechtskraft des [X.] verlangte der Beteiligte zu 1 die Auszahlung des hinterlegten Betrages.

Der Notar hat mit Beschluss vom 14. November 2014 festgestellt, dass die Voraussetzungen zur Auszahlung des [X.] erfüllt sind. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 hat das [X.] mit Beschluss vom 23. März 2015 diese Entscheidung aufgehoben und den Notar angewiesen, den Antrag des Beteiligten zu 1 auf Auszahlung der hinterlegten Summe abzuwei-sen. Das [X.] hat die Rechtsbeschwerde zugelassen. Der Beschluss, der dem Beteiligten zu 1 am 26.
März 2015 zugestellt worden ist, enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach die binnen eines Monats bei dem [X.] einzulegende Beschwerde statthaft sei.

Der Beteiligte zu 1 hat durch seinen damaligen Verfahrensbevollmächtig-ten am 27. April 2015, einem Montag,
bei dem [X.] Beschwerde einge-legt.
Das
[X.] hat eine Nichtabhilfeentscheidung getroffen und die Sa-che dem [X.] vorgelegt.
Dieses hat die Akten unter Hinweis auf die Zulassung der Rechtsbeschwerde wieder dem [X.] zugeleitet.
Das [X.] hat sie daraufhin dem [X.] vorgelegt; hier sind
sie am 10. Dezember 2015 eingegangen. Nach einem Hinweis auf die Fristver-säumung, der dem Beteiligten zu 1 am 17. Dezember 2015 zugegangen ist, hat er am 29. Dezember 2015 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der 2
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Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde beantragt. In der Sache will er seinen Auskehrungsanspruch weiterverfolgen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft, weil das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Daran ist der Senat gemäß § 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG gebunden. Sie ist aber unzulässig, weil sie nicht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist des § 71 Abs. 1 Satz 1 FamFG durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden und dem [X.] zu 1 auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen ist.

1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wirksam innerhalb der Monatsfrist des § 71 Abs. 1 Satz 1 FamFG eingelegt worden. Sie ist nach dieser Vorschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht -
dieses ist nach § 133 GVG der Bundesge-richtshof -
einzulegen. Nach §
10 Abs. 4 Satz 1 FamFG hat dies durch einen bei dem [X.] zugelassenen Rechtsanwalt zu erfolgen. [X.] hat der Beteiligte zu 1 durch seinen zweitinstanzlichen Verfahrensbevoll-mächtigten binnen der Monatsfrist eine Beschwerde bei dem [X.] eingereicht, so dass ungeachtet der falschen Bezeichnung des Rechtsmit-tels weder die Form noch die Frist für die Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gewahrt sind.

2. Der Antrag des Beteiligten zu 1 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der 5
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Rechtsbeschwerde ist zurückzuweisen, weil er diese Fristen nicht schuldlos versäumt hat.

a) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung von [X.] in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit setzt
nach § 17 Abs. 1 FamFG voraus, dass der Verfahrensbeteiligte die Frist ohne sein Verschulden versäumt hat. Nach Absatz 2 der Vorschrift wird ein Fehlen des Verschuldens vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder -
wie hier -
fehlerhaft ist.

b) Auch unter der Geltung des §
17 Abs. 2 FamFG kommt eine Wieder-einsetzung in den vorigen Stand nur dann in Betracht, wenn die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung für die Fristversäumnis ursächlich geworden ist ([X.], Beschluss vom 27. Februar 2013 -
XII [X.], [X.], 1308
Rn. 7 mwN).
Daran bestehen nach dem tatsächlichen Ablauf keine Zweifel, weil der Verfah-rensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1 die fehlerhafte Rechtsbehelfsbeleh-rung befolgt hat.

c) Allerdings befand sich der Verfahrensbevollmächtigte, dessen [X.] sich der
Beteiligte zu 1
zurechnen lassen muss
([X.],
FamFG, 18. Aufl., § 17 Rn. 30), nicht in einem entschuldbaren Rechtsirrtum.

aa) Im Ausgangspunkt zutreffend weist der Beteiligte zu 1 darauf hin, dass durch eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung ein [X.] geschaffen wird, der zur Wiedereinsetzung wegen schuldloser Fristver-säumnis berechtigt, wenn die Belehrung einen zumindest entschuldbaren Rechtsirrtum auf Seiten der [X.] hervorruft und die Fristversäumnis darauf beruht. Auch eine anwaltlich vertretene [X.] darf sich im Grundsatz auf die 8
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Richtigkeit einer Belehrung durch das Gericht verlassen, ohne dass es darauf ankommt, ob diese gesetzlich vorgeschrieben ist oder nicht (Senat, Beschluss vom 12.
Januar 2012 -
V [X.], [X.], [X.], 2443 Rn.
10 mwN).

bb) Allerdings muss von einem Rechtsanwalt erwartet werden, dass er die Grundzüge des Verfahrensrechts und das Rechtsmittelsystem in der jewei-ligen Verfahrensart kennt. Das Vertrauen in die Richtigkeit einer Rechtsbehelfs-belehrung kann er
deshalb nicht uneingeschränkt in Anspruch nehmen. An ei-nem entschuldbaren Rechtsirrtum fehlt es, wenn die durch das Gericht erteilte Rechtsbehelfsbelehrung offenkundig falsch gewesen ist und sie deshalb -
aus-gehend von dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Kenntnisstand -
nicht einmal den Anschein der Richtigkeit zu erwecken vermochte (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Dezember 2013 -
XII ZB 38/13, NJW-RR 2014, 517 Rn. 20; Beschluss vom 13. Juni 2012 -
XII ZB 592/11,
NJW-RR 2012, 1025 Rn. 10 je-weils mwN).

cc) Nach diesen
Maßstäben ist die von dem Beschwerdegericht erteilte Rechtsbehelfsbelehrung nicht geeignet, bei einem Rechtsanwalt einen [X.] Rechtsirrtum über das statthafte Rechtsmittel hervorzurufen. Nach ihrem

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der freilich nicht die Statthaftigkeit der Beschwerde, sondern die Beschwerdefrist regelt -
zu entnehmen ist, dass sich die Rechtsbehelfsbelehrung auf eine Erst-beschwerde bezieht. Das Beschwerdegericht hat jedoch im Tenor der angegrif-fenen Entscheidung die Rechtsbeschwerde zugelassen und in diesem [X.] die Vorschriften der § 15 Abs. 2 Satz 2 [X.], § 70 Abs. 1 FamFG zitiert. Damit liegt ein Widerspruch zwischen dem zugelassenen Rechtsmittel 12
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und dem Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung vor, der für einen Rechtsanwalt ohne weiteres erkennbar ist. Von ihm ist zu erwarten, dass ihm der Unterschied zwischen einer Beschwerde und einer Rechtsbeschwerde bekannt ist.
[X.] gab dieser offenkundige Widerspruch
Anlass zu einer Prüfung der [X.], die unschwer anhand des Gesetzestextes hätte vorgenommen werden können.

Dass
bei der Zulassung der Rechtsbeschwerde in dem Tenor
der ange-griffenen Entscheidung neben § 70 Abs. 1 FamFG auch § 15 Abs. 2 Satz 2 [X.] zitiert worden ist, kann entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 1 keinen entschuldbaren Rechtsirrtum des Verfahrensbevollmächtigten begründen.
Die-ser Vorschrift, in der das [X.] als Beschwerdegericht bezeichnet wird, lässt sich gerade entnehmen, dass es sich bei der Anrufung des [X.]s um ein Beschwerdeverfahren gegen die Weigerung des Notars handelt, eine bestimmte Amtshandlung vorzunehmen. Dabei nimmt der Notar die Stelle der ersten Instanz ein ([X.], Beschluss vom 5. April 2001 -
III ZB 48/00, NJW 2001, 2181, 2182; Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2010
-
V ZB 147/09, NJW-RR 2011, 286 Rn. 5). Eine weitere Beschwerde gegen die
Entscheidung des Land-gerichts sieht das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den [X.] der freiwilligen Gerichtsbarkeit, das über die Verweisung in § 15 Abs.
2 Satz 3 [X.] anwendbar ist, im Gegensatz zu
dem am 31. August 2009 außer [X.] getretenen § 27 [X.] nicht mehr vor. Als [X.] kommt nach
der -
im Tenor der angegriffenen Entscheidung zitierten
-
Vorschrift des § 70 FamFG nur die von einer Zulassung
abhängige Rechtsbeschwerde in Betracht.

d) Soweit der Beteiligte zu 1 schließlich darauf verweist, dass auch dem Beschwerdegericht angesichts der von ihm getroffenen Nichtabhilfeentschei-dung, in der nur Ausführungen zur Sache enthalten sind, die Unzulässigkeit der 14
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eingelegten Beschwerde
nicht aufgefallen
sei, führt dies zu keiner anderen Be-wertung. Das offenkundig fehlerhafte weitere Vorgehen des [X.]s war nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand für den Verfahrensbe-vollmächtigten des Beteiligten zu 1 zu schaffen. Es mag ihn zwar in seinem Irr-tum bestärkt haben. Da die Beschwerde am letzten [X.] eingelegt [X.] ist, kann es ihn aber nicht von einer -
auch nach Einlegung der Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist noch sinnvollen -
Prüfung der [X.] abgehalten haben. Aus diesem Grund hätte auch ein Hinweis auf die [X.], die zugelassene Rechtsbeschwerde bei dem [X.] durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen, zu dem das [X.] bei ordnungsgemäßer Prüfung der bei ihm eingelegten Beschwerde ver-pflichtet gewesen wäre (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 5. Oktober 2010
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VIII [X.], NJW 2005, 3776, 3777), die Fristversäumung nicht mehr ver-hindern können.
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III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 15 Abs. 2 Satz 3 [X.] i.V.m. § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 61 Abs. 1 Satz 1, §
36 Abs. 1 GNotKG und richtet sich nach der Höhe des durch den Beteiligten zu 1 begehrten Auskehrungsbetrages.

[X.] Schmidt-Räntsch Kazele

Göbel Hamdorf

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.03.2015 -
4 T 11/14 -

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Meta

V ZB 178/15

12.10.2016

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2016, Az. V ZB 178/15 (REWIS RS 2016, 4097)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4097

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