Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2008, Az. III ZR 190/07

III. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4682

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 3. April 2008 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 134, § 138 Aa; StGB § 284 Abs. 1 a) Der Verstoß gegen die mit einer [X.] für [X.] verknüpfte Auflage, dass jeder Spieler vor Spielbeginn ein Limit bestimmt, führt nicht zur Nichtigkeit der [X.] nach § 134 [X.] i.V.m. § 284 Abs. 1 StGB. b) Ohne vorheriges Setzen eines Limits abgeschlossene [X.] sind auch nicht nach § 138 Abs. 1 [X.] wegen Sittenwidrigkeit nichtig. [X.], Urteil vom 3. April 2008 - [X.]/07 - [X.] - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. April 2008 durch [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.]n gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 26. Juni 2007 wird [X.]. Der [X.] hat die Kosten des [X.] zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand Die Klägerin betreibt in [X.] eine zugelassene Spielbank und bot im [X.] die Möglichkeit an, online an einem Roulette teilzunehmen. Sie nimmt den [X.]n auf Begleichung verlorener Wetteinsätze aus einem sol-chen Online-Spiel in Anspruch. 1 Für das [X.]-Spielangebot der Klägerin wurde am 12. Juli 2004 auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 und 2 Satz 1, § 2 Abs. 1 und 4, § 3 Abs. 2 Satz 2 des [X.] vom 21. Dezember 1988 (GVBl. 1989 I S. 1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. November 2002 (GVBl. I S. 702), eine [X.] erteilt, deren § 2 Nr. 1 lautet: 2 - 3 - "Teilnahmeberechtigt am [X.]spielangebot sind nur Personen ab 21 Jahre, a) die ihren Hauptwohnsitz in [X.] haben oder b) sich zum Zeitpunkt der Spielteilnahme in [X.] aufhalten –" In § 5 Nr. 1 der [X.] heißt es: 3 "Jeder Spieler bestimmt bei seiner Registrierung ein für ihn [X.] tägliches, wöchentliches oder monatliches Limit. Nachträg-liche Erhöhungen dieses Limits sind erst nach einem Ablauf von 24 Stunden, [X.] sofort zulässig." Eine entsprechende Regelung enthält § 9 der [X.] für das [X.]-Spiel der Klägerin. 4 Am 2. Oktober 2004 schloss der [X.] mit der Klägerin einen Rah-menvertrag ab, der Voraussetzung für die Teilnahme an dem Online-Roulette war. Im Rahmen der außerdem erforderlichen Registrierung auf der Webseite der Klägerin bestimmte der [X.] kein wirksames Limit. Zu diesem Zeitpunkt war in der Maske des [X.] die Option "Ich möchte kein Limit setzen" voreingestellt. Wenn der Nutzer kein Limit einsetzte oder ein Limit ohne Auswahl aus den Optionen "pro Tag, pro Woche und pro Monat" angab, konnte er die Registrierung fortsetzen und nach Abschluss des [X.] ohne betragsmäßige Begrenzung am Spiel teilnehmen. 5 Am 4. September 2005 meldete sich der [X.] von seinem Wohnsitz in [X.] aus zur Teilnahme am Online-Spiel bei der Klägerin an, wobei er eine Adresse in [X.] als aktuellen Aufenthaltsort angab und die zu dieser Adresse gehörige Festnetztelefonnummer eines Bekannten nannte. Dieser gab 6 - 4 - die ihm von der Klägerin mitgeteilten Daten zur Aufnahme des Spiels an den [X.]n weiter. Per Kreditkarte überwies der [X.] auf sein bei der Kläge-rin geführtes Spielerdepot insgesamt 4.000 •. Die Einsätze und die zwischen-zeitlich erzielten Gewinne verspielte der [X.] am selben Tag aufgrund von 186 einzelnen [X.]n. Später ließ der [X.] die Belastungen seiner Kreditkarte rückgängig machen. Die Klägerin begehrt von dem [X.]n die Bezahlung der [X.], Erstattung der Rücklastschriftkosten sowie vorgerichtliche Rechtsanwalts-kosten. 7 Der [X.] hält die mit der Klägerin abgeschlossenen [X.] wegen der Ausgestaltung der Limiteingabe für nichtig. Er hat behauptet, er ha-be bei seiner Registrierung ein Limit in Höhe von 100 • oder weniger eingege-ben, das mangels Angabe des Zeitraums von dem Programm der Klägerin nicht angenommen worden sei. 8 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr auf die Berufung der Klägerin hin stattgegeben. Hiergegen wendet sich der [X.] mit der vom [X.] zugelassenen Revision. 9 Entscheidungsgründe Die Revision hat keinen Erfolg. 10 - 5 - [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die zwischen den Parteien abge-schlossenen [X.] seien nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 [X.] nichtig. Der Tatbestand des verbotenen Glücksspiels gemäß § 284 Abs. 1 StGB sei nicht erfüllt, weil der Klägerin eine wirksame Erlaubnis für das [X.]-Spielangebot vorgelegen habe. Eine Ge-setzeswidrigkeit könne nicht daraus hergeleitet werden, dass der [X.] ent-gegen den Vorgaben der [X.] an dem Online-Spiel teilgenom-men habe, obwohl er keinen Aufenthalt in [X.] gehabt habe. Die Klägerin habe dem [X.]n nicht die Teilnahme am [X.]-Spiel bei Aufenthalt au-ßerhalb [X.]s angeboten. Dass sich der [X.] durch falsche Angabe ei-nes Aufenthaltsorts in [X.] und Benutzung eines [X.] in die Ver-anstaltung der Klägerin eingeschlichen habe, ändere hieran nichts. Der [X.], dass das Registrierungsprogramm der Klägerin eine Teilnahme am Glücksspiel ohne Setzen eines wirksamen Limits ermöglicht habe, verstoße zwar gegen § 5 Nr. 1 der [X.]. Diese Bestimmung sei jedoch nur eine Auflage und kein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 [X.]. 11 Der Verstoß gegen diese Auflage führe auch nicht zur Nichtigkeit der [X.] gemäß § 138 Abs. 1 [X.] wegen Sittenwidrigkeit. § 5 Nr. 1 der [X.] diene auch dem Spielerschutz. Durch das Voreinstellen ei-nes Limits solle der Spieler davor bewahrt werden, innerhalb des "Soges des Spiels" immer höhere Geldbeträge einzusetzen. Das Registrierungsprogramm der Klägerin habe es gerade nicht gewährleistet, dass jeder Nutzer vor der Re-gistrierung innehalten und sich Gedanken über das von ihm einzugehende [X.] machen müsse. Die Klägerin habe nicht durch Umgehung der Auflage, dass ein Limit zwingend zu setzen sei, eine mögliche Spielsucht der Teilnehmer am 12 - 6 - Glücksspiel ausgenutzt. Das Setzen eines generellen Limits sei als Mittel der Suchtprävention weder üblich noch geeignet. Bei Spielcasinos gebe es eine solche Limitierung normalerweise nicht. Dem Schutz vor einer Verschuldung infolge bestehender krankhafter Spielsucht werde üblicherweise durch die Ein-richtung einer Spielersperre Sorge getragen. Es sei bereits fraglich, ob ein Spielsüchtiger in der Lage sei, sich ein angemessenes Limit zu setzen. [X.] könne ein einmal gesetztes Limit nach Ablauf von 24 Stunden beliebig er-höht werden. Hierdurch werde jede Schutzfunktion für einen Spielsüchtigen ausgehöhlt. Die Eingabe eines Limits vermöge lediglich einen nicht suchtkran-ken Teilnehmer am Spiel vor übereilten, zu hohen Einsätzen zu schützen. Dem [X.]n stehe kein Anspruch auf Freistellung von seinen [X.] nach § 280 Abs. 1 [X.] wegen Verschuldens beim Vertragsschluss zu. Das Registrierungsprogramm der Klägerin habe zwar entgegen § 312e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] nicht in ausreichender Weise gewährleistet, dass der Nutzer einen Eingabefehler bei Bestimmung des Limits habe erkennen können. Es stehe jedoch fest, dass dem [X.]n kein solcher Eingabefehler unterlau-fen sei. 13 I[X.] Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch gegen den [X.]n auf Bezahlung der verlorenen Spieleinsätze und auf Erstattung der Rücklastschrift-kosten sowie der vorgerichtlichen Anwaltskosten zuerkannt. 14 - 7 - 1. Das Berufungsgericht hat die zwischen den Parteien abgeschlossenen [X.] sowie den zugrunde liegenden Rahmenvertrag ohne Rechtsfehler als wirksam angesehen. 15 a) Der Wirksamkeit der Spielvereinbarungen steht nicht die Vorschrift des § 762 Abs. 1 Satz 1 [X.] entgegen, wonach durch Spiel oder Wette eine Verbindlichkeit nicht begründet wird. Diese Bestimmung findet nach § 763 [X.] keine Anwendung, weil für das Online-Roulette die zugrunde liegende [X.] für ein [X.]-Spielangebot der Klägerin erteilt worden war. 16 b) Die Spielgeschäfte sind nicht gemäß § 134 [X.] wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig. 17 aa) Der Tatbestand der unerlaubten Veranstaltung eines öffentlichen Glücksspiels im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB ist in Anbetracht der das [X.]-Spiel umfassenden [X.] nicht erfüllt. Ein Gesetzesverstoß ergibt sich auch nicht daraus, dass der [X.] entgegen den Vorgaben der [X.] am Online-Roulette mitspielte, obwohl er zur [X.] weder seinen Hauptwohnsitz in [X.] hatte noch sich dort aufhielt. Die Klägerin gestattete entsprechend der für ihr [X.]-Spielangebot erteilten Er-laubnis in der [X.] weilenden Personen die Teilnahme an dem Online-Glücksspiel nur unter der Voraussetzung, dass sie entweder ihren Hauptwohnsitz in [X.] hatten oder sich dort zum Zeitpunkt der Spiel-teilnahme aufhielten. Die ordnungsgemäße Zulassungspraxis der Klägerin un-terlief der [X.], indem er sich durch die unrichtige Angabe eines Aufent-haltsorts in [X.] und unter Einschaltung eines [X.] die Teilnahme an dem Online-Spiel erschlich. 18 - 8 - bb) Der Umstand, dass die Klägerin abweichend von § 5 Nr. 1 der [X.] in ihrem Registrierungsprogramm eine Teilnahme an dem [X.] ohne Setzen eines wirksamen Limits ermöglichte, führt nicht zu einer Gesetzeswidrigkeit der [X.]. Die Vorgabe, dass jeder Spieler bei seiner Registrierung ein für ihn geltendes tägliches, wöchentliches oder monat-liches Limit bestimmt, stellt kein Verbotsgesetz dar. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine mit der Zulassung des Online-Spiels verknüpfte Auflage, de-ren Missachtung weder nach § 284 Abs. 1 StGB strafbar ist noch den [X.] nach § 134 [X.] i.V.m. § 284 Abs. 1 StGB nichtig macht (vgl. [X.] 47, 393, 398). 19 c) Entgegen der Auffassung des [X.]n sind die [X.] und der Rahmenvertrag auch nicht wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 [X.] nichtig. 20 aa) Als sittenwidrig im Sinne dieser Vorschrift ist ein Rechtsgeschäft zu beurteilen, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Be-weggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegen-den Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist (Se-natsurteil vom 17. Januar 2008 - [X.] - NJW 2008, 982, 983 Rn. 11; [X.] 107, 92, 97; 146, 298, 301; [X.], Urteile vom 29. Juni 2005 - [X.] - NJW 2005, 2291, 2292 unter I[X.] B. 1. a) aa); vom 6. Februar 2007 - [X.]/04 - NJW 2007, 1806, 1807 Rn. 10; jew. m.w.N.). Das kann bei [X.] angenommen werden, wenn sie unter Ausnutzung der [X.], des Leichtsinns oder einer Zwangslage eines Beteiligten zustande kommen ([X.], [X.], 4. Aufl., § 762 Rn. 17 m.w.N.; vgl. [X.], 1, 3). Das mag auch für solche [X.] gelten, die so konzipiert sind, dass sie der Spielsucht und problematischem Spielverhalten in [X.] - 9 - rem Maße Vorschub leisten. Auf eine systematische Förderung der Spielsucht sind die zwischen den Parteien abgeschlossenen [X.] aber nicht [X.]. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, eine Sittenwidrigkeit ergebe sich daraus, dass die Klägerin durch bewusste Umgehung der Limit-Auflage eine mögliche Spielsucht der Spieler ausgenutzt habe. Zwar hat die Klägerin mit der Ausgestaltung des [X.] gegen § 5 Nr. 1 der [X.] verstoßen. Der Wortlaut dieser Auflage ist insoweit eindeutig, als die Eingabe eines Limits dem Nutzer nicht freigestellt werden kann, sondern zwingend vorzuschreiben ist. Diese Vorgabe dient - was das Berufungsgericht herausgestellt hat - dem Spielerschutz. Jeder Teilnehmer soll sich schon vor Aufnahme des ersten Spiels überlegen, welchen Geldbetrag er maximal beim Glücksspiel einsetzen will. Durch das vorherige Einstellen eines Limits kann der Spieler zumindest kurzfristig für den von ihm gewählten Zeitraum davor bewahrt werden, innerhalb des "Soges des Spiels" über den von ihm zunächst für das Glücksspiel eingeplanten Betrag hinaus immer höhere Einsätze zu verspielen. Allerdings ist eine solche "Sogwirkung" nicht mit einer Spielsucht gleichzuset-zen, sondern mit jedem Glücksspiel verbunden und verleitet auch nicht spiel-süchtige Spieler dazu, das Spiel fortzusetzen und noch weitere Geldbeträge einzusetzen. Der Versuchung zur Erhöhung der Einsätze kann und muss der nicht spielsüchtige Spieler bis zur Grenze des von ihm wirtschaftlich Vertretba-ren widerstehen. Er ist aufgrund der ihm nach der Privatautonomie obliegenden Selbstverantwortung gehalten, selbst zu prüfen, wo die Grenzen seiner [X.] liegen und welchen Höchstbetrag er beim Glücksspiel einsetzen kann und will. Bei dieser Einschätzung bietet die Möglichkeit, vor Spielbeginn ein Limit zu setzen, nicht spielsüchtigen Nutzern des [X.] eine sinnvolle Hilfestellung. - 10 - bb) Indes vermag die Bestimmung eines Limits nicht wirksam vor der jedem Glücksspiel immanenten Gefahr der Sucht zu schützen. Ebenso wie bei anderen Suchterkrankungen der kontrollierte Entzug des Suchtmittels geboten ist, können suchtkranke oder -gefährdete Spieler anerkanntermaßen durch ei-nen überwachten Ausschluss vom Glücksspiel geschützt werden. Daher bieten Spielbanken die Möglichkeit an, gegen potentielle Spieler auf Antrag eine Spiel-sperre zu verhängen. Das korrespondiert mit ihrer Verpflichtung, den Spiel-betrieb aufgrund der erteilten staatlichen Konzession auch am Ziel der Begren-zung und Bekämpfung von Spielsucht und problematischen Spielverhalten [X.] (vgl. zur entsprechenden Verantwortlichkeit der Anbieter von Sport-wetten: [X.] 115, 276, 304 ff). Nach der für das [X.]-Spielangebot der Klägerin erteilten [X.] und der entsprechenden Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin können nicht nur Nutzer, son-dern für diese auch deren Eltern, Ehepartner, Kinder und Lebensgefährten we-gen Spielsucht eine Sperre am [X.]spiel verlangen. Der Sinn einer auf eige-nen Antrag des Spielers oder seiner Angehörigen verhängten Spielsperre [X.] im Schutz des Spielers vor sich selbst. Die Spielbank ist daher verpflich-tet, das Zustandekommen von [X.]n mit dem gesperrten Spieler zu verhindern, um ihn vor den aufgrund seiner Spielsucht zu befürchtenden wirt-schaftlichen Schäden zu bewahren (Senat, [X.] 165, 276, 280; Senatsurteil vom 22. November 2007 - [X.] - [X.], 38, 39 Rn. 10). Eine ver-gleichbare Schutzfunktion kann der Voreinstellung eines Limits nicht zukom-men. Bei spielsüchtigen Nutzern erscheint es schon fraglich, ob sie vor der Spielteilnahme noch unbefangen und realistisch einschätzen können, in [X.] finanziellen Rahmen sie vertretbar spielen können. Gegen die Effektivität eines generellen Limits - das nach den Feststellungen des Berufungsgerichts beim Glücksspiel in Spielcasinos nicht üblich ist - spricht auch, dass die Höhe des Limits vom Nutzer frei gewählt werden kann und nicht seinen wirtschaftli-22 - 11 - [X.] angepasst sein muss. Die Klägerin hat keine Möglichkeit zu überprüfen, ob das gewählte Limit angemessen ist, weil sie weder die Vermö-gens- und Einkommensverhältnisse des Spielers kennt noch deren Offenba-rung verlangen kann. Außerdem kann ein einmal gesetztes Limit, selbst wenn es ursprünglich für die Dauer eines Monats gewählt wurde, schon nach Ablauf von 24 Stunden beliebig erhöht werden. Damit kann eine zu Beginn des Spiels noch gegebene Schutzfunktion alsbald entwertet werden. Das obligatorische Setzen eines Limits gewährt somit noch nicht einmal einen Mindestschutz für suchtkranke Spieler. [X.]) Erfolglos wendet die Revision weiterhin ein, das Berufungsgericht habe den mit dem Online-Spiel verbundenen Gefahren nicht das nötige Ge-wicht beigemessen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das [X.]-Spiel eine deutlich niedrigere Zugangsschwelle für den potentiellen Teilnehmer aufweist als ein Glücksspiel in der Spielbank. Das Online-Roulette kann ohne die Notwendigkeit örtlicher Veränderung vom heimischen Computer aus zu jeder Tages- und Nachtzeit gespielt werden. Der Teilnehmer wird beim Spiel nicht von anderen Personen, insbesondere Croupiers, Aufsichtspersonal und Mietspielern, wahrgenommen und muss sich nicht - etwa durch angemes-sene Kleidung - in das für ein Spielcasino typische Umfeld einfügen. Dass beim Online-Spiel ein derartiger äußerer Rahmen fehlt, bedeutet aber nicht, dass der Spieler eines erhöhten Schutzes bedarf. Es mag sein, dass er sich die Höhe seiner Einsätze weniger bewusst macht als derjenige, der in einer Spielbank vor Ort zunächst Jetons erwirbt. Allerdings muss auch bei dem von der Klägerin veranstalteten Online-Spiel der Einsatz vor Beginn des Spiels geleistet werden, indem ein Betrag auf das sogenannte Spielerdepot überwiesen wird. Daher muss sich auch der Spieler, der kein Limit gesetzt hat, Gedanken darüber ma-chen, welchen Betrag er riskieren kann und möchte. Diese Entscheidung kann 23 - 12 - dem Nutzer durch die Eingabe eines Limits erleichtert, aber nicht abgenommen werden. Selbst wenn der Reiz des Spiels ohne Anwesenheit von Croupiers und Mitspielern zu einer Erhöhung der Einsätze verleiten mag, ist der nicht spiel-süchtige Nutzer in der Lage, die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit eigenver-antwortlich einzuschätzen. Der suchtgefährdete oder -kranke Nutzer wird, wie bereits ausgeführt, durch das Setzen eines Limits nicht wirksam von einem rui-nösen Spiel abgehalten. 2. Der [X.] hat gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Freistellung von seinen Spielschulden wegen Verschuldens beim Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Die Klägerin verletzte zwar ihre vorvertraglichen Sorgfaltspflichten, indem sie ohne die in § 5 Nr. 1 der [X.] und § 9 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgeschrie-bene Eingabe eines Limits den [X.]n zum Online-Spiel zuließ. Diese Pflichtwidrigkeit ist aber nicht für den Verlust der Spieleinsätze kausal gewor-den. Denn nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass der [X.] ein Limit gesetzt hätte, das ihn vor dem Verlust der eingesetzten 4.000 • bewahrt hätte. 24 3. Gegenüber dem Zahlungsanspruch der Klägerin kann sich der [X.] auch nicht auf einen Verstoß gegen § 312e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] berufen. Nach dieser Vorschrift hat ein Unternehmer bei Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr dem Kunden ange-messene, wirksame und zugängliche technische Mittel zur Erkennung und Be-richtigung von Eingabefehlern zur Verfügung zu stellen. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob zu den Dienstleistungen im Sinne dieser Bestimmung in [X.] an § 312d Abs. 4 Nr. 4 [X.] auch Wett- und [X.] 25 - 13 - zählen, wie das Berufungsgericht meint. [X.] kann auch, ob die nach dem Registrierungsprogramm der Klägerin gegebene Möglichkeit einer Regist-rierung ohne Bestimmung eines Limits als Eingabefehler zu qualifizieren ist. Jedenfalls steht ein Verstoß gegen diese Norm der Wirksamkeit der [X.] nicht entgegen ([X.]/[X.], [X.], 67. Aufl., § 312e Rn. 11 m.w.N.). Dem [X.]n steht auch insoweit kein Schadensersatzanspruch we-gen Verschuldens beim Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu. Einen Eingabefehler des [X.]n dergestalt, dass ein von ihm eingegebenes Limit von dem Registrierungsprogramm der [X.]n nicht an-genommen wurde, hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht. Hier-gegen wendet sich die Revision nicht. [X.] [X.] [X.] Herrmann [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 28.11.2006 - 131 C 726/06 - LG [X.], Entscheidung vom 26.06.2007 - 6 S 342/06 -

Meta

III ZR 190/07

03.04.2008

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2008, Az. III ZR 190/07 (REWIS RS 2008, 4682)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4682

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 66/05 (Bundesgerichtshof)


23 U 55/21 (OLG Frankfurt am Main)

Online-Glückspiel: Verpflichtung des Anbieters zur Rückzahlung von Einsätzen bei fehlender Konzession.


16 O 614/20 (Landgericht Köln)


19 U 51/22 (Oberlandesgericht Köln)


45 O 1022/22 (LG Regensburg)

Internationale Zuständigkeit, Unerlaubte Handlung, Online-Glücksspiel, Elektronisches Dokument, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Bereicherungsrechtlicher Anspruch, Abtretungserklärung, Abtretungsvertrag, Erfüllungsort, Elektronischer …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.