Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.09.2016, Az. VII R 10/15

7. Senat | REWIS RS 2016, 5306

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Bestimmtheit einer Nachtragsverteilungsanordnung


Leitsatz

NV: Die Steuerart, für die ein Erstattungsanspruch besteht, muss in der Anordnung der Nachtragsverteilung nicht angegeben werden, wenn sich diese auf sämtliche Steuerarten bezieht. In zeitlicher Hinsicht ist die Bezugnahme auf den Insolvenzzeitraum ausreichend, sofern der betreffende Veranlagungszeitraum vollständig in die Dauer des Insolvenzverfahrens fällt .

Tenor

Die Revision des Finanzamts gegen das Urteil des [X.] vom 25. Februar 2015 3 K 769/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat das Finanzamt zu tragen.

Tatbestand

1

I. Mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) wurde am 1. Juli 2008 das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des [X.] (Insolvenzschuldner) eröffnet und die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) zur Treuhänderin bestellt. Mit Beschluss vom 5. Mai 2010 wurde dem Insolvenzschuldner die Restschuldbefreiung angekündigt und die Klägerin weiterhin als Treuhänderin bestätigt. Mit Beschluss vom 22. Juni 2010 hob das AG das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners mangels einer zu verteilenden Masse ohne Schlussverteilung auf. In dem Beschluss heißt es weiter: "Hinsichtlich etwaiger -auf die [X.]auer des Insolvenzverfahrens entfallender- [X.] wird die [X.] angeordnet (§ 203 Abs. 1 InsO)."

2

Im Einkommensteuerbescheid vom 13. [X.]ezember 2010 für den Veranlagungszeitraum 2009 errechnete der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) einen anteiligen Erstattungsanspruch des Insolvenzschuldners in Höhe von insgesamt 349,01 € (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer). [X.]iesen Betrag zahlte das [X.] dem Insolvenzschuldner und teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 16. [X.]ezember 2010 mit.

3

Nachdem die Klägerin das [X.] mit Schreiben vom 30. [X.]ezember 2010 zur Auszahlung des Steuererstattungsbetrags auf das Treuhandkonto aufgefordert hatte, weil aufgrund der angeordneten [X.] dieser Betrag nicht mit schuldbefreiender Wirkung dem Insolvenzschuldner habe gezahlt werden können, erließ das [X.] unter dem 6. Januar 2011 einen Abrechnungsbescheid. [X.]arin wies es den [X.] aus und stellte fest, dieser sei durch die Zahlung an den Insolvenzschuldner erloschen. [X.]er [X.]sbeschluss des AG sei nicht hinreichend bestimmt, da weder die Steuerart noch der Zeitraum angegeben seien. [X.]ie Steuer habe daher mit schuldbefreiender Wirkung nur dem Insolvenzschuldner und nicht der Masse erstattet werden können.

4

[X.]agegen legte die Klägerin Einspruch ein, den das [X.] mit Einspruchsentscheidung vom 8. Februar 2011 zurückwies.

5

[X.]as Finanzgericht (FG) urteilte, der [X.]sbeschluss des AG sei hinreichend bestimmt und der [X.] des Insolvenzschuldners für den Veranlagungszeitraum 2009 habe daher dem Insolvenzbeschlag unterlegen.

6

[X.]as Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2015, 1339 veröffentlicht.

7

[X.]as [X.] begründet seine Revision im Wesentlichen dahin, die Auskehrung eines Steuererstattungsanspruchs an die Insolvenzmasse setze eine dem Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder wirksam bekannt gegebene Steuerfestsetzung voraus, aus der sich der Erstattungsanspruch ergebe. Im Streitfall sei jedoch der Klägerin als Treuhänderin über das Vermögen des Insolvenzschuldners ein Einkommensteuerbescheid für 2009 nicht bekannt gegeben worden. [X.]ie Klägerin sei durch den Abrechnungsbescheid auch nicht beschwert. [X.]enn im Rahmen eines Antrags auf Steuerfestsetzung wäre darüber zu entscheiden gewesen, ob der [X.] durch den [X.]sbeschluss fortbestanden hätte mit der Folge, dass der Einkommensteuerbescheid 2009 der Klägerin als Treuhänderin hätte bekannt gegeben werden müssen. [X.]ie Prüfung des [X.] sei daher ausschließlich dem Steuerfestsetzungsverfahren vorbehalten. Jedenfalls sei im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung hinsichtlich des streitigen Steueranspruchs bereits Festsetzungsverjährung eingetreten.

8

Abgesehen davon sei der [X.]sbeschluss zu unbestimmt und habe für den [X.] 2009 keine Fortdauer des [X.] bewirkt. Für die hinreichende Bestimmtheit eines für [X.] geltenden [X.] seien Angaben zur Steuerart unverzichtbar.

9

[X.]ie Klägerin trägt vor, sie sei klagebefugt und durch den Abrechnungsbescheid beschwert. [X.]ieser sei ihr zugestellt worden, und das [X.] habe damit verbindlich eine Aussage über den nach dortiger Auffassung erloschenen Auszahlungsanspruch getroffen.

Weiterhin sei der Beschluss des Insolvenzgerichts hinreichend bestimmt. Bei einer natürlichen Person kämen nur in sehr begrenztem Umfang erstattungsfähige Steuern in Betracht. Es sei nicht nachvollziehbar, wo die Schwierigkeit der zeitlichen Einordnung der der [X.] unterliegenden Steuererstattung liege. [X.] oder die Koordination von Arbeitsabläufen führten nicht zu einer Unwirksamkeit einer gerichtlichen Anordnung.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das erstinstanzliche Urteil entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 [X.]O). Das [X.] hat gegenüber dem Insolvenzschuldner nicht mit befreiender Wirkung leisten können, weil dessen [X.] für den Veranlagungszeitraum 2009 der [X.] unterlag.

1. Das [X.] war gemäß § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung ([X.]) zum Erlass eines [X.]s über den Streit zwischen den Beteiligten hinsichtlich der Frage berechtigt, ob der Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuer für 2009 durch Zahlung erloschen ist. Da die Klägerin die Auffassung vertritt, den [X.] infolge einer wirksamen [X.] als Treuhänderin der Insolvenzmasse zuführen zu können, und das [X.] die Wirksamkeit der [X.] bezweifelt, konnte es über den insofern entstandenen Streit durch [X.] nach § 218 Abs. 2 [X.] entscheiden (vgl. zur Pfändung [X.]surteil vom 12. Juli 2001 VII R 19, 20/00, [X.], 516, [X.] 2002, 67; vgl. auch [X.]surteil vom 28. Februar 2012 VII R 36/11, [X.], 202, [X.], 451). Denn die Klägerin ist auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens weiterhin am Steuererhebungsverfahren beteiligt, soweit die Zugehörigkeit nachträglich entstandener Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zur Insolvenzmasse im Streit ist (vgl. [X.]surteil in [X.], 202, [X.], 451).

Ein unzulässiger Eingriff in die Befugnis des AG liegt darin nicht; denn das [X.] stellt mit seiner Entscheidung nicht die Rechtmäßigkeit des Beschlusses in Frage, sondern klärt durch hoheitliche Entscheidung lediglich dessen Rechtswirkungen (vgl. zur Reichweite eines Pfändungsbeschlusses [X.]surteil in [X.], 516, [X.] 2002, 67).

2. Die Klägerin ist als Adressatin des [X.]s klagebefugt.

Nach § 80 Abs. 1 der Insolvenzordnung ([X.]) verliert der Schuldner mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen. Gleichzeitig geht das Verwaltungs- und Verfügungsrecht auf den Insolvenzverwalter über. Mit dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht erhält der Insolvenzverwalter die Befugnis, die Insolvenzmasse betreffende Prozesse zu führen. Im Prozess hat der Insolvenzverwalter kraft gesetzlicher Prozessstandschaft die uneingeschränkte Prozessführungsbefugnis unter Ausschluss des Schuldners. Der Schuldner ist nicht prozessführungsbefugt (Beschluss des [X.] --BFH-- vom 26. Juli 2004 [X.], [X.], 1547, m.w.N.; BFH-Urteil vom 6. Juli 2011 II R 34/10, [X.], 10). Im vereinfachten Insolvenzverfahren (§§ 311 ff. [X.]) nimmt nach § 313 Abs. 1 Satz 1 [X.] der Treuhänder (§ 292 [X.]) die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahr (vgl. auch Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 20. März 2003 IX ZB 388/02, [X.] --WM-- 2003, 980, unter [X.]). Mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens entfällt neben der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis die [X.] (vgl. [X.] vom 10. Dezember 2009 IX ZR 206/08, [X.]schrift für Wirtschaftsrecht und [X.] --ZIP-- 2010, 102).

Wird das Insolvenzverfahren nach der [X.] aufgehoben (§ 200 Abs. 1 [X.]), jedoch eine [X.] angeordnet (§ 203 Abs. 1, 2 [X.]), bleibt der Insolvenzverwalter ausnahmsweise befugt, anhängige Prozesse fortzusetzen und neue einzuleiten, mit denen die der [X.] vorbehaltenen Masseaktiva realisiert werden sollen ([X.] in [X.], 102). Denn mit der Anordnung der [X.] tritt eine erneute [X.]nahme ein (vgl. [X.] vom 12. Januar 2006 IX ZB 239/04, [X.], 340, unter [X.]). Die Anordnung einer [X.] ist auch im Verbraucherinsolvenzverfahren möglich ([X.] vom 1. Dezember 2005 IX ZB 17/04, [X.], 143, und vom 2. Dezember 2010 IX ZB 184/09, [X.], 135; vgl. auch BFH-Urteil in [X.], 10).

3. Der [X.] des Insolvenzschuldners für den Veranlagungszeitraum 2009 wird von der Anordnung der [X.] mit Beschluss des AG vom 22. Juni 2010 erfasst, weshalb der [X.] nicht gemäß § 47 [X.] mit der Zahlung an den Insolvenzschuldner erloschen ist.

a) Zur Insolvenzmasse, über die der Insolvenzschuldner gemäß § 80 [X.] kein Verwaltungs- und Verfügungsrecht hat, gehört nach § 35 Abs. 1 [X.] das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden [X.]s sowie des [X.] hinsichtlich der Zugehörigkeit von Ansprüchen zur Insolvenzmasse nicht auf den [X.]punkt der [X.] an, sondern auf den [X.]punkt, in dem nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt worden ist. Ein Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen gehört daher zur Insolvenzmasse, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist ([X.]surteile in [X.], 202, [X.], 451, und vom 6. Februar 1996 VII R 116/94, [X.], 547, [X.] 1996, 557; [X.]sbeschlüsse vom 7. Juni 2006 VII B 329/05, [X.], 436, [X.] 2006, 641, und vom 4. September 2008 VII B 239/07, [X.], 6; [X.] vom 12. Januar 2006 IX ZB 239/04, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2006, 1127). Der Rechtsgrund für eine Erstattung von Einkommensteuer wird bereits mit der Leistung der entsprechenden Vorauszahlungen gelegt, denn bereits in diesem [X.]punkt erlangt der Steuerpflichtige einen Anspruch auf Erstattung der Vorauszahlungen unter der aufschiebenden Bedingung, dass am Jahresende die geschuldete Einkommensteuer geringer ist als die Summe der Vorauszahlungen ([X.]surteile in [X.], 202, [X.], 451, und in [X.], 547, [X.] 1996, 557; [X.]sbeschluss in [X.], 436, [X.] 2006, 641).

Werden erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens Ansprü-che des Schuldners ermittelt, die vor oder während des Insolvenzverfahrens in insolvenzrechtlicher Hinsicht "begründet" wurden und somit zur Insolvenzmasse gehörten, können sie Gegenstand einer [X.] gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 [X.] sein. Wird die [X.] angeordnet, so besteht die [X.]nahme i.S. des § 80 Abs. 1 [X.] fort mit der Folge, dass insoweit die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis weiterhin beim (früheren) Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder liegen (vgl. [X.]surteil in [X.], 202, [X.], 451).

Ausgehend von dieser Rechtsprechung wurde der Rechtsgrund für den Erstattungsanspruch des Insolvenzschuldners für Einkommensteuer 2009 während des Insolvenzverfahrens gelegt, weil die Erstattungsansprüche auf vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens geleisteten Vorauszahlungen --hier im Wege des [X.] vom Lohn-- beruhen.

b) Der [X.] fällt unter die Anordnung der [X.] durch Beschluss des AG vom 22. Juni 2010.

Von der [X.] wird nicht das gesamte Vermögen des Schuldners erfasst, sondern nur der Betrag oder Vermögensgegenstand, auf den sich die [X.]sanordnung bezieht ([X.] vom 22. Februar 1973 [X.], NJW 1973, 1198; [X.] vom 2. Dezember 2010 IX ZB 151/09, [X.], 135). Wird die [X.] angeordnet, weil nachträglich Gegenstände der Masse ermittelt worden sind (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 [X.]), werden die betroffenen Gegenstände mit der Anordnung vom [X.] erfasst. Die Verfügungsbefugnis geht vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter über ([X.] vom 25. Februar 2016 IX ZB 74/15, [X.], 558; vgl. auch [X.] vom 26. Januar 2012 IX ZB 111/10, [X.], 366, und vom 12. Februar 2015 IX ZR 186/13, [X.]schrift für das gesamte Insolvenzrecht --[X.]-- 2015, 634). Wegen dieser Wirkungen müssen die betroffenen Gegenstände im Anordnungsbeschluss selbst ausreichend bestimmt bezeichnet werden. Andernfalls treten die Wirkungen der Anordnung nicht ein ([X.] in [X.], 558, und in [X.] 2015, 634).

Welche Anforderungen an die Bestimmtheit einer [X.]sanordnung zu stellen sind und ob --wie bei der [X.] und der Schuldgrund der Forderung anzugeben sind (vgl. BFH-Urteil vom 1. Juni 1989 V R 1/84, [X.], 32, [X.] 1990, 35), was regelmäßig die Angabe der Steuerart, für die Erstattungsansprüche bestehen sollen, einschließt ([X.]surteil vom 1. April 1999 VII R 82/98, [X.], 137, [X.] 1999, 439) ist eine Frage des Einzelfalls. Im hier zu beurteilenden Fall ist die Anordnung der [X.] mit Beschluss des AG vom 22. Juni 2010 hinreichend bestimmt.

Mit der Anordnung der [X.] für etwaige "auf die Dauer des Insolvenzverfahrens" entfallende [X.] steht fest, dass der Rechtsgrund für eine Erstattung während der Dauer des Insolvenzverfahrens, also in der [X.] vom 1. Juli 2008 bis zum 22. Juni 2010, gelegt worden sein muss. Der Veranlagungszeitraum für die Einkommensteuer 2009 und die daraus resultierenden Erstattungsansprüche sind in zeitlicher Hinsicht vollständig von der Anordnung der [X.] erfasst. Die Frage einer genaueren Abgrenzung im Fall nur teilweise vom [X.] betroffener Veranlagungszeiträume stellt sich hier nicht.

Der amtsgerichtliche Beschluss ist auch insoweit hinreichend bestimmt, weil sich aus der Formulierung "etwaiger (...) [X.]" ergibt, dass [X.] im Zusammenhang mit allen Steuerarten von der [X.] erfasst sein sollen.

Die BFH-Rechtsprechung zur Forderungspfändung, wonach die bloße Bezeichnung der gepfändeten Forderungen als "[X.]" nicht ausreicht und die Angabe der Steuerart, für die Erstattungsansprüche bestehen sollen, zur Identifizierung und Abgrenzung der zu [X.] Forderungen regelmäßig erforderlich ist (vgl. [X.]surteil in [X.], 137, [X.] 1999, 439; BFH-Urteil in [X.], 32, [X.] 1990, 35), ist --unabhängig davon, ob sie überhaupt auf die Anordnung der [X.] übertragen werden kann-- jedenfalls für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Durch die hohen Anforderungen an die Bestimmtheit der Pfändung sollen Unklarheiten in der Vollstreckung bzw. eine Verwechslung der Forderung ausgeschlossen werden. Unsicherheiten bei der Identifizierung der Erstattungsansprüche bestehen hier jedoch nicht.

Auch die weiteren Umstände des Falls stellen die Bestimmtheit der [X.]sanordnung nicht in Frage. Es handelt sich um eine Verbraucherinsolvenz, bei der ausweislich des [X.] vom 6. Januar 2010 nur Erstattungsansprüche aus Einkommensteuer in Betracht kommen. Erstattungsansprüche aus anderen Steuerarten sind nicht ersichtlich und allenfalls hypothetischer Natur.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Urteil des [X.] Berlin-Brandenburg vom 16. Dezember 2010  10 K 15202/09 (E[X.] 2011, 1307) bzw. dem im anschließenden Revisionsverfahren ergangenen [X.]surteil in [X.], 202, [X.], 451. Auch wenn es dort vor allem um die Reichweite des Vorbehalts der [X.] und insbesondere um die Frage ging, ob dieser bereits den [X.] einer vom Vorbehalt betroffenen Forderung bewirkt oder ob es insoweit auf die Anordnung der [X.] ankommt, hat der [X.] den Beschluss des AG, der die [X.] für vor und während der Dauer des Insolvenzverfahrens begründete Ansprüche auf Steuererstattungen anordnete, als hinreichend bestimmt erachtet. Der [X.] hat zwar darauf hingewiesen, dass "bestimmte" Gegenstände vorbehalten sein müssen. Dies ist jedoch nicht in dem Sinne zu verstehen, dass die Steuerart im Anordnungsbeschluss zwingend genannt werden muss.

4. Der [X.] ist auch nicht als rechtmäßig anzusehen, weil der Einkommensteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 2009 dem Insolvenzschuldner und nicht der Klägerin erteilt worden ist.

Gemäß § 122 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen ist. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis wieder auf den Insolvenzschuldner über, weshalb nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ergehende Steuerbescheide diesem bekannt zu geben sind. Der Insolvenzschuldner ist (dann wieder) [X.], weil die Festsetzung der Steuer ihm gegenüber als demjenigen, der den Steuertatbestand verwirklicht hat (§ 38 [X.]), wirken soll. Somit ist der festsetzende Teil des Einkommensteuerbescheids zu Recht dem ehemaligen Insolvenzschuldner gegenüber bekannt gegeben worden, weil er mit Abschluss des Insolvenzverfahrens am 22. Juni 2010 seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen wiedererlangt hat.

Ergibt sich aus dem dem Erhebungsverfahren zuzurechnenden Abrechnungsteil des Steuerbescheids ein Erstattungsanspruch, der von der [X.] erfasst ist, sollte dieser auch dem Treuhänder bekannt gegeben werden. Eine Voraussetzung für die Geltendmachung des Anspruchs seitens des Treuhänders ist die Bekanntgabe jedoch nicht. Aus § 218 Abs. 1 Satz 1 [X.] ergibt sich nicht, dass der Steuerbescheid an die Person gerichtet sein muss, die den [X.] beantragt. Vielmehr können Bescheide nach § 218 Abs. 2 [X.] nicht nur im unmittelbaren Verhältnis zwischen dem Finanzamt und dem Steuerpflichtigen, sondern auch bei Streitigkeiten im Verhältnis zwischen dem Finanzamt und Dritten ergehen, sofern es sich um Streitigkeiten über einen Anspruch i.S. des § 218 Abs. 2 [X.] handelt [X.]/Rüsken, [X.], 13. Aufl., § 218 Rz 20, m.w.N.).

5. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O. [X.] des [X.] ist nicht zu berichtigen, weil das [X.] der Klägerin zu Unrecht eine Änderung ihres ursprünglich auf Auszahlung gerichteten Klageantrags in einen Aufhebungsantrag nahegelegt hat. Nach ihrem erkennbaren Klagebegehren hätte sie einen [X.] beantragen müssen, in dem ein Erstattungsanspruch in Höhe von 349,01 € zu ihren Gunsten ausgewiesen wird.

Meta

VII R 10/15

20.09.2016

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 25. Februar 2015, Az: 3 K 769/11, Urteil

§ 218 Abs 2 AO, § 203 Abs 1 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.09.2016, Az. VII R 10/15 (REWIS RS 2016, 5306)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5306

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII R 36/11 (Bundesfinanzhof)

Fortdauernder Insolvenzbeschlag für Steuererstattungsansprüche bei vorbehaltener Nachtragsverteilung - Zugehörigkeit des Anspruchs auf Erstattung von Einkommensteuer …


VI R 37/18 (Bundesfinanzhof)

(Zur Bindungswirkung rechtskräftiger Revisionsurteile gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO)


VII B 188/09 (Bundesfinanzhof)

Lohnsteuererstattungsansprüche als Teil der Insolvenzmasse - Grundsätzliche Bedeutung einer von der Rechtsprechung bereits geklärten Rechtsfrage


VII B 192/09 (Bundesfinanzhof)

Keine Verrechnung von während des Insolvenzverfahrens erworbenen Ansprüchen auf Lohnsteuererstattung mit vorinsolvenzlichen Steuerschulden


VII R 32/13 (Bundesfinanzhof)

(Zuordnung von Einkommensteuererstattungsansprüchen zum insolvenzfreien Vermögen i.S. des § 35 Abs. 2 InsO)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.