Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.06.2014, Az. IV R 43/11

4. Senat | REWIS RS 2014, 4983

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Gegenstand

Begriff des Vorabgewinnanteils i.S. des § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 EStG 2002


Leitsatz

Ein "Vorabgewinnanteil" i.S. des § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 EStG 2002 ist dadurch gekennzeichnet, dass der betroffene Gesellschafter vor den übrigen Gesellschaftern aufgrund gesellschaftsvertraglicher Abrede einen Anteil am Gewinn erhält. Der "Vorabgewinnanteil" ist vor der allgemeinen Gewinnverteilung zu berücksichtigen und reduziert den noch zu verteilenden Restgewinn.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine mit [X.]svertrag vom ... 1977 gegründete KG. Komplementärin ist die [X.] (GmbH), die [X.] (Streitjahr) mit 3/28 (1.533,88 € = 10,71 %) am [X.]skapital (14.316,17 €) beteiligt war. Einziger Kommanditist war zu diesem Zeitpunkt der Beigeladene mit einer Kommanditeinlage von 25/28 des [X.]skapitals (12.782,30 € = 89,29 %).

2

§ 9 des [X.]svertrages sah zunächst folgende Gewinnverteilung vor:

3

"Der nach Abzug der Verzinsung der Festkonten und Sonderkonten der [X.]er sowie der Vergütung nach § 8 verbleibende Gewinn wird wie folgt verteilt:

4

1. Die persönlich haftende [X.]erin erhält zur Abgeltung ihres Haftrisikos eine Vorabvergütung in Höhe von 5 % des verbleibenden Gewinns, höchstens jedoch 15 % ihres [X.]s.

5

2. Die mitarbeitenden Kommanditisten erhalten vorweg eine Tätigkeitsvergütung nach laufenden [X.]erbeschlüssen.

6

3. Der restliche verbleibende Gewinn wird unter die [X.]er im Verhältnis ihrer eingezahlten [X.]einlagen (§ 4) verteilt ... ."

7

Nach einer durch [X.]erbeschluss vom 2. Januar 1990 erfolgten Änderung lautete § 9 des [X.]svertrages wie folgt:

8

"Der Gewinnanteil des ... (= Beigeladenen) wird auf maximal 100.000,- DM beschränkt. Den Restbetrag erhält die ...-GmbH. Weiterhin erhält der Kommanditist ... (= Beigeladene) für seine Tätigkeit in der [X.] vorweg eine Tätigkeitsvergütung in Form von Gehalt in Höhe von z.Zt. mtl. 1.500,- DM zuzüglich [X.] zur Sozialversicherung."

9

In ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr rechnete die Klägerin den [X.] in Höhe von 14.395 € dem Beigeladenen nach § 35 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) entsprechend seinem Anteil am [X.] in Höhe von 89,29 % zu.

Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) nicht, sondern rechnete dem Beigeladenen in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung) ergangenen Feststellungsbescheid vom 19. Mai 2006 einen Anteil am [X.] in Höhe von 17,123 % zu, weil zu seinen Lasten die durch den [X.]erbeschluss vom 2. Januar 1990 vereinbarte "Gewinnbegrenzung" zu berücksichtigen sei. Daran hielt das [X.] auch nach einer Betriebsprüfung fest, stellte allerdings mit Änderungsbescheid vom 29. Februar 2008 nunmehr einen auf den Beigeladenen entfallenden [X.]santeil gemäß § 35 Abs. 3 EStG in Höhe von 11,32 % fest. Im Einzelnen ergab sich danach folgende Aufteilung:

                          
        

Gesamt

GmbH   

Beigeladener

Restgewinn laut Feststellungserklärung

242.561,11 €

215.969,11 €

26.592,00 €

zuzüglich nichtabzugsfähige Betriebsausgaben

1.120,54 €

120,01 €

1.000,53 €

Summe 

243.681,65 €

216.089,12 €

27.592,53 €

Prozent

100,00

88,68 

11,32 

Einspruch und Klage gegen den vorgenannten Änderungsbescheid, mit denen die Klägerin geltend machte, die in § 9 des [X.]svertrages in der Fassung vom 2. Januar 1990 geregelte Gewinnbegrenzung für den Beigeladenen sei als zugunsten der GmbH wirkender Vorabgewinn i.S. des § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 EStG aufzufassen, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) führte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2011, 2080 veröffentlichten Urteil aus, das [X.] habe den auf den Beigeladenen entfallenden Anteil am [X.] des Streitjahres zu Recht statt mit 89,29 % mit nur 11,32 % berechnet, denn die Gewinnbegrenzung auf insgesamt 51.129 € sei kein Vorabgewinn, sondern Gegenstand der allgemeinen Gewinnverteilungsabrede.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung des § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG geltend macht. Zur Begründung führt sie aus, das [X.] habe zu Unrecht die zugunsten der [X.] vereinbarte Gewinnbegrenzung statt als Vorabgewinn als Bestandteil des allgemeinen [X.] gesehen. Es handele sich bei der Gewinnbegrenzung des Kommanditisten um einen Vorabgewinn der GmbH, der nach § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG nicht zu berücksichtigen sei. Im Streitfall sei § 9 Nr. 3 des [X.]svertrages vom ... 1977 maßgeblich, während die durch [X.]erbeschluss vom 2. Januar 1990 getroffene ergänzende Regelung, wonach der Gewinnanteil des Kommanditisten auf 100.000 DM beschränkt sei, nicht Bestandteil des allgemeinen [X.] sei. Diese Regelung greife gerade nicht allgemein, sondern nur in den besonderen Fällen, in denen der Gewinnanteil tatsächlich den genannten Betrag überschreite. Das [X.] lege demgegenüber den gesetzlich nicht definierten Begriff des [X.] zu eng aus und berufe sich dabei zu Unrecht auf den Beschluss des [X.] ([X.]) vom 7. April 2009 IV B 109/08 ([X.]E 224, 548, [X.], 116) und auf das [X.]-Urteil vom 9. Februar 2011 IV R 37/08 ([X.]/NV 2011, 1120), die dazu keine tragenden Ausführungen enthielten. Die Auffassung des [X.] decke sich auch nicht mit derjenigen des [X.], wonach die Gewerbesteuer zivilrechtlich von allen [X.]ern im Verhältnis ihrer Beteiligung am Vermögen zu tragen sei. Auch die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gebiete es vorliegend, die Gewinnbegrenzung beim Kommanditisten als Vorabgewinn der Komplementärin nicht zu berücksichtigen, denn die vom Gesetzgeber mit § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG intendierte Vereinfachung werde ansonsten gerade nicht erreicht.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des Urteils des [X.] des Saarlandes vom 21. Juli 2011  1 K 1150/11 und der Einspruchsentscheidung des [X.] vom 13. April 2011 dessen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2003 vom 29. Februar 2008 dahingehend abzuändern, dass der Anteil des Beigeladenen am [X.] gemäß § 35 Abs. 3 EStG mit 89,28 % festgestellt wird.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Gewinnbegrenzung im Streitfall Bestandteil des allgemeinen [X.] und kein Vorabgewinn. Es sei eine gesellschaftsvertragliche Regelung dahingehend getroffen worden, dass die Gewinnverteilung anhand der eingezahlten [X.]einlagen erfolge, der Gewinnanteil des Beigeladenen jedoch auf 100.000 DM beschränkt sei. Für einen Vorabgewinn sei kennzeichnend, dass dieser vorrangig und damit auch dann zu zahlen sei, wenn danach kein Restgewinn mehr verbleibe. Eine Gewinnbegrenzung führe hingegen dazu, dass zunächst eine Verteilung nach [X.] erfolge und im Fall des Überschreitens der Höchstgrenze der entsprechende Überhang auf die verbleibenden [X.]er entfalle. Entsprechend unterscheide sich die Gewinnbegrenzung sachlich vom Vorabgewinn.

Der Beigeladene erklärt, er schließe sich den Ausführungen der Klägerin vollumfänglich an, stellt aber keinen eigenen Antrag.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass bei der nach § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG erfolgenden Ermittlung des auf den Beigeladenen entfallenden Anteils am [X.] die auf diesen bezogene Gewinnbegrenzung nicht als Vorabgewinn auszuscheiden, sondern als Bestandteil der allgemeinen [X.] zu berücksichtigen war.

1. Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 EStG ist bei [X.] § 15 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 EStG der Betrag des [X.]s und der auf die einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen. Zuständig für die gesonderte Feststellung nach § 35 Abs. 3 EStG ist nach § 35 Abs. 4 Satz 2 EStG das für die gesonderte Feststellung der Einkünfte zuständige Finanzamt. Nach § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG richtet sich dabei der Anteil eines Mitunternehmers am [X.] nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen [X.]s; [X.] sind nicht zu berücksichtigen.

a) Der Wortlaut des § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG lässt zunächst keinen Zweifel daran, dass sich zwar der Anteil eines Mitunternehmers am [X.] nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen [X.]s richtet, dass dabei aber [X.] nicht berücksichtigt werden dürfen (vgl. bereits [X.] in [X.], 548, [X.], 116, unter [X.]). Was im Einzelnen bei der nach § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG vorzunehmenden Ermittlung des Anteils eines Mitunternehmers am [X.] nach Maßgabe von dessen Halbsatz 2 als Vorabgewinnanteil auszuscheiden ist, sagt das Gesetz allerdings nicht.

b) Während der ursprüngliche Gesetzentwurf zu § 35 EStG vorsah, dass sich der anteilige [X.] aus dem "Verhältnis des dem Mitunternehmer zuzurechnenden Gewinnanteils zuzüglich der von ihm erzielten Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 zur Summe aller Gewinnanteile und aller Vergütungen der Mitunternehmerschaft" ergeben sollte (BTDrucks 14/2683, S. 6), beruht allerdings die später Gesetz gewordene und für die Entscheidung dieses Rechtsstreits maßgebliche Fassung des § 35 EStG auf einem Vorschlag des Finanzausschusses des [X.] (BTDrucks 14/3366, S. 19 f. und S. 119), der zur Begründung der Abweichung vom ursprünglichen Entwurf die Aussage enthält, dass die "Festlegung, dass bei Mitunternehmerschaften für die Aufteilung des [X.] der [X.] (ohne Berücksichtigung [von] [X.] vereinbarter [X.]) maßgebend ist" (vgl. [X.] in [X.], 548, [X.], 116, unter [X.]). Daraus wiederum ergibt sich, dass nicht nur steuerrechtliche Sondervergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, sondern auch gesellschaftsrechtlich vereinbarte [X.] unberücksichtigt bleiben sollen. Dies findet wiederum im Wortlaut der Regelung dadurch seinen Niederschlag, dass der "allgemeine [X.]" maßgebend sein soll ([X.] in [X.], 548, [X.], 116, unter [X.]).

c) Das [X.] ist im angefochtenen Urteil zu Recht davon ausgegangen, dass ein "Vorabgewinnanteil" i.S. des § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 EStG dadurch gekennzeichnet ist, dass der betroffene Gesellschafter vor den übrigen Gesellschaftern aufgrund [X.]er Abrede einen Anteil am Gewinn erhält. Entsprechend ist der angesprochene "Vorabgewinnanteil" vor der allgemeinen Gewinnverteilung zu berücksichtigen und reduziert den noch zu verteilenden Restgewinn (vgl. [X.]/ [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], EStG, § 35 Rz E 25; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 35 EStG Rz 63).

d) Ein "gesellschaftsrechtlich vereinbarter Vorabgewinn" kommt insbesondere in Betracht, wenn einem an der Personengesellschaft beteiligten Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag eine besondere Vergütung für die Übernahme der Geschäftsführung eingeräumt wird. Insbesondere in Fällen, in denen nicht alle Gesellschafter gleichmäßig an der Geschäftsführung beteiligt sind und die Tätigkeitspflicht auch kein Äquivalent für das von den anderen Gesellschaftern zur Verfügung gestellte Kapital bildet, wird dem die Geschäftsführung im Wesentlichen übernehmenden Gesellschafter oftmals eine besondere Vergütung eingeräumt, die aber nicht als Vereinbarung eines Entgelts für die Leistung besonderer Dienste, sondern als [X.] anzusehen ist (vgl. [X.]/[X.], 6. Aufl., § 709 Rz 32, m.w.N., sowie § 721 Rz 5). Inhaltlich kann dabei die Vergütung entweder in einer Erhöhung des prozentualen Gewinnanteils des Geschäftsführers oder aber in einem festen oder erfolgsabhängigen, als "Gewinnvoraus" oder "[X.]" des Geschäftsführers bezeichneten, periodisch zu zahlenden Geldbetrag bestehen (vgl. [X.]/[X.], a.a.[X.], § 709 Rz 33, sowie § 722 Rz 5).

e) Das [X.] hat auch zutreffend nach § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 EStG bei der Ermittlung des Anteils eines Mitunternehmers am [X.] auszuscheidende "[X.]" von nicht unter diese Vorschrift fallenden und auf einen einzelnen Gesellschafter bezogenen (fixen) "[X.]" unterschieden (ebenso Blümich/[X.], § 35 EStG Rz 50; [X.] in [X.], EStG, 13. Aufl., § 35 Rz 25; [X.]/Wacker, EStG, 33. Aufl., § 35 Rz 25; [X.], E[X.] 2011, 2082; [X.], Betriebs-Berater 2012, 368). Anders als bei [X.]n findet bei [X.] nämlich keine vorrangige Zurechnung des den Höchstgewinn übersteigenden Betrages bei anderen Gesellschaftern statt. Vielmehr sind diese auf einzelne Mitunternehmer bezogenen [X.] Gegenstand der allgemeinen Gewinnverteilung und deshalb bei der Aufteilung des [X.]s einer Mitunternehmerschaft auf die Mitunternehmer zu berücksichtigen (Blümich/ [X.], § 35 EStG Rz 50).

f) Soweit die Klägerin ausführt, diese Auffassung decke sich nicht mit derjenigen des [X.], wonach die Gewerbesteuer zivilrechtlich von allen Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Beteiligung am Vermögen zu tragen sei, ist dem nicht zu folgen.

aa) Im Urteil in [X.]/NV 2011, 1120 hat der Senat ausgeführt, dass verfassungsrechtliche Zweifel am vom Gesetzgeber gewählten Aufteilungsmaßstab des allgemeinen [X.]s nicht bestehen, selbst wenn der Gesetzgeber in Anknüpfung an die von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verfolgte Konzeption der Mitunternehmerbesteuerung auch --wie ursprünglich vorgesehen-- auf den Anteil der Mitunternehmer an den Einkünften hätte abstellen können. Zur Wahl eines anderen Aufteilungsmaßstabs war der Gesetzgeber danach weder durch den Gleichheitssatz im Allgemeinen noch durch das Folgerichtigkeitsgebot gezwungen, denn die Wahl des allgemeinen [X.]s ist von der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gedeckt.

bb) Es ist zwar richtig, dass der Senat dazu ausgeführt hat, die Anknüpfung an den allgemeinen [X.] sei insofern zutreffend, "als die Gewerbesteuer als Betriebsausgabe zivilrechtlich ... von allen Gesellschaftern in diesem Verhältnis anteilig getragen" werde. Abgesehen davon, dass sich diese Aussage aber erkennbar nur auf den der Typisierung als Regelfall zugrunde gelegten Fall einer Gewinnverteilung nach Maßgabe der Festkapitaleinlagen bezieht, hat der Senat weiterführend --wie auch bereits im [X.] in [X.], 548, [X.], 116, unter [X.] deutlich gemacht, dass für eine typisierte Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer die Abweichungen zwischen beiden Steuerarten, insbesondere bei der Bestimmung des Steuersubjekts und der Bemessungsgrundlage, zu berücksichtigen sind und schon deshalb gerade keine punktgenaue Anrechnung der auf den einzelnen Mitunternehmer entfallenden Gewerbesteuer möglich ist.

g) Auch soweit die Klägerin ausführt, die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gebiete es vorliegend, die vereinbarte "Gewinnbegrenzung" beim Kommanditisten nicht zu berücksichtigen, weil ansonsten die vom Gesetzgeber mit § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG intendierte Vereinfachung nicht erreicht werde, geht die Klägerin fehl. Zwar darf der Gesetzgeber im Rahmen seiner Typisierungsbefugnis einen einfach zu handhabenden, sachgerechten Aufteilungsschlüssel wählen. Der allgemeine [X.] erscheint insoweit als [X.] nicht sachwidrig ([X.] in [X.], 548, [X.], 116, unter [X.]; [X.]-Urteil in [X.]/NV 2011, 1120). Die damit zum Ausdruck gebrachte Überzeugung, dass der in Gesellschaftsverträgen vereinbarte oder sich ansonsten aus dem Zivilrecht ableitende allgemeine [X.] in aller Regel einfach zu handhaben ist, wird aber nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass in Einzelfällen Bestimmungen eines Gesellschaftsvertrages so ausgestaltet sein können, dass sich dort ausnahmsweise schwierige Auslegungsfragen stellen. Derartige Ausnahmefälle kann eine auf den Regelfall gestützte Typisierung schon ihrer Natur nach nicht berücksichtigen.

2. Ob in der Sache ein "gesellschaftsrechtlich vereinbarter Vorabgewinn" oder eine "Gewinnbegrenzung" vorliegt, ist durch Auslegung der Bestimmungen des konkreten Gesellschaftsvertrages bzw. unter Rückgriff auf die Vorgaben des Zivilrechts zu ermitteln. In der Revisionsinstanz ist dabei die Auslegung eines Gesellschaftsvertrages durch das [X.] mit Blick auf § 118 Abs. 2 [X.]O nur daraufhin zu prüfen, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet wurden ([X.]-Urteil vom 6. Juni 2013 IV R 28/10, [X.]/NV 2013, 1810). Das ist mit Blick auf die vom [X.] im Streitfall vorgenommene Auslegung des hier streitbefangenen Gesellschaftsvertrages der Klägerin zu bejahen.

a) Das [X.] hat maßgeblich darauf abgestellt, dass der Gewinn nach Maßgabe des § 9 des Gesellschaftsvertrages in der Fassung des [X.] vom 2. Januar 1990 nicht der GmbH vorab zugerechnet, sondern --nach vorrangiger Zurechnung der Tätigkeits- und [X.] nach der allgemeinen [X.] auf die Gesellschafter verteilt werden sollte. Es habe dadurch sichergestellt werden sollen, dass der Beigeladene in jedem Gewinnfall zunächst seinen Höchstgewinn erreiche, bevor der übersteigende Teil dem verbleibenden Gesellschafter zugerechnet würde.

b) Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass das [X.] auf den § 9 in der Fassung des [X.] vom 2. Januar 1990 abgestellt hat. Es mag insoweit zwar sein, dass die geänderte Regelung wirtschaftliche Relevanz nur haben konnte, soweit der Gewinnanteil des Beigeladenen tatsächlich den Betrag von 100.000 DM überschritt. Das ändert aber nichts daran, dass durch die genannte Regelung ausweislich der entsprechenden Niederschrift vom 2. Januar 1990 der bis dahin geltende und alleine auf die Festkapitaleinlagen abstellende Gesellschaftsvertrag vom ... 1977 "geändert" wurde.

c) Die Auslegung des [X.], wonach § 9 des Gesellschaftsvertrages in der ab dem 2. Januar 1990 geltenden Fassung eine Gewinnbegrenzung in der Person des Beigeladenen enthielt, entspricht dem Wortlaut der Regelung: Dort ist zunächst ausdrücklich davon die Rede, dass der "Gewinnanteil des ... (Beigeladenen) auf maximal 100.000,- DM beschränkt" wird. Angesprochen ist also der Beigeladene und nicht die GmbH und es wird allein dessen Gewinnanteil nach oben begrenzt. Beides spricht für eine Gewinnbegrenzung in der Person des Beigeladenen und gegen eine "Vorabgewinnregelung" zugunsten der GmbH. Dies wird noch dadurch bestätigt, dass die GmbH nur "den Restbetrag", also den Gewinn nach Berücksichtigung des Höchstbetrages in der Person des Beigeladenen, erhalten sollte. Auch dies spricht dafür, dass der Beigeladene nie mehr als 100.000 DM als Gewinn erhalten sollte.

d) Auf dieser Grundlage ist die Würdigung des [X.], dass in § 9 des Gesellschaftsvertrages in der ab dem 2. Januar 1990 geltenden Fassung eine Gewinnbegrenzung in der Person des Beigeladenen geregelt worden ist, jedenfalls möglich, weshalb der [X.] nach § 118 Abs. 2 [X.]O an sie gebunden ist.

3. Das [X.] hat auch den auf den Beigeladenen entfallenden [X.]santeil gemäß § 35 Abs. 3 EStG zutreffend dahingehend ermittelt, dass es den nach Abzug von [X.]n verbleibenden Restgewinn in Höhe von 242.561,11 € zuzüglich der nicht abziehbaren Betriebsausgaben auf die Mitunternehmer verteilt hat. Insoweit herrscht zwischen den Beteiligten kein Streit über die Höhe des für den Beigeladenen festzustellenden Anteils am [X.]. Entsprechend ist das Urteil des [X.] nicht zu beanstanden, so dass die Revision als unbegründet zurückzuweisen war.

4. [X.] folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O. Dem Beigeladenen können nach § 135 Abs. 3 [X.]O keine Kosten auferlegt werden, da er weder einen Sachantrag gestellt noch ein Rechtsmittel eingelegt hat. Da er das Verfahren weder durch Sachvortrag noch durch die Stellung eines eigenen Sachantrages wesentlich gefördert hat, entspricht es nicht der Billigkeit, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nach § 139 Abs. 4 [X.]O aufzuerlegen (vgl. [X.] vom 29. Mai 2009 IV B 143/08, [X.]/NV 2009, 1452).

Meta

IV R 43/11

05.06.2014

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 21. Juli 2011, Az: 1 K 1150/11, Urteil

§ 35 Abs 3 S 1 EStG 2002, § 35 Abs 3 S 2 EStG 2002, § 35 Abs 4 S 2 EStG 2002, § 118 Abs 2 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.06.2014, Az. IV R 43/11 (REWIS RS 2014, 4983)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4983

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