Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.12.2011, Az. VIII ZR 206/10

8. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 740

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Gegenstand

Wohnraummiete: Anspruch des Grundstückserwerbers auf erneute Leistung der Mietkaution bzw. Weiterreichung der vom Voreigentümer zurückgegebenen Kaution


Leitsatz

1. Grundsätzlich besteht kein Anspruch des Erwerbers gegen den Mieter auf erneute Leistung einer im Mietvertrag vereinbarten Kaution, wenn der Mieter die Kaution bereits an den Voreigentümer als früheren Vermieter geleistet hat.

2. Zur Verpflichtung eines Mieters aus Treu und Glauben (§ 242 BGB), die vom Voreigentümer an den Mieter zurückgegebene Kaution an den Erwerber als neuen Vermieter zu leisten.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 6. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Beklagte mietete mit Vertrag vom 6. September 1991 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Wohnung in [X.]. Er verpflichtete sich in der "Ergänzungsvereinbarung zum Mietvertrag" vom 16./20. Juni 2000 zur Gewährung einer Sicherheit "für alle Ansprüche des Vermieters gegen den Mieter" in Höhe von 1.670 DM. Die Kaution war durch "Verpfändung eines Kontoguthabens bei einer bundesdeutschen Sparkasse oder Bank bzw. einem ausländischen Kreditinstitut eines EU-Mitgliedstaates zu erbringen". Im August 2000 eröffnete der Beklagte bei der [X.]er Sparkasse ein Kautionskonto mit einem Guthaben von 1.670 DM (= 853,86 €) und verpfändete dieses zugunsten der Rechtsvorgängerin der Klägerin.

2

Die Klägerin kaufte das Grundstück im März 2007; sie wurde am 11. März 2008 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. In § 5 Abs. 3 des Kaufvertrages ist geregelt, dass der Verkäufer dem Käufer die von dem jeweiligen Mieter geleistete Sicherheit einschließlich Zinsen zu übertragen hat. Weiter heißt es dort unter anderem:

"Der Verkäufer hat den jeweiligen Mieter/Pächter unverzüglich, spätestens jedoch binnen 14 Tagen nach Beurkundung dieses Vertrages schriftlich vom Verkauf zu unterrichten und dessen schriftliche Zustimmung zur Übertragung der Sicherheit einzuholen."

3

Der Beklagte wurde aufgefordert, der Übertragung der Kaution auf die Klägerin zuzustimmen. Er gab keine Zustimmungserklärung ab. Daraufhin erklärte die Hausverwaltung der Rechtsvorgängerin der Klägerin gegenüber dem Beklagten im Schreiben vom 24. Juni 2008 mit Zustimmung der Klägerin zur Vorlage bei dessen Kreditinstitut die Freigabe der Kaution in Höhe von 853,86 € zuzüglich aufgelaufener Zinsen. Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 29. Juli 2008 an den Beklagten und forderte diesen unter Bezugnahme auf die Vereinbarung vom 16. Juni 2000 zunächst auf, einen Kautionsbetrag in Höhe von 1.184,09 € bis zum 27. August 2008 auf ein Konto der Klägerin zu überweisen. Der Beklagte antwortete mit E-Mail vom 28. August 2008:

"Bezüglich der Kaution setze ich [X.] kurzfristig mit ihnen in Verbindung. Ich habe die alten Konten jetzt aufgelöst, muss aber noch warten, bis die Kündigungsfrist bei der Bank abgelaufen ist und werde ihnen die Kaution dann übergeben."

4

Auf eine Mahnung der Klägerin vom 12. Dezember 2008, mit der diese den geforderten Kautionsbetrag auf den ursprünglichen Betrag von 853,86 € reduzierte, verweigerte der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 14. Dezember 2008 die Leistung einer neuen Kaution an die Klägerin mit der Begründung, der Voreigentümer habe mit der Freigabe der Kaution auf die Stellung der Kaution verzichtet.

5

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin, den Beklagten zu verurteilen, eine Kaution in Höhe von 853,86 € durch Verpfändung eines Kontoguthabens bei einem der in der Vereinbarung vom 16./20. Juni 2000 genannten Finanzinstitute zu erbringen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7

Das Berufungsgericht ([X.], [X.] 2010, 1272) hat im Wesentlichen ausgeführt:

8

Die Klägerin habe gegen den [X.]n aus der Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag Anspruch auf Leistung der begehrten Kaution gemäß §§ 535, 551 BGB. Grundsätzlich bestehe keine Pflicht des Mieters, die Kaution an den Erwerber zu leisten, soweit der Mieter bereits an den Voreigentümer geleistet habe. Im vorliegenden Fall habe der [X.] zugunsten des Alteigentümers ein Sparbuch verpfändet. Dennoch sei der Anspruch der Klägerin als neue Eigentümerin nicht durch Erfüllung erloschen, weil die Kaution nicht mehr vorhanden sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Kaution nicht für Forderungen aus dem Mietverhältnis verbraucht, sondern von der Voreigentümerin an den [X.]n ausgezahlt worden sei. Darin sei kein vermieterseitiger Verzicht auf die Kaution zu sehen, weil die Freigabe nur erfolgt sei, nachdem der [X.] der Übertragung der Mietsicherheit auf die Klägerin trotz entsprechender Aufforderung nicht zugestimmt habe, obwohl er zur Mitwirkung verpflichtet gewesen sei.

9

Zwar gingen die Rechte aus der Verpfändung des Sparbuchs ohne weiteres auf den Erwerber über. Allerdings sei die nicht am Mietverhältnis beteiligte Bank, der gegenüber der [X.] die Verpfändungserklärung nur zugunsten der Voreigentümerin abgegeben habe, nicht ohne Zustimmung des verpfändenden [X.]n zur Auszahlung des [X.] an die Klägerin als neue Eigentümerin verpflichtet. Damit verbleibe für die Klägerin das Risiko, zu gegebener Zeit nicht ohne die Mitwirkung des [X.]n auf die Mietsicherheit zugreifen zu können. Nach alledem falle es zwar nicht in die Verantwortung des Mieters, ob der Alteigentümer seiner Pflicht zur Übertragung der Kaution auf den Erwerber nachkomme. Soweit die Übertragung einer persönlich für den Alteigentümer bestellten Sicherheit aber faktisch nur mit einer Mitwirkungshandlung zu bewirken sei, sei der Mieter nach [X.] (§ 242 BGB) gehalten, diese Mitwirkung - hier in Form der Zustimmungserklärung - zu erbringen. Es sei treuwidrig, wenn der [X.] sich einerseits darauf berufe, dass die Erfüllung des [X.] auch gegenüber dem Erwerber wirke und die freiwillige Auszahlung durch den Eigentümer nicht zu einem Wiederaufleben geführt habe, wenn er andererseits die notwendige Mitwirkung an der Übertragung verweigere. Diene diese Mitwirkung nur der praktischen Durchführung der Übertragung des Kautionsguthabens, wäre einer entsprechenden Erklärung auch keine Entlassung des Alteigentümers aus seinen gesetzlichen Pflichten aus § 556a BGB beizumessen, wie der [X.] befürchte.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.

Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Klägerin gegen den [X.]n Anspruch auf Leistung der in der Ergänzungsvereinbarung zum Mietvertrag vom 16./20. Juni 2000 vereinbarten Kaution hat. Dem steht nicht entgegen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit deren Zustimmung die vom [X.]n aufgrund der Vereinbarung vom 16./20. Juni 2000 ursprünglich geleistete Kaution an den [X.]n zurückgegeben hat. Denn darin liegt, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles kein Verzicht der Vermieterseite auf die vereinbarte Kaution.

1. Grundsätzlich besteht kein Anspruch des Erwerbers gegen den Mieter auf erneute Leistung einer im Mietvertrag vereinbarten Kaution, wenn der Mieter die Kaution bereits an den Voreigentümer als früheren Vermieter geleistet hat. Mit der Erfüllung des Anspruchs auf Leistung der Kaution erlischt dieser Anspruch (§ 362 BGB). Auch ist der Mieter grundsätzlich nicht verpflichtet, der Übertragung der Kaution auf den Erwerber zuzustimmen. Denn einer solchen Zustimmung des Mieters bedarf es in der Regel nicht, weil der Erwerber kraft Gesetzes in die Rechte und Pflichten aus der Kaution eintritt (§ 566a Satz 1 BGB).

2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat aber aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles rechtsfehlerfrei eine Verpflichtung des [X.]n bejaht, die in der Vereinbarung vom 16./20. Juni 2000 vereinbarte Kaution erneut - nunmehr an die Klägerin - zu leisten. Dazu war der [X.] nach [X.] (§ 242 BGB) verpflichtet, weil er einer Übertragung der gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin abgegebenen Verpfändungserklärung auf die Klägerin nicht zugestimmt hatte und daraufhin die Kaution zurückerhalten hatte, ohne dass darin ein Verzicht der Klägerin auf die Kaution gesehen werden konnte.

a) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war die Kaution in der Weise geleistet worden, dass der [X.] die Verpflichtungserklärung nur zugunsten der Voreigentümerin persönlich abgegeben hatte und deshalb die am Mietverhältnis nicht beteiligte Bank nicht ohne Zustimmung des verpfändenden [X.]n zur Auszahlung des [X.] an die Klägerin als neue Eigentümerin verpflichtet war. Aus diesen rechtsfehlerfrei festgestellten Umständen hat das Berufungsgericht mit Recht hergeleitet, dass der [X.] jedenfalls nach [X.] (§ 242 BGB) verpflichtet war, der Übertragung der Kaution auf die Klägerin als neue Pfandgläubigerin zuzustimmen, weil die Übertragung der persönlich für den Alteigentümer bestellten Sicherheit faktisch nur mit einer Mitwirkungshandlung des [X.]n zu bewirken war. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die auf sie übergegangenen Rechte aus der Kaution gegenüber der Bank notfalls auch ohne Mitwirkung des [X.]n hätte durchsetzen können. Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf abgestellt, dass die Klägerin das Risiko, zu gegebener Zeit nicht ohne die Mitwirkung des [X.]n auf die Mietsicherheit zugreifen zu können, nicht auf sich nehmen musste, sondern vom [X.]n erwarten durfte, an der praktischen Durchführung der Übertragung des Kautionsguthabens mitzuwirken, weil berechtige Interessen des [X.]n einer solchen Mitwirkung nicht entgegenstanden.

b) Die Revision meint dagegen, eine Zustimmung zur Übertragung des verpfändeten Kautionsguthabens auf die Klägerin als neue Pfandgläubigerin sei dem [X.]n nicht zumutbar gewesen, weil er in diesem Fall die Voreigentümerin und ursprüngliche Vermieterin als (subsidiäre) Schuldnerin verloren hätte oder seine Zustimmung jedenfalls als Verzicht auf die subsidiäre Haftung des Veräußerers nach § 566a Satz 2 BGB hätte ausgelegt werden können. Das trifft nicht zu.

Mit einer Zustimmung des Mieters zur Übertragung der Kaution auf den Erwerber bestätigt der Mieter nur das, was gemäß § 566a Satz 1 BGB ohnehin kraft Gesetzes gilt. Daraus ist kein Verzicht des Mieters auf seine Rechte aus § 566a Satz 2 BGB gegen den ursprünglichen Eigentümer herzuleiten ([X.]/Streyl, Mietrecht, 10. Aufl., § 566a BGB Rn. 32 mwN).

Die von der Revision angeführte Rechtsprechung, nach der eine Forthaftung des ursprünglichen Vermieters nicht mehr in Betracht kommt, wenn der Veräußerer die Kaution auf Verlangen oder mit Zustimmung des Mieters weitergibt oder auf sonstige Weise zu erkennen gibt, dass er nunmehr allein den Erwerber als Rückzahlungspflichtigen ansieht (vgl. [X.], Urteil vom 24. März 1999 - [X.], [X.]Z 141, 160, 163 mwN), betrifft andere Fallgestaltungen und bezieht sich auf die Rechtslage vor der Mietrechtsreform ([X.]/Streyl, aaO, Rn. 32, [X.]. 94).

c) Auch die Sachverhaltswürdigung des Berufungsgerichts, dass in der Rückgabe des verpfändeten Kautionsguthabens im vorliegenden Fall kein vermieterseitiger Verzicht auf die Kaution zu sehen ist, weist keinen Rechtsfehler auf. Sie wird von der Revision auch nicht angegriffen.

Die Rückgabe der Kaution durch den Voreigentümer erfolgte, nachdem dem [X.]n mitgeteilt worden war, dass die Klägerin die Kaution für sich beanspruchte, und er vergeblich aufgefordert worden war, der Übertragung auf die Klägerin zuzustimmen. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der [X.] unter diesen Umständen die Freigabe der Kaution durch die Voreigentümerin nicht als vermieterseitigen Verzicht auf die der Klägerin gemäß § 566a Satz 1 BGB zustehende Kaution verstehen durfte. Denn für einen solchen Verzicht bestand hier auch aus der Sicht des [X.]n kein Anlass und kein Grund. Der [X.] hat die Rückgabe der Kaution durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin auch nicht als vermieterseitigen Verzicht auf die nunmehr der Klägerin zustehende Kaution missverstanden. Vielmehr hat er nach der Aufforderung, die Kaution nunmehr an die Klägerin zu leisten, dieser mitgeteilt, er werde ihr die Kaution nach Ablauf der Kündigungsfrist für das Kautionskonto übergeben.

[X.]                                              Dr. Frellesen                                            Dr. Hessel

                    Dr. [X.]                                            Dr. [X.]

Meta

VIII ZR 206/10

07.12.2011

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 6. Juli 2010, Az: 63 S 319/09, Urteil

§ 242 BGB, § 566a BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.12.2011, Az. VIII ZR 206/10 (REWIS RS 2011, 740)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 740

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

XII ZR 22/11

VIII ZR 206/10

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