Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.06.2014, Az. VII ZB 23/13

7. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4627

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Gegenstand

Vollstreckungsimmunität: Forderungen der Republik Griechenland auf Auszahlung von Zuschüssen für den Personal- Schulaufwand nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz


Leitsatz

Die der Republik Griechenland zustehenden Forderungen auf Auszahlung von Zuschüssen für den Personal- und Schulaufwand nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz dienen hoheitlichen Zwecken und unterliegen daher der Vollstreckungsimmunität.

Tenor

Auf die Rechtsbehelfe der Schuldnerin werden der Beschluss der 1. Zivilkammer des [X.] vom 16. April 2013, der Beschluss des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht - [X.] vom 10. Dezember 2012 sowie der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht - [X.] vom 20. August 2012 aufgehoben und der Antrag der Gläubigerin vom 5. Juli 2012 auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses abgelehnt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die Gläubigerin hat die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

1

Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus einem Urteil des [X.] in einen Anspruch auf Zahlung von Zuschüssen nach dem [X.].

2

Die Schuldnerin betreibt eine "Private Volksschule der [X.]" in [X.] Hierfür erhält sie von Seiten des Drittschuldners Zuschüsse für den Personal- und Schulaufwand nach dem [X.]. Die Gläubigerin ist Inhaberin einer titulierten Forderung gegen die Schuldnerin in Höhe von 1.402,60 €. Wegen dieser Forderung hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - auf Antrag der Gläubigerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss betreffend die Ansprüche auf Auszahlung der Zuschüsse erlassen.

3

Die hiergegen eingelegte Vollstreckungserinnerung der Schuldnerin hat das Amtsgericht zurückgewiesen.

4

Gegen diesen Beschluss hat die Schuldnerin sofortige Beschwerde eingelegt, welche das Beschwerdegericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen hat.

5

Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Begehren weiter.

II.

6

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen und zur Ablehnung des Antrags auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.

7

1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Pfändung sei zulässig. Die Schuldnerin sei nicht von der [X.] Gerichtsbarkeit befreit, da sie bei dem Betrieb der Schule nicht hoheitlich handele.

8

Schwerpunktmäßige Aufgabe bei dem Betrieb einer Schule sei die Vermittlung von Wissen, somit die Unterrichtstätigkeit. Nach [X.] Verständnis nähmen Lehrer jedoch nicht hauptsächlich hoheitlich geprägte Aufgaben wahr, weshalb sie auch nicht der besonderen Absicherung durch den Beamtenstatus bedürften.

9

Zudem unterliege die von der Schuldnerin betriebene Schule einer besonders ausgestalteten Aufsicht durch den [X.] Staat. Aufgrund dessen könne die Schuldnerin ihren Bildungsauftrag nicht autonom, sondern nur im Rahmen der Beschränkungen des Art. 7 Abs. 4 GG wahrnehmen. Bei dem Betrieb der Schule habe sich die Schuldnerin daher der staatlichen Hoheit [X.] unterworfen.

Schließlich unterfielen die gepfändeten Forderungen auch nicht der völkerrechtlichen [X.]. Da schon der Betrieb der Schule nicht hoheitlich sei, dienten auch die Fördergelder keinen hoheitlichen Zwecken.

2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Die Zwangsvollstreckung in die Ansprüche der Schuldnerin gegen den Drittschuldner auf Auszahlung der Zuschüsse für den Personal- und Schulaufwand nach dem [X.] ist unzulässig. Dabei kann es dahinstehen, ob das Amtsgericht für den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gemäß § 828 Abs. 2, 2. Alt., § 23 Satz 2 ZPO international zuständig war. Mit Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde jedenfalls, dass bezüglich der gepfändeten Zahlungsansprüche [X.] besteht.

a) Die [X.] ist eine Ausprägung des Grundsatzes der [X.]immunität, der aus dem Grundsatz der souveränen Gleichheit der [X.] folgt. Es besteht eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG, wonach die Zwangsvollstreckung durch den [X.] aus einem Vollstreckungstitel gegen einen fremden Staat, der über ein nicht hoheitliches Verhalten (acta iure gestionis) dieses Staates ergangen ist, in dessen Vermögensgegenstände ohne seine Zustimmung unzulässig ist, soweit diese im Zeitpunkt des Beginns der Vollstreckungsmaßnahme hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienen. Ob ein Vermögensgegenstand hoheitlichen Zwecken dient, richtet sich danach, ob er für eine hoheitliche Tätigkeit verwendet werden soll. Die Abgrenzung zwischen hoheitlichen oder nicht hoheitlichen Zwecken ist mangels entsprechender Kriterien im allgemeinen Völkerrecht grundsätzlich nach der Rechtsordnung des [X.]s vorzunehmen ([X.], NJW 2012, 293, 295; [X.], Beschluss vom 4. Juli 2013 - [X.]/12, NJW-RR 2013, 1532 Rn. 10 ff.; jeweils m.w.[X.]).

Nach [X.] Verständnis unterfallen unter anderem kulturelle Einrichtungen ausländischer [X.] der [X.]. Zur Wahrnehmung ausländischer Gewalt gehört auch die vom Staat abhängige Repräsentation von Kultur und Wissenschaft im Ausland ([X.], Beschluss vom 1. Oktober 2009 - [X.] 37/08, [X.], 769 Rn. 26 m.w.N; vgl. auch [X.], Urteil vom 3. Februar 2012, [X.] (Germany v. [X.], [X.] intervening), [X.] Reports 2012, 99 Rn. 119, abrufbar unter http://www.icj-cij.org/docket/files/143/16883.pdf).

b) Bei dem Betrieb der [X.] [X.] in [X.] handelt es sich um eine kulturelle Einrichtung der Beklagten.

Entgegen der Auffassung des [X.] erfüllen Auslandsschulen nicht nur Gemeinwohlinteressen des Staates, in dem die Schule betrieben wird, indem sie als Ersatz für eine grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule eine verfassungsrechtlich anerkannte öffentliche Aufgabe des Erziehungs-, Bildungs- und Ausbildungswesen verwirklichen (vgl. [X.], Urteil vom 7. Juli 1988 - [X.], NJW 1989, 216, 218; [X.] in Maunz/[X.], GG (2013), Art. 7 Rn. 111, 112). Auslandsschulen dienen darüber hinaus dem Zweck, einen Beitrag zur Förderung von Sprache und Kultur des ausländischen Staates im jeweiligen [X.] zu erbringen. Demgemäß haben sich die [X.] und die Schuldnerin mit ihrem Kulturabkommen vom 17. Mai 1956 ([X.] [X.]) verpflichtet, die Gründung von kulturellen Instituten des anderen [X.] zur Erlernung der jeweiligen Sprache zuzulassen und zu fördern, Art. 5 des Kulturabkommens, und sich wechselseitig im Falle von Einschränkungen der Tätigkeiten von Auslandsschulen bei der Wiederinbetriebnahme zu unterstützen, Art. 12 des Kulturabkommens.

Die Ansprüche auf Auszahlung von Zuschüssen für den Personal- und Schulaufwand nach dem [X.] dienen der Aufrechterhaltung des Betriebs einer Auslandsschule und mithin einem hoheitlichen Zweck.

3. Eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des [X.] nach § 2 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des [X.] ([X.]) war nicht veranlasst. Eine Abweichung von den Entscheidungen des [X.]arbeitsgerichts vom 10. April 2013 - 5 [X.], - 5 [X.] und - 5 [X.] (NJW 2013, 2461) sowie vom 25. April 2013 - 2 [X.] ([X.] 2013, 1835) ist - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdegegnerin - nicht gegeben. Nach den Entscheidungen des [X.]arbeitsgerichts soll weder das Vertragsverhältnis zwischen der Auslandsschule und ihren Lehren noch die Tätigkeit der Lehrer an Auslandsschulen als hoheitlich zu bewerten sein. Das Dienstverhältnis der Lehrer an einer Auslandsschule sei nicht Ausdruck der Souveränität des Staates nach innen oder außen in einem für diese Bestimmung maßgebenden Sinne. Diese Einordnung besagt jedoch nichts über die Qualifikation der von der Schuldnerin in [X.] betriebenen Schule als kulturelle Einrichtung, deren Betrieb durch den gepfändeten Anspruch auf Zahlung eines staatlichen Zuschusses gewährleistet wird.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Eick                        [X.]                        Halfmeier

             [X.]

Meta

VII ZB 23/13

25.06.2014

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Ansbach, 16. April 2013, Az: 1 T 124/13

Art 25 GG, § 20 Abs 2 GVG, SchulFinG BY

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.06.2014, Az. VII ZB 23/13 (REWIS RS 2014, 4627)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4627

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