Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.07.2019, Az. 4 StR 310/19

4. Strafsenat | REWIS RS 2019, 5293

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Gegenstand

Besetzung der Großen Straf- oder Jugendkammer bei Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] ([X.]) vom 8. Januar 2019 wird das Verfahren hinsichtlich sämtlicher Vorwürfe aus der Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] ([X.]) vom 5. November 2018 - 5427 Js 25696/18 - eingestellt.

Die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in vier Fällen, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Besitzes von Betäubungsmitteln unter Einbeziehung der Strafe aus einer anderen Verurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und einem Monat verurteilt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unter Bestimmung des [X.] eines Teils der Strafe angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der nicht näher ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts.

2

Das Rechtsmittel führt zur Einstellung des Verfahrens, da es hinsichtlich der Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] ([X.]) vom 5. November 2018, die der im angefochtenen Urteil erfolgten Verurteilung des Angeklagten zugrunde liegt, an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses fehlt.

3

Über die Eröffnung der durch Einreichung einer Anklageschrift bei Gericht gemäß § 170 Abs. 1 StPO erhobenen Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] ([X.]) vom 5. November 2018 hat das [X.] in der Hauptverhandlung, die gegen den Angeklagten wegen der Vorwürfe aus der ordnungsgemäß zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] ([X.]) vom 13. Juli 2018 geführt worden ist, in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen entschieden. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Zulassung der Anklage, auch wenn sie in bereits laufender Hauptverhandlung vorgenommen wird, von der Großen Straf- oder [X.] stets in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung, mithin mit drei Berufsrichtern unter Ausschluss der Schöffen (§ 199 Abs. 1 StPO i.V.m. § 76 Abs. 1 Satz 2 [X.], § 33b Abs. 1 und 7, § 33a Abs. 2 JGG) zu treffen. Ergeht die Entscheidung nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung, ist sie unwirksam (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 2. November 2005 - 4 [X.], [X.]St 50, 267; Urteil vom 20. Mai 2015 - 2 StR 45/14, [X.]St 60, 248, 250; Beschluss vom 28. Juli 2015 - 4 StR 598/14, [X.], 443, 444), was ein im selben Verfahren nicht mehr behebbares Verfahrenshindernis zur Folge hat (vgl. [X.], Beschluss vom 4. August 2016 - 4 [X.], [X.], 747 mwN) und demgemäß zur Einstellung des Verfahrens nach § 206a Abs. 1 StPO führt.

4

Die Verfahrenseinstellung erfasst auch die Anklagevorwürfe aus der Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] ([X.]) vom 5. November 2018, welche die [X.] nach § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt hat. Denn die Teileinstellung des Verfahrens war, da die Tatvorwürfe mangels wirksamer Eröffnungsentscheidung nicht zum Gegenstand des Hauptverfahrens geworden sind, ebenfalls unwirksam (vgl. [X.], Beschlüsse vom 5. Juni 2018 - 5 [X.], StraFo 2018, 471; vom 29. November 1994 - 4 [X.], [X.]R StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 13).

5

Im Hinblick auf die umgehend zu erwartende Erhebung einer neuerlichen Anklage, weswegen der Verfahrenseinstellung ihrem sachlichen Gehalt nach nur ein vorläufiger Charakter zukommt, sowie die Möglichkeit der Wiedereinbeziehung von [X.] aus der Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] ([X.]) vom 13. Juli 2018 nach § 154 Abs. 4 StPO sieht der Senat keine Veranlassung zu einer eigenen Haftentscheidung (vgl. [X.], Beschlüsse vom 29. September 2011 - 3 StR 280/11 Rn. 11; vom 29. November 1994 - 4 [X.], aaO; vom 22. Juni 1994 - 3 [X.], NJW 1994, 2966). Die insoweit erforderlichen richterlichen Entscheidungen bleiben dem Tatgericht überlassen.

Ri[X.] Dr. Quentin ist im
Urlaub und daher gehindert,
zu unterschreiben.

        

Roggenbuck     

        

Cierniak

Roggenbuck

                                   
        

     Bender     

        

Feilcke    

        

Meta

4 StR 310/19

18.07.2019

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Frankenthal, 8. Januar 2019, Az: 5273 Js 39173/18 - 7 KLs

§ 76 Abs 1 S 2 GVG, § 33b Abs 1 JGG, § 33a Abs 2 JGG, § 33b Abs 1 JGG, § 199 Abs 1 StPO, § 206a Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.07.2019, Az. 4 StR 310/19 (REWIS RS 2019, 5293)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 5293

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