Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2000, Az. V ZR 327/98

V. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3383

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:21. Januar 2000K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R:ja-----------------------------------SachenRBerG § 7 Abs. 1Hat eine gewerbliche Genossenschaft der [X.] nach 1964 ein Betriebsgebäude er-richtet, besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß die Kosten der Errichtung [X.] nicht aus staatlich zugewiesenen Mitteln von der Genossenschaft bezahltworden sind.[X.], Urt. v. 21. Januar 2000 - [X.] - [X.] -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 21. Januar 2000 durch [X.] [X.] und [X.] Dr. [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 7. Juli 1998 im Umfang derAnnahme der Revision und im [X.] aufgehoben.Die Berufung der [X.] gegen das Urteil der [X.] vom 10. Februar 1998 wird [X.], soweit sie auf die Abweisung der Klage zielt.Der Kläger trägt 47 %, die Beklagte 53 % der Kosten des [X.].Von Rechts [X.]:Die Parteien streiten um die Berechtigung des [X.] nach dem [X.] -Die Beklagte ist aufgrund Vermögenszuordnung Eigentümerin einesehemals volkseigenen Grundstücks, dessen Rechtsträger der Rat der Gemein-de [X.]war. 1969 beantragte die Konsumgenossenschaft [X.](im folgenden: Genossenschaft) die Genehmigung zum Bau einerKaufhalle auf dem Grundstück. Die Genehmigung wurde erteilt; die [X.] errichtet. Die Verleihung eines Nutzungsrechts an die Genossenschaft oderdie Übertragung der [X.] auf die Genossenschaft erfolgtennicht.Die Genossenschaft wurde später mit anderen Konsumgenossenschaf-ten zur Konsumgenossenschaft [X.]zusammengeschlossen. Der Klägerist Verwalter im [X.] über das Vermögen der ausder Konsumgenossenschaft [X.]hervorgegangenen Konsumgenossen-schaft [X.]e.G. i.G. Er behauptet, der Bau der Kaufhalle sei aus [X.] Genossenschaft erfolgt. Er hat beantragt, seine Anspruchsberechtigungnach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz festzustellen, hilfsweise die [X.] zur Zahlung von 300.000 DM zu verurteilen. Die Beklagte hat widerkla-gend die Feststellung ihres Eigentums an der [X.] und dem Grundstück [X.].Das [X.] hat der Klage stattgegeben und die Widerklage [X.]. Das [X.] hat die Klage abgewiesen und der [X.]. Hiergegen richtet sich die Revision. Sie erstrebt die Wiederher-stellung des landgerichtlichen Urteils. Der Senat hat die Revision nur insoweitangenommen, als das [X.] die Klage abgewiesen [X.] -Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht verneint eine Berechtigung des [X.] nach [X.]. Es geht mit der Rechtsprechung des Senatsdavon aus, daß die Errichtung eines Gebäudes durch eine Genossenschaft nurdann zu einem Anspruch auf Erwerb des Grundstücks oder auf Bestellung ei-nes Erbbaurechts an diesem führt, wenn die zur Bebauung eingesetzten Mittelvon der Genossenschaft erwirtschaftet und ihr nicht aus dem Staatshaushaltzugewiesen worden sind. Ein Erfahrungssatz, nach dem dies nicht erfolgt sei,sei den erkennenden Richtern nicht bekannt; der vom Kläger insoweit ange-tretene Beweis sei verspätet.II.Die Revision ist im Umfang der Annahme durch den Senat begründet.Nach § 1 Abs. 1 Buchst c, § 7 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 4, § 15 SachenRBerGsteht dem Kläger ein Anspruch auf Erwerb des Grundstücks oder auf die Be-stellung eines Erbbaurechts an diesem zu.1. Die Bebauung des Grundstücks durch die Genossenschaft mit [X.] der staatlichen Stellen der [X.] bedeutet die bauliche Nutzung [X.] zu gewerblichen Zwecken (§ 4 Nr. 3 SachenRBerG). Dies [X.] einen Anspruch auf Erwerb des Grundstücks oder auf Bestellung einesErbbaurechts an diesem nach § 7 Abs. 1 SachenRBerG, wenn die [X.] 5 -der Genossenschaft nach dem Recht der [X.] durch die Verleihung eines Nut-zungsrechts hätte dinglich abgesichert werden können (Senat, [X.]Z 134, 50,53 ff). Hieran fehlt es, sofern die Kosten der Errichtung des Bauwerks nicht vonder Genossenschaft erwirtschaftet worden sind, sondern überwiegend durchZuweisungen aus dem Staatshaushalt beglichen wurden ([X.]. v.2. Januar 1995, [X.] 304/93, [X.] 1995, 327, 329).2. Der Kläger hat sich zum Beweis seiner Behauptung, die [X.] sei [X.] der Genossenschaft errichtet, auf einen Erfahrungssatz berufen,nach welchem Investitionen gewerblicher Genossenschaften in der [X.] seitMitte der sechziger Jahre allein aus Mitteln der Genossenschaften finanziertworden sind. Daher bestehe eine tatsächliche Vermutung dafür, daß die Ko-sten für den Bau der [X.] nicht durch Zuweisungen aus dem Staatshaushaltbestritten worden seien.Ob ein Erfahrungssatz besteht, ist der Nachprüfung durch das Revisi-onsgericht zugänglich ([X.]. v. 15. Januar 1993, [X.] 202/91, [X.], 653; Musielak/Ball, ZPO, § 550 [X.]. 11). Das Bestehen eines Erfah-rungssatzes zu einer Praxis in der [X.] kann nicht mit der Begründung ver-neint werden, der behauptete Satz sei den in [X.] aufgewachse-nen und ausgebildeten zur Entscheidung berufenen Richtern nicht bekannt.Verhält es sich so, ist vielmehr anhand der einschlägigen Veröffentlichungen,[X.] unter Beauftragung eines Sachverständigen, festzustellen, obder behauptete Satz besteht (vgl. [X.], Urt. v. 7. Dezember 1994,VIII [X.], [X.]R ZPO § 286 Anscheinsbeweis 5; [X.],ZPO, 21. Aufl., § 284 [X.]. 17; [X.]/[X.]/[X.], [X.] Aufl., § 113 II.2).- 6 -Von dem vom Kläger behaupteten Erfahrungssatz ist auszugehen (vgl.Senat, [X.]Z 136, 212, 218; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 7 [X.]. 158; für eine Beweiserleichterung Purps/[X.], Sachenrechtsbereinigung nach Anspruchsgrundlagen, I [X.]. 104;Zimmermann/Heller in [X.], § 7 SachenRBerG [X.]. 16; ähnlich [X.]/[X.], Sachenrechtsbereinigung, § 7 [X.]. 17; a.M. - ohne Differenzie-rung zwischen den einzelnen Tatbeständen von § 7 Abs. 2 SachenRBerG -Gehling in [X.]/[X.]/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen [X.],§ 7 SachenRBerG [X.]. 14; [X.], SachenRBerG, 2. Aufl., § 7 [X.]. 19). [X.] in der [X.] ließ seit Ende der 60er Jahre die Zuweisung staatlicherMittel an gewerbliche Genossenschaften grundsätzlich nicht mehr zu. Die [X.] hatten die für Investitionen verwendeten Mittel vielmehr zu [X.]) Die Volkswirtschaft der [X.] erfuhr Mitte der sechziger Jahre einegrundlegende Umgestaltung. Fortan galt der Grundsatz, daß investive Mittelvon den gewerblichen Betrieben zu erwirtschaften waren. Soweit diese nichthinreichten, wurden Kredite bereitgestellt, die der jeweilige Betrieb als Investi-tionsträger zurückzuführen hatte. Durch das "Neue ökonomische System [X.] und Leitung der Volkswirtschaft" (vgl. [X.]/[X.], Bodenrecht, 1967,197) sollten die Unwirtschaftlichkeit und die Stagnation der Volkswirtschaft der[X.] überwunden werden. Die Eigenerwirtschaftung der investiven Mittel bil-dete [X.] der Umgestaltung. Der Grundsatz der Eigenerwirtschaftungführte zu einem engmaschigen Werk der Regeln des Wirtschafts- und Investiti-onsrechts (vgl. [X.], [X.] 785; [X.] die vorläufige Regelung der Finanzierung der Vorbereitung und [X.] 7 -rung der Investition v. 17. März 1965, [X.], 277; Anordnung über die Abgren-zung der Investitionsfinanzierung 1967/68 v. 14. November 1967, [X.] 781).Er fand lediglich auf die "Einrichtungen der gesellschaftlichen Konsumtion", dieStaatsorgane und den volkseigenen Wohnungsbau keine Anwendung (§ 32Buchst. a [X.]). Für die [X.] Genossenschaften, die pri-vate Wirtschaft und den privaten Wohnungsbau galt er in vollem Umfang (§ 32Buchst. b [X.]). Der Beschluß vom 2. Januar 1959 über die Unter-stützung der Konsumgenossenschaften aus Mitteln des Staatshaushaltes([X.], 3) wurde durch den Beschluß des [X.] vom 12. Juli 1967 [X.] ([X.], 499).Durch den Beschluß über die Grundsätze zur Vorbereitung und [X.] von Investitionen vom 26. Oktober 1967 ([X.], 813) wurde die Inve-stitionsverordnung aufgehoben. Die Aufhebung bedeutete jedoch nicht [X.] zum System der Staatszuweisungen. An die Stelle der [X.] traten vielmehr die als Anlage zum Beschluß vom 26. [X.] veröffentlichten "Grundsätze zur Vorbereitung und Durchführung von In-vestitionen". Nach diesen Grundsätzen blieb die Eigenerwirtschaftung der in-vestiven Mittel Grundlage der Investitionen der gewerblichen Betriebe ([X.]. der Anlage zum Beschluß vom 26. Oktober 1967). Insoweit waren [X.] von den Banken durch Kredite zu "unterstützen" (Ziff. 5 der Anlage).Eine Ausnahme galt für § 3 der Anordnung über Regelungen für Finanzierungder Investitionen vom 27. Mai 1968 ([X.], 355) allein für den dort umschrie-benen Bereich der volkseigenen Wirtschaft. Für genossenschaftlich organi-sierte Betriebe war keine Ausnahme zugelassen. Zur Finanzierung und Len-kung ihrer Investitionen diente nach § 3 der Verordnung über die Grundsätzefür die Gewährung von Krediten an volkseigene, konsumgenossenschaftliche- 8 -und Außenhandelsbetriebe - Kreditverordnung [X.] Betriebe - vom19. Juni 1968 ([X.], 653) die "aktive Kreditpolitik" der Banken. Sofern § 2Abs. 2 der Anordnung über die Regelung für die Finanzierung von [X.] die Behandlung von Mehrkosten und Anlaufkosten vom [X.] ([X.], 690) "für ausgesuchte Investitionen" die Zuweisung von [X.] dem Staatshaushalt an Genossenschaften überhaupt zuließ, bedurfte eshierzu eines entsprechenden Beschlusses des [X.].b) Daß gegen diese rechtlichen Vorgaben verstoßen worden wäre, istbisher, soweit ersichtlich, nicht bekannt geworden. Hierauf beruht der vom Klä-ger in Anspruch genommene Erfahrungssatz. Er begründet die tatsächlicheVermutung, daß die Kosten für die Erstellung der [X.] von der Genossen-schaft als Investitionsauftraggeberin getragen worden sind.2. Damit oblag es der [X.], eine ernst zu nehmende Möglichkeitdarzustellen, daß die für den Bau der [X.] aufgewendeten Mittel nicht erwirt-schaftet, sondern der Genossenschaft zugewiesen worden sind. Daran fehlt es.Aus den von der [X.] geltend gemachten Umständen folgt eine solcheMöglichkeit nicht. Auch die Gesamtheit ihres Vorbringens erlaubt keine andereFeststellung. Die durch den Antrag auf Vernehmung eines Zeugen unter [X.] gestellte Behauptung, es habe sich anders verhalten, ist kein einlas-sungsfähiges Vorbringen, das einer Beweisaufnahme zugänglich wäre.a) Daß im Bauantrag der Genossenschaft aus der Reihe der Begriffe"Investition, Generalreparatur, Kredit, Eigenmittel" der Begriff "Investition" [X.] wurde, besagt zur Art der Finanzierung nichts. Investitionen warennach Anlage 1 zur Investitionsverordnung definiert als "materielle und [X.] 9 -zielle Mittel, die dem Ersatz oder der Erweiterung der Grundmittel in allen Be-reichen der Volkswirtschaft dienen und die im Einzelfall als Inventarobjekt ei-nen Gesamtwertumfang ab 500 [X.] und eine Nutzungsdauer von mehr alseinem Jahr haben". Hiervon waren die gesondert zu planenden und gesondertzu bilanzierenden Generalreparaturen abzugrenzen. Die im Bauantrag ver-wendeten Begriffe "Investition" und "Generalreparatur" beziehen sich daher [X.] zu den weiter aufgeführten Begriffen "Kredit" und "Eigenmittel" nichtauf die Art der Finanzierung, sondern auf den Umfang und den Zweck der [X.] zu bringenden materiellen und finanziellen Mittel. Die Aufhebung [X.] und ihre Ersetzung durch die Grundsätze zur [X.] und Durchführung von Investitionen bedeutete insoweit keine Änderung.b) Aus dem Volkswirtschaftsplan der Gemeinde [X.]für dasJahr 1969 ergibt sich nichts, was für den Einsatz staatlicher Mittel bei dem Bauder [X.] sprechen könnte. Die Planerfüllung hatte durch die Genossenschaftzu erfolgen und nicht durch die Gemeinde (vgl. Heuer, Wirtschaftsrecht, Lehr-buch 1985, [X.]; [X.], [X.] 1993, 486, 489). Die Gemeinde hatte durchden Erwerb des Grundstücks und dessen Bereitstellung 1968 den der öffentli-chen Hand obliegenden Beitrag zur Verwirklichung des Vorhabens geleistet(vgl. [X.]/[X.], Bodenrecht S. 205; [X.], Bodenrecht, Lehrbuch, 1976,S. 281). Der [X.] sah dementsprechend bei einem Auf-wand für das Vorhaben von 900.000 M eine gemeindliche Verpflichtung von10.000 M vor.c) Auch aus dem weiteren Vorbringen der [X.], die Genossen-schaft habe für die "kapazitätsseitige Zuweisung" der [X.] einen jährlichenAusgleichsbetrag von 0,1 % der Bruttobausumme an den [X.] -abzuführen gehabt, folgt nicht, daß der Genossenschaft entgegen den [X.] Wirtschaftsrechts der [X.] aus dem Staatshaushalt Mittel zur Errichtungder [X.] zugewendet worden sind.3. [X.] ist als Rechtsnachfolgerin [X.] Nutzerin der [X.] (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 SachenRBerG). [X.] ihrer Rechte und Ansprüche erfolgt durch den Kläger.[X.] Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.[X.] [X.] [X.] [X.]Klein

Meta

V ZR 327/98

21.01.2000

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2000, Az. V ZR 327/98 (REWIS RS 2000, 3383)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3383

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