Bundesgerichtshof, Urteil vom 31.10.2018, Az. IV ZR 313/17

4. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 2222

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Gegenstand

Stufenklage des Pflichtteilsberechtigten: Hemmung der Verjährung des Anspruchs auf Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses durch Geltendmachung der Vorlage eines privatschriftlichen Verzeichnisses


Leitsatz

Der im Rahmen einer Stufenklage von dem Pflichtteilsberechtigten geltend gemachte Anspruch auf Auskunft durch Vorlage eines privatschriftlichen Nachlassverzeichnisses hemmt grundsätzlich auch die Verjährung des Anspruchs auf Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 1. Dezember 2017 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Auskunft über den Bestand des Nachlasses der am 19. Dezember 2011 verstorbenen Erblasserin durch Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Verzeichnisses.

2

Die Klägerin ist die Tochter des vorverstorbenen [X.], die Beklagten sind zwei weitere Kinder der Erblasserin. Diese setzte mit notariellem Erbvertrag vom 20. November 1981, bestätigt durch notarielles Testament vom 29. Januar 1993, den Vater der Klägerin sowie die Beklagten zu je 1/3 zu Erben ein. Der Vater der Klägerin verstarb am 3. Januar 2002, sie beerbte ihn mit dessen Ehefrau je zur Hälfte. Die Erblasserin errichtete am 5. März 2002 ein weiteres notarielles Ergänzungstestament, in dem sie den Beklagten zu 1 als Erben zu 2/3, die Beklagte zu 2 als Erbin zu 1/3 einsetzte. Den Beklagten zu 1 bzw. dessen Stamm beschwerte sie mit einem Vermächtnis zugunsten der Klägerin in Höhe von 1/3 des [X.], abzüglich eines Betrages in Höhe von insgesamt 112.740 €, den der Beklagte zu 1 an den Vater der Klägerin als Darlehen gewährt habe. Die Darlehensgewährung ist zwischen den Parteien streitig.

3

Nachdem der Beklagte zu 1 die Auszahlung des Vermächtnisses an die Klägerin abgelehnt hatte, schlug diese das Vermächtnis aus und erklärte, den Pflichtteil zu beanspruchen. Zugleich forderte sie die Beklagten zur Auskunft durch Vorlage eines [X.] auf. Der Beklagte zu 1 gab daraufhin zwei Erklärungen vom 16. April und 4. Mai 2012 ab. Mit der zweiten Erklärung gab er an, die Erblasserin habe den Beklagten im Jahre 2003 - unter Einräumung eines Nießbrauchs - ihren Miteigentumsanteil an einem Grundstück nebst drei Wohnungen in einer Wohnanlage in [X.]     übertragen. Ausgehend von den Angaben des Beklagten zu 1 zum Wert des Nachlasses in Höhe von 245.221,71 € forderte die Klägerin die Beklagten im Dezember 2013 auf, an sie 30.652,71 € als den ihr mindestens zustehenden "Pflichtteil" zu zahlen. Der Beklagte zu 1 lehnte dies unter Aufrechnung mit den behaupteten Forderungen aus Darlehen ab.

4

Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2014, eingegangen beim [X.] am 29. Dezember 2014, hat die Klägerin einen Prozesskostenhilfeantrag nebst Entwurf einer Stufenklage eingereicht. Auf der Auskunftsstufe (Klageantrag zu 1) hat sie zunächst die Vorlage eines von den Beklagten unterschriebenen [X.] verlangt, worüber das [X.] nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe am 19. April 2016 verhandelt hat. Mit Schriftsatz vom 1. Juli 2016 hat die Klägerin den Antrag auf Auskunft dahingehend gefasst, dass sie nunmehr Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin durch Vorlage eines notariellen [X.] begehre. Die Beklagten haben nach Hinweis des [X.]s einer Klageänderung nicht zugestimmt. Sie haben sich auf Verjährung des Anspruchs auf Erteilung der Auskunft über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines notariellen [X.] berufen und die [X.] nach § 1990 BGB erhoben. Das [X.] hat nach Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung mit Teilurteil der Klage auf der Auskunftsstufe in der zuletzt beantragten Form stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das [X.] unter Abweisung der Klage auf der Auskunftsstufe im Übrigen mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im Rahmen des zu erstellenden notariellen [X.] auch zu erteilen sei hinsichtlich unentgeltlicher Zuwendungen, die die Erblasserin zu Lebzeiten im [X.]raum vom 20. Dezember 2001 bis zum 19. Dezember 2011, an ihren Ehemann auch für die [X.] davor, getätigt habe und, dass den Beklagten hinsichtlich der Verpflichtung zur Erstellung des notariellen [X.] die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass vorbehalten bleibe. Mit der Revision verfolgen die Beklagten die Abweisung der Klage weiter, soweit ihr durch Teilurteil stattgeben worden ist.

Entscheidungsgründe

5

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

6

I. Das Berufungsgericht hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - ausgeführt, die Klage sei mit dem zuletzt gestellten Antrag zulässig und weitestgehend begründet. Die Klägerin sei gemäß §§ 2307 Abs. 1 Satz 1, 2303 Abs. 1, 1589, 1924 Abs. 3 [X.] pflichtteils- und damit auskunftsberechtigt. Sie sei auch nach privatschriftlicher Auskunftserteilung berechtigt, das Nachlassverzeichnis in notarieller Form zu verlangen, ohne dass hierfür besondere Voraussetzungen vorliegen müssten. Dieser bedürfe es ferner nicht für die Erstreckung der Auskunft auf unentgeltliche Zuwendungen. Ihr fehle es auch nicht wegen Verjährung des Zahlungsanspruchs am Informationsinteresse, da zumindest hinsichtlich des Pflichtteilsergänzungsanspruchs vor Fristablauf Hemmung der Verjährung durch Anhängigmachung des Prozesskostenhilfegesuchs für die Stufenklage eingetreten sei. Offen bleiben könne, ob die Stufenklage, die jedenfalls bei wörtlicher Auslegung des Antrags nur den unbezifferten Zahlungsanspruch auf Pflichtteilsergänzung aus § 2325 Abs. 1 [X.] erfasse, konkludent den Pflichtteilsanspruch aus §§ 2303 Abs. 1, 1924 Abs. 3 [X.] umfasse und ob die Geltendmachung nur eines der beiden Ansprüche die Verjährung aller auf das Pflichtteilsrecht bezogenen Ansprüche hemme, weil für die Bemessung allein des von der Stufenklage unproblematisch umfassten Pflichtteilsergänzungsanspruchs im Hinblick auf einen möglicherweise negativen tatsächlichen Nachlassbestand die Auskunftspflicht sich über unentgeltliche Zuwendungen hinausgehend auf den tatsächlichen Nachlass erstrecke.

7

Der Anspruch auf Auskunft durch Vorlage eines notariellen [X.] sei nicht verjährt, weil auch hinsichtlich dieses Anspruchs Hemmung der Verjährung mit Einreichung des Antrags auf Prozesskostenhilfe für die Stufenklage, gerichtet auf Verurteilung zur Erstellung eines privatschriftlichen [X.] in der Auskunftsstufe, eingetreten sei. Es handele sich um verschiedene Ausprägungen desselben Auskunftsanspruchs.

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II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

9

1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Pflichtteils- und Auskunftsberechtigung der Klägerin bejaht. Sie ist gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 [X.] auch nach privatschriftlicher Auskunftserteilung berechtigt, die Vorlage eines notariellen [X.] zu verlangen, ohne dass hierfür besondere Voraussetzungen vorliegen müssen ([X.]surteil vom 23. Mai 2012 - [X.], [X.], 260 Rn. 8; [X.], Urteil vom 2. November 1960 - [X.], [X.]Z 33, 373, 378 [juris Rn. 22]; [X.] FamRZ 2017, 2076, 2077 [juris Rn. 23]). Ihr ist zudem auf Verlangen Auskunft über unentgeltliche Zuwendungen zu erteilen ([X.]surteil vom 9. November 1983 - [X.], [X.]Z 89, 24, 26 f. [juris Rn. 8] m.w.[X.]).

2. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht das Informationsinteresse der Klägerin an der Auskunft bejaht.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.]s kann der Auskunftsanspruch nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn ein entsprechendes Informationsbedürfnis nicht mehr besteht. Ist der Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Erben verjährt und wird die Verjährungseinrede erhoben, kann der Pflichtteilsberechtigte mit einer Auskunft des Erben gemäß § 2314 [X.] im Allgemeinen nichts mehr anfangen. Deshalb ist sein gleichwohl gestelltes Informationsverlangen in einer solchen Lage, von Ausnahmefällen abgesehen, unbegründet (vgl. [X.]surteile vom 24. April 2002 - [X.], juris Rn. 8; vom 25. Januar 1995 - [X.], NJW 1995, 1157 unter I 3 [juris Rn. 22]; vom 4. Oktober 1989 - [X.], [X.]Z 108, 393, 399 f. [juris Rn. 16]; vom 9. März 1988 - [X.], [X.]Z 103, 333, 334 [juris Rn. 7]; vom 3. Oktober 1984 - [X.], NJW 1985, 384, 385 [juris Rn. 10 f.]). Die Auffassung des Berufungsgerichts, zumindest die Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs sei durch Veranlassung der Bekanntgabe des Antrags auf Prozesskostenhilfe für eine Stufenklage nach § 204 Abs. 1 Nr. 14 Halbsatz 2 [X.] rechtzeitig gehemmt worden (vgl. dazu [X.]surteil vom 22. März 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 948 Rn. 13 [dort zur Unterbrechung nach § 209 Abs. 1 [X.] a.F.]; siehe auch [X.]/[X.], § 204 Rn. 16, 61 [Stand: 1. September 2018]; [X.]/[X.], 15. Aufl. § 204 Rn. 2; [X.]/[X.], 3. Aufl. § 204 Rn. 22; jeweils m.w.[X.]), greift die Revision nicht an.

b) Soweit sie rügt, das Berufungsgericht habe zu Unrecht offen gelassen, ob der Stufenklageantrag auch den Pflichtteilsanspruch umfasse und die Hemmung der Verjährung aller auf das Pflichtteilsrecht bezogener Ansprüche bewirkt habe, kann sie hiermit schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die ursprünglich erhobene Klage auch die Verjährung des Anspruchs auf den ordentlichen Pflichtteil gemäß § 2303 Abs. 1 [X.] gehemmt hat, so dass weiterhin ein Bedürfnis für den Auskunftsanspruch besteht.

Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch stellen zwar grundsätzlich zwei selbständige Ansprüche mit Unterschieden in der rechtlichen Ausgestaltung dar ([X.]surteile vom 16. Januar 2013 - [X.], NJW 2013, 1086 Rn. 18; vom 25. Juni 1997 - [X.], NJW 1997, 2676 unter [X.] [juris Rn. 13]; vom 25. Januar 1995 - [X.], NJW 1995, 1157 unter [X.]juris Rn. 25]; vom 9. März 1988 - [X.], [X.]Z 103, 333, 337 [juris Rn. 14]; siehe auch [X.], Urteil vom 29. November 2000 - [X.], [X.]Z 146, 114, 119 [juris Rn. 18]). Dies bedeutet aber nicht, dass die beiden Ansprüche hinsichtlich der Hemmung der Verjährung keinen wechselseitigen Einfluss aufeinander hätten. So ist anerkannt, dass durch die Klage auf Geltendmachung des ordentlichen Pflichtteils zugleich die Verjährung des [X.] gegen denselben Schuldner gehemmt wird und entsprechendes gilt, wenn zunächst der Pflichtteilsergänzungsanspruch und danach erst der ordentliche Pflichtteilsanspruch geltend gemacht wird (vgl. [X.]surteile vom 23. Februar 1972 - [X.], NJW 1972, 760, 761 [juris Rn. 16]; vom 12. Juli 1974 - [X.] (unveröffentlicht), Umdruck S. 8; [X.]/[X.], 7. Aufl. § 2332 Rn. 11; [X.]/[X.], [X.] [2015] § 2332 Rn. 36). Dem steht auch nicht das [X.]surteil vom 27. März 1996 ([X.], [X.]Z 132, 240) entgegen. Dort hat der [X.] lediglich entschieden, es reiche zur Hemmung der Verjährung des [X.] nicht aus, nur eine Klage auf Feststellung der Pflichtteilsberechtigung zu erheben, ohne im Prozess zu der beeinträchtigenden Schenkung etwas vorzutragen (aaO S. 243 f. [juris Rn. 18]). Die vom [X.] in seiner früheren Rechtsprechung betonte Wesensgleichheit von Pflichtteilsanspruch und Pflichtteilsergänzungsanspruch sei nur eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung dafür, dass die Unterbrechungswirkung ausnahmsweise über den Streitgegenstand hinausgehe. Als weitere Voraussetzung müsse hinzukommen, dass der zur Begründung des Anspruchs vorgetragene Lebenssachverhalt in [X.] bereits Gegenstand der früheren Klage gewesen sei.

Ein solcher Fall liegt hier gerade vor. Die Klägerin hat nicht lediglich allgemein Klage auf Feststellung ihrer Pflichtteilsberechtigung erhoben, sondern eine Stufenklage, mit der sie auf der ersten Stufe umfassend Auskunft und in der Zahlungsstufe (zunächst) den Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend gemacht hat. Der gesamte Klagevortrag der Klägerin bezieht sich indessen nicht nur auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch wegen der Grundstücksübertragung an die Beklagten, sondern auch auf den Pflichtteilsanspruch, wie sich etwa aus den bereits mit der Klageschrift vorgetragenen Anspruchsschreiben der Klägerin vom 22. März 2012 ergibt, mit denen sie unter Ausschlagung des Vermächtnisses ihren Pflichtteil gegenüber den Beklagten geltend gemacht hat. Auch der frühere anwaltliche Vertreter des Beklagten zu 1 ist, wie sich aus seinem Schreiben vom 4. Mai 2012 ergibt, von einer Geltendmachung auch des [X.] ausgegangen. Schließlich hat der Klägervertreter nochmals mit Schreiben vom 19. Dezember 2013 einheitlich den Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch verlangt. Angesichts dieser Umstände und des umfassend formulierten [X.] auf der ersten Stufe hat die Klage auch die Verjährung des Anspruchs auf den ordentlichen Pflichtteil gemäß § 2303 Abs. 1 [X.] gehemmt. Insoweit diente die Erklärung des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 3. November 2017, die Klägerin begehre Auskunft sowohl über den Bestand des Nachlasses als auch über etwaige Schenkungen, lediglich der Klarstellung.

3. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht ferner angenommen, der Anspruch der Klägerin auf Auskunft durch Vorlage eines notariellen [X.] sei nicht verjährt.

a) Die Revision weist allerdings zu Recht darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des [X.] die Verjährung nur in der Gestalt und in dem Umfang gehemmt wird, wie der Anspruch mit der Klage rechtshängig gemacht worden ist, und grundsätzlich von dem geltend gemachten Streitgegenstand bestimmt wird (vgl. [X.], Versäumnisurteil vom 18. Mai 2017 - [X.], [X.], 193 Rn. 20; Urteile vom 29. Oktober 2015 - [X.], NJW 2015, 3711 Rn. 9; vom 29. April 2015 - [X.], [X.]Z 205, 151 Rn. 17; vom 24. Mai 2012 - [X.], [X.], 2180 Rn. 21; siehe auch [X.]sbeschluss vom 20. Mai 2015 - [X.], [X.], 133 Rn. 27; jeweils m.w.[X.]; st. Rspr.). Davon, dass im Streitfall durch die Umstellung des Klageantrags auf Auskunft durch Vorlage eines notariellen [X.] bei gleichbleibendem Klagegrund eine (sachdienliche) Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO vorliegt, sich also der Streitgegenstand geändert hat, ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.

b) Gleichwohl ist die Verjährung des Anspruchs der Klägerin auf Auskunft durch Vorlage eines notariellen [X.] durch den Antrag auf Vorlage eines privatschriftlichen [X.] rechtzeitig gehemmt worden.

aa) Der Regelung des § 204 [X.] liegt das Prinzip zu Grunde, dass die Verjährung durch eine aktive Rechtsverfolgung des Gläubigers gehemmt wird, die einen auf die Durchsetzung seines Anspruchs gerichteten Willen für den Schuldner erkennbar macht; der Gläubiger muss dem Schuldner seinen Rechtsverfolgungswillen so klar machen, dass dieser sich darauf einrichten muss, auch nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungszeit in Anspruch genommen zu werden. Entscheidend ist mithin, ob die konkrete Maßnahme der Rechtsverfolgung die geforderte Warnfunktion erfüllt. Der Anspruchsgegner muss erkennen können, "worum es geht" ([X.], Urteil vom 29. Oktober 2015 - [X.], NJW 2015, 3711 Rn. 14 m.w.[X.]; siehe auch [X.]surteil vom 27. März 1996 - [X.], [X.]Z 132, 240, 244 [juris Rn. 18]; [X.], Urteil vom 5. Mai 1988 - [X.], [X.]Z 104, 268, 273 [juris Rn. 16]; [X.]/[X.], 7. Aufl. § 204 Rn. 3).

bb) Ausgehend vom Sinn und Zweck der Verjährungsregelungen ist es in der Rechtsprechung des [X.] seit langem anerkannt, dass von dem Grundsatz, dass eine Klage die Verjährung nur für Ansprüche in der Gestalt und dem Umfang, wie sie mit der Klage rechtshängig gemacht wurden, unterbricht bzw. hemmt, Ausnahmen erfährt, wenn die geltend gemachten Ansprüche materiell-rechtlich wesensgleich sind, dem gleichen Endziel dienen und der zur Begründung des später erhobenen Anspruchs vorgetragene Lebenssachverhalt in [X.] bereits Gegenstand der früheren Klage gewesen ist (vgl. [X.]surteile vom 11. Juli 2018 - [X.], [X.], 1119 Rn. 37; vom 27. März 1996 - [X.], [X.]Z 132, 240, 244 [juris Rn. 18]; vom 29. Mai 1974 - [X.], NJW 1974, 1327 [juris Rn. 10 ff.]; [X.], Urteile vom 23. September 2008 - [X.], NJW-RR 2009, 544 Rn. 19; vom 17. Februar 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 736 Rn. 23; vom 5. Mai 1988 - [X.], [X.]Z 104, 268, 274 f. [juris Rn. 18]; vom 18. November 1982 - [X.], NJW 1983, 388 unter 2 b cc [juris Rn. 22 ff.]; siehe auch [X.]/Niedenführ, [X.]. § 209 Rn. 16; [X.], [X.] 2015, 710 f.; über materiell-rechtliche Erwägungen gelangen [X.]/[X.], § 204 Rn. 54 [Stand: 1. September 2018] und [X.]/[X.], 7. Aufl. § 204 Rn. 10 zum selben Ergebnis; a.[X.], Die Reichweite der Verjährungshemmung bei Klageerhebung [2006] S. 24 f.). Entsprechendes gilt hinsichtlich der Hemmungswirkung eines Prozesskostenhilfeantrags (vgl. [X.]/[X.] aaO Rn. 67). Abzustellen ist insoweit nicht auf prozessuale Fragen einer Veränderung des Streitgegenstands oder einer Antragsumstellung, sondern darauf, ob eine "verjährungsrechtliche Selbständigkeit" im Sinne verschiedenartiger Ansprüche anzunehmen ist ([X.], Urteil vom 5. Mai 1988 - [X.], [X.]Z 104, 268, 275 [juris Rn. 18]). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob dem Gläubiger ein materielles Wahlrecht unter mehreren in Betracht kommenden Ansprüchen zusteht ([X.], Urteil vom 5. Mai 1988 aaO [juris Rn. 19]).

cc) Der Anwendung dieser Grundsätze steht auch § 213 [X.] nicht entgegen. § 213 [X.] setzt voraus, dass die Ansprüche, die dem Gläubiger zur Wahl stehen, nicht von vorneherein kumulativ nebeneinander gegeben sind, sondern sich gegenseitig ausschließen (vgl. [X.], Urteile vom 27. September 2017 - [X.], NJW 2018, 387 Rn. 19 ff.; vom 29. April 2015 - [X.], [X.]Z 205, 151 Rn. 23, 26; [X.], Beschluss vom 3. März 2016 - [X.], [X.]Z 209, 168 [juris Rn. 41] (in [X.]Z nicht vollständig abgedruckt); [X.] NJW 2014, 717 Rn. 33). Die Auskunftsansprüche nach § 2314 Abs. 1 Satz 1 und 3 [X.] schließen sich zwar nicht gegenseitig aus. Vielmehr stehen sie dem Gläubiger grundsätzlich kumulativ zu, so dass er sie neben- oder hintereinander geltend machen kann (vgl. [X.]surteil vom 23. Mai 2012 - [X.], [X.], 260 Rn. 8; [X.], Urteil vom 2. November 1960 - [X.], [X.]Z 33, 373, 378 [juris Rn. 22]). Aus § 213 [X.] kann aber, weil die Regelung nur der Erstreckung der Hemmung zum Schutz des Gläubigers auf bestimmte dort genannte Tatbestände dient (vgl. BT-Drucks. 14/6040 [X.] f.), nicht geschlossen werden, dass es sich um eine abschließende Regelung handelt, die einer Verjährungshemmung gemäß § 204 [X.] im hier zu beurteilenden Fall kumulativer Ansprüche entgegenstünde (vgl. auch BT-Drucks. aaO S. 122).

dd) Die Voraussetzungen der Erstreckung der Hemmung sind im Streitfall erfüllt. Die Auskunftsansprüche der Klägerin aus § 2314 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 [X.] gegen die Beklagten entspringen dem gleichen, vom Klagevortrag umfassten Lebenssachverhalt und dienen dem gleichen Endziel. Entgegen der Auffassung der Revision sind die Auskunftsansprüche aus § 2314 Abs. 1 Satz 1 und 3 [X.] auch materiell-rechtlich wesensgleich (so auch [X.], [X.] 2015, 710 f.; zustimmend [X.], [X.] 5/2017 [X.]. 1 unter [X.]; a.[X.], [X.] 2016, 533, 534).

(a) Zwar wird allgemein angenommen, das amtliche Verzeichnis biete gegenüber dem privatschriftlichen Verzeichnis eine größere Gewähr für Klarheit, Übersichtlichkeit und Richtigkeit ([X.]surteil vom 23. Mai 2012 - [X.], [X.], 260 Rn. 8), da der Notar zur Vornahme von Ermittlungen berechtigt und verpflichtet sowie für den Inhalt des [X.] verantwortlich sei (vgl. [X.] [X.] 2016, 578 Rn. 3; [X.], Urteil vom 2. November 1960 - [X.], [X.]Z 33, 373, 376 f. [juris Rn. 18]); [X.] FamRZ 2017, 2076, 2077 [juris Rn. 23]; [X.], 946, 947 [juris Rn. 24]; OLG Düsseldorf RNotZ 2008, 105, 106 [juris Rn. 9]; [X.]/[X.], [X.] [2015] § 2314 Rn. 72; [X.] in [X.]/[X.], Erbrecht 2. Aufl. § 2314 [X.] Rn. 48; [X.]/[X.], 7. Aufl. § 2314 Rn. 22; [X.]/[X.], 4. Aufl. § 2314 Rn. 23; [X.]/Trappe, [X.] 2011, 347, 350). Dies ändert aber nichts daran, dass das private und das notarielle Verzeichnis inhaltlich wesensgleich sind ([X.], Urteil vom 2. November 1960 aaO S. 375 [juris Rn. 14]; [X.]/[X.] aaO Rn. 70; [X.]/[X.], [X.]. § 2314 Rn. 6). Schuldner des Verzeichnisses ist jeweils der Erbe. Das Verzeichnis soll es dem Pflichtteilsberechtigten ermöglichen, durch eine Auskunft über den Bestand des Nachlasses im Zeitpunkt des [X.] und die ergänzungspflichtigen Schenkungen seinen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch zu berechnen. Der Anspruch auf Vorlage des notariellen [X.] entspringt hier auch demselben mit der Klage bereits vorgetragenen Lebenssachverhalt und dient demselben Ziel, nämlich der Klägerin die Bezifferung ihres [X.] zu ermöglichen.

(b) Der Auskunftsanspruch aus § 2314 Abs. 1 Satz 3 [X.] ist entgegen dem [X.] auch nicht mit dem [X.] aus § 2314 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 [X.] vergleichbar (a.[X.], [X.] 2016, 533, 534). Bei der Auskunft gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 1 und 3 [X.] geht es um die Weitergabe von Wissen, das der Verpflichtete hat oder sich verschaffen muss, an den Pflichtteilsberechtigten. Demgegenüber ist die Wertermittlung gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 [X.] nicht etwa auf eine Äußerung des Verpflichteten über den Wert gerichtet; sie ist von dem Wissen und den Vorstellungen, die der Verpflichtete von diesem Wert hat, unabhängig ([X.]surteile vom 4. Oktober 1989 - [X.], [X.]Z 108, 393, 396 [juris Rn. 8]; vom 9. November 1983 - [X.], [X.]Z 89, 24, 28 [juris Rn. 10]). Anders als der Auskunftsanspruch ist der [X.] darauf gerichtet, dass der Verpflichtete Unterlagen vorlegt und eine von seinen eigenen Wertvorstellungen unabhängige Wertermittlung duldet und veranlasst (vgl. [X.]surteile vom 19. April 1989 - [X.], [X.]Z 107, 200, 201 f. [juris Rn. 7]; vom 30. Oktober 1974 - [X.], NJW 1975, 258 [juris Rn. 35, 38]; [X.], Urteil vom 8. Juli 1985 - [X.], NJW 1986, 127 unter I 1 [juris Rn. 11]; [X.]/[X.], [X.] [2015] § 2314 Rn. 115; [X.]/[X.]-Engels, § 2314 Rn. 26 [Stand: 1. August 2018]; [X.]/[X.], 7. Aufl. § 2314 Rn. 17; [X.]/[X.], [X.]. § 2314 Rn. 28; [X.]/[X.], 4. Aufl. § 2314 Rn. 2, 29).

Der [X.] unterliegt zudem anderen Voraussetzungen als die in § 2314 Abs. 1 Satz 1 und 3 [X.] normierten Auskunftsansprüche. So setzt das schutzwürdige Interesse des Pflichtteilsberechtigten an der Wertermittlung voraus, dass der Gegenstand, dessen Wert ermittelt werden soll, zum Nachlass gehört, was der Pflichtteilsberechtigte im Streitfall darzulegen und zu beweisen hat (vgl. [X.]surteil vom 9. November 1983 - [X.], [X.]Z 89, 24, 29 f. [juris Rn. 11]; [X.]/[X.], § 2314 Rn. 75 [Stand: 15. September 2017]; jurisPK-[X.]/[X.], 8. Aufl. § 2314 Rn. 96; [X.]/[X.] aaO; [X.]/[X.] aaO Rn. 127). Auch muss der Pflichtteilsberechtigte, der seinen Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 [X.] oder § 2329 [X.] auf die Behauptung stützt, der Erblasser habe einen Gegenstand innerhalb der Frist des § 2325 Abs. 3 [X.] verschenkt, grundsätzlich darlegen und beweisen, dass der betreffende Gegenstand zum Nachlass gehört ([X.]surteile vom 17. April 2002 - [X.], [X.], 883 unter 3 a [juris Rn. 8]; vom 9. November 1983 - [X.], [X.]Z 89, 24, 30 [juris Rn. 12]). Anders als beim Auskunftsanspruch reicht der begründete Verdacht, der Erblasser habe einen bestimmten Gegenstand innerhalb der Frist des § 2325 [X.] weggeschenkt, für einen Anspruch auf Wertermittlung nicht aus (vgl. [X.]surteile vom 17. April 2002 aaO; vom 9. November 1983 aaO S. 29 f. [juris Rn. 10 f.]; [X.]/[X.] aaO; jurisPK-[X.]/[X.] aaO Rn. 106; [X.]/[X.] aaO Rn. 128). Den insoweit gegenüber der Auskunft höheren Anforderungen liegt maßgeblich die Überlegung zugrunde, dass der Nachlass nicht in unzumutbarer Weise mit Kosten belastet werden soll (vgl. [X.]surteile vom 2. Juni 1993 - [X.], NJW 1993, 2737 unter I 1 [juris Rn. 9]; [X.], Urteil vom 8. Juli 1985 - [X.], NJW 1986, 127, 128 [juris Rn. 14]; [X.]/[X.]-Engels, § 2314 Rn. 26 [Stand: 1. August 2018]; [X.]/[X.] aaO).

4. Die Revision führt auch nicht aus anderen Gründen zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung. Die von der Revision gerügte Gehörsverletzung (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Umstellung der Klage in der Auskunftsstufe auf einen Anspruch auf Vorlage eines notariellen [X.] in der [X.] erwähnt und ist hierauf inhaltlich in den Entscheidungsgründen eingegangen.

[X.]     

      

Prof. Dr. Karczewski     

      

Dr. Brockmöller

      

Dr. Bußmann     

      

Dr. Götz     

      

Meta

IV ZR 313/17

31.10.2018

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Düsseldorf, 1. Dezember 2017, Az: I-7 U 10/17

§ 204 Abs 1 Nr 1 BGB, § 2314 Abs 1 S 1 BGB, § 2314 Abs 1 S 3 BGB, § 254 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 31.10.2018, Az. IV ZR 313/17 (REWIS RS 2018, 2222)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 38-39 REWIS RS 2018, 2222


Verfahrensgang

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Az. IV ZR 313/17

Bundesgerichtshof, IV ZR 313/17, 31.10.2018.


Az. 7 U 10/17

Oberlandesgericht Düsseldorf, 7 U 10/17, 01.12.2017.


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