Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.04.2016, Az. 1 StR 122/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 12599

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Gegenstand

Lohnsteuerhinterziehung durch Nichtabgabe von Lohnsteueranmeldungen und Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen: Auswirkungen der unzutreffenden Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 27. Oktober 2015 wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

1. Soweit das [X.] „zu Gunsten des Angeklagten“ ([X.]) hinsichtlich der durch Nichtabgabe von [X.] gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] begangenen Steuerhinterziehungen von lediglich einer Unterlassungstat jährlich ausgegangen ist, hält dies rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Gemäß § 41a Abs. 2 Satz 1 EStG ist der [X.] grundsätzlich der Kalendermonat. Wenn die Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 1.080 Euro (im Tatzeitraum 2009 – 2013: 1.000 Euro), aber nicht mehr als 4.000 Euro betragen hat, ist das Kalendervierteljahr der Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum (§ 41a Abs. 2 Satz 2 1. HS EStG). Lediglich dann, wenn die Lohnsteuer für das vergangene Kalenderjahr nicht mehr als 1.080 Euro (im Tatzeitraum: 1.000 Euro) betragen hat, ist der Lohnsteueranmeldungszeitraum das Kalenderjahr (§ 41a Abs. 2 Satz 2 2. HS EStG). Da diese Grenzen im Tatzeitraum jeweils überschritten wurden, hätte der Angeklagte jeweils monatliche [X.] abgeben müssen. Die Nichtabgabe jeder einzelnen dieser [X.] stellt eine eigenständige Steuerhinterziehung des Angeklagten durch Unterlassen dar (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Das [X.] hätte deshalb die Besteuerungsgrundlagen für die jeweiligen [X.] soweit erforderlich durch Schätzung (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 10. November 2009 – 1 [X.], [X.], 635 sowie [X.] in [X.], [X.], 12. Aufl., § 370 Rn. 98 mwN) – ermitteln und die verkürzte Lohnsteuer errechnen müssen.

Der Senat schließt jedoch aus, dass sich die rechtsfehlerhafte Zusammenfassung mehrerer Unterlassungstaten zu jährlich einer Tat zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Denn die unzutreffende Beurteilung des [X.] beeinflusst den materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Taten insgesamt nicht (vgl. [X.], Beschluss vom 1. März 2004– 2 BvR 2251/03, [X.]K 3, 20; [X.], Beschlüsse vom 14. Januar 2015– 4 [X.], Rn. 5, [X.], 113 und vom 21. Januar 2014– 2 StR 507/13; jeweils mwN). Das [X.] hat auch für keine der Steuerhinterziehungen wegen Verkürzung von Steuern in großem Ausmaß gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 [X.] die Strafe dem Strafrahmen des § 370 Abs. 3 [X.] für besonders schwere Fälle entnommen.

2. Der Umstand, dass das [X.] bei gleichzeitigem Vorenthalten von [X.] nach § 266a Abs. 1 StGB und Arbeitnehmerbeiträgen nach § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB entgegen der Rechtsprechung des Senats (vgl. [X.], Beschlüsse vom 24. Juni 2015 – 1 [X.] Rn. 15, [X.], 393 und vom 18. Mai 2010 – 1 [X.], [X.], 408) nicht von einer einheitlichen Tat, sondern von Tateinheit ausgegangen ist, beschwert den Angeklagten ebenfalls nicht. Denn die zusätzliche Verwirklichung von § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB durfte im Rahmen des Schuldumfangs Berücksichtigung finden (vgl. [X.] aaO).

     

     

Ri[X.] Prof. Dr. Graf befindet
sich im Urlaub und ist deshalb
an der Unterschriftsleistung
gehindert.

     

     

Raum    

     

Raum

     

Jäger

     

Radtke    

     

    Fischer    

     

Meta

1 StR 122/16

21.04.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Koblenz, 27. Oktober 2015, Az: 4 KLs 2050 Js 63238/14

§ 370 Abs 1 Nr 2 AO, § 52 StGB, § 53 StGB, § 266a Abs 1 StGB, § 266a Abs 2 Nr 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.04.2016, Az. 1 StR 122/16 (REWIS RS 2016, 12599)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12599

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 126/23

1 StR 185/16

1 StR 185/16

1 StR 122/16

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