Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 23.02.2017, Az. I ZR 267/15

1. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 15030

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URHEBER- UND MEDIENRECHT URHEBER BUNDESGERICHTSHOF (BGH) SCHULEN EUROPÄISCHER GERICHTSHOF (EUGH) EUGH INTERNET BILDER

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Gegenstand

Vorlage an den EuGH zur Auslegung der Urheberrechtsrichtlinie: Behandlung der Einfügung eines für alle Internetnutzer frei zugänglichen Werkes in eine eigene öffentlich zugängliche Internetseite als öffentliches Zugänglichmachen - Cordoba


Leitsatz

Cordoba

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Stellt die Einfügung eines auf einer fremden Internetseite mit Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers für alle Internetnutzer frei zugänglichen Werkes in eine eigene öffentlich zugängliche Internetseite ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG dar, wenn das Werk zunächst auf einen Server kopiert und von dort auf die eigene Internetseite hochgeladen wird?

Tenor

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem [X.] wird zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ([X.] Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, [X.]) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Stellt die Einfügung eines auf einer fremden Internetseite mit Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers für alle Internetnutzer frei zugänglichen Werkes in eine eigene öffentlich zugängliche Internetseite ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] dar, wenn das Werk zunächst auf einen Server kopiert und von dort auf die eigene Internetseite hochgeladen wird?

Gründe

1

A. Der Kläger ist Berufsfotograf. Die am Rechtsstreit nicht mehr beteiligte Beklagte zu 1, die [X.] [X.], ist die Trägerin der Gesamtschule [X.]. Der Beklagte zu 2 (nachfolgend: Beklagter), das [X.]         , übt die Schulaufsicht über die Gesamtschule [X.]aus und ist Dienstherr oder Arbeitgeber der dort beschäftigten Lehrkräfte.

2

Seit dem 25. März 2009 war auf der [X.]seite der Gesamtschule [X.]ein im Rahmen einer [X.] der Schule erstelltes Schülerreferat abrufbar, das die nachstehend abgebildete Fotografie der [X.] [X.] [X.] enthielt:

Abbildung

3

Unter der Fotografie befand sich ein Hinweis auf die [X.]seite „www.        .de“.

4

Der Kläger hat geltend gemacht, die Fotografie selbst angefertigt und lediglich den Betreibern des [X.] „        .de“ ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt zu haben. Er beanstandet die Einstellung der Fotografie auf der [X.]seite der Schule als Verletzung des ihm zustehenden urheberrechtlichen Vervielfältigungsrechts und des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung.

5

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren noch relevant - zuletzt beantragt, dem Beklagten unter Androhung von [X.] zu verbieten, das [oben eingeblendete] Foto zu vervielfältigen/vervielfältigen zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, hilfsweise, Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen, das [oben eingeblendete] Foto zum Zwecke des Einstellens ins [X.] zu vervielfältigen. Der Kläger hat den Beklagten außerdem auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 400 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.

6

Das [X.] hat den Beklagten zur Unterlassung und Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 300 € nebst Zinsen verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

7

Gegen diese Entscheidung haben der Beklagte Berufung und der Kläger Anschlussberufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil auf die Berufung des Beklagten unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und der Anschlussberufung abgeändert. Es hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen entsprechend dem Hauptantrag des [X.] unter Androhung von [X.] verurteilt, Schülerinnen und Schülern der Gesamtschule [X.]zu ermöglichen, das [oben eingeblendete] Foto zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen.

8

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Der Kläger hat [X.] eingelegt, mit der er seine zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgt. Die Parteien beantragen jeweils, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen.

9

B. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ab. Vor einer Entscheidung über die Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe gegenüber dem Beklagten im zuerkannten Umfang ein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 [X.] unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Kläger habe die Fotografie der [X.] [X.] angefertigt. Die Fotografie sei jedenfalls als Lichtbild im Sinne von § 72 Abs. 1 [X.] urheberrechtlich geschützt. Dem Kläger stehe daher jedenfalls nach § 72 Abs. 2 [X.] das Leistungsschutzrecht des [X.] zu.

Die Fotografie sei vor dem Einstellen auf der [X.]seite der Schule auf den Server kopiert worden. Dies stelle einen Eingriff in das dem Kläger zustehende Vervielfältigungsrecht (§ 72 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 [X.]) dar.

Durch das Einstellen des Lichtbildes auf die [X.]seite der Schule sei in das Recht des [X.] zur öffentlichen Zugänglichmachung (§ 72 Abs. 1, § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2, § 19a [X.]) eingegriffen worden. Es sei ohne Bedeutung, dass die Fotografie vor den streitgegenständlichen Handlungen bereits uneingeschränkt für jedermann im [X.] zugänglich gewesen sei. Durch die Vervielfältigung der Fotografie auf dem Server und die anschließende öffentliche Zugänglichmachung auf der [X.]seite der Schule sei es zu einer Entkoppelung von der ursprünglichen [X.] im Online-Portal „        .de“ gekommen. Der Kläger habe deshalb - anders als beim Setzen eines elektronischen Verweises („[X.]“) und der Einbettung eines Werkes in einem auf der Website des [X.] erscheinenden Rahmen („Framing“) - nicht mehr die alleinige Herrschaft über die öffentliche Zugänglichmachung seines Lichtbildes gehabt. Die besonderen Voraussetzungen des öffentlichen Zugänglichmachens im Falle der Verlinkung und des Framing seien im Streitfall deshalb nicht zu beachten.

Der Eingriff in die Urheberrechte des [X.] sei rechtswidrig. Der Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf urheberrechtliche Schutzschranken berufen.

Der Beklagte sei unter dem Gesichtspunkt der Haftung des Unternehmensinhabers für Verletzungshandlungen seines Arbeitnehmers (§ 99 [X.]), die auch für Körperschaften des öffentlichen Rechts gelte, passivlegitimiert, soweit es um den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gehe. Die bei dem Beklagten beschäftigte Lehrkraft sei nach den Grundsätzen der Störerhaftung zur Unterlassung verpflichtet. Die für die [X.] zuständige Lehrkraft habe für die von der Schülerin begangene Rechtsverletzung einzustehen, weil sie Prüfungs- und Überwachungspflichten verletzt habe, zu deren Einhaltung sie im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit verpflichtet gewesen sei.

II. Der Senat hält die gegen diese Beurteilung erhobenen [X.] der Revision nicht für begründet. Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, das Recht des [X.] zur öffentlichen Zugänglichmachung der Fotografie aus § 72 Abs. 1, § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2, § 19a [X.] sei verletzt, stellt sich allerdings die Frage, ob die Einfügung eines auf einer fremden [X.]seite mit Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers für alle [X.]nutzer frei zugänglichen Werkes in eine eigene öffentlich zugängliche [X.]seite ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] darstellt, wenn das Werk zunächst auf einen Server kopiert und von dort auf die eigene [X.]seite hochgeladen wird. Diese Frage lässt sich auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] zum Begriff der öffentlichen Wiedergabe nicht zweifelsfrei beantworten.

1. Bei dem Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a [X.]) handelt es sich um ein besonderes Recht zur öffentlichen Wiedergabe (vgl. § 15 Abs. 2 und 3 [X.]). Soweit es sich bei diesen Rechten um nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] harmonisiertes Recht handelt, sind die Bestimmungen des § 19a [X.] und des § 15 Abs. 2 und 3 [X.] richtlinienkonform auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] diese Rechte in seinem Anwendungsbereich vollständig harmonisiert und die Mitgliedstaaten das durch diese Vorschrift begründete Schutzniveau daher weder unterschreiten noch überschreiten dürfen (vgl. [X.], Urteil vom 13. Februar 2014 - [X.]/12, [X.], 360 Rn. 33 bis 41 = [X.], 414 - [X.]/[X.]; [X.], Urteil vom 9. Juli 2015 - [X.], [X.], 171 Rn. 17 = [X.], 224 - [X.]).

2. Die hier in Rede stehende Wiedergabe fällt in den Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.].

a) Das Recht zur öffentlichen Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] umfasst nur die Wiedergabe an eine Öffentlichkeit, die nicht an dem Ort anwesend ist, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt (vgl. Erwägungsgrund 23 Satz 2 der Richtlinie 2001/29/[X.]). Nicht erfasst sind daher direkte Aufführungen und Darbietungen von Werken vor einer Öffentlichkeit, die sich in unmittelbarem körperlichen Kontakt mit der Person befindet, die dieses Werk aufführt oder darbietet ([X.], Urteil vom 4. Oktober 2011 - [X.]/08 und [X.]/08, [X.]. 2011, [X.] = [X.], 156 Rn. 200 bis 202 = [X.], 434 - Football Association Premier League und [X.]; Urteil vom 24. November 2011 - [X.]/10, [X.]. 2011, [X.] = GRUR Int. 2012, 150 Rn. 35 und 36 - UCMR-ADA/Zirkus Globus).

b) Bei der hier in Rede stehenden Wiedergabe der Fotografie auf der [X.]seite der Schule hat kein unmittelbarer körperlicher Kontakt zwischen den ein Werk aufführenden oder darbietenden Personen und einer durch diese Wiedergabe erreichten Öffentlichkeit bestanden. Es hat daher eine Wiedergabe an eine Öffentlichkeit vorgelegen, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung genommen hat, nicht anwesend gewesen ist. Eine solche Wiedergabe fällt in den Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.].

3. Der Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ hat zwei Tatbestandsmerkmale, nämlich eine Handlung der Wiedergabe und die Öffentlichkeit dieser Wiedergabe. Ferner erfordert dieser Begriff eine individuelle Beurteilung. Im Rahmen einer derartigen Beurteilung sind eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen, die unselbständig und miteinander verflochten sind. Da diese Kriterien im jeweiligen Einzelfall in sehr unterschiedlichem Maß vorliegen können, sind sie einzeln und in ihrem Zusammenwirken mit den anderen Kriterien anzuwenden (vgl. [X.], Urteil vom 7. März 2013 - [X.]/11, [X.], 500 Rn. 21 und 31 - [X.]/[X.]; [X.], [X.], 360 Rn. 16 - [X.]/[X.]; [X.], Urteil vom 19. November 2015 - [X.]/14, [X.], 60 Rn. 14 und 15 - [X.]/[X.]; Urteil vom 31. Mai 2016 - [X.]/15, [X.], 684 Rn. 35 bis 37 - Reha Training/[X.]; Urteil vom 8. September 2016 - [X.]/15, [X.], 1152 Rn. 32 bis 34 - [X.]/[X.] u.a.).

a) Der Senat geht davon aus, dass eine Handlung der Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorliegt.

aa) Der Begriff der Wiedergabe ist im Blick auf das Hauptziel der Richtlinie 2001/29/[X.], ein hohes Schutzniveau für die Urheber sicherzustellen (vgl. Erwägungsgründe 4 und 9 der Richtlinie 2001/29/[X.]), weit zu verstehen (vgl. Erwägungsgrund 23 der Richtlinie 2001/29/[X.]), und zwar dahin, dass er jede Übertragung geschützter Werke unabhängig vom eingesetzten technischen Mittel oder Verfahren umfasst (vgl. [X.], [X.], 156 Rn. 186 und 193 - Football Association Premier League und [X.]; [X.], 500 Rn. 20 - [X.]/[X.]; [X.], 360 Rn. 17 - [X.]/[X.]; [X.], Urteil vom 27. Februar 2014 - [X.]/12, [X.], 473 Rn. 23 und 25 = [X.], 418 - [X.]/Léčebné lázně; [X.], [X.], 684 Rn. 38 - Reha Training/[X.]). Eine „Wiedergabe“ setzt voraus, dass der Nutzer in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens - also absichtlich und gezielt - tätig wird, um Dritten einen Zugang zum geschützten Werk zu verschaffen, den diese ohne sein Tätigwerden nicht hätten. Dabei reicht es aus, wenn Dritte einen Zugang zum geschützten Werk haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie diesen nutzen (vgl. [X.], Urteil vom 7. Dezember 2006 - [X.]/05, [X.]. 2006, [X.] = [X.], 225 Rn. 42 und 43 - [X.]/[X.]; [X.], [X.], 156 Rn. 195 - Football Association Premier League und [X.]; [X.], 360 Rn. 19 - [X.]/[X.]; [X.], 473 Rn. 26 - [X.]/Léčebné lázně; [X.], Urteil vom 27. März 2014 - [X.], [X.], 468 Rn. 39 = [X.], 540 - [X.]Constantin Film und Wega).

bb) Danach ist die hier in Rede stehende Einstellung eines geschützten Werkes auf eine [X.]seite als „Handlung der Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] einzustufen. Die Schülerin, für deren Verhalten die zuständige Lehrkraft und damit der Beklagte einzustehen hat, ist beim Hochladen ihres Referats, das die vom Kläger angefertigte Fotografie enthielt, in voller Kenntnis der Folgen ihres Verhaltens - also absichtlich und gezielt - tätig geworden, um den Nutzern der [X.]seite der Schule den Zugriff auf das Referat einschließlich der Fotografie zu verschaffen, den sie ohne ihr Tätigwerden nicht gehabt hätten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Nutzer diesen Zugang tatsächlich genutzt haben.

b) Im Streitfall liegt auch eine Öffentlichkeit der Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] vor.

aa) Der Begriff der Öffentlichkeit ist nur bei einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen erfüllt. Hinsichtlich des letztgenannten Kriteriums ist die kumulative Wirkung zu beachten, die sich aus der Zugänglichmachung der Werke bei den potentiellen Adressaten ergibt. Dabei kommt es darauf an, wie viele Personen gleichzeitig und nacheinander Zugang zu demselben Werk haben (vgl. [X.], [X.], 225 Rn. 38 - [X.]/[X.]; [X.], 500 Rn. 32 und 33 - [X.]/[X.]; [X.], 360 Rn. 21 - [X.]/[X.]; [X.], 473 Rn. 27 und 28 - [X.]/Léčebné lázně; [X.], 684 Rn. 40 bis 44 - Reha Training/[X.]; [X.], 1152 Rn. 36 - [X.]/[X.] u.a.).

bb) Eine Handlung wie die hier in Rede stehende betrifft sämtliche potentiellen Nutzer der [X.]seite und damit eine unbestimmte und ziemlich große Zahl von Adressaten.

c) Für eine Einstufung als „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] ist es weiterhin erforderlich, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet (dazu [X.]), oder - ansonsten - für ein neues Publikum wiedergegeben wird, also für ein Publikum, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte (dazu [X.] 3 c bb). Erfolgt die nachfolgende Wiedergabe nach einem spezifischen technischen Verfahren, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet, braucht nicht geprüft zu werden, ob das Werk für ein neues Publikum wiedergegeben wird; in einem solchen Fall bedarf die Wiedergabe ohne Weiteres der Erlaubnis des Urhebers (vgl. [X.], [X.], 225 Rn. 40 und 41 - [X.]/[X.]; [X.], Beschluss vom 18. März 2010 - [X.]/09, [X.] 2010, 123 Rn. 38 - [X.]/Divani Akropolis; [X.], [X.], 156 Rn. 197 - Football Association Premier League und [X.]; [X.], 500 Rn. 39 und 24 bis 26 - [X.]/[X.]; [X.], 360 Rn. 24 - [X.]/[X.]; [X.], 1196 Rn. 14 - BestWater International/Mebes und [X.]; [X.], 684 Rn. 45 - Reha Training/[X.]; [X.], 1152 Rn. 37 - [X.]/[X.] u.a.).

aa) Die Fotografie wurde im Streitfall nicht nach einem spezifischen technischen Verfahren wiedergegeben, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.

(1) Erfolgt die nachfolgende Wiedergabe wie die ursprüngliche Wiedergabe im [X.], erfolgt sie nach demselben technischen Verfahren ([X.], [X.], 360 Rn. 24 - [X.]/[X.]; [X.], 1152 Rn. 42 - [X.]/[X.] u.a.).

(2) Die Schülerin hat die Fotografie, die bereits auf der [X.]seite des [X.] „        .de“ öffentlich wiedergegeben wurde, kopiert und in ihr Referat eingefügt. Das die Fotografie enthaltende Referat hat sie sodann auf dem Schulserver eingestellt und von dort auf die [X.]seite der Schule hochgeladen. Damit erfolgte die vom Kläger beanstandete Wiedergabe seiner Fotografie nach demselben technischen Verfahren, das schon für die Wiedergabe auf der Webseite des Onlineportals „schwarzaufweiss.de“ verwendet wurde.

bb) Es ist allerdings zweifelhaft, ob die vom Kläger angefertigte Fotografie nach den vorliegenden Umständen auf der [X.]seite der Schule für ein neues Publikum wiedergegeben wurde, also für ein Publikum, an das der Rechtsinhaber nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte.

(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] liegt keine Wiedergabe für ein neues Publikum vor, wenn auf einer [X.]seite anklickbare [X.]s zu Werken bereitgestellt werden, die auf einer anderen [X.]seite mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle [X.]nutzer frei zugänglich sind. [X.] der Zugang zu den Werken auf der anderen [X.]seite keiner beschränkenden Maßnahme, waren die Werke für sämtliche [X.]nutzer frei zugänglich. Werden die betreffenden Werke den Nutzern einer [X.]seite über einen anklickbaren [X.] zugänglich gemacht, sind diese Nutzer potentielle Adressaten der ursprünglichen Wiedergabe. Sie sind Mitglieder der Öffentlichkeit, die die Inhaber des Urheberrechts erfassen wollten, als sie die ursprüngliche Wiedergabe erlaubten. Eine solche Wiedergabe erfolgt nicht gegenüber einem neuen Publikum. Sie ist daher keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und bedarf keiner Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber (vgl. [X.], [X.], 360 Rn. 25 bis 28 - [X.]/[X.]; [X.], 1196 Rn. 15 und 16 - BestWater International/Mebes und [X.]; [X.], 1152 Rn. 40 bis 42 - [X.]/[X.] u.a.).

(2) Die Revision ist der Ansicht, aus der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ergebe sich, dass die Voraussetzung des „neuen Publikums“ bei einer erneuten [X.] eines bereits mit Zustimmung des [X.] im [X.] veröffentlichten Werkes auf einer anderen Webseite nicht erfüllt sei, wenn die [X.] für jeden [X.]nutzer frei zugänglich gewesen sei. Danach werde im Streitfall durch die [X.]seite der Schule kein neues Publikum angesprochen. Die Schulwebseite richte sich, wie bereits die [X.]seite des [X.] „        .de“, auf der die vom Kläger angefertigte Fotografie mit seiner Zustimmung unbeschränkt für jedermann einsehbar veröffentlicht worden sei, an das allgemeine [X.]publikum. Der Senat teilt diese Ansicht der Revision nicht. Nach seiner Auffassung können die vom Gerichtshof der [X.] zur Beurteilung von Hyperlinks und „Framing“ aufgestellten Grundsätze nicht auf die hier vorliegende Fallgestaltung angewandt werden.

Die durch die Richtlinie 2001/29/[X.] bewirkte Harmonisierung soll insbesondere vor dem Hintergrund der elektronischen Medien einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Interesse der Inhaber von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten am Schutz ihres durch Art. 17 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der [X.] ([X.]) garantierten Rechts am geistigen Eigentum einerseits und dem Schutz der Interessen und Grundrechte der Nutzer von [X.], insbesondere ihrer durch Art. 11 der [X.] garantierten Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, sowie dem Gemeinwohl andererseits sichern (vgl. Erwägungsgründe 3 und 31 der Richtlinie; [X.], [X.], 1152 Rn. 31 - [X.]/[X.] u.a.). Die Annahme des Gerichtshofs der [X.], bei den Nutzern einer [X.]seite, denen auf einer anderen [X.]seite mit Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers frei zugängliche Werke über einen anklickbaren [X.] zugänglich gemacht werden, handele es sich nicht um ein neues Publikum, beruht maßgeblich auf der Erwägung, dass das [X.] für die durch Art. 11 [X.] gewährleistete Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit von besonderer Bedeutung ist und Hyperlinks zu einem guten Funktionieren des [X.]s und zum Meinungs- und Informationsaustausch in diesem Netz beitragen ([X.], [X.], 1152 Rn. 45 - [X.]/[X.] u.a.). Diese Erwägung trifft auf die vorliegende Fallgestaltung, bei der eine urheberechtlich geschützte Fotografie ohne Zustimmung des [X.] von einem Nutzer auf einem in seiner Zugriffssphäre befindlichen Server eingestellt und von dort aus auf einer [X.]seite für eine Öffentlichkeit bereitgehalten wird, nicht zu. Für ein gutes Funktionieren des [X.]s ist es nicht erforderlich, fremde Werke ohne Zustimmung des [X.] auf einer eigenen [X.]seite einstellen zu können. Anders als bei der Benutzung von Hyperlinks oder dem Verfahren des „Framing“ überwiegt in solchen Fällen das Interesse der Inhaber von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten am Schutz ihres durch Art. 17 Abs. 2 der [X.] garantierten Rechts am geistigen Eigentum die durch Art. 11 der [X.] garantierte Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit der Nutzer von [X.].

Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Gerichtshof der [X.] unter den Kriterien, die im Rahmen der individuellen Beurteilung des Begriffs der „öffentlichen Wiedergabe“ zu berücksichtigen sind, die zentrale Rolle des Nutzers hervorgehoben hat ([X.], [X.], 684 Rn. 46 - Reha Training/[X.]; [X.], 1152 Rn. 35 - [X.]/[X.] u.a.). An dieser zentralen Rolle des Nutzers fehlt es, wenn auf der eigenen [X.]seite im Wege der Verlinkung oder des „Framing“ lediglich auf ein Werk verwiesen wird, das auf einer fremden [X.]seite bereitgehalten wird. In diesen Fällen entscheidet allein der Inhaber der fremden [X.]seite darüber, ob das auf seiner [X.]seite bereitgehaltene Werk für die Öffentlichkeit zugänglich bleibt; wird das Werk nach dem Setzen des [X.]s von der fremden [X.]seite entfernt, geht der [X.] ins Leere (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juli 2003 - [X.]/00, [X.]Z 156, 1, 14 - Paperboy; Urteil vom 29. April 2010 - [X.], [X.], 56 Rn. 24 = [X.], 88 - [X.]; Beschluss vom 16. Mai 2013 - [X.], [X.], 818 Rn. 9 = [X.], 1047 - Die Realität I; [X.], [X.], 171 Rn. 14 - [X.]). Dagegen nimmt der Nutzer, der das Werk auf seiner eigenen [X.]seite einstellt und bereithält, eine zentrale Rolle bei der Wiedergabe ein. Er entscheidet darüber, ob und wie lange das Werk der Öffentlichkeit zugänglich ist. Ein solcher Nutzer eröffnet der Öffentlichkeit den Zugriff auf das in seiner Zugriffssphäre befindende Werk und nimmt damit eine eigene Verwertungshandlung vor (vgl. [X.], Urteil vom 12. November 2009 - [X.], [X.], 616 Rn. 21 = [X.], 922 - marions-kochbuch.de; Urteil vom 29. April 2010 - [X.], [X.]Z 185, 291 Rn. 19 und 20 - Vorschaubilder I).

Ferner stünde die Annahme, ein Werk, das mit Zustimmung des [X.] auf einer [X.]seite für alle [X.]nutzer frei zugänglich ist, dürfe ohne Zustimmung des [X.] auch auf anderen [X.]seiten eingestellt und für alle [X.]nutzer öffentlich zugänglich gemacht werden, nicht mit dem in Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] niedergelegten Grundsatz in Einklang, wonach sich die in Art. 3 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie bezeichneten Rechte der öffentlichen Wiedergabe und der öffentlichen Zugänglichmachung nicht mit den in deren Art. 3 genannten Handlungen der öffentlichen Wiedergabe oder der öffentlichen Zugänglichmachung erschöpfen (vgl. [X.], [X.], 171 Rn. 35 - [X.]; vgl. auch [X.], [X.], 500 Rn. 23 - [X.]/[X.]). Diese Annahme ließe sich ferner kaum mit dem Hauptziel der Richtlinie 2001/29/[X.] vereinbaren, ein hohes Schutzniveau für die Urheber zu erreichen und diesen damit die Möglichkeit zu geben, für die Nutzung ihrer Werke unter anderem bei einer öffentlichen Wiedergabe eine angemessene Vergütung zu erhalten (vgl. Erwägungsgrund 9 und 10 der Richtlinie 2001/29/[X.]; [X.], [X.], 500 Rn. 20 - [X.]/[X.]; [X.], 473 Rn. 23 - [X.]/Léčebné lázně; [X.], 1152 Rn. 30 - [X.]/[X.] u.a.). Dürfte ein Werk, das mit Zustimmung des [X.] auf einer [X.]seite für alle [X.]nutzer frei zugänglich ist, ohne Zustimmung des [X.] auch auf anderen [X.]seiten eingestellt und öffentlich zugänglich gemacht werden, wäre dem Urheber weitgehend die Möglichkeit genommen, die wirtschaftliche Verwertung seines Werkes zu steuern und eine angemessene Beteiligung an der wirtschaftlichen Nutzung seines Werkes sicherzustellen (vgl. [X.], [X.], 171 Rn. 35 - [X.]).

Es kann daher nach Ansicht des Senats nicht angenommen werden, dass der Inhaber des Urheberrechts, der seine Zustimmung zum Einstellen seines Werkes auf einer frei zugänglichen [X.]seite erteilt, dabei nicht nur an die [X.]nutzer als Publikum denkt, die diese [X.]seite unmittelbar oder über einen auf einer anderen [X.]seite eingerichteten [X.] besuchen, sondern auch an die [X.]nutzer, die eine andere [X.]seite besuchen, auf der sein Werk ohne seine Zustimmung eingestellt worden ist. Bei den zuletzt genannten [X.]nutzern handelt es sich daher nach Auffassung des Senats um ein neues Publikum im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.].

(3) Für die Frage einer öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] ist es nicht von entscheidender Bedeutung, dass die Fotografie des [X.] durch das Einstellen auf der [X.]seite der Schule nicht zu Erwerbszwecken genutzt worden ist. Der gewerbliche Charakter der Verbreitung eines geschützten Werks ist für die Einstufung einer solchen Verbreitung als „öffentliche Wiedergabe“ zwar - unter anderem zur Bestimmung der Höhe einer möglichen Vergütung für diese Verbreitung (vgl. [X.], [X.], 156 Rn. 204 bis 206 - Football Association Premier League und [X.]) - nicht unerheblich; er ist hierfür aber mit Sicherheit nicht ausschlaggebend ([X.], [X.], 684 Rn. 49 - Reha Training/[X.]; vgl. aber auch [X.], [X.], 1152 Rn. 55 - [X.]/[X.] u.a.).

Koch      

        

Schaffert      

        

[X.]

        

Löffler      

        

Schwonke      

        

Meta

I ZR 267/15

23.02.2017

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

EuGH-Vorlage

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 3. Dezember 2015, Az: 5 U 38/13

Art 3 Abs 1 EGRL 29/2001, § 15 Abs 2 UrhG, § 15 Abs 3 UrhG, § 19a UrhG, § 72 Abs 1 UrhG, § 72 Abs 2 UrhG, § 97 Abs 1 UrhG, Art 267 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 23.02.2017, Az. I ZR 267/15 (REWIS RS 2017, 15030)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 952-953 REWIS RS 2017, 15030

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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