Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2018, Az. I ZB 117/17

I. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 8115

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:070618BIZB117.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]/17
vom

7. Juni 2018

in der Zwangsvollstreckungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] durch Schuldner
ZPO § 890 Abs. 2
Den Antrag auf Androhung von [X.] nach § 890 Abs.
2 ZPO kann allein der Gläubiger stellen.
[X.], Beschluss vom 7. Juni 2018 -
I [X.]/17 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 7.
Juni 2018 durch [X.] Dr. Koch, Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. [X.], Dr.
Löffler und die Richterin Dr.
Schwonke
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer
52 des [X.] vom 16.
November 2017 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Gründe:
[X.] Die Schuldnerin hat wegen eines
vom Gläubiger beanstandeten, von der Schuldnerin als Aprilscherz gedachten Facebook-Auftritts eine notariell be-urkundete Unterlassungserklärung abgegeben. Sie beantragte dafür beim Amtsgericht den Erlass eines [X.] gemäß §
890 Abs.
2 ZPO.
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichte-te Beschwerde
ist
ohne Erfolg
geblieben.
I[X.] Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde
als
unbegründet
angese-hen. Dazu hat es ausgeführt:
Nach dem Gesetz komme nur eine Antragstellung
durch den Gläubiger in Betracht. Es liege schon im Ansatz fern, dass der Schuldner gegen sich selbst die Zwangsvollstreckung betreibe;
vielmehr obliege dies dem Gläubiger. Aus der in §
891 Satz
2 und 3 ZPO getroffenen Regelung zur Anhörung des
1
2
3
4
-
3
-
Schuldners
und zu den Kosten folge, dass die Androhung nach §
890 Abs.
2 ZPO nur vom Gläubiger beantragt werden könne, auch wenn dies nicht unmit-telbar dem Wortlaut der Vorschrift zu entnehmen sei. Es sei nicht geboten, dem [X.] die Möglichkeit einzuräumen, selbst für eine Voll-streckbarkeit der notariellen Unterlassungserklärung zu sorgen. Die
Schuldnerin
könne ohne Mitwirkung des
Gläubigers eine vertragsstrafebewehrte Unterlas-sungserklärung abgeben, die sofort wirksam sei, keine Notarkosten verursache und keine Androhung
erfordere. Der Umstand, dass die Vollstreckung aus der Urkunde nur zur Zahlung eines Ordnungsgeldes führt, könne keine andere Be-urteilung rechtfertigen.
II[X.] Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2 ZPO) und auch sonst zuläs-sig (§
575 ZPO). In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das [X.] hat zutreffend angenommen, die
Schuldnerin
sei für den Antrag gemäß §
890 Abs.
2 ZPO nicht antragsbefugt.
1.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus dem Wortlaut des §
890 Abs.
2 ZPO
allerdings nicht, dass allein der
Gläubiger
an-tragsbefugt ist. Nach dieser Vorschrift wird die Androhung der in §
890 Abs.
1 ZPO vorgesehenen Zwangsmittel auf Antrag von dem Prozessgericht des [X.] erlassen. Wer zur Antragstellung nach §
890 Abs.
2 ZPO befugt ist, erschließt
sich aus dem bloßen Wortlaut dieser Vorschrift nicht.
2. Die Systematik der gesetzlichen Regelung sowie Sinn und Zweck der mit dem Antrag begehrten Anordnung sprechen dafür, die Antragsbefugnis nach §
890 Abs.
2 ZPO allein dem Gläubiger und nicht dem
Schuldner [X.]. Davon geht, soweit ersichtlich, auch die allgemeine Meinung im Schrifttum aus (vgl. nur [X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 890 Rn. 13; [X.]/[X.], ZPO, 32.
Aufl., §
890 Rn.
12; MünchKomm.ZPO/[X.], 5.
Aufl., §
890 Rn.
26; [X.] in [X.], ZPO, 7.
Aufl., §
890 Rn.
16;
Sturhahn in 5
6
7
-
4
-
Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 6. Aufl., § 890
ZPO
Rn. 16;
Bendtsen in [X.]/[X.], Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3.
Aufl., §
890
ZPO
Rn.
22; [X.], [X.] vom 6.
Juli 2016

121
C
78/16 (09), juris; [X.], Beschluss vom 8.
Mai 2017
14
C
924/17, von
der Schuldnerin vorgelegt).
a) Für die Beschränkung der Antragsbefugnis in § 890 Abs. 2 ZPO auf den Gläubiger spricht
zunächst
der systematische Zusammenhang mit § 890 Abs. 1 ZPO. Der
Androhung gemäß § 890 Abs. 2 ZPO
bedarf es lediglich als
Voraussetzung für die in § 890 Abs. 1 ZPO vorgesehenen Zwangsmaßnahmen zur Erzwingung von Handlungen und Unterlassungen. Diese Zwangsmaßnah-men erfolgen
gemäß §
890 Abs.
1 Satz
1 ZPO allein auf Antrag des Gläubigers. Das legt
nahe, dass die Antragsbefugnis in §
890 Abs.
2 ZPO derjenigen in §
890 Abs.
1 ZPO entspricht und auf den Gläubiger beschränkt ist.
b) Entscheidend für dieses Ergebnis sprechen
ferner
Sinn und Zweck der Zwangsvollstreckung. Die Zwangsvollstreckung soll dem Gläubiger die [X.] seines titulierten Anspruchs ermöglichen. Infolgedessen entscheidet allein der Gläubiger über die Einleitung der Zwangsvollstreckung und
deren
Durchführung.
[X.]) Danach
ist
es
Sache des Gläubigers, sich für die aus seiner Sicht angemessene Form der Rechtsdurchsetzung
zu entscheiden, sofern nicht der Schuldner

dem gesetzlichen Leitbild der außergerichtlichen Streitbeilegung (§
12 Abs.
1 Satz
1 UWG) entsprechend
eine vertragsstrafebewehrte Unter-lassungserklärung abgibt ([X.], Urteil vom 21.
April 2016
I
ZR
100/15, [X.], 1316 Rn.
37 =
[X.], 1494
Notarielle Unterlassungserklärung). Auf eine notarielle Unterwerfung muss sich der Gläubiger nicht einlassen, weil sie keine dem Titel in der Hauptsache gleichwertige Vollstreckungsmöglichkeit bie-tet, solange dem Schuldner kein Beschluss über die Androhung von [X.] wegen Verstoßes gegen die notarielle Unterlassungserklärung 8
9
10
-
5
-
zugestellt worden ist ([X.], [X.], 1316 Rn.
20
f., 23
Notarielle Unter-lassungserklärung). Der Gläubiger ist nicht verpflichtet,
die [X.] herbeizuführen, sondern kann stattdessen den Weg der gerichtlichen Durchsetzung seines Anspruchs wählen. Er kann
sich
mit der
notariell beurkun-deten Unterwerfung
begnügen
und die Androhung von [X.] bean-tragen
oder davon absehen
und einen Unterlassungstitel im [X.] erwirken
([X.], [X.], 1316 Rn.
25
Notarielle Unterlassungserklä-rung).
[X.]) Mit dieser Stellung des Gläubigers als Herrn
des Verfahrens ist es unvereinbar, dem Schuldner über einen Antrag nach §
890 Abs.
2 ZPO die Möglichkeit zu geben, dem Gläubiger entgegen dem Regelungsprogramm des Gesetzes eine Streiterledigung durch notarielle Unterlassungserklärung aufzu-zwingen. Dafür
besteht
umso weniger ein Bedürfnis, als es allein in der Hand des Schuldners liegt, nach einer Abmahnung den Streit durch Abgabe einer vertragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung gemäß §
12 Abs.
1 Satz
1 UWG beizulegen.
[X.]) Danach ist entgegen der Rechtsbeschwerde kein berechtigtes Be-dürfnis des Schuldners erkennbar, mit einem Antrag nach §
890 Abs.
2 ZPO auf eine dem gerichtlichen Unterlassungstitel gleichwertige Vollstreckungsmöglich-keit
für den Gläubiger
hinzuwirken. Zwar mag der Schuldner eine notarielle Un-terlassungserklärung gegenüber der strafbewehrten Unterwerfung bevorzugen, weil er im Falle eines Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung lieber der St[X.]tskasse ein Ordnungsgeld als seinem Gegner eine Vertragsstrafe [X.] will. Wie der [X.] bereits entschieden hat, hat dieses Interes-se
indes
hinter dem Interesse des Gläubigers zurückzustehen, die Unterlas-sungsverpflichtung durch die besondere Abschreckungswirkung einer Vertrags-strafe oder
durch einen gerichtlichen Unterlassungstitel effektiv zu sichern (vgl. [X.], [X.], 1316 Rn.
38
Notarielle Unterlassungserklärung).
11
12
-
6
-
3. Will der [X.] den Streit entgegen dem gesetzli-chen Leitbild nicht durch eine vertragsstrafebewehrte Unterlassungserklärung gemäß §
12 Abs.
1 Satz
1 UWG beenden, sondern durch eine notarielle Unter-werfung, so kann er dies zuverlässig nur im Einvernehmen mit dem Gläubiger erreichen, der dann die [X.] zu beantragen hat.
[X.] [X.] beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.
Koch
Schaffert
[X.]

Löffler
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.09.2017 -
117 [X.]/17 -

LG [X.], Entscheidung vom 16.11.2017 -
52 [X.]/17 -

13
14

Meta

I ZB 117/17

07.06.2018

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2018, Az. I ZB 117/17 (REWIS RS 2018, 8115)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8115

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZB 117/17

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