Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.04.2015, Az. 25 W (pat) 529/14

25. Senat | REWIS RS 2015, 12570

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "GCSN" – angegriffener Beschluss umfasst nicht beanspruchte Dienstleistungen - kein Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft – Rückzahlung der Beschwerdegebühr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 057 070.4

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 16. April 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Schmid

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 vom 22. Oktober 2013 aufgehoben, soweit die Anmeldung in Bezug auf die Waren „elektronische Steuerungen“ und die Dienstleistungen „Installation zur Inbetriebnahme sowie Wartung und Reparatur von [X.] und der elektronischen Steuerungen“ zurückgewiesen worden ist.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Die Buchstabenfolge

2

[X.]

3

ist am 19. Dezember 2012 unter der Nummer 30 2012 057 070.4 beim Deutschen Patent- und Markenamt für Waren und Dienstleistungen der [X.]assen 6, 7, 9, 16, 19, 20, 37, 42 angemeldet worden. Die in [X.]asse 37 beanspruchten Dienstleistungen umfassen

4

Montage- und Installationsarbeiten zur Inbetriebnahme sowie Wartung und Reparatur von Türen, Toren, Fenstern, und Oberlichtern, Lichtkuppeln und [X.]appen sowie von deren Antriebe und Öffnern; Installationsarbeiten zur Inbetriebnahme sowie Wartung und Reparatur von Vorrichtungen für den vorbeugenden Brandschutz, nämlich von Feuer- und Rauchschutzabschlüssen, Feuer-, Rauch- und Wärmemeldern sowie von Geräten zur Betätigung und Steuerung von Lüftungselementen, elektrischen [X.], Schlössern und Verriegelungen.

5

Die Markenstelle für [X.]asse 9 des [X.], besetzt durch einen Beamten des gehobenen Dienstes, hat die Anmeldung durch Beschluss vom 22. Oktober 2013 teilweise zurückgewiesen, nämlich in Bezug auf die Waren bzw. Dienstleistungen

6

[X.]. 9: elektronische Steuerungen

7

[X.]. 37: Installation zur Inbetriebnahme sowie Wartung und Reparatur von [X.] und der elektronischen Steuerungen.

8

Die angemeldete Bezeichnung stelle insoweit eine dem Fachverkehr verständliche Abkürzung der Wortfolge „Global Community Services Network“ dar, was „weltweite Gemeinschafts-Netzwerkdienste“ bedeute. Damit könne auf ein mittels Satellitentechnik vernetztes System hingewiesen werden, in dem „elektronische Steuerungen“ der Kontrolle von Schaltungen oder von Ein- oder Ausgängen von Nachrichten dienten. Ausgehend davon seien insoweit die Eintragungsverbote gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] gegeben.

9

elektronische Steuerungen“ und die Dienstleistungen „Installation zur Inbetriebnahme sowie Wartung und Reparatur von [X.] und der elektronischen Steuerungen“ beschreibender Inhalt zu.

Im Übrigen verletze das Verfahren vor der Markenstelle den Anspruch der Anmelderin auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 59 Abs. 2 [X.], da die Markenstelle in ihrer Beanstandung vom 15. Mai 2013 die Zurückweisung der Anmeldung ausschließlich in Bezug auf „Computer, Mikroprozessoren und Leiterplatten“ der [X.]asse 9 sowie auf Dienstleistungen der [X.]asse 42 angekündigt habe, nicht dagegen in Bezug auf die von der Zurückweisung betroffenen Waren und Dienstleistungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige, insbesondere gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthafte Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache Erfolg.

Entgegen der Auffassung der Markenstelle stehen der angemeldeten Marke „[X.]“ in Bezug auf die Waren bzw. Dienstleistungen „elektronische Steuerungen“ ([X.]. 9) und „Installationsarbeiten zur Inbetriebnahme sowie Wartung und Reparatur von elektrischen [X.]“ ([X.]. 37) keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 1 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher insoweit zu Unrecht gemäß § 37 Abs. 2, Abs. 5 [X.] zurückgewiesen, so dass der angefochtene Beschluss insoweit aufzuheben war.

Soweit die Markenstelle die angemeldete Marke für die Dienstleistung „Installation zur Inbetriebnahme sowie Wartung und Reparatur der elektronischen Steuerungen“ der [X.]asse 37 zurückgewiesen hat, ist der angegriffene Beschluss schon deswegen aufzuheben, weil das beanspruchte Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen diese Dienstleistungen nicht umfasst, so dass die Zurückweisung insoweit der Grundlage entbehrt (vgl. § 37 Abs. 1, § 32 Abs. 2 [X.]).

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Ein schutzhinderndes Freihalteinteresse kann sich dabei auch auf Buchstaben als Abkürzungen von Art- oder Beschaffenheitsangaben erstrecken. Schutzunfähig sind Abkürzungen, die im Verkehr als solche gebräuchlich oder aus sich heraus verständlich sind sowie von den beteiligten Verkehrskreisen ohne Weiteres der betreffenden Beschaffenheitsangabe gleichgesetzt und insoweit beschreibend verstanden werden können (vgl. [X.] GRUR 2006, 229 Nr. 70 - BioID; GRUR Int. 2004, 328, 330 Nr. 31-34 - TDI).

Anhaltspunkte dafür, dass die Bezeichnung „[X.]“ in der Bedeutung von „Global Community Services Network“ gebräuchlich oder aus sich heraus verständlich ist, hat die Markenstelle nicht aufgezeigt und sind auch nach einer ergänzenden Recherche durch den Senat nicht ersichtlich.

Zwar hat die Markenstelle in einem „Acronymfinder“ einen entsprechenden Eintrag ([X.]. 1 zur Beanstandung vom [X.], [X.]. 16 VA) und eine punktuelle Verwendung der angemeldeten Buchstabenkombination ermittelt, u. a. auch in der von der Markenstelle angenommenen Bedeutung. Verfügbare Abkürzungslexika enthalten den Begriff allerdings nicht (vgl. [X.], [X.], 2011; [X.], [X.], 2008; Stahl/[X.], [X.], 10th edition, 2001; [X.], [X.] GE-PACKT, 2003). Eine relevante Anzahl von Beispielen für eine tatsächliche Verwendung der Bezeichnung in dieser Bedeutung war nicht ermittelbar. Die von der Markenstelle zitierten Belegstellen beziehen sich ganz überwiegend auf andere Bedeutungen (vgl. [X.]. 2 Beanstandungsbescheid - „[X.]“) bzw. verweisen - wie auch die weiteren Senatsrecherchen ergeben haben - lediglich auf andere, ebenfalls nicht gebräuchliche Bedeutungen des angemeldeten Begriffs (u. a. [X.]. 3 Beanstandungsbescheid „[X.]“; ansonsten etwa „[X.]“, „[X.] Network“ oder „Global Christian Schools‘ Network“).

Dass „[X.]“ im vorliegenden Produkt- bzw. Dienstleistungszusammenhang eine gebräuchliche oder aus sich heraus verständliche Abkürzung für „Global Community Service Network“ oder einen anderen Ausdruck ist, kann der Senat bei dieser Sachlage nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, zumal qualifizierte Belege dafür fehlen, dass die Wortfolge „Global Community Network Service“ in relevantem Umfang genutzt wird. Es ergeben sich schon deswegen keine hinreichend sicheren Anhaltspunkte dafür, dass die angemeldete Buchstabenkombination im vorliegend maßgeblichen Produktzusammenhang vom Verkehr produktbeschreibend verstanden wird und deshalb freizuhalten wäre.

Darüber hinaus ist auch nicht erkennbar, dass die Wortbedeutung „Global Community Service Network“ in Bezug auf die in Rede stehenden Waren und die - in der Zurückweisung unrichtig wiedergegebenen - Dienstleistungen „Installationsarbeiten zur Inbetriebnahme sowie Wartung und Reparatur von elektrischen [X.]“ einen unmittelbar beschreibenden Aussagegehalt aufweist. Die Wortfolge bezeichnet weltweit tätige Gruppen, die wie etwa „Rotary“ und „[X.]“ gemeinsam oder unter Nutzung gemeinsamer Ressourcen in der Regel gemeinnützige Leistungen erbringen (vgl. [X.] „Service Network“). Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Waren und Dienstleistungen objektiv über Eigenschaften verfügen, die speziell auf die Verwendung durch eine derartige Vereinigung ausgelegt sind, oder sich diese Waren und Dienstleistungen in anderer Weise besonders für eine derartige Zielgruppe eignen, bestehen nicht.

Der angemeldeten Wortmarke kann insoweit mangels unmittelbar beschreibenden [X.] auch nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abgesprochen werden.

Der Beschwerde der Anmelderin war daher schon aus sachlichen Gründen stattzugeben.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war im Hinblick auf das verfahrensfehlerhafte Vorgehen der Markenstelle gemäß § 71 Abs. 3 [X.] veranlasst. Die Markenstelle hat nicht nur die Anmeldung in Bezug auf Dienstleistungen zurückgewiesen, die in dieser Form nicht beansprucht waren, sondern hat darüber hinaus im Beanstandungsbescheid andere Waren und Dienstleistungen beanstandet als sie im angefochtenen Beschluss zurückgewiesen hat, was eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellt.

Meta

25 W (pat) 529/14

16.04.2015

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.04.2015, Az. 25 W (pat) 529/14 (REWIS RS 2015, 12570)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12570

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

28 W (pat) 505/18 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "MOVE" – wesentlicher Verfahrensmangel – nicht ausreichende Begründung des Zurückweisungsbeschlusses, der auf den …


25 W (pat) 531/19 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "e-visit" – fehlende Unterscheidungskraft


30 W (pat) 35/21 (Bundespatentgericht)


25 W (pat) 593/19 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "SmartApp" – fehlende Unterscheidungskraft


30 W (pat) 53/17 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "MW TOP" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.